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Nach 15 Jahren Bundestag - MdB a.D.-Empfang von Winni Nachtwei in Berlin

Veröffentlicht von: Webmaster am 31. Oktober 2009 00:50:09 +02:00 (2633 Aufrufe)

Am 30. Oktober 2009 kamen mehr als 100 Gäste in den Räumen des Bundestages Unter den Linden 50 zusammen, um Abschied zu feiern.

Der langjährige sicherheits- und abrüstungspolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete sich von Mitstreitern und Weggefährten nach seiner erprobten Art „auf den letzten Drücker" - drei Tage nach Konstituierung des neuen Bundestages und Ablauf des Bundestagsmandats.

Gekommen waren

  • KollegInnen der grünen Fraktion, an ihrer Spitze Renate Künast, Jürgen Trittin und Fritz Kuhn, und der grünen Partei, der SPD-, CDU-/CSU-, FDP- und Linke-Fraktion,
  • MitarbeiterInnen der Bundestagsverwaltung und des Verteidigungsausschuss-Sekretariats,
  • Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Verteidigungsministeriums, des Innenministeriums und Kanzleramtes, der Bundeswehr mit dem Stellvertreter des Generalinspekteurs, Vizeadmiral Kühn an der Spitze, VertreterInnen verschiedener Botschaften (Kanada, Norwegen, USA),
  • der Dt. Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bundeswehrverband, SWP, ForumZFD, Freie Heide, Zentrum Internationale Friedenseinsätze, Aktionsbündnis Landmine, Friedensforschung, Journalisten.

Grußworte sprachen Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender, Bernhard Gertz, langjähriger Vorsitzender des Dt. Bundeswehrverbandes, und Cornelia Brinkmann, Mitstreiterin für Zivilen Friedensdienst von Anfang an und friedenspolitische Beraterin.

Abschiedsrede von Winni Nachtwei:

Vielen, vielen Dank für die großen Lobesworte. Die kann ich natürlich gern ertragen.

Aber was ich zustande gebracht habe, ist nicht einfach eine Einzelleistung, es ist auch viel Gemeinschaftsleistung.

Zuallererst mit Angela, meiner Frau: Du hast seit Jahrzehnten mein Engagement mitgetragen und auch ertragen, es gestützt. Dein Verständnis für Reisen in Krisenregionen, womit Du mit Deinen Hilfseinsätzen in Thailand/Kambodscha, Somalia und Uganda in den frühen 80er Jahren angefangen hattest. Oder unsere gemeinsame Kreativität bei der Entwicklung von Gruß- und Wunschkarten zu besonderen Anlässen. Herr Riechmann, Sie erinnern sich.

Dann meine vorzüglichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: fast die ganzen 15 Jahre Andreas Körner, jetzt Fraktionsreferent für Sicherheitspolitik. DER Tip!

Iris Gause, Michael Schlickwei, Tobias Münchmeyer, Gabi Gehle, Daphné Lucas, Angelika Farwick-Hajek, Tom Marczinkowski, Christoph Kattentidt, Sabine Peter, Anja Seiffert.

ONE MISSION - ONE TEAM!

Mein Geburtsjahr 1946 war der erste Friedensjahrgang. Seit den 70er Jahren wurden für mich die „Kriegserfahrungen" eines Nachkriegsgeborenen immer mehr zu meiner Triebkraft, die Forschungen zu deutschem Kolonialkrieg in Südwestafrika, zu Deportationen und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, die Begegnungen mit Minenopfern in Somalia. Das ging einher mit einem „Urvertrauen", das ich meinen Eltern verdanke, und das sich in meiner „Hoffnung wider alle Vernunft" niederschlägt. Ohne die könnte ich die maßlos vielen Negativerfahrungen von Krisenregionen gar nicht verkraften.

Wenn ein Merkmal meine Sachbezogenheit ist, die ständige Suche nach der Wahrheit in den Tatsachen, dann war das auch immer sehr arbeitsaufwändig, dann schaffe ich das nur auf Kosten von Freizeit, Kontakten, politischer Breite. Wo ich mich so sehr auf Friedens- und Sicherheitspolitik konzentrierte, kam darüber z.B. die Wirtschafts- und Sozialpolitik zu kurz. Das ist ein Mangel, den man dann vor allem als Wahlkreisabgeordneter spürt.

Ein anderes Merkmal ist meine Geduld, mein langer Atem. So sehr man diesen weiter braucht, so sehr wächst in mir inzwischen so was wie konstruktive Ungeduld:

Seit jeher verteile ich bei Veranstaltungen meine jüngsten Artikelsammlungen. Heute soll da keine Ausnahme sein. Auf die Schnelle habe ich da einiges zusammengestellt: den Artikel „Melde mich ab aus Bundestag und Verteidigungsausschuss", die Erinnerung an den Bundestagsstart vor 15 Jahren, ein hier erstmalig veröffentlichter Warnbrief aus dem Jahr 2000 zu Scharpings Reformverweigerung, exemplarische Zeitungsartikel aus einem begeisterten Parlamentarierleben.

Von zahllosen Ereignissen und Begegnungen erinnere ich mich an besonders schwierige, auch Tiefpunkte:

  • das Ringen um die Afghanistan-Entscheidung im November 2001. Zeitweilig sah ich keine vertretbare Option, erwog ich die Rückgabe meines Mandats.
  • Im April vorigen Jahres der Besuch im Ost-Kongo, im Panzi-Hospital von Bukavu die Begegnung mit vergewaltigten Frauen, jungen und älteren. Hier sind Massenvergewaltigungen übliche Kriegstaktik und Alltag, hier ist Hölle auf Erden. Und die Staatengemeinschaft kümmert sich nicht darum.
  • Jedes Mal die Trauerfeiern für in Afghanistan getötete, gefallene Bundeswehrsoldaten, junge Gesichter, am Sarg gleichaltrige Kameraden. Wenn wir, die Politik, junge Leute in solche Extremrisiken entsenden, dann reicht es nicht, das sicherheitspolitisch zu begründen. Das können wir ja. Der ganze Einsatz muss auch Aussicht auf Wirksamkeit, auf Erfolg haben.

Aber auch die vielen Höhepunkte:

  • Angefangen bei vielen Bundestagsdebatten, eigenen Reden, wo zugehört wurde, wo - vor allem nach einer Rednerin der Linken, manches Mal die Post abging.
  • Im Herbst 2006 das erstmalige Zusammentreffen mit afghanischen Parlamentarierinnen im Bundestag: ihre authentischen Wortbeiträge, so anders als bei üblichen Parlamentarierbegegnungen, ihre Anwesenheit bei der ISAF-Debatte, die sie hinterher im Bus nachspielten.

Ich bin dankbar für das Privileg, in dieser Umbruchsphase der Sicherheits-, Friedens- und Abrüstungspolitik im Bundestag , in Berlin arbeiten zu dürfen. Ich bin dankbar, nie als Mitglied des Notparlaments gebraucht worden zu sein.

Ich bin erleichtert angesichts der Aussicht auf weniger Termindruck, etwas mehr Freiheit und Leben außerhalb der Tagespolitik.

Wehmütig bin ich, weil mit den MitarbeiterInnen, dem Flur des AK IV, der Fraktion, den Ausschusskolleginnen, den Bediensten des Bundestages, den JournalistInnen viel Heimat verloren geht.

Verpflichtet fühle ich mich weiter meinen politischen Hauptaufgaben:

  • bei Afghanistan bleibe ich dran, mache ich mich in schwieriger Zeit nicht vom Acker;
  • der zivilen Friedensförderung, viel beschworen, viel zu wenig bekannt;
  • einer ressortgemeinsamen Friedens- und Sicherheitspolitik
  • ... und den tollen Menschen, die auf diesen Feldern arbeiten.
  • Unsere neue Fraktion will ich in angemessener Weise unterstützen.

„Gemeinsam die Chancen nutzen" (Foto der Einladungskarte): Die Möglichkeit und Notwendigkeit wird an keinem Ort so deutlich wie hier. Weltweit gibt es kaum einen Ort, der so sehr historisch kontaminiert ist wie der Quadratkilometer um uns herum: Wo 1918 die deutsche Demokratie ausgerufen wurde, wo nach 1933 die Zentralen von NS-Herrschaft, Angriffskrieg und Vernichtungspolitik standen, wo die Spaltung Europas betoniert - und ab 1989 wieder überwunden wurde.

Was sind das seitdem für Chancen! Die sind keine Selbstverständlichkeit, die müssen genutzt werden!

Ich übergebe

  • an Maria Klein-Schmeink, meine Nachfolgerin aus Münster
  • an Omid Nouripour, Katja Keul und Agnieszka Malczak, die wohl künftig im Verteidigungsausschuss arbeiten werden.

Ich übergebe an Euch!


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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