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Syrien akut: Deutsche Kompetenz in der Chemiewaffenvernichtung nutzen! Die guten Beispiele von Gorny, Kambarka und Potschep

Veröffentlicht von: Nachtwei am 10. September 2013 12:28:49 +01:00 (41460 Aufrufe)

Seit 20 Jahren gibt es eine erfolgreiche deutsch-russische Zusammenarbeit in der Chemiewaffenvernichtung. In der Öffentlichkeit ist das nahezu unbekannt. Als Mitglied des Unterausschusses "Abrüstung und Rüstungskontrolle" war ich dreimal vor Ort. Hier zwei Berichte von 2008 und 2006.

Syrien akut:

Deutsche Kompetenz in Chemiewaffenvernichtung nutzen -

20 Jahre erfolgreiche deutsch-russische Abrüstungszusammenarbeit!

 

Der Vorschlag, die syrischen Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und zu vernichten, erscheint als große Chance, weitere Chemiewaffen-Einsätze und eine unabsehbare internationale Eskalation des Krieges zu verhüten. Deutschland könnte + sollte mit seiner langjährigen praktischen Abrüstungskompetenz dazu nach besten Kräften beitragen. Angestoßen durch einen Beschluss des Bundestages vom 24.6.1992 gibt es seit 1993 eine sehr erfolgreiche deutsch-russische Zusammenarbeit auf dem Feld der Chemiewaffenvernichtung.  In den Jahren 2000, 2006 und 2008 hatte ich die Gelegenheit, die CW-Vernichtungsanlagen in Gorny, Kambarka und Potschep zu besuchen. Mein Potschep-Bericht unter www.nachtwei.de/index.php/articles/731 ; mein Kambarka-Bericht s.u. (erstmalig öffentlich). Das AA informiert ausführlich unter www.auswartiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Abruestung/GlobalePartnerschaft_node.html

 

 

Deutsch-Russischer Abrüstungserfolg am Ural

Inbetriebnahme der CW-Vernichtungsanlage in Kambarka

von Winfried Nachtwei, MdB, abrüstungspolitischer Sprecher (Feb. 2006)

 

„Tau des Todes" heißt der 1918 entwickelte Chemiekampfstoff Lewesit, der die Haut massiv und bleibend schädigt. Abertausende Tonnen davon lagern noch in Russland, das mit 39.000 deklarierten Tonnen die größten Chemiewaffenbestände (CW) auf der Erde beherbergt.

Zum zweiten Mal besuchte ich als Obmann im Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung ein Chemiewaffenlager und eine Chemiewaffenvernichtungsanlage in Russland, die wesentlich mit Hilfe deutscher Anlagetechnik und Finanzhilfe errichtet wurden.  Im Jahr 2000 war es die im Bau befindliche Anlage in Gorny in Südrussland. Ende letzten Jahres wurde die Vernichtung der dort lagernden 1.250 to der Hautkampfstoffe Lost (Senfgas) und Lewesit erfolgreich abgeschlossen. Jetzt wurde die zweite russische Anlage in Kambarka in der Udmurischen Republik (Westural) feierlich in Betrieb genommen. Hier lagern 6.350 to Lewesit in 80 Zisternen (Großkesseln) aus den 50er Jahren. Das sind fast 16% der russischen Bestände.

 

Politischer Hintergrund

Das Chemiewaffen-Übereinkommen (CWÜ) ist seit April 1997 in Kraft. Im November 1997 wurde es auch von Russland ratifiziert. Russland verpflichtete sich, binnen zehn Jahren seine damals 40.000 Tonnen deklarierten und an sieben Orten gelagerten CW-Bestände sowie ehemalige Produktionsanlagen zu vernichten bzw. diese auf zivile Produktion umzustellen. 2003  wurde die Frist im Rahmen des CWÜ verlängert. Sie läuft längstens bis 2012. Lt. russ. CW-Vernichtungsplan vom März 1996 sollte 1998 zuerst in Gorny und Kambarka mit der Vernichtung begonnen werden. Die geplante Vernichtungskapazität an beiden Orten lag bei 1.850 to/Jahr. Im Fall Russlands gelten die Gefahren der Proliferation, der „Abzweigung" von nuklearen Materialien und chemischen Kampfstoffen zu kriminellen und terroristischen Zwecken sowie der Abwanderung von Fachpersonal keineswegs als gebannt.

Die Kosten der CW-Vernichtung sind enorm, sie betragen das Hundertfache der Herstellungskosten. Mit Stand von 2005 liegt der Finanzbedarf bei ca. 8 Mrd. US-$. Vor allem in den ersten Jahren wäre damit Russland schon finanziell völlig überfordert gewesen.

 

Die deutsche Abrüstungshilfe begann lange vor dem CWÜ und geht auf einen Beschluss des Bundestages vom 24.6.1992 zurück. Noch am 16.12.1992 wurde das deutsch-russische Regierungsabkommen über Hilfeleistungen zur Eliminierung nuklearer und chemischer Waffen abgeschlossen und 1993 durch ein Ressortabkommen zwischen dem AA und der russischen Regierung ergänzt. Bis zum Jahr 2000 stellte Deutschland hierfür Lieferungen und Leistungen im Gesamtwert von 51 Mio. DM zur Verfügung. Die USA konzentrierten ihre CW-Abrü-stungshilfe auf das Nervenkampfstofflager Shuchye/Gebiet Kurgan und brachten hierfür bis 2000 262 Mio. US-$ auf. Shuchye ist bis heute nicht in Betrieb!

Nach dem Terroranschlag des 11. September wurde das hohe Risikopotenzial der Altlasten des Kalten Krieges in Russland, vor allem der CW, Nuklearanlagen und Atom-U-Boote, bewusst und im Jahr 2002 die G8-Initiative „Globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -materialien" beschlossen. Die Teilnehmerstaaten verpflichteten sich, hierfür binnen zehn Jahren 20 Milliarden US-$ aufzubringen. Die Bundesrepublik sagte bis zu  1,5 Mrd. US-$ zu. (vgl. Strengthening the Global Partnership, SGP Issue Brief Feb 2006, www.sgpprocect.org; Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit; Die Globale G8-Partnerschaft - Deutsch-Russische Zusammenarbeit, Broschüre 2004, www.bmwa.bund.de)

Zur CW-Vernichtung trugen bis 2005 bei bzw. stellten in Aussicht: die USA 1,1 Mrd. US-$, Deutschland 198 Mio. Euro (bis 300 Mio.), Italien 373 Mio. Euro, Kanada 103 Mio. US-$, Großbritannien 100 Mio. US-$, EU-Kommission 18 Mio. Euro, Frankreich 6-9 Mio. Euro, Niederlande 7,7 Mio. Euro und  andere. Nur die USA und Deutschland unterstützen und beliefern direkt die CW-Vernichtungstechnologie.

 

Im Rahmen einer deutschen Regierungsdelegation nehme ich zusammen mit dem CSU-Kollegen Hans Raidel an der Inbetriebnahme der CW-Vernichtungsanlage Kambarka teil. Der Flug geht von Frankfurt über Samara (hier „enttarnt" mich eine Lufthansa-Stewardess: sie habe vor 20 Jahren bei mir in der Klasse 5 am Gymnasium Dülmen Geschichtsunterricht gehabt) nach Ufa. In Kleinbussen geht es durch die ölreiche Republik Bashkortostan in vier Stunden nach Kambarka jenseits des Flusses Kama in der Südostecke der Udmurischen Republik. Die feste, z.T. glatte Schneedecke auf der Straße hindert die Fahrer keineswegs, volles Tempo und mit Risiko zu fahren. Die geringe Verkehrsdichte befördert den unfallfreien Verlauf. (Dass die Hauptstadt Izhersk das Zentrum der russischen Kalashnikov- und Kleinwaffenproduktion ist, wird schon auf der offiziellen Homepage der Republik - www.udm.ru - auffällig markiert.) Wenige Kilometer außerhalb des 13.000-Einwohner-Städtchens liegt in einem Waldgebiet das Wohncamp mit ganz neuen Fertighäusern. Hinter einem Extrazaun liegt das „Deutsche Haus" („Hotel Konsortium"). Das aus 64 Containern errichtete Unterkunftsgebäude bietet den zzt. 70-80 deutschen Fachleuten, die jeweils für fünf Wochen hier sind, dann eine Woche zuhause, dann wieder Kambarka, recht ordentlichen Wohnkomfort und eine gute Küche.

 

Die Delegation besteht aus dem deutschen Abrüstungsbeauftragten, Botschafter Friedrich Gröning, dem deutschen Botschafter in Moskau, Dr. Walter Schmid, den beiden langjährig zuständigen und sehr erfahrenen  Beamten von AA (Rolf Herden, Alfred Körner) und Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung/BWB (Horst Minning), aus Vertretern des Verteidigungsministeriums der der in Kambarka aktiven deutschen Firmen:  Eisenmann AG/Holz-gerlingen (Systemanbieter u.a. in Thermoprozesstechnik und Umwelttechnik, www.eisenmann.de), Lurgi-Lentjes/Düsseldorf (Verfahrenstechnik und Anlagenbau in Energieerzeugung und Rauchgasreinigung, www.lentjes.de) und der GfE (Gesellschaft für Entsorgung) GmbH & Co.KG aus Burg bei Magdeburg mit dem Veteranen Horst Zaddach. Dabei ist auch der BMVg-Dolmetscher Andre Hildebrandt, den ich schon mehrfach in Russland als sehr kompetenten, erfahrenen und freundlichen Sprachmittler erfahren habe.

Die Firmenvertreter geben per Power-Point eine Übersicht über das ganze Vorhaben: Die umweltgerechte und irreversible Vernichtung des Kampfstoffs erfolgt in den zwei Stufen (a) chemische Neutralisation und (b) Verbrennung der Reststoffe. Am 8.8.2003 erfolgte die Auftragsvergabe, der Baubeginn am 1.5.2004. Die Montage begann wegen Schwierigkeiten bei russischen Sub-Unternehmen mit neunmonatiger Verzögerung am 1.8.2005. Inzwischen sind die Planfristen wieder weitgehend eingeholt worden. Die technische Anlage wurde erst voll in Deutschland aufgebaut, von russischer Seite abgenommen, wieder zerlegt und in Kambarka wieder aufgebaut. Insgesamt kostet die deutsche Abrüstungshilfe für Kambarka 150 Mio. Euro - 90% davon gehen als Aufträge zurück an deutsche Spezialfirmen. Die russische Seite möchte am liebsten die deutsche Finanzhilfe zur eigenen freien Verfügung haben. Angesichts eines zzt. durch Öl-Dollar schuldenfreien russischen Staatshaushalts und eines hoch verschuldeten deutschen Bundeshaushalts wäre das nicht zu rechtfertigen. Eine entsprechende Botschaft will ich bei meiner Rede überbringen.

 

Das CW-Lager und die Anlage: Etwas mehr als ein Kilometer vom Wohncamp liegt das großräumig umzäunte CW-Lager. Der innere Sicherheitsbereich ist noch mal von zwei Doppelzäunen, Elektronik und Wachtürmen gesichert und von Militär scharf bewacht. Hierin befinden sich die fünf Depothallen aus den 50er Jahren, die inzwischen doppelwandig „umhaust" wurden und dadurch hermetisch von der Umwelt abgeschottet sind; die 85 Zisternenentleerungsvorrichtungen; die Vernichtungsanlage; die zwei mobilen Detoxikationsmodule als Herzstück der Anlage, in denen durch alkalische Hydrolyse das Lewesit neutralisiert wird; schließlich das Gebäude 44, in dem die festen Reststoffe in einem Herdwagenofen, die flüssigen und gasförmigen Reststoffe in einem Hochturbulenzreaktor mit Rauchgasreinigung nach deutschen und russischen Normen verbrannt werden. Im Gebäude 1 wird aus der Reaktionsmasse ein Granulat mit verschiedenen Arsenverbindungen gewonnen, die in der Elektroindustrie Verwendung finden.

Die technische Zone ist eine chemische High-Tech-Fabrik. Vor den technischen Gebäuden ist das ganze Arsenal des Werks-Katastrophenschutzes aufgebaut. Letzten Endes bekommen wir doch viel mehr zu sehen, als wir im Vorfeld annehmen mussten. Erstmalig kann auch Presse, darunter viele russische und zwei deutsche Fernsehteams (ZDF und Deutsche Welle) Einblick in ein Areal nehmen, das über Jahrzehnte verbotene Zone war. Die Bürger der Region erfuhren erst 1989, welche gefährlichen Stoffe in ihrer Nähe lagerten. (Eine solche absolute Geheimhaltung wurde im Westen genauso praktiziert: Auf Anfragen zu vermuteten Atomwaffen- und CW-Lagern erhielten wir von den Behörden nie eine Auskunft.)

 

Feierliches Meeting vor dem mit Luftballons geschmückten Verwaltungsgebäude: Bei klirrender Kälte und Schneeböen sprechen zehn Festredner zu den über zweihundert Menschen, darunter der Präsident der Udmurischen Republik, Alexander Wolkow, der stv. Chef der Föderalen Agentur für Industrie, Prof. Viktor Cholstow, der Berater von Präsident Putin, Alexander Burutin, der eine persönliche Botschaft des Präsidenten überbringt, der deutsche Botschafter und Botschafter Gröning, der Vertreter der EU-Kommission sowie ich für den Bundestag. Ich rede an gegen den knatternden Wind und vor allem die Kälte:

 

„Zusammen mit meinem Kollegen Hans Raidel überbringe ich Gruß, Dank und Anerkennung des Deutschen Bundestages zur Inbetriebnahme der Chemiewaffenvernichtungsanlage Kambarka.

Die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen befindet sich in einer akuten Krise. Da ist dieses Projekt der Vernichtung von Massenvernichtungswaffen von ganz besonderer Bedeutung und ermutigend.

Was hat der Deutsche Bundestag mit dieser Abrüstungszusammenarbeit zu tun? Initiative, Begleitung, Geld.

Schon 1992 fasste der Bundestag einen Beschluss zur Abrüstungszusammenarbeit mit Russland - zehn Jahre vor dem Beschluss zur „Globalen Partnerschaft" der G 8.

Im Jahr 2000 besichtigten wir mit einer Parlamentarierdelegation die Bauarbeiten zur ersten Chemiewaffenvernichtungsanlage in Gorny. Wir bekamen einen Eindruck von der Größe und Schwierigkeit der Aufgabe. Wir lernten Sie, General Kapaschin, und andere kennen. Seitdem haben wir das Projekt mit Überzeugung und aus vollem Herzen begleitet und unterstützt.

Der Bundestag entscheidet über die Gelder für die deutsche Unterstützung zur Vernichtung von Massenvernichtungswaffen in Russland. Der deutsche Staatshaushalt ist hoch verschuldet. Deshalb können wir diese Unterstützung nur leisten, wenn deutsche Firmen an den Aufträgen beteiligt bleiben. Das stelle ich nüchtern fest. Alles andere wäre eine Illusion.

Auf dem Platz hier stehen viele meiner Generation. Unsere Eltern, unsere Väter standen noch im Krieg gegeneinander.

Die Kampfstoffe in den Lagerhäusern hier zeigen, welches Teufelszeug vorbereitet wurde - und was uns erspart blieb.

Bei der Nichtverbreitung und der Terrorismusbekämpfung heute gibt es mehr Rückfälle als Fortschritte.

Was hier geschaffen wurde, ist ein Leuchtturm beim Bemühen um gemeinsame Sicherheit, vorausschauende Sicherheit, um effektive Sicherheit.

Die daran mitgewirkt haben, können stolz darauf sein.

Wir wünschen Ihnen und uns, dass dem heutigen großen Schritt weitere folgen:

-          Gute Arbeit hier in Kambarka!

-          Gute Fortsetzung in Leonidowka - auf Wiedersehen!"

(In Leonidowka lagern  6.900 to in insgesamt 85.666 Granaten, Bomben und Absprühcontainern munitionierte Nervenkampfstoffe, davon 5.124 to VX aus den 70er Jahren, 267 to Sarin, 48 to Soman und 1.475 to Zähsoman. Bei der C-Munition ist das Diebstahl- und Missbrauchsrisiko erheblich höher als bei den C-Kampfstoffen in Zisternen. Das Lager liegt nur 10 km von einer Stadt mit 500.000 Einwohnern entfernt. Das ist die nächste Herausforderung der deutschen Abrüstungshilfe und sollte ihre nächste Station sein.)

 

Der Kundgebung folgt die symbolische Schlüsselübergabe und eine ausgiebige Verleihung von Auszeichnungen.

Im zentralen Leitstand erleben russische und deutsche Ehrengäste auf Großbildschirmen die Inbetriebnahme der Anlage. Als gegen 13.30 Uhr der Beginn der Lewesit-Vernichtung angezeigt wird, kommt Beifall auf, beglückwünschen sich Techniker und Gäste.

Die folgende gemeinsame Pressekonferenz mit Moskau und Jekatharinenburg über Satellit sind findet wohl große Medienresonanz, wird aber von technischen Störungen beeinträchtigt.

Im großen Saal des Wohncamps versammeln sich ca. 100 Mitarbeiter und Gäste zu einem üppigen Festmahl. Ein Trinkspruch folgt dem nächsten, der Wodka strömt.

Beim Abschied der deutschen Delegation erinnere ich Generalleutnant Kapaschin an unseren Besuch im Sommer 2000 in Gorny, wo sich unsere Vorsitzende Uta Zapf nicht der militärischen Männer-Hierarchie gebeugt hatte, seinen Monolog nachhaltig unterbrochen und sich in die Verhandlungen eingeschaltet hatte. Das sei „das Wetterleuchten von Gorny" gewesen. Heute hätten wir eine Bundeskanzlerin!

Während in Russland relativ breit und auch in den Hauptnachrichtensendungen über das Projekt und den maßgeblichen Anteil Deutschlands daran berichtet wird (34% der Baukosten, demgegenüber 3% von EU, Niederlande, Schweiz und Finnland zusammen), in der Moskauer Deutschen Zeitung Nr. 5 März 2006 ein sehr informativer ganzseitiger Artikel erschein („Deutsche rüsten Russland ab"), gibt es in Deutschland nur in den ZDF-Nachrichten einen Bericht und in der FAZ einen Artikel des Moskau-Korrespondenten. In anderen Zeitungen tauchen maximal Agenturberichte bis -kurzmeldungen auf.

 

In den USA werden die CW bei 1.500° direkt verbrannt. Das einstufige Verfahren gilt als langsam, gefährlich und teuer. Zwischen 1990 und November 2000 wurden mehr als 2.000 to (6% der US-Bestände) in mehr als 400.000 Raketenköpfen, Projektilen, Bomben, Granaten, Minen und Containern aus Militärbasen im Pazifik und Westdeutschland auf Johnston Atoll, 800 Meilen südwestlich von Hawai, verbrannt. An den acht CW-Lagerstätten auf dem amerikanischen Kontinent verzögerte sich die Inbetriebnahme von Vernichtungsanlagen durch technische Probleme, Proteste und Rechtsstreitigkeiten

(Zur Chemiewaffenvernichtung allgemein: www.opcw.org; zur CW-Vernichtung in den USA: www.fas.org/nuke/guide/usa/cbw/cw.htm; zur CW-Vernichtung in Russland: www.munition.gov.ru/eng/zapasho.html; Special Issues zur „sicheren Lagerung und Vernichtung von CW in Russland" von Defence Technologies und Arms Markets, Moskau 2005, www.armes-tass.su)

 

Die anderen deutschen Beiträge zur G8-Initiative: Das zweite Feld ist der physische Schutz nuklearer Materialien in Lagern des Russischen Verteidigungsministeriums (z.B. LV2-5 Mayak), zu denen allein US- und deutsche Experten - allerdings unter größter Geheimhaltung - Zutritt haben. Hier geht es um die Abrüstung bestimmter Kernwaffen. Hierfür sind bis 2009 insgesamt 167 Mio. Euro vorgesehen. Das dritte Feld ist die Zerlegung russischer Atom-U-Boote in der Nerpa-Werft bei Murmansk und ihre Langzeitzwischenlagerung auf einer 30 ha großen Betonfläche in der Saida-Bucht. Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums sind hier die Energiewerke Nord aus Lubmin Generalunternehmer. (www.ewn-gmbh.de) Die insgesamt 120 1.600 to schweren Reaktorsektionen kommen auf Spezialfahrgestelle.

Für die gesamte deutsche Beteiligung an der G8-Initiative sind Jahresbeiträge von 120 Mio. Euro eingeplant, davon 63 Mio. im Etat des AA (35 Mio. CW, 28 Mio. physischer Schutz von Nuklearmaterial) und 57 Mio. im Etat des BMWi.

 

Zusammenfassung: Nirgendwo auf der Welt gibt es sonst eine technisch so fortgeschrittene Anlage wie in Kambarka. Bisher funktionieren in Russland allein die zwei mit deutscher Abrüstungshilfe errichteten CW-Vernichtungsanlagen.  Die Hunderte Mio. Euro aus Deutschland für Kambarka, Leonidowka, den Schutz nuklearer Materialien und die Zerlegung und Zwischenlagerung der Atom-U-Boote sind eine Investition in internationale und gemeinsame Sicherheit und kommen beiden Seiten zugute. Dass hierbei Deutschland „privilegierter Partner" Russlands ist, liegt nicht einfach an besonderer Freigebigkeit, sondern der besonderen technischen und interkulturellen Kompetenz auf deutscher Seite (einige Experten haben als DDR-Bürger in Russland studiert) und einer harten, ergebnisorientierten Verhandlungsmethode.

Die kontinuierliche Begleitung der Abrüstungszusammenarbeit durch den Bundestags-Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung scheint gerade für den Fortgang der CW-Vernichtung recht hilfreich zu sein. Nicht nachvollziehbar ist, wie sehr die Bundesregierung  die Lichter dieser hoffnungsvollen und vorbildlichen Abrüstungszusammenarbeit unter dem Scheffel lässt.

 

 


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Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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