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Internationale Politik und Regionen + Afghanistan + Bericht von Winfried Nachtwei
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Srebrenica vor 25 Jahren: Völkermord in Europa - und Regierungen und Gesellschaften (auch wir damals) ließen es geschehen (Chronologie, Dossiers)

Veröffentlicht von: Nachtwei am 4. Juli 2020 17:53:14 +01:00 (30220 Aufrufe)

Am 11. Juli ist EU-weit der Tag des Genozids in Srebrenica. Das größte Menschenrechtsverbrechen un Europa nach dem 2. Weltkrieg wird auf dem Balkan häufig stur weiter geleugnet, Und dass die Regierungen wie die Gesellschaften in Europa oder gar auf UN-Ebene aus Srebrenica politisch-praktisch gelernt hätten, lässt sich bezweifeln. Hier aktuelle Übersichtsartikel, Links zum Srebrenica Genocide Memorial Center und eine Chronologie der Ereignisse.    

 

Srebrenica vor 25 Jahren: Es war Völkermord in Europa – und

die Regierungen und Gesellschaften (wir damals) ließen es geschehen

(Dossiers und Chronologie)

W. Nachtwei, 04./18.07.2020

( www.facebook.com/winfried.nachtwei )

Vor 25 Jahren erreichte der Krieg in Bosnien & Herzegowina mit dem Massaker von Srebrenica seinen völkermörderischen Höhepunkt. 50 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges und der Unterzeichnung der UN-Charta, der völkerrechtlichen Umsetzung des „NIE WIEDER!“, ließen die maßgeblichen UN-Mitglieder, die europäischen Regierungen und Gesellschaften wieder extreme Massengewalt zu.

Daran zu erinnern, besteht alle Veranlassung. Seit Beschluss des Europaparlaments von 2009 ist der 11. Juli EU-weit der Tag des Genozid in Srebrenica.

  • HIER Links zu aktuelle Artikeln, zum Srebrenica Memorial Center/Museum und eine Chronologie der damaligen Ereignisse.
  • Unter www.nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1645 einige Stellungnahmen von mir im Streit um „Srebrenica/Bosnien – Was tun?“ von 1995, 1996, 2006, 2010 und 2017 – Erfahrungen und Lehren
  • Das GENAUERE HINSEHEN (siehe die Auszüge von „Die letzten Tage von Srebrenica“ v. D. Rohde) bekräftigt, dass die Norm der Schutzverantwortung ganz und gar nicht überholt ist, dass sie ernst genommen und operationalisiert werden muss.  

„Politisch motivierter Unterricht – vor 25 Jahren ermordeten serbische Soldaten Tausende Bosniaken. Doch was bosnische Schüler*innen heute über das Massaker lernen, hängt stark von der Schule ab. Das Bildungssystem von Bosnien und Herzegowina vertieft die Gräben noch“ von Jana Lapper, taz 08.07.2020, „Der Krieg im Klassenzimmer“, https://taz.de/Jana-Lapper/!a33840/

Plattform „Devedesete.net“ (Neunziger): „Learning history that is not yet history“, Unterrichtsmaterialien zu den kriegerischen 1990er Jahren in Ex-Jugoslawien:, erstellt von Historiker*innen und Geschichtslehrer*innen aus Bosnien, http://www.devedesete.net/

„Srebrenica Genocide in eight acts“ Timeline vor 11.07., 11.-16.07., nach 16.07. mit vielen Dokumenten, Fotos, Videos, http://srebrenica.sensecentar.org/en/

„Vor 25 Jahren fand das Massaker von Srebrenica statt(Übersichtsartikel 03.07.2020)

"Ein Symbol für das Versagen der Völkergemeinschaft" nannte der ehemalige Bundespräsident Gauck das Massaker von Srebrenica. Jetzt jährt sich der planmäßige Mord an Tausenden Bosniaken zum 25. Mal: https://de.qantara.de/content/vor-25-jahren-fand-das-massaker-von-srebrenica-statt  (Quantara.de: „Brücke“, ein Projekt der Deutschen Welle)

Interview mit der Historikerin Marie-Janine Calic über den heutigen Umgang mit Srebrenica in der Region, die Überforderung der UN-Blauhelme damals (für sechs Schutzzonen gab es damals nur 7.500 statt die nötigen 34.000 Blauhelme) und die Bedeutung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. https://www.deutschlandfunk.de/25-jahre-massaker-von-srebrenica-noch-heute-sind-in-serbien.2849.de.html?drn:news_id=1147278

Dokumentation „Srebrenica: 25 Jahre nach dem Genozid sind Kinder und Frauen marginalisiert und noch mal traumatisiert“, Gesellschaft für bedrohte Völker, Juli 2020, https://www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Reporte_Memoranden/2020/DokuSrebrenica062020Endfassung.pdf

Heinrich-Böll Stiftung zum Massakers von Srebrenica vor 25 Jahren

Am 11. Juli 2020 jährt sich der Völkermord von Srebrenica an über 8.000 bosniakischen Jungen und Männern. Bis heute leugnen vor allem (aber nicht nur) serbische Politiker, selbst im bosnischen Staatspräsidium, die Fakten dieses Genozids. Die Leugnung und Verharmlosung dieser und anderer Gräueltaten in den sogenannten Balkankriegen verstärken nationalistische Diskurse über fremde Täter und eigene Opfer.

Die Heinrich-Böll Stiftung veröffentlicht aus Anlass des 25. Jahrestages ein umfangreiches Dossier mit vielen Hintergrundinformationen und künstlerischen Ansätzen für ein würdiges Gedenken an Srebrenica.
Hören Sie die Lesungen des „Alphabet des Krieges“ mit Texten von Vernesa Berbo, den Podcast „Es lässt mich nicht los - 25 Jahre Srebrenica. Künstler*innen im Gespräch" und sehen Sie die eindrückliche Foto-Ausstellung „Srebrenica. Erinnerung für die Zukunft". https://www.boell.de/de/25-jahre-nach-srebrenica

Chronik des Genozids (Stand Juli 2005)(aus:  https://www.boell.de/de/2015/06/08/srebrenica-erinnerungen-fuer-die-zukunft )

Prolog

Die Stadt Srebrenica liegt im Tal des Drina-Flusses in Ostbosnien, ungefähr 15 Kilometer von der Grenze nach Serbien entfernt. Im Jahr 1991 zählte die Gemeinde 37.000 EinwohnerInnen, 73 Prozent Bosniaken und 25 Prozent Serben, die vor dem Krieg ohne größere Konflikte zusammenlebten.

Im April 1992 nahmen serbische paramilitärische Truppen aus diesem und benachbarten Gebieten Ostbosniens die Stadt für mehrere Wochen ein. Einen Monat später eroberten Soldaten der Armee Bosnien-Herzegowinas Srebrenica zurück. Bis September 1992 gelang es den Streitkräften, die Stadt Srebrenica mit der benachbarten Enklave Zepa zu verbinden. Diese vereinigte Enklave erreichte im Januar 1993 mit 900 Quadratkilometern ihre größte territoriale Ausdehnung. Dennoch konnte sie nie aus ihrer territorialen Isoliertheit befreit und mit dem übrigen von der bosnischen Armee kontrollierten Territorium vereinigt werden.

Im Januar 1993 starteten Einheiten der Republika Srpska (RS) eine mehrmonatige Offensive, an deren Ende sie die Dörfer Konjević Polje und Cerska eroberten. Damit war die Verbindung zwischen Srebrenica und Žepa wieder unterbrochen; die Srebrenica-Enklave schrumpfte auf  eine Größe von 150 Quadratkilometer. Die bosniakischen Einwohner der umliegenden Gebiete strömten in die Stadt Srebrenica, deren Bevölkerungszahl auf 50.000 bis 60.000 anstieg.

Der Kommandant der UN-Schutztruppen (UNPROFOR), der französische General Philippe Morillon, besuchte Srebrenica im März 1993. Zu dieser Zeit war die Stadt bereits übervölkert und von der Belagerung geprägt. Die Truppen der bosnischen Serben unterbrachen die Wasserversorgung, es mangelte an Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern. Vor seiner Abreise versprach General Morillon den von Panik ergriffenen Einwohnern Srebrenicas, dass sich die Stadt unter dem Schutz der UN befinde und er sie nie im Stich lassen werde.

Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete am 16. April 1993 eine Resolution, wonach „alle Seiten und alle anderen Srebrenica und ihre Umgebung als ‚Schutzzone’ zu betrachten haben, die weder militärisch angegriffen noch irgendeiner anderen feindlichen Handlung ausgesetzt werden darf.“

Die erste Gruppe von UNPROFOR-Soldaten kam am 18. April 1993 in Srebrenica an. Diese wurde nach dem Rotationsprinzip alle sechs Monate von neuen Soldaten abgelöst. Im Januar 1995 zog ein niederländisches Bataillon, auch „Dutchbat“ genannt, in der Enklave ein.

Ab Anfang 1995 gelang es den UN-Hilfskonvois kaum mehr, zur Enklave vorzudringen. Die Versorgung der Bevölkerung verschlechterte sich rapide. Dafür erreichten die Stadt andere schlimme Nachrichten. Im März und April registrierten niederländische Beobachtungsposten, dass in der Umgebung Truppen der Armee der Republika Srpska zusammengezogen wurden. Es war offensichtlich, dass serbische Truppen einen Großangriff auf Srebrenica vorbereiteten.
Chronologie des Genozids

März 1995 - Radovan Karadžić, der damalige Präsident der Republika Srpska, gibt eine Direktive ("Direktive Nr. 7" vom 8. März 1995) für das Vorgehen der Armee der Republika Srpska gegenüber der Enklave heraus. Konkret beinhaltet diese Strategie, dass die Armee der Republika Srpska eine „physische Abtrennung Srebrenicas von Žepa ausführen und die Hilfskonvois auf ihrem Weg nach Srebrenica blockieren soll“.
2. Juli 1995 – Der General der Armee der Republika Srpska, Milenko Živanović, unterschreibt zwei Befehle, in denen er den Angriffsplan auf die Enklave darlegt und befiehlt, verschiedene Einheiten des Drina-Korps in Kampfbereitschaft zu versetzen. Die Operation wurde „Krivaja 95" getauft.
6. Juli 1995 – Der Angriff der serbischen Truppen auf Srebrenica beginnt. Der Kommandant des niederländischen Bataillons, Oberst Karremans, wendet sich mit der Forderung nach „Luftunterstützung“ an den UN-Generalstab in Sarajevo, nachdem Flüchtlingslager und UN-Beobachtungsposten mit Granaten beschossen worden waren.
9. Juli 1995 – Serbische Truppen umzingeln die Stadt Srebrenica. Karadžić gibt einen neuen Befehl heraus, in dem er der Einnahme der Stadt Srebrenica zustimmt.
10. Juli 1995 – Die Serben beschießen Srebrenica mit Granaten. Die Einwohner Srebrenicas fliehen in Richtung Potočari, wo sich die UN-Basis befindet.

Oberst Karremans stellt einen formellen Antrag an das UN-Kommando mit der Bitte um Luftunterstützung, nachdem serbische Truppen Stellungen seiner Soldaten mit Granaten beschossen hatten. Der Kommandant der UN-Truppen, der französische General Janvier lehnt den Antrag zunächst ab, stimmt aber nach einem erneuten Antrag Luftangriffen zu. In der Zwischenzeit enden die Angriffe der serbischen Truppen auf UN-Soldaten, so dass auch die Luftangriffe verschoben werden.

Oberst Karremans wendet sich an die bosniakische Bevölkerung in Srebrenica und versichert ihnen, dass die NATO mit einen Großangriff auf die serbischen Truppen reagieren werden, sollten sich diese nicht bis um 06:00 Uhr am nächsten Morgen aus dem Gebiet der Schutzzone zurückgezogen haben.

11. Juli 1995 – Die Serben beschießen das Stadtgebiet von Srebrenica intensiv mit Granaten.
09:00 Uhr: Oberst Karremans erhält die Antwort, dass sein Antrag mit der Bitte um Luftunterstützung auf einem falschen Formular eingereicht wurde. Um 10:30 Uhr erreicht der nochmals gestellte Antrag General Janvier, doch die NATO-Flugzeuge, die seit 06:00 Uhr morgens Srebrenica überflogen hatten, mussten zu ihrer Basis in Italien zurückkehren, da ihr Treibstoff aufgebraucht war.
14:30 Uhr: Die NATO bombardiert Panzer der Armee der Republika Srpska. Die Armee der Republika Srpska droht mit der Ermordung der gefangen genommenen niederländischen Soldaten und mit Granatenbeschuss der UN-Basis in Potočari. Die Luftunterstützung wird eingestellt.
Zusammen mit General Krstić, General Živanović und anderen zieht Ratko Mladić in Srebrenica ein.
20:00 Uhr: Im Hotel „Fontana“ in der benachbarten Stadt Bratunac wird ein Treffen zwischen Vertretern der Armee der Republika Srpska und dem Befehlshaber der holländischen UNPROFOR-Einheiten abgehalten. Das Treffen findet unter Mladićs Vorsitz statt. Bei dem Treffen werden Flüchtlingsfragen erörtert.
Gegen 22:00 Uhr: Die militärische und zivile Führung von Srebrenica fasst den Beschluss, eine fast ausschließlich aus Männern bestehende Kolonne zu bilden, die versuchen soll, sich durch den Wald bis auf das freie Territorium um Tuzla durchzuschlagen. Die Kolonne bricht um Mitternacht Richtung Norden auf.
12. Juli 1995 - General Živanović unterschreibt einen Befehl an alle Einheiten des Drina-Korps, in dem er fordert, dass „alle Busse ... die sich im Besitz der Armee der Republika Srpska befinden, dem Drina-Korps zur Verfügung gestellt werden.“ Das Verteidigungsministerium der Republika Srpska übermittelt seinen Gebietssekretariaten drei Befehle mit der Anordnung, Busse zu organisieren und sie nach Bratunac zu schicken.
10:00 Uhr: Im Hotel "Fontana" wird ein drittes Treffen abgehalten, wieder unter dem Vorsitz von General Mladić. General Krstić ist bei ihm. Mladić befiehlt, die bosniakischen Flüchtlinge zu evakuieren. Er teilt den Anwesenden außerdem mit, dass wegen des Auffindens von „Kriegsverbrechern“ alle Männer im Alter zwischen 16 und 60 Jahren von den anderen getrennt werden müssen.
13:00 Uhr: Dutzende Busse kommen in Potočari an. Frauen, Kinder und Alte werden mit Bussen von Potočari weggefahren, in Richtung des von der Armee BuH kontrollierten Territoriums bei Tuzla. Die Männer im Alter zwischen 16 und 65 Jahren werden systematisch separiert und zunächst in Potočari gefangen gehalten, um dann nach Bratunac verlegt zu werden.
Truppen der bosnischen Serben, Angehörige der Armee der Republika Srpska und der Spezialeinheiten des Innenministeriums beziehen mit gepanzerten Transportern, Panzern, Luftabwehrgeschützen und Artillerie entlang der Straße Bratunac-Milići Stellung, um die Kolonne abzufangen. Die serbischen Truppen eröffnen Artilleriefeuer auf die Kolonne, welche die asphaltierte Straße zwischen Konjević Polje und Nova Kasaba überquert. Es gibt erste Gefangene aus der Kolonne.
13. Juli 1995 – Die Evakuierung der Frauen, Kinder und Alten wird fortgesetzt. Die Männer werden auch weiterhin von den anderen getrennt und nach Bratunac gebracht.
Viele Männer aus der Kolonne werden gefangen genommen. Einige Tausend von ihnen werden zu Sammelstellen in der Ebene bei Sandići und in das Fußballstadion in Nova Kasaba gebracht.
Die Massenmorde beginnen: beim Fluss Jadar, im Cerska-Tal und in der Lagerhalle von Kravica.
20:00 Uhr: Der Abtransport der bosniakischen Bevölkerung aus Potočari ist abgeschlossen.
13.- 14. Juli – Das Morden geht weiter in TišÄ‡a.
14. Juli. – Das Morden geht weiter in Orahovac.
Der UN-Sicherheitsrat bringt seine „Besorgnis wegen der Zwangsaussiedlung der Zivilisten aus Srebrenica“ zum Ausdruck. Die Internationale Gemeinschaft erklärt ihre „außerordentliche Besorgnis angesichts der verschwundenen Bosniaken“.
14.-15. Juli – Das Morden geht weiter beim Staudamm Petkovci.
16. Juli – Das Morden geht weiter auf dem Militärgelände von Branjevo und im Kulturzentrum von Pilica.

Der Spitze der dezimierten bosniakischen Kolonne gelingt es, bis zum von der Armee der Republik BuH kontrollierten Gebiet vorzudringen.
17.-18. Juli – Das Morden geht weiter bei Kozluk und an anderen Orten.
September - 1. November 1995 – Serbische Truppen öffnen systematisch (sog. primäre) Massengräber, graben sie um und vergraben die Körper in kleineren (sekundären) Gräbern.
Epilog

Im Rahmen der umfangreichen Untersuchung und der Gerichtsverhandlung gegen General Radislav Krstić stellte der Internationale Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag fest, dass Truppen der bosnischen Serben im Juli 1995 bei Massenexekutionen zwischen 7.000 und 8.000 bosniakischer Männer und Jungen umgebracht haben.

Im Urteil gegen General Radislav Krstić wurde festgestellt, dass an den Bosniaken von Srebrenica ein Genozid verübt wurde, an dem zahlreiche Angehörige der politischen und militärischen Strukturen der bosnischen Serben beteiligt gewesen sind.

Unmittelbar nach dem Massaker wurden Radovan Karadžić und Ratko Mladić, die höchsten politischen und militärischen Führer der bosnischen Serben, vor dem Den Haager Tribunal wegen persönlicher Verantwortung für den Genozid in Srebrenica angeklagt. Sie haben sich bis heute ihrer Verhaftung erfolgreich entzogen.

Das Verbrechen in Srebrenica ist auch Teil der Anklage gegen Slobodan Milošević.

Radislav Krstić und Vidoje Blagojević, hohe Offiziere der Armee der Republika Srpska, wurden wegen Beteiligung am Genozid verurteilt, und Dragan Jokić, stellvertretender Kommandant der Zvorniker Brigade, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Offiziere Momir Nikolić und Dragan Obrenović sowie der Soldat Dražen Erdemović gaben ihre Beteiligung an den Verbrechen, die in und um Srebrenica begangen wurden, zu und wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Es wurden Strafen zwischen fünf und 35 Jahren Gefängnis ausgesprochen. Dražen Erdemović wurde wegen Mordes an mindestens 75 Gefangenen aus Srebrenica zu fünf Jahren Haft verurteilt und befindet sich bereits auf freiem Fuß.

Ljubiša Beara, Sicherheitschef des Generalstabs der Armee der Republika Srpska, wurde wegen Genozids angeklagt und wartet auf seine Gerichtsverhandlung.

Die Armee- und Polizei-Offiziere Drago Nikolić, Ljubomir Borvčanin, Vinko Pandurević, Vujadin Popović, ebenfalls wegen Genozid angeklagt, haben sich dem Haager Tribunal freiwillig gestellt und warten auf ihre Gerichtsverhandlung. Freiwillig an das Haager Tribunal haben sich auch die Generäle der Armee der Republika Srpska Radivoje Miletić und Milan Gvero gestellt, die aufgrund der Vertreibung der Einwohner aus Srebrenica wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt sind. Wegen des gleichen Verbrechens ist auch General Zdravko Tolimir angeklagt der aber befindet sich immer noch auf der Flucht.

Im Urteil des Berufungsgerichts, das die Beteiligung des Generals der Armee der Republika Srpska, Radislav Krstić, am Genozid bestätigt, wird unter anderem angeführt:

“In ihrem Bestreben, einen Teil der Bosniaken zu eliminieren, begingen die serbischen Truppen einen Genozid. Sie bestimmten 40.000 bosniakische Einwohner von Srebrenica zur Vernichtung, die als Gruppe die Bosniaken im Allgemeinen repräsentierten. Sie nahmen allen gefangenen bosniakischen Männern, Soldaten wie Zivilisten, Alten wie Jungen, ihre persönlichen Gegenstände und Dokumente ab und töteten sie planmäßig und methodisch ausschließlich aufgrund ihrer Zugehörigkeit. Die Truppen der bosnischen Serben waren sich, als sie sich auf dieses genozidale Vorkommen einließen, bewusst, dass das Böse, das sie ihnen antaten, den Bosniaken dauerhaftes Leid zufügen wird. Die Berufungskammer erklärt mit voller Überzeugung, dass die Gerechtigkeit den zugefügten gewaltigen und dauerhaften Schaden mit angemessenen Formulierungen verurteilt und das Blutbad in Srebrenica bei seinem wahren Namen nennt: Genozid. Die Verantwortlichen werden dieses Stigma tragen, und es wird all denen als Warnung für die Zukunft dienen, die das Begehen einer solch abscheulichen Tat in Erwägung ziehen.“

Aus den zahlreichen Massengräbern wurden bisher mehrere Tausend Körper und Körperteile von Opfern des Genozids exhumiert. 1.327 von ihnen wurden identifiziert und auf dem Gelände der im Jahr 2003 errichteten Gedenkstätte Potočari bei Srebrenica begraben.

Bis zum heutigen Tage sind nur einige hundert Bosniaken nach Srebrenica zurückgekehrt.

Weitere Beiträge von W. Nachtwei

- Srebrenica vor 25 Jahren (I): Es war Völkermord in Europa – und die Regierungen und Gesellschaften (wir damals) ließen es geschehen. Übersichtsartikel, Dossiers, Chronologie,  04./08.07.2020, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1644

- Srebrenica vor 25 Jahren (II): Verweigerte Schutzverantwortung – Anstoß zur Schutzverantwortung. Beiträge aus dem Bosnien-Streit der Grünen 1995 ff. – Erfahrungen + Lehren,  04./08.07.2020, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1645

- Srebrenica (III) - Was damals geschah: Dokumente, Videos, Zeitzeugenberichte, Auszüge von „Die letzten Tage von Srebrenica“ (David Rohde/1997), Juli 2020). http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1647  

- Medienberichte zum 25. Jahrestag des Srebrenica-Genozid Juli 2020 (IV) + Report des UN-Generalsekretärs „The fall of Srebrenica“ (1999), http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1648  

- Reisebericht Kurzvisite von Bundeskanzler Kohl am 23. Dezember 1997 in Sarajevo, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1162

- Bericht der Studienreise „Friedensarbeit auf dem Balkan - Zivile Konfliktbearbeitung im ehemaligen Jugoslawien. Teilbericht Bosnien & Herzegowina“, 7.-14. April 2002, http://nachtwei.de/druck/druck%20Friedensarbeit%20auf%20dem%20Balkan.htm

- Brief an den Generalinspekteur zum Ende des Bosnien-Einsatzes der Bundeswehr 2012, Aufmerksamkeit und Dank für erfolgreiche Friedenssicherung vor unserer Haustür! http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1164  

 

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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