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Bericht von Winfried Nachtwei
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3. Tag der Peacekeeper: Starke Frauen, gute Ministerreden - wieder kein Medienecho!

Veröffentlicht von: Nachtwei am 14. Juni 2015 20:36:37 +02:00 (49703 Aufrufe)

Dieses Jahr lud der Bundesinnenminister in das neue Ministerium ein. Nach dem Schwerpunkt Afrika im Vorjahr lag jetzt der Fokus auf "Frauen, Frieden und Sicherheit". Hier der Bericht zu einer gelungenen Feier mit Links.  

3. Tag der Peacekeeper: Starke Frauen, sehr gute Ministerreden - aber wieder fast kein Medienecho!

Winfried Nachtwei, Vorstandsmitglied DGVN + „Lachen Helfen“(Juni 2015)

Am 10. Juni 2014 wurde in Berlin zum dritten Mal der (UN-) „Tag des Peacekeepers“ gefeiert. Nach dem Außenminister und der Verteidigungsministerin hatte nun Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maiziére zu der Feierstunde eingeladen – in das neue Dienstgebäude am Moabiter Werder gegenüber dem Kanzleramt. (Bericht der Deutschen. Gesellschaft für die Vereinten Nationen http://www.dgvn.de/meldung/frauen-fuer-den-frieden/ , Fotos unter www.facebook.com/winfried.achtwei , zum 2. Tag des Peacekeepers: http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1294 )

Gäste

Im Konferenzzentrum des BMI kamen ca. 270 Gäste zusammen, die meisten aktive oder ehemalige TeilnehmerInnen an Friedenseinsätzen der Vereinten Nationen, der EU, NATO und OSZE. Hintergrund ist der „International Day of United Nations Peacekeepers“, den die UN seit 13 Jahren weltweit am 29. Mai begehen.

Eingeladen waren die Peacekeeper stellvertretend für die rund 2.800 (im Vorjahr 5.000) deutschen Frauen und Männer, die zzt. bei internationalen Friedenseinsätzen im Auftrag der Vereinten Nationen eingesetzt sind. Im Mittelpunkt standen in diesem Jahr „Frauen, Frieden und Sicherheit“ anlässlich des 15-jährigen Jubiläums der UN-Sicherheitsratsresolution 1325.

Ministerreden

Für die Einsatzressorts sprachen Innenminister de Maizière, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Dr. Ralf Brauksiepe, der Ministerin von der Leyen vertrat. Sie war durch die Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zum G36 gebunden. Die Minister sprachen engagiert, herzlich und überzeugend.

De Maizière: Peacekeeping, Friedenserhalten sei eigentlich irreführend. Oft gehe es um Aufbau von Frieden. Die Entsendung von Polizisten und Zivilexperten werde eher zunehmen. Ausdrücklich dankt der Minister auch den Angehörigen und Freunden.

Steinmeier: Auf seinen letzten Reisestationen Ostukraine, Jerusalem, Gaza-Streifen, Libanon, Jordanien, Ost-Kongo habe er immer wieder Helfer, OSZE-Beobachter, Polizisten getroffen, die sich vor Ort dafür einsetzen, dass Konflikte nicht weiter eskalieren und Lösungen gefunden werden. Es gehe um „vorsorgende Außenpolitik“, darum, „gezielt und flexibel in Stabilität und Frieden zu investieren, anstatt spät – und oft zu spät – eingreifen zu müssen. (…) Ihr Engagement zeigt, wie reichhaltig unser Instrumentenkasten ist, den wir in der Krisenprävention nützen müssen!“ (Rede Außenminister http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2015/150610_Rede_BM_Peacekeeper.html )

Brauksiepe: Heute dienen mehr als 19.000 Frauen in der Bundeswehr, befinden sich mehr als 200 Soldatinnen in Auslandseinsätzen. Die heutige Feier solle den vernetzten Ansatz sichtbar machen, Peacekeepern ein Gesicht geben.

Starke Frauen

Gastrednerin war UN-Untergeneralsekretärin Phumzile Mlambo-Ngcuka, Exekutivdirektorin der UN Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women (UN Women) und frühere südafrikanische Vizepräsidentin. Sie bezeichnete die Resolution 1325 als "einfach, aber revolutionär". Zum ersten Mal werde darin die Bedeutung von Frauen für den Frieden anerkannt. Weibliche Beteiligung sorge in vielen Fällen für einen stabileren Frieden. Insbesondere die Effektivität von Peacekeeping-Missionen sei deshalb eng verknüpft mit Gleichstellungsfragen. (Ihre vollständige Rede hier in Kürze)

Wegen des thematischen Schwerpunktes werden in diesem Jahr – stellvertretend für alle Peacekeeper -  ausschließlich Frauen gewürdigt:

Drei Frauen aus dem Innenressort:

- Polizeihauptmeisterin Tanja Hammes von der Bundespolizei, zuletzt bei EULEX in Nord-Kosovo, davor Polizeitrainerin in Kunduz und Mazar-e Sharif;

- Kriminaloberkommissarin Janin Markgraf von der Berliner Polizei, zzt. bei UNMISS im Südsudan (erste deutsche Polizistin dort) aus Berlin, Special Assistant des Police Commissioner, Schwerpunkt Protection of Civilians;

- Zolloberamtsrätin Sigrid Roth, mehrfach als Zoll—Expertin und stv. Leiterin des deutschen Kontingents in der European Border Assistance Mission to Moldova and Ukraine (EUBAN MD/UA);

Drei Soldatinnen:

Obermaat Melanie Hainke von der Fregatte „Schleswig-Holstein“, zuletzt bei der Maritime Escort Mission – Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (MEM OPCW) zum Begleitschutz eines US-Spezialschiffes, auf dem 600 to Chemikalien aus Syrien zur Herstellung von Sarin und Senfgas auf offener See vernichtet wurden;

- Stabsgefreite Derya Kit von der Luftwaffe, 2014 bei der UN Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA);

- Oberleutnant Henriette Vetter von den Feldjäger, zuletzt bei der EU-Operation ATALANTA am Horn von Afrika/Djibouti;

Drei Zivilexpertinnen:

- Antje Grawe, seit Jan. 2014 Special Assistant des Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für Haiti (MINUSTAH), vorher EZ-Referentin in der deutschen Botschaft in Pakistan, davor bei UNAMA, EUPOL und GTZ in Afghanistan, davor AFG-Referentin im BMZ;

- Gertraud Marx-Leitenberger Richterin aus Sachsen-Anhalt, seit 2013 Richterin am Supreme Court for Privatisation Matters, EULEX Kosovo;

- Christina Wagner, Rechtsanwältin aus Hamburg und Menschenrechtsexpertin, seit 2013 Human Rights & Gender Expertin bei der zivilen EU-Mission zur Kapazitätenstärkung in Niger (EU-CAP Sahel Niger), vorher bei der AGEH Programmkoordinatorin für das Togo-Programm des Zivilen Friedensdienstes, davor bei GTZ und als Wahlbeobachterin in Westafrika, Osteuropa und Zentralasien.

In der locker-informativen Gesprächsrunde mit Dieter Wehe, dem Vorsitzenden der AG „Internationale Polizeimissionen“ (AG IPM), schilderten die neun Frauen die Vielfalt ihrer Aufgaben und Herausforderungen.

(Leider nicht zur Sprache kam, dass Herr Wehe am Folgetag nach 45 Jahren in der Polizei NRW, davon 13 Jahre als ihr Inspekteur, pensioniert wurde. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, diesem hervorragenden Spitzenpolizisten passend im Kreis der Peacekeeper herzlich zu danken. Überzeugt von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer deutschen Beteiligung an Internationalen Polizeimissionen setzte er sich für das gemeinsame Projekt von Bund und Ländern und seine Weiterentwicklung ein. Dass er auf einstimmigen Beschluss der Innenministerkonferenz hin für drei Jahre weiter den Vorsitz der AG IPM wahrnimmt, ist ein ausgesprochener Glücksfall.)

Musikalisch eingerahmt wurde die Feierstunde vom Quintett der Bundespolizeiorchesters Berlin unter der Leitung von Christoph Hackbart.

Am Stand von „Lachen Helfen e.V.“, der Initiative von Soldaten und Polizisten für Kinder in Kriegs- und Krisengebieten, treffe ich auf zwei unermüdliche, hoch motivierte Vereinsstützen – den Hauptfeldwebel d.R. Uwe Christiansen und Polizeiobermeister Mario Schulz. (Ein tolles Interview mit dem erfahrenen Peacekeeper in der Stuttgarter Zeitung vom 17.3.2015, http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.buergersprechstunde-6-der-polizist-mario-schulz-ich-moechte-etwas-weitergeben.7923bd8d-ecb9-481d-949c-010c612809f1.html )  

Echo

Die Peacekeeper erlebten die Veranstaltung als glaubwürdige Anerkennung und Unterstützung ihrer Arbeit.

Die Ehrung der deutschen Peacekeeper in Zivil und verschiedenen Uniformen war wieder ein friedenspolitisches Großereignis: Nie sonst kommen in Deutschland so viele und verschiedene Friedenspraktiker zusammen, die im Rahmen der UN-Werte, im öffentlichen Auftrag - die Soldaten nach Beschluss des Bundestages - in Krisengebieten für Stabilisierung und Gewaltverhütung, Aufbauunterstützung und Friedensförderung arbeiten, die dies mit großer Professionalität und unter erheblichen Belastungen und Risiken tun.

Unabhängig von der Umstrittenheit mancher Einsätze verdienen sie dafür hohe Anerkennung, Interesse und Dank. Zuerst durch die auftraggebende Politik, aber auch durch die Öffentlichkeit insgesamt.

Das gilt umso mehr in Zeiten sich häufender, näher rückender Krisen und Kriege, in denen Ratlosigkeit, Ohnmacht, Verzweiflung wachsen und konstruktive Kräfte, anpackende Hoffnungsträger umso wichtiger sind.

Vertreten waren viele Verantwortliche aus den Ressorts, die LeiterInnen von ZIF und zivik, das Einsatzführungskommando und mehrere Inspekteure der Bundeswehr etc.

Wie in den Vorjahren war der Bundestag allerdings nur spärlich vertreten – einzig die Abgeordneten Franziska Brantner, Ute Finckh-Krämer und Tom Koenigs nahmen an der Feier teil. Vor zwei Jahren war Euro Hawk ein Konkurrenzthema, jetzt G36. Vor dem Hintergrund der sonst so hoch geschätzten Parlamentsbeteiligung bei Auslandseinsätzen und dem Anspruch von „Parlamentsarmee“ ist mir diese offensichtliche Geringschätzung des Tages des Peacekeepers unbegreiflich.

Und die Medien?

Die Zahl der Kameraleute und Fotografen war vielversprechend.

Die beteiligten Ministerien und das mitveranstaltende Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) berichteten auf ihren Web-Seiten:

BMI: „Frauen im Einsatz für den Frieden“,

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/06/tag-des-peacekeepers.html;jsessionid=D28F55DC1FDAEF52969CDBFB29B62EBF.2_cid364

AA: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Krisenpraevention/Aktuelles/150610_Tag-des-Peacekeepers-2015.html

BMVg „Peacekeeper: Frauen im Einsatz für den Frieden“,

http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYs9E8IgEET_EQdWxk5MY6uFiR0hDDnlay6X2PjjhcLdmVfsm4Un1CazozeMOZkAA4wWT9NHTHH34pU3qqtY0S6OFoe8lhyQ8Q2Pdp2dsDk5bmSXGCs9Gc4kSiYOzWxE1QicYZSq11LJf9S3Gy763qnDsb_qG5QYzz-tRfWc/

ZIF: „Tag des Peacekeepers 20125 – wichtige Arbeit in schwierigen Zeiten“,  http://www.zif-berlin.org/de/ueber-zif/nachrichten-aus-dem-zif/detailansicht/article/tag-des-peacekeepers-2015-wichtige-arbeit-in-schwierigen-zeiten.html?tx_ttnews[backPid]=517&cHash=b68d51f593bbf166a29cf49394eec064

In den allgemeinen Medien fand ich die Peacekeeper-Feier nur an drei Orten:

Deutsche WelleGesucht: Frauen, die Frieden schaffen“ von Heiner Kiesel

http://www.dw.de/gesucht-frauen-die-frieden-schaffen/a-18507872 ; hier auch ein Video (1:43) mit Kollegen von „Lachen Helfen“;

TagesschauBundesregierung ehrt Peacekeeper“ von Andrea Müller, SR, 3 Min. Audio

https://www.tagesschau.de/multimedia/politikimradio/audio-16401.html und

DIE WELT vom 11.6.2015, erste Absätze im Artikel von Thorsten Jungholt über de Maizière im Verteidigungsausschuss zu G36, http://www.welt.de/politik/deutschland/article142295930/De-Maiziere-hielt-G36-fuer-voll-einsatztauglich.html

Ich habe Zweifel, ob die Ministerien mehr als routinemäßig für das Ereignis geworben haben.

Aber wo ich die mediale Echolosigkeit solcher friedenspolitischer Ereignisse seit Jahren immer und immer wieder erlebe, wächst in mir auch Zorn. Nach dem ersten Tag des Peacekeepers fragte ich in einem Artikel, ob es in Redaktionen, unter Journalisten für internationale Politik eine unausgesprochene Friedensmüdigkeit, gar Friedensverachtung gebe. Offensichtlich! Es kann doch nicht wahr sein, dass eine gute Nachricht erst dann Aufmerksamkeit bekommt, wenn es einen Zwischenfall, einen Streit- oder Skandalfaktor dabei gibt.

Im nächsten Jahr muss es gelingen, das hoffnungsvolle friedenspolitische Ereignis des Peacekeeper-Tages auch zu einem öffentlichen zu machen, die Chance dieses Tages endlich voll zu nutzen!

Drei Tage später erlebte ich beim erstmaligen, an 15 Standorten begangenen „Tag der Bundeswehr“ in Nörvenich, wie man mit entsprechendem politischen Willen, Ressourcen und interessanten Angeboten breite Öffentlichkeit erreichen kann.


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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