Frieden     Sicherheit    Abrüstung
Logo

www.nachtwei.de

Genauer Hinsehen: Sicherheitslage Afghanistan (Lageberichte + Einzelmeldungen) bis 2019
Navigation Themen
Navigation Publ.-Typ
Publikationstyp
•  Pressemitteilung (319)
•  Veranstaltungen (7)
•  Pressespiegel (20)
•  Bericht (412)
•  Artikel + (227)
•  Aktuelle Stunde (2)
•  Antrag (59)
•  Presse-Link (108)
•  Interview (65)
•  Rede (111)
•  Große Anfrage (4)
•  Kleine Anfrage (31)
•  Fragestunde (1)
•  Tagebuch (48)
•  Offener Brief (32)
•  Persönliche Erklärung (6)
•  Veranstaltungstipp (6)
•  Vortrag (23)
•  Stellungnahme (60)
•  Weblink (17)
•  Aufruf (5)
•  Dokumentiert (35)

Artikel von Winfried Nachtwei für Zeitschriften u.ä.
Browse in:  Alle(s) » Publikationstyp » Artikel

Margers Vestermanis, Überlebender des Rigaer Ghettos, Gründer des Museums "Juden in Lettand", wurde 90 Jahre - Herzliche Ehrung in Riga

Veröffentlicht von: Nachtwei am 19. September 2015 15:52:22 +02:00 (29395 Aufrufe)

Vor 26 Jahren begegneten wir Margers Vestermanis erstmalig in Riga. Er ist ein Pionier und Großmeister einer Erinnerung wider die Unmenschlichkeit. Wer ihm begegnete und zuhörte, wird das nicht vergessen. Jetzt wurde er zu seinem 90. Geburtstag in Riga würdig + herzlich geehrt. 

Margers Vestermanis,

Überlebender des Rigaer Ghettos, Gründer des Museums „Juden in Lettland“, 90 Jahre – Herzliche Ehrung in Riga

Winfried Nachtwei, MdB a.D. (9/2015)

(Fotos auf www.facebook.com/winfried.nachtwei )

Am 18. September 2015 wurde Margers Vestermanis auf Einladung der Jüdischen Gemeinde Riga mit einer würdigen und herzlichen Feier in der Universität zu seinem 90. Geburtstag geehrt.

Der Staatssekretär im Außenministerium, Andrejs Pildegovics, gratulierte ihm im Namen des lettischen Staates und zeichnete das Mitglied der Lettischen Historikerkommission für seine Forschungen und Veröffentlichungen zur lettischen Geschichte aus: Sein Geburtstag sei ein Grund zum Feiern für alle Letten. „Wir sind stolz auf Sie, wir sind stolz auf Ihre Menschlichkeit und Weitsicht.“ (Rede siehe unten) Die Anwesenheit und Reden vieler ausländischer Botschafter (Österreich, Ungarn, Deutschland, Israel, Großbritannien, USA) unterstrichen die internationale Anerkennung für das Wirken von Margers Vestermanis.

Gesungen wurden „Ghettolieder“ einer Widerstandsgruppe, deren einzige Überlebender Margers Vestermanis ist.

Besonders zu Herzen gehend waren die Glückwünsche seiner ältesten Urenkelin. Die Nazis hatten seine große Familie ermordet, den älteren Bruderschon im Juli 1941. 74 Jahre danach wurde der 90-Jährige mit Eva, seiner fast 90-jährigen Frau, im Kreis seiner wieder großen Familie geehrt.

Auf Wunsch des Jubilars erhielt er vom Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde ein Zertifikat für eine Grabstelle auf dem Neuen Jüdischen Friedhof.

Viele, viele Blumen bekam Margers Vestermanis überreicht, ein regelrechter Berg. Sie wurden anschließend in Rumbula am Stein der Vestermanis niedergelegt -  dort, wo am 30. November und 8. Dezember 1941 um 27.000 Rigaer Juden erschossen worden waren, darunter seine Eltern und seine Schwester.

(Zu den Lebensstationen von Margers Vestermanis vgl. Hanna und Wolf Middelmann, Dem Judenmord entkommen, Münster 2015, S. 128, http://www.gegen-vergessen.de/startseite/news-detailseite/article/dem-judenmord-entkommen-bericht-ueber-zwei-jahrzehnte-austausch-mit-den-ueberlebenden-des-hol.html )

Mein schriftlicher GLÜCKWUNSCH AUS MÜNSTER/BERLIN (leider war ich kurzfristig daran gehindert, an der Feier teilzunehmen)

Lieber Margers, liebe Eva, geehrte Festgesellschaft,

im Sommer 1989 kamen meine Frau Angela und ich erstmalig nach Riga. Die wachsende Unabhängigkeitsbewegung hatte unser Interesse und Sympathie geweckt, aber auch die Frage nach dem Schicksal der Münsteraner Juden, die Ende 1941 von den Nazis in das Ghetto Riga deportiert worden waren. Am 11. Juli 1989 traf  ich am Uhrturm des Hauptbahnhofs einen weißhaarigen, ca. 65-jährigen Herrn mit einer Zeitung als Erkennungszeichen unterm Arm. Mit dem Bus 385 ging es raus nach Upeslejas.

Meinem Reisetagebuch entnehme ich, dass Du recht schnell auf den 25-jährigen Gefreiten Egon Klinke zu sprechen kamst, Kraftfahrer bei der Luftwaffe, Deserteur… Du zeigtest mir Karteikästen, eine Abteilung zu „Judenmördern“, berichtetest vom 16-jährigen Margers am 30. November 1941. Die wenigen Stunden in Upeslejas direkt vor unserer Rückreise nach Deutschland war der menschlich-politische Zündfunke, der mich auf die Riga-Spur und uns zueinander brachte. Zu einer Zeit, als in Deutschland wie Lettland weitestgehend verdrängt und vergessen war, wie die deutsche Besatzung von 1941 bis 1944 gegen die jüdischen Menschen, gegen Deine Familie gewütet hatte.

Im Juli 1990 begegneten wir uns erstmalig zu viert mit Eva und Angela, besuchten Rezekne in Ostlettland. Im Januar 1991 fieberten wir mit Euch, als die Unabhängigkeitsbewegung bedrohlich unter Druck geriet – und sich mit ungeahnter Kraft behaupten konnte.

Dich, Margers, erlebte ich als Türöffner einer mit der Unabhängigkeitsbewegung aufbrechenden Erinnerung: Als unermüdlichen, großen Brückenbauer einer Erinnerung an die vitale und reiche jüdische Kultur, einer Erinnerung an die zahllosen jüdischen Opfer, die Gequälten, Erschossenen, Verhungerten, an die Täter und Helfershelfer der deutschen Besatzer, aber auch an die Judenretter und wenigen Wehrmachtsdeserteure. Das von Dir aufgebaute Museum „Juden in Lettland“ wurde zu einem lebenden Denkmal!

DU machtest es durch Deine Forschungen und Deinen enzyklopädischen Wissensreichtum möglich, dass endlich auch in Deutschland die Erinnerung an die jüdischen Nachbarn von nebenan auflebte. Von denen war über 50 Jahre nur ein „verschollen in Riga“ geblieben.

Die Geschichtsstunden und Zeitzeugengespräche mit Dir werden Tausenden deutscher Bürgerinnen und Bürgern für immer im Gedächtnis bleiben.

Die Nazi-Staatsverbrecher wollten die totale Vernichtung ihrer Opfer, indem sie auch die Erinnerung an sie auslöschen wollten.

Du hast ihnen mit Deiner unermüdlichen Arbeit einen Strich durch die teuflische Rechnung gemacht. Du hast sie auf diesem Feld besiegt.

Du, Margers Vestermanis, hast Dich in höchstem Maße um die Opfer des Holocaust in Lettland, um die Jüdische Gemeinde, um das demokratische Lettland, um Brücken der Erinnerung mit Deutschland und mit jungen Menschen verdient gemacht! Damit wir alle daraus für ein friedliches Europa lernen! Die Jüdische Gemeinde, die lettische Gesellschaft und Politik können wahrlich stolz auf einen Bürger wie Dich sein.

Als menschlichen Glücksfall sondergleichen erlebte ich, wie zwischen uns über intensive Gespräche und häufig auch lachendes Zusammensein geradezu familiäre Nähe und Freundschaft wuchs. Wir sind von ganzem Herzen dankbar, dass wir Dich und Eva kennen lernen durften.

Zu Deinem ehrwürdigen 90. Geburtstag am 18. September wünschen wir Dir weiterhin möglichst gute Kräfte, starke Mitstreiter, viel positives Echo  und viele frohe Stunden zusammen mit Deinen Lieben.

Wir umarmen Dich und Eva ganz herzlich und freuen uns auf unser nächstes Treffen in Riga!

Dein Winni und Deine Angela

(Mitgliedsnummer 3 des Vereins Museum und Dokumentationszentrum „Juden in Lettland“)

The State Secretary congratulates Marģers Vestermanis on his 90th birthday

September 18, 2015

The following is a press release from the Ministry of Foreign Affairs:

On 18 September, the Foreign Ministry’s State Secretary Andrejs Pildegovičs congratulated MarÄ£ers Vestermanis, a historian, Honorary Doctor of the Academy of Sciences of Latvia, member of the Latvian Historians’ Commission, the founder and curator of the “Jews in Latvia” museum, on his 90th birthday.

MarÄ£ers Vestermanis was presented with a Latvian Foreign Ministry Certificate of Recognition for long-standing support and constructive cooperation with Latvia’s Foreign Service on research and study of Latvia’s history as well as presenting the history worldwide in an objective manner.

State Secretary Pildegovičs said he was extremely pleased to congratulate the historian:

“Your birthday, Mr Vestermanis, is also an occasion for all of Latvia to celebrate. We are proud of you; we are proud of your humanity and your far-sightedness.

It is no coincidence that someone who survived the horrors of the Holocaust – a tragedy both for the Jews and for Latvia as a whole – came to be a founder of the “Jews in Latvia” Museum.

The museum you established is now an important centre of documentation storing thousands of testimonies and historical facts in its collections. It is of vital importance for us that these testimonies are never lost and are handed on to the next generations, and this is actually now the case with thousands of visitors that the museum receives each year. It should be noted that the research being done into the horrors and atrocities committed during the Holocaust is one of the key areas of work with which the museum is engaged. Your museum preserves the memory of the victims of the Holocaust and has identified and found people who, notwithstanding real dangers to their own lives and those of their families, have demonstrated courage and heroism by saving their fellow human beings who were Jewish. It is essential that we commemorate and honour these individuals and their heroism.

Their accomplishment is like the hope that the good will triumph in the end. And hope is also the leitmotif of the old Jewish song, the Hatikvah:

‘Our hope is not yet lost [..]

To be a free nation in our land.’

With people like you, Mr Vestermanis, we know that any hope can become a reality and the Foreign Ministry is lucky to be benefiting from the active cooperation with you and the museum you created.

On 18 September, Marģers Vestermanis (born 18 September 1925) marks his 90th birthday.

In 1989, MarÄ£ers Vestermanis established the “Jews in Latvia” Museum which has also been working as a documentation centre. Mr Vestermanis together with a group of Holocaust survivors set up this unique venue for remembrance and research, which is visited by about 10,000 people per year and holds 13,000 items in its collection. One of the principal aspects of the museum’s mission is research on the Holocaust, commemorating its victims, and identifying and paying tribute to the rescuers of Jews during the Holocaust.

http://www.mfa.gov.lv/en/news/latest-news/47951-the-state-secretary-congratulates-margers-vestermanis-on-his-90th-birthday

http://www.leta.lv/eng/home/press_release/30EF84C3-5B37-47DB-9192-0543538614FC/

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch