Frieden     Sicherheit    Abrüstung
Logo

www.nachtwei.de

Genauer Hinsehen: Sicherheitslage Afghanistan (Lageberichte + Einzelmeldungen) bis 2019
Navigation Themen
Navigation Publ.-Typ
Publikationstyp
•  Pressemitteilung + (319)
•  Veranstaltungen (7)
•  Pressespiegel (20)
•  Bericht (412)
•  Artikel (227)
•  Aktuelle Stunde (2)
•  Antrag (59)
•  Presse-Link (108)
•  Interview (65)
•  Rede (111)
•  Große Anfrage (4)
•  Kleine Anfrage (31)
•  Fragestunde (1)
•  Tagebuch (48)
•  Offener Brief (32)
•  Persönliche Erklärung (6)
•  Veranstaltungstipp (6)
•  Vortrag (23)
•  Stellungnahme (60)
•  Weblink (17)
•  Aufruf (5)
•  Dokumentiert (35)

Aktuelle Entwicklung in Afghanistan seit dem Waffenstillstand zu Eid: Erst neue Dynamik zu Friedensgesprächen, inzwischen immer mehr grausames Störfeuer, Corona-Lage (29.07.20)

Veröffentlicht von: Nachtwei am 12. Juni 2020 16:14:21 +01:00 (68685 Aufrufe)

Der überraschende Waffenstillstand seit dem Fest des Fastenbrechens schien eine Dynamik zu innerafghanischen Friedensgesprächen ausgelöst zu haben, beim Gefangenenaustausch, bei den Vorbereitungen auf die Gespräche. Zugleich viele gezielte Angriffe auf religiösse Führer, Gesundheits- und Justizpersonal, zivilgesellschaftliche Aktivisten, NGO`s und Journalisten - und gleichzeitig die katastrophal eskalierende Corona-Lage. Weil es dazu fast keine Berichterstattung in Deutschland gibt, trage ich hier laufend aktuelle Meldungen zusammen.

Waffenstillstand zum Fest des Fastenbrechens ab 24. Mai -

Aktuelle Entwicklung seitdem: Dynamik zu innerafghanischen

Friedensgesprächen? Störfeuer. Corona-Lage

Winfried Nachtwei, /12.06./29.07.2020

( Fotos www.facebook.com/winfried.nachtwei )

Am Sonntag, 24. Mai, begann das dreitägige Fest des Fastenbrechens, das den Fastenmonat Ramadan abschloss. Am Vorabend kündigten die Taliban überraschend für Eid al-Fitr einen dreitägigen Waffenstillstand an. Waffen würden nur zur Selbstverteidigung gegen Angreifer eingesetzt. Präsident Ghani begrüßte die Ankündigung und ordnete dasselbe für die afghanischen Sicherheitskräfte an. Als Zeichen des guten Willens kündigte er die Freilassung von weiteren 2.000 Taliban-Häftlingen an. Der Waffenstillstand wurde weitgehend eingehalten, es folgten einige Tage einer inoffiziellen Waffenruhe mit einer neuen Dynamik in Richtung innerafghanischer Friedensgespräche. Wie sich die Sicherheitslage seitdem entwickelt und wieder verschärft hat, zeigt die folgende Zusammenstellung, die ich laufend aktualisiere.

Zum Kontext der letzten drei Monate und dem ersten Waffenstillstand vor zwei Jahren vgl.

http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1635

Entwicklung der Sicherheitslage seit dem Eid-Waffenstillstand (ab 24. Mai) und der folgenden inoffiziellen Waffenruhe

Juli

29.07.  Am Morgen wurden in Tarin Kot, Zentralort der Provinz Uruzgan, drei Polizisten durch eine Straßenbombe getötet, einer verwundet (eine Woche zuvor in Khas Uruzgan der Polizeichef, ein lokaler Polizei- und ein Armeekommandeur sowie je zwei weitere Polizisten und Soldaten durch eine Straßenbombe getötet).

Laut AFG Verteidigungsministerium wurden gestern in den Distrikten Dawlat Abad und Almar in der NW-Provinz Faryab 17 Taliban bei Kämpfen getötet und einer verwundet. Bei Vorbereitungen auf Checkpoint-Überfälle seien sie von der afg. Luftwaffe attackiert worden.

28.07. Präsident Ghani teilte bei einer Rede beim Senior Officials Meeting in Kabul mit, dass seit dem 29. Februar, dem Tag des USA-Taliban-Abkommens, bis 21. Juli insgesamt 10.341 Sicherheitskräfte Opfer des bewaffneten Konflikts geworden seien: 3.560 wurden getötet, 6.781 wurden verwundet, 457 wurden entführt und gefangen. Im selben Zeitraum gab es 3.073 Zivilopfer, davon 775 Tote, 1.609 Verwundete, 689 Entführte.

https://tolonews.com/afghanistan/ghani-10708-andsf-killed-and-wounded-feb-29

Heute Abend kündigten die Taliban eine dreitägige Waffenruhe über Eid-al Adha (Opferfest, 30.07. abends bis 03.08. abends) an im Hinblick auf die innerafghanischen Verhandlungen, die für die kommenden Wochen erwartet werden. Die Kämpfer wurden aufgerufen, Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte zu vermeiden und von der Regierung kontrollierte Gebiete nicht zu betreten. Präsident Ghani befahl den ANDSF, den Waffenstillstand einzuhalten und Operationen gegen die Taliban zu vermeiden.

Botschaft des obersten Taliban-Führers Hibatullah Akhundzada, https://tolonews.com/afghanistan/taliban-head-seeks-pure-islamic-govt-not-monopoly

27.07. Zivilopferbericht von UNAMA zum 1. Halbjahr 2020:

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_report_2020_-_27_july-.pdf

Zwischen 01. Januar und 30. Juni gab es 3.458 Zivilopfer, davon 1.282 Getötete, ggb. dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang um 13% (niedrigster Wert seit 2012),

Es bleibt aber dabei, dass AFG eine der tödlichsten Konflikte weltweit für Zivilisten ist. Tausende werden von Konfliktparteien getötet, verwundet, entführt, vertrieben, bedroht. Kinder werden rekrutiert und sexuell missbraucht. Viele dieser Opfer leiden noch lange unter der Gewalt. Die Covid-19-Pandemie hat drastisch ihre Heilungsmöglichkeiten verringert und die Verwundbarkeit in der Bevölkerung erhöht.

Zurückgegangen sind vor allem die Zivilopfer durch internationale Truppen (= US-Luftangriffe) und durch den afghanischen IS-Ableger. Durch Taliban verantwortete Zivilopfer bleiben weiter auf hohem Niveau. Bei Antipersonenminen gab es einen beunruhigenden Anstieg. Durch ANDSF verantwortete Zivilopfer nahmen um 9% zu, vor allem bei Luftunterstützung und indirektem Feuer.

Die meisten Zivilopfer (35%) gab es bei Bodenkämpfen, 21% durch gezielte Tötungen, 20% durch non-suicide IED`s (und 4% durch suicide IED`s), 9% durch Airstrikes.

Am meisten Zivilopfer gab es in den Provinzen Balkh und Kabul, dann Nangarhar, Faryab und Kunduz. Die über viele Jahre besonders umkämpfte und opferreiche Provinz Helmand gehört nicht mehr zu den „Top 5“. Hier gingen die Zivilopferzahlen vor allem durch Luftangriffe und non-suicide IED`s stark zurück. Die lange Zeit relativ ruhige und stabil erscheinende Provinz Balkh um Mazar-e Sharif herum hat die meisten Zivilopfer durch Bodenkämpfe.  

Eid-Al Fitre Waffenstillstand (24.-26. Mai)

Der Rückgang der Zivilopfer in den drei Tagen um 43% ggb. dem Vorjahreszeitraum zeigte die Fähigkeit de Konfliktparteien, Kämpfe mit positiven Auswirkungen auf die Zivilbevölker7ung zu reduzieren, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist.

Regierungsfeindliche Kräfte (AGE)

Sie sind laut UNAMA für 58% der 1.989 Zivilopfer (davon 752 Getötete) verantwortlich. 43% entfallen auf die Taliban, 9% auf Daesh, 6% auf nicht identifizierte AGE.

Die Taliban seien für dieselbe Zahl an Zivilopfern verantwortlich wie im Vorjahr, der Zahl der Getöteten sei aber um 33% gestiegen, vor allem durch gezielte Tötungen, non-suicide IED`s (Druckplatten-IED, die unterschiedslos wirken, +50%!) und summarische Exekutionen.

Gezielte Angriffe forderten 770 Ofer, davon 342 Getötete. 18 richteten sich gegen religiöse Führer, 13 gegen Gesundheitspersonal, 11 gegen Justizpersonal, neun gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten, acht gegen HGO-MitarbeiterInnen, drei gegen Journalisten. Bei etlichen gezielten Angriffen in Kabul auf Zivilisten blieben die Verantwortlichen unbekannt: so beim Angriff auf eine Geburtsstation am 12. Mai, auf einen Staatsanwalt am 22. Juni und gegen Mitarbeite der Afghanischen  Unabhängigen Menschenrechtskommission am 27. Juni.

Bei 28 Entführungsfällen gab es 40 Getötete und 28 Verwundete, eine Verfünffachung ggb. dem Vorjahrszeitraum. 

Am 26. Juni wurden in zwei Distrikten der NW-Provinz Faryab zwei männliche Zivilisten vor Hunderten Menschen in geschäftigen Basarvierteln nach Urteilsverkündigung über Laut-sprecher öffentlich erhängt.      

Bei Daesh seien vor allem die IED-Angriffe mit Massenwirkung (ich nenne sie Massaker-angriffe) zurückgegangen. 

Pro-Regierungskräfte (PGF)

Laut UNAMA sind sie für 28% (982) aller Zivilopfer verantwortlich, davon 392 Getötete.  23% sollen auf das Konto der ANDSF gehen, 3% auf das von internationalem (US-)Militär. Der letzte diesen zugeordnete Zwischenfall geschah am 17. Februar in der Provinz Herat.

Die meisten Zivilopfer gab es bei Bodenkämpfen, 80% durch indirektes Feuer.

Die Zivilopfer durch Luftschläge gingen um 43% zurück, die Zivilopfer durch die afghani-sche Luftwaffe (AAF) verdreifachten sich dabei. Zur Hälfte der von der AAF verantworteten Zivilopfer kam es in den Provinzen Kunduz und Balkh, dem früheren Kerngebiet des

deutschen AFG-Einsatzes.

Zwischenfälle das Gesundheitswesen betreffend

27 direkte und neun indirekte Angriffe, mehrheitlich durch die Taliban. (vgl. UNAMA-Special Report: Attacks on Healthcare during the Covid-19 Pandemic vom Juni)

Wirkung des bewaffneten Konflikts auf die Opfer und ihre Angehörigen

Erstmalig begann UNAMA in diesem Jahr mit der systematischen Beobachtung dieses Aspektes. :Von den befragten Opfern berichteten

- 58% von langandauernden Behinderungen

- 100% von Beeinträchtigung ihres emotionalen Wohlbefindens

- 92% von finanziellen Verlusten

- 31%, dass sie ihre Wohnung verlassen mussten

- 64%  von negativen Auswirkungen auf ihre Teilnahme am sozialen Leben

- 28%, dass sie Informationen erhielten,, was ihnen oder Angehörigen geschehen war

- 17% von offiziellen Untersuchungen erfahren zu haben

- 47%, dass UNAMA die einzige Einrichtung war, die mit ihnen über ihren Zwischenfall sprach

- 14% von Anerkennung durch eine Konfliktpartei

- 14% von einer finanziellen Entschädigung.

Infografiken zu (a) gezielten Tötungen von Zivilisten, (b) Kindern im bewaffneten Konflikt, (c) Auswirkungen des bewaffneten Konflikts auf die Opfer, (d) Bemühungen der Konfliktparteien um die Opfer , https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_2020_infographic_27_july_english.pdf

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

22.07. Laut TOLOnews wurden in den letzten drei Wochen in elf Provinzen bei 220 Angriffen 250 Sicherheitskräfte getötet und über 300 verwundet, vor allem in Nord- und SO-Afghanistan.

21.07.In der West-Provinz Ghor tötete am 16.07. die 15-jährige Schülerin Qamar Gul mit einer AK-47 zwei Taliban und verwundet mehrere. Diese hatten zuvor unter ihren Augen ihre Eltern ermordet. Das Mädchen wurde in den social media gefeiert. https://tolonews.com/afghanistan/teen-girl-kills-2-taliban-ghor-under-police-protection

20.07. In der Provinz Wardak wurden acht Armeeangehörige durch eine Autobombe getötet, neun verwundet.

19.07. Bei einem Angriff auf eine Polizei-Checkpoint in Kunduz City wurden neun Polizisten getötet. Am selben Tag sterben in derselben Provinz im Distrikt Ali Abad vier Sicherheitskräfte bei eine Angriff auf einen Außenposten am Highway. 

16.07. (FAZ) Abdullah Abdullah, Vorsitzender des Hohen Rates für Aussöhnung, beförderte den 66-jährigern Warlord Abdul Raschid Dostum, zum Marschall der Afghanischen Nationalarmee. Zugleich ist er Mitglied im Hohen Staatsrat und im Nationalen Sicherheitsrat. 

14.07. Am Morgen wurden im Distrikt Surobi/Provinz Kabul fünf Zivilpersonen in einem Fahrzeug durch eine Straßenbombe getötet.

Zivilopferbericht der Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC): Im 1. Halbjahr kamen im Kontext des bewaffneten Konflikts 1.213 Zivilpersonen um`s Leben, 1.740 wurden verwundet. Während die Gesamtzahl der Zivilopfer gegenüber dem Vorjahrszeitraum um 11% zurückging, stieg die Zahl der getöteten Zivilisten von 979 auf 1.213. Die Zahl der von Talibanseite Getöteten ging um 24% auf 542 zurück, die Zahl der Zivilopfer durch Luftwaffeneinsätze um 44%, bei nights raids um 90%.

Im Durschnitt gab es täglich im ersten Halbjahr 16 Zivilopfer. Die meisten Zivilopfer habe es in der Nordwestregion gegeben, die wenigsten im Westen.

https://tolonews.com/afghanistan/afghan-civilian-casualties-fell-11-still-high

Laut offizieller US-Quelle wollen die US-Streitkräfte fünf Basen in Helmand, Uruzgan, Paktika und Laghman schließen. Gemäß US-Taliban-Abkommen vom 29. Februar sollten innerafghanische Gespräche binnen zehn Tagen beginnen. Da weder der Gefangenenaustausch abgeschlossen ist noch die Gewalt reduziert wurde, haben die Gespräche auch nach 136 Tagen noch nicht begonnen.

06.07. Beginn eines internationalen virtuellen Treffens von 19 Staaten (USA, Russland, Chrina, Pakistan, Indien, Saudi-Arabien, Iran, Qatar u.a.) und internationalen Organisationen zur „Stärkung des regionalen Konsens für Frieden“ mit dem afghanischen Außenminister als Gastgeber.

In der Süd-Provinz Zabul wurden insgesamt zehn Polizisten getötet: Im Distrikt Shunkai durch zwei Explosionen sechs (und zwei verwundet), im Distrikt Shahr-e Sofa bei einem Insider-Angriff vier Polizisten. Ihr Checkpoint wurde von den Taliban genommen.

05./06.07. Bei einer Operation afghanischer Land- und Luftstreitkräfte in der Provinz Baghlan 15 Aufständische getötet, nachdem Taliban den Baghlan-Balkh-Highway (Hauptverbindung von Kabul in den Norden) mit einem Checkpoint im Chashma-e-Shir Gebiet blockiert hatten. Am 06. Juli gingen die Zusammenstöße weiter bis in die Außenbezirke der Provinzhauptstadt Pul-e Khumri. Auf dem Highway stauten sich Hunderte Fahrzeuge auf beiden Seiten.

05.07. Die Regierung enthüllt, dass einer der Hauptgründe für die Verspätung bei den innerafghanischen Verhandlungen der Dissens über eine Liste von 597 Gefangenen sei, deren Freilassung die Taliban fordern und die der Teilnahme an schweren Straftaten beschuldigt werden.  Laut Regierung wurden bisher 4.015 gefangene Taliban freigelassen.

(Am 21.04. meldete TOLOnews, einer von 15 Spitzengefangenen, deren Freilassung die Taliban fordern, sei ein Lailuddin, der als Mitglied eines Netzwerks identifiziert wurde, das verantwortlich sei für größere Angriffe in Kabul: so auf die Dt. Botschaft (31.05.2017, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&catid=36&aid=1475 ), die Amerikanische Universität, das ehemalige Parlamentsmitglied Mir Wali und auf eine Beerdigung.  https://tolonews.com/afghanistan/taliban-seeks-release-suspect-german-embassy-bombing  )

02.07. UN drängt auf größeren Schutz für Zivilpersonen und weniger Gewalt in Erwartung der wohl in diesem Monat beginnenden innerafghanischen Verhandlungen. In jüngster Zeit gab es eine Reihe von gezielten Angriffen auf Angehörige der Zivilgesellschaft. Im ersten Halbjahr 2020 wurden mehr als 800 Zivilpersonen bei gezielten Angriffen auf Zivilisten getötet oder verwundet. 18 gezielte Angriffe richteten sich gegen religiöse Führer (sechs allein im Juni), 13 gegen Gesundheitspersonal, 11 gegen Justizpersonal (davon drei im Juni), sechs gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten, fünf gegen NGO`s und drei gegen Journalisten.

Am 22. Juni eröffneten in Kabul Bewaffnete auf einem Motorrad das Feuer auf ein Fahrzeug und töteten alle fünf Insassen, darunter einen Staatsanwalt. Am 27.06. fielen zwei Mitarbeiter der Afghanistan Independent Human Rights Commission einem IED-Anschlag zum Opfer. https://unama.unmissions.org/un-urges-greater-protection-civilians-and-reduced-violence-run-intra-afghan-talks

- ENDLICH: Die lang erwartete Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Unterstützung des Aufrufs des UN-Generalsekretärs zu einem weltweiten und sofortigen Waffenstillstand anlässlich der COVID-19-Pandemie, Nr. 2532 (2020)  01.07.2020

https://news.un.org/en/story/2020/07/1067552 (Die Resolution wurde von Frankreich und Tunesien entworfen und 111 Tage nach der Erklärung der WHO zu COVID-19 als globaler Pandemie. Christoph Heusgen, der deutsche Ständige Vertreter bei den VN, konnte den einstimmigen Beschluss am ersten Tag des deutschen Vorsitzes im Sicherheitsrat bekanntgeben.)

Juni

Juni UNAMA: AFGHANISTAN – Protection of Civilians in Armed Conflict. Special Report: Attacks on Healthcare during the Covid-19 Pandemic (zum Zeitraum 11. März bis 23. Mai), June 2020: Registriert wurden 12 gezielte Angriffe auf Gesundheitspersonal, acht davon durch Taliban, die 23 Gesundheitsarbeiter bei sechs Zwischenfällen entführten.    https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_special_report_attacks_on_healthcare_during_the_covid-19_pandemic_20_june_2020.pdf

28.06. Artikel „Die Mädchenschule, in die auch Taliban-Töchter gehen“, aus Khost von Emran Feroz und Abdul Rahman Kakanwal auf SPON, https://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-die-maedchenschule-in-die-auch-taliban-toechter-gehen-a-32b115de-dc97-4bb1-aa0e-0597709130d5

Samstagnacht wurden sechs Sicherheitskräfte (fünf Soldaten, ein Polizist) bei einem Taliban-Angriff auf einen Sicherheits-Checkpoint in Imam Shahib/Kunduz getötet.

27.06. Am heutigen Morgen wurden zwei MitarbeiterInnen der Afghanistan Independent Human Rights Commission in ihrem Fahrzeug auf dem Weg zur Arbeit durch eine IED-Explosion getötet. Die Opfer sind eine 24-jährige Rechtsberaterin der Kommission und ein Fahrer. Zwischen 18. Mai und 19. Juni gab es in Kabul insgesamt 12 IED-Explosionen.

26.06. CNN berichtet, die Trump-Administration stehe kurz davor, die Entscheidung einer Truppenreduzierung von 8.600 auf 4.500 bis Herbst zu finalisieren.

26.06.  Nach Angaben von Sicherheitsbehörden habe die Sicherheitskräfte in 15 Provinzen mit Aufständischen zu kämpfen: in Takhar, Jawzjan, Paktia, Helmand, Khost, Ghor, Kunduz, Badghis, Kandarhar, Samangan, Faryab, Ghazni, Logar, Herat, Badakhshan. In den letzten 24 Stunden seien 15 Sicherheitskräfte gefallen, 14 verwundet.  Bei einem Talibanangrff auf einen Polizei-Checkpoint am Kunduz-Takhar-Highway seien fünf Polizisten getötet und vier verwundet worden. In der letzten Woche seinen hundert Sicherheitskräfte um`s Leben gekommen.

26.06. laut TOLOnews soll die Taliban-Präsenz in drei Distrikten der Provinz Maidan Wardak (westlich Kabul) sehr stark und die Gewalt dramatisch angewachsen sein.

25.06. Deborah Lyons, Special Representative des UN-Generalsekretär für Afghanistan, erklärte vor dem UN-Sicherheitsrat: Der Konflikt in Afghanistan sei einer der tödlichsten für Zivilisten weltweit und der tödlichste für Kinder überhaupt.

25.06. Ein 13-jähriger Junge der von den Taliban für Selbstmordangriffe ausgebildet worden war, wechselte zu den Sicherheitskräften über. Er behauptete, sein Zuhause in Charah Darreh/Kunduz  sei vor fünf Jahren überfallen,, seine Eltern seien vor seinen Augen getötet und er mit zwei Brüdern und zwei Schwestern entführt worden. Er sei fünf Jahre in einem Taliban-Camp gewesen und dort militärisch ausgebildet worden. Sein Water war bei den Special Forces.

24.06. In den letzten 24 Stunden sollen 20 Sicherheitskräfte, darunter sechs Special Forces und drei Polizisten, getötet worden sein. Durch eine Straßenbombe wurden in Jawzjan sechs Zivilisten getötet, darunter vier Kinder. Laut Büro des National Security Adviser seien in der letzten Woche 291 afghanische Soldaten  in32 Provinzen getötet und 550 Soldaten verwundet worden sein.

22.06. Laut National Security Council hätten die Taliban in der letzten Woche 422 terroristische Aktivitäten in 32 Provinzen durchgeführt und dabei 291 Sicherheitskräfte getötet und 550 verwundet. Diese Woche sei damit die tödlichste Woche in den letzten 19 Jahren gewesen. Die Taliban bestreiten die behauptete Gewaltzunahme. Solche Berichte würden den Verhandlungsprozess beschädigen.

21.06. Laut einem UN-Bericht, der diese Woche veröffentlicht werden soll, gab es in den 14 Wochen von 07.02. bis 14.05. 5.543 Sicherheitsvorfälle, ein Anstieg um 2% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Taliban bestreiten das und behaupten, ihre Angriffe seien um 40% zurückgegangen. Luftwaffeneinsätze seien in der Periode um 47% ggb. demVorjahrszeitraum zurückgegangen.

19.06. Laut Befehlshaber des US Central Command haben die USA ihre Truppen in Afghanistan binnen 135 Tagen auf 8.600 reduziert und damit die im Abkommen von Doha vereinbarte 1. Phase 25 Tage vorher erreicht.

18.06. „Zunehmend neblig: Die Datenlage zum Afghanistan-Krieg (heute im ARD-Magazin „Monitor“)“ von Thomas Ruttig, https://thruttig.wordpress.com/2020/06/18/zunehmend-neblig-die-datenlage-zum-afghanistan-krieg-heute-im-ard-magazin-monitor/ , https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-kein-krieg-in-afghanistan-die-verschleierungstaktik-der-nato-100.html (Reportage aus der Geburtsklinik von Ärzte ohne Grenzen, wo 24 Menschen ermordet worden waren; Bericht zu den Quartalsberichten des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction/SIGAR an den US-Congress, der auf Geheiß von Trump immer weniger daten veröffentlichen darf)

17.06. Sieben Polizisten bei einem Taliban-Angriff auf eine Militärbasis in Pul-i Khumri/Baghlan getötet.

16,06. 12 Sicherheitskräfte bei Taliban-Angriffen auf zwei Checkpoints in der nördlichen Provinz Jawzjan getötet.

15.06. Medicine Sans Frontiere (MSF. Ärzte ohne Grenzen) stellt ihre Arbeit im Dasht-e-Barchi-Krankenhaus in West-Kabul ein. Hier betrieb MSF eine Geburtsklinik, in der am 12. Mai 24 Menschen bei einem Terrorangriff ermordet worden waren, darunter 16 Mütter. Die Klinik war mit mehr als 19.000 Geburten  in 2019 eines der größten internationalen MSF-Programme.

Sonntagnacht wurden bei einem Taliban-Angriff auf einen Checkpoint in der Provinz Kapisa vier Angehörige der Public Uprising Force und elf Taliban getötet.

14.06. (TOLOnews) Präsident Ghani und der Sondergesandten des Außenministers von Qatar für Counterrorism and Mediation of Conflict Resolution, Dr. Al-Qahtani, sollen laut Aljazeera Arabic einig sein, dass die innerafghanischen Verhandlungen in Doha stattfinden. Bei seinem Kabul-Besuch traf Qahtani auch mit der Taliban-Delegation in Kabul zusammen. Der qatarische Diplomat hofft, dass die Gefangenenfreilassung in dieser Woche abgeschlossen werde, so dass die Verhandlungen bald beginnen könnten.

Ein Sprecher des Präsidenten-Palast erklärte, die afghanische Regierung habe akzeptiert, dass

Die Vorgespräche zu den Verhandlungen in Qatar stattfinden würden. Bisher gebe es aber noch keine Vereinbarung, dass dort auch die Hauptverhandlungen stattfinden würden.

14.06. Sicherheitsbehörden geben bekannt, dass in der letzten Woche trotz des unangekündigten Waffenstillstandes bei 222 Taliban-Angriffen 171 Sicherheitskräfte getötet und 250 verwundet worden seien. Das gefährde, so Offizielle, den Friedensprozess, der sich gerade in einer bedeutenden Phase befinde. (Vom 1. März bis 16. April soll es täglich im Schnitt 55 Angriffe gegeben haben.)

13.06. Laut National Security Council sollen bei Taliban-Attacken in den letzten zwei Wochen (2. und 3. Woche nach Beginn des Eid-Waffenstillstandes) 89 Zivilisten getötet worden sein, davon 22 in Kandahar, sieben in Kunduz. Die Taliban bestritten die Meldung.

12.06. Der US-Sondergesandte Zalmay Khalitzad nach Treffen mit afghanischen Führungspersonen: Die innerafghanischen Gespräche zwischen dem Team der afghanischen Regierung und den Taliban müssten sofort beginnen. Die Gefangenenfreilassung habe einen neuen Meilenstein erreicht. (Präsident Ghani hatte am 11.06. abends beim Atlantic Council die Freilassung weiterer 2.000 Taliban-Gefangener angekündigt. Bisher hat die Regierung 3.000 Taliban freigelassen. Von den Taliban wurden 500+ Sicherheitskräfte freigelassen.) Khalitzad: “We welcome the Taliban statement specifying they will participate in intra-Afghan negotiations within one week of the prisoner release commitment outlined in our agreement. Although many practical details need to be worked out, these developments are all very positive.”

https://tolonews.com/afghanistan/khalilzad-calls-immediate-start-intra-afghan-talks

12.06. Freitagnachmittag Explosion in der Sher Shah Moschee in West-Kabul: Vier Menschen getötet, unter ihnen Imam Azizullah Mofleth, und mehrere verletzt. Zehn Tage vorher war ein IED in einer anderen Moschee in West-Kabul explodiert und hatte zwei Menschen getötet, darunter den Imam.

11.06. Gespräch zwischen Präsident Ghani und dem Sondergesandten des Außenministers von Qatar für Counterrorism and Mediation of Conflict Resolution, Dr. Al-Qahtani, über Themen rund um den Friedensprozess. Hoffnung, dass die innerafghanischen Gespräche bald beginnen.

06.06. (TN) Trotz des inoffiziellen Waffenstillstandes wurden heute bei etlichen Sicherheits-vorfällen 15 Sicherheitskräfte getötet und Dutzende verwundet. Darunter elf Polizisten der Afghan Local Police mit ihrem Kommandeur im Distrikt Khash in Badakhshan und vier Polizisten bei einem Angriff auf ein Dorf im Raum Kabul.

Am 05.06. sollen in der Provinz Farah 16 Taliban bei einem Luftangriff getötet worden sein.

05.06. Bei einem Taliban-Hinterhalt auf dem Zabul-Kandahar Highway nahe Qalat wurden zehn Sicherheitskräfte getötet, eine andere Sicherheitsquelle nennt 15 getötete Polizisten.

Eine Untersuchung von „Ärzte ohne Grenzen“ ergab, dass bei dem Terrorangriff auf die Geburtsklinik des Dascht-e Bartschi Hospitals in Kabul am 12. Mai 15 Mütter, davon fünf in den Wehen bzw. kurz vor der Geburt mit ihren fünf Babies ermordet wurden. Ebenfalls getötet wurden eine Hebamme und zwei Jungen unter 10 Jahren. Laut MSF sprechen alle Indizien dafür, dass der Angriff vorsätzlich auf die Entbindungsstation zielte. Insgesamt befanden sich zu dem Zeitpunkt 28 Mütter auf der Station. https://tolonews.com/index.php/afghanistan/msf-no-restart-until-maternity-wing-attack-investigated  (In Afghanistan liegt die Müttersterblichkeit bei 638 auf 100.000 Lebendgeburten. In Frankreich liegt die Müttersterblichkeit bei acht, in Spanien bei vier.) „Sie kamen, um die Mütter zu töten“

https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/afghanistan-angriff-geburtenklinik

04.06. (TN) Laut Regierungskreisen gab es nach der Eid-Waffenruhe durchschnittlich 30 Tailiban-initiierte Angriffe pro Tag auf Sicherheitskräfte, zuletzt auf einen Checkpoint in der Provinz Nangarhar, wo drei lokale Polizisten starben.

03.06. (TN): In Kandahar starben am Vormittag durch eine Straßenbombe neun Zivilisten, fünf wurden verletzt.

Zum Abschluss eines Trainings für Selbstmordattentäter verkündete der stellv. Taliban-Führer Sirajuddin Haqqani, der Friedensprozess bedeute nicht, dass die Taliban den Weg des Jihad verlassen würden. Fotos auf social media der Taliban zeigen eine Gruppe von Selbstmordattentätern mit Sprengstoffgürteln („martyrdom seekers“), die an einer Parade vor der Taliban-Militärkommission teilnahmen. Dazu auch „Top Taliban Leaders celebrate suicid bombers“, Long War-Journal 03.06. mit Fotos und Video von der Abschluss-Zeremonie , https://www.longwarjournal.org/archives/2020/06/top-taliban-leaders-celebrate-suicide-bombers.php

02. Juni Die AFG-Regierung meldet einen signifikanten Rückgang der Gewalt seit dem Waffenstillstand: Vorher habe es rund 100 Angriffe/Tag gegeben, jetzt um sechs/Tag.

Der Vorsitzende des Provinzrates von Helmand: Seit Eid-Ende sei die Situation in der Provinz ziemlich gut, kein Krieg, keine Gewalt.

Laut Regierung seien bisher 2.710 gefangene Taliban freigelassen worden (lt. Taliban würden 426 davon nicht zu ihnen gehören), die Taliban melden 420 freigelassene Sicherheitskräfte (lt. Regierung wäre4n etliche davon nicht Angehörige der Sicherheitskräfte)

19.30 Uhr Bombenanschlag in der Wazir Akbar Khan Moschee (in Kabuler Hochsicherheitszone): der Imam der Moschee und Professor für Islamisches Recht an der Uni Kabul, Dr. Mohammad Ayaz Niazi und eine zweite Person wurden getötet, acht verletzt. Die Taliban verurteilten den Anschlag als „großes Verbrechen“.

Mai

30.05.: IED-Anschlag auf einen Kleinbus von Khurshid TV Channel in Kabul, ein Journalist und ein Fahrer getötet, sechs ZV-Mitarbeiter verwundet. Die Taliban verneinen eine Beteiligung.

29.05.: Der Kabuler Photograph Naim Nadir gewinnt den Marai Photo Award „My Afghanistan“ für seine Fotoserie „The Afghan Spirit“.  Der Preis ist benannt nach Shah Marai, dem Chefphotographen des AFP-Büros in Kabul, der am 18. April 2018 bei einem Selbstmordanschlag zusammen mit dem TOLOnews-Reporter Yar Mohammad Takhi ermordet wurde. Die Fotos des 1., 2. und 3. Preisträgers, zum Marai Photo Award  https://www.maraiphotoaward.com/awards/index.htmlhttps://www.maraiphotoaward.com/

https://tolonews.com/index.php/afghanistan/kabul-photographer-wins-afp%E2%80%99s-shah-marai-award

29.05. Veröffentlichung des Eleventh report of the Analytical Support and Sanctions Monitoring Team submitted pursuant to resolution 2501 (2019) concerning the Taliban and other associated individuals and entities constituting a threat to the peace, stability and security of Afghanistan an den UN-Sicherheitsrat vom 30.04.2020, S/2020/415,

http://cdn.cnn.com/cnn/2020/images/06/01/n2011060.pdf

„(…) The senior leadership of Al-Qaida (QDe.004) remains present in Afghanistan, as well as hundreds of armed operatives, Al-Qaida in the Indian Subcontinent, and groups of foreign terrorist fighters aligned with the Taliban. A number of significant Al-Qaida figures were killed in Afghanistan during the reporting period. Relations between the Taliban, especially the Haqqani Network (TAe.012), and Al-Qaida remain close, based on friendship, a history of shared struggle, ideological sympathy and intermarriage. The Taliban regularly consulted with Al-Qaida during negotiations with the United States and offered guarantees that it wouldhonour their historical ties. Al-Qaida has reacted positively to the agreement, with statements from its acolytes celebrating it as a victory for the Taliban’s cause and thus for global militancy. The challenge will be to secure the counter-terrorism gains to which the Taliban have committed, which will require them to suppress any international threat emanating from Al-Qaida in Afghanistan. (…)“

Dazu Deutsche Welle 02.06. https://www.dw.com/en/taliban-maintains-close-ties-with-al-qaeda-despite-peace-deal-un/a-53660541 Auch „Thousands of Pakistanis fight in Afghanistan alongside the Taliban“, Long War Journal 02.06., https://www.longwarjournal.org/archives/2020/06/u-n-thousands-of-pakistanis-fight-in-afghanistan-alongside-the-taliban.php

(Laut UN-Report wird die Zahl der Taliban-Kämpfer auf 55.000 bis 85.000 geschätzt, mit Unterstützern seien es insgesamt um 100.000. 50-60% des afg. Territoriums sei umkämpft, die Zahl der voll von Taliban kontrollierten Distrikte sei von 25 bis 30 auf 21 zurückgegan-gen. Als Qaida sei mit 400 bis 600 Kämpfern in 12 Provinzen aktiv (u.a. Badakhshan, Kunduz)

28.05.: TOLOnews meldet für den 27.05. drei Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und den Taliban in den Provinzen Zabul, Farah und Parwan (hier sieben Soldaten gefallen, zwei entführt).

Seit Eid wurden 900 gefangene Taliban und 80 gefangene Sicherheitskräfte (in Kunduz und Baghlan) freigelassen.

28.05.: Am Abend des 28.05. bei einem Angriff auf einen Außenposten der Afghan Border Force in der Ostprovinz Paktia 14 Sicherheitskräfte getötet. Die Rede ist weiter von einem „unannounced ceasefire“

27.05.: Weder Regierung noch Taliban kündigen bisher das Ende oder die Fortsetzung der Waffenruhe an. Eine anonyme Regierungsquelle sagt, eine inoffizielle Waffenruhe werde im Land andauern. Auch eine Taliban-Quelle spricht von einem „unangekündigten“ Waffenstillsand über mehrere Tage.

Rückblickend wurden für jeden Tag des Eid-Waffenstillstandes je zwei Sicherheitsvorfälle gemeldet. Laut der Afghanischen Unabhängigen Menschenrechtskommission sei während Eid die Zahl der Zivilopfer im Kontext des bewaffneten Konflikts um 80% zurückgegangen. Vorher seien jeden Tag rund 30 Afghanen getötet worden.. ( https://tolonews.com/afghanistan/nation-calls-continued-ceasefire-violence-down-80-percent

26.05.: Die afghanische Regierung lässt 900 Taliban-Häftlinge frei. Die Gesamtzahl der freigelassenen Taliban steigt damit auf 2.000. Die Afghanische Menschenrechtskommission kritisiert, dass unter den Entlassenen auch welche seien, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten.

TOLOnews (24.05. abends ) zitiert eine glaubwürdige Sicherheitsquelle, wonach es in den 20 Stunden seit Verkündung des Waffenstillstandes durch die Taliban nur zwei Sicherheitsvor-fälle gegeben habe. (In den letzten zwei Monaten wurden durchschnittlich 55 Angriffe von Aufständischen pro Tag registriert.)

Am 24. Mai erklären Mitglieder des Friedensverhandlungs-Teams, die interne Gruppendiskussion zum Friedensprozess sei abgeschlossen und das Team sei bereit, die Verhandlungen mit den Taliban zu beginnen. Die 21 Mitglieder, davon vier Frauen, wurden am 27. März von der Regierung ernannt. Die Team-Mitglieder sprechen von einer histori-schen Gelegenheit für Frieden. Die Taliban dürften nicht die Chance verpassen. Man habe den ganzen Ramadan über den Inhalt der Agenda und erforderliche Vorbereitungen diskutiert. Die Delegation der  Islamic Republic of Afghanistan sei vollständig startbereit für die Gespräche. Es gebe Erwartungen an die Gegenseite, die dreitägige Waffenruhe zu erweitern mit vertrauensbildenden Maßnahmen und Zeichen des guten Willens. (TOLOnews 25.05.)

Corona-Lage

26.07. Offizielle Zahlen: Laut Ministerium für Öffentliche Gesundheit  36.157 Infizierte, 1.259 Tote. In Kabul 14.529 (507), Balkh 1.852 (64), Baghlan 634 (30), Kunduz 540 (16), Badakhshan 367 (7). In  24 Stunden 13.-14.07. 637Tests, 135 positiv.

28.06. Laut Ministerium für Öffentliche Gesundheit  30.967 Infizierte, 737 Tote. In Kabul 12.766 (164), Balkh 1.620 (53), Baghlan 568 (22), Kunduz 465 (9), Badakhshan 225 (7).

19.06.2020

Covid-19 in Afghanistan (4): A precarious interplay between war and epidemic

S Reza KazemiFazl Rahman Muzhary

„Afghans are now being killed by both the continuing war and Covid-19. The epidemic has ground much of life to a halt – with the notable exception of the fighting. In this report, AAN researchers Reza Kazemi and Fazal Muzhary (with input from Kate Clark) look at the interplay between war and disease. They provide statistics, where available, on those killed, injured, infected and recovering. They also look at the wider political context, how the government has tried to use the epidemic to push for a humanitarian ceasefire – rejected by the Taleban – and the Taleban’s push to speed up prisoner release – reluctantly agreed to by the government. They find that both parties have been protecting their own interests, as they respond to the double crisis of war and epidemic, rather than seeking to protect the people they claim to represent and serve. (…)“

https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/war-and-peace/covid-19-in-afghanistan-4-a-precarious-interplay-between-war-and-epidemic/

18.06. (TOLOnews):“Residents in Afghanistan’s capital Kabul on Thursday said that the COVID-19 deaths and the number of active cases are much higher than the figures given by the Ministry of Health.

They said that people even in remote regions of the country have the symptoms of the virus, but they are not able to consult doctors because of the lack of health resources.

This comes as the pandemic rapidly surges in most provinces of the country.

“There are no homes where there are no symptoms of coronavirus. The statistics provided by the Ministry of Health are not correct, because may people are not discussing it,” said Mukhtar Yousufi, a resident in Kabul.

“You can see the deaths before your eyes, the people are dying, these are all because of the coronavirus and the people are dying,” said Sultan Ahmadzai, a resident in Kabul.

“There are two or three people in every home, I don’t know what statistics the Ministry of Public Health is talking about,” said Nazeer Ahmad, a resident in Kabul.

“The government should avoid giving fake hope to the people. If the government shows the figures as less, then the people do not take the coronavirus seriously,” said a resident in Kabul named Ali.

18.06. Laut Ministerium für öffentliche Gesundheit  27.532 Infizierte (+ 658 in letzten 24 Stunden bei 1.301 Tests),  546 Tote (+42); 61.599 Getestete;  von den Infizierten 11.399 in Kabul (126 Tote), Herat 4.304/108, Balkh 1.550/47, (…), Takhar 700/13, , Baghlan 488/16, (…) Kunduz 358/7/, (…) Badakhshan 145/0 (…)

15.06. „Totengräber in Kabul berichten: Dutzende COVID-19-Tote pro Tag (40-50). Viele würden nachts beerdigt, weil Familien Stigmatisierung befürchten. (https://tolonews.com/health/gravediggers-kabul-report-dozens-covid-19-deaths-day  )

Deutschlandfunk 13.06.2020:

Afghanen in Deutschland fordern internationalen Spendenaufruf - In Afghanistan steigen die Zahlen der Corona-Infizierten und -Toten seit dem Ende des Ramadan drastisch an. In Deutschland lebende Afghanen helfen ihren Familien, wo es nur geht. Doch angesichts der katastrophalen Zustände in dem Land fordern sie einen internationalen Spendenaufruf.“

Von Martin Gerner

(M. Gerner im Gespräch u.a. mit dem Ingenieur Arian Hassib aus Bochum, der häufig an der jährlichen Afghanistan-Tagung in Villigst teilnimmt und dessen meiste Angehörige in Kabul leben.)

https://www.deutschlandfunk.de/corona-in-afghanistan-afghanen-in-deutschland-fordern.1773.de.html?dram:article_id=478562  ,

Eine ausführlichere Vision auf der Seite von Martin Gerner:

http://martingerner.de/afghanen-in-deutschland-fordern-internationalen-spendenaufruf/

Von afghanischen Freunden im Umfeld der Villigster Afghanistan-Tagung, die jeweils beste Verbindungen nach Afghanistan haben,  höre ich von ganz anderen Dimensionen.

Es sind alarmierende Hilferufe!

- Einmal heißt es, in der Verwandtschaft von rund 50-60 Personen in Kabul seien fast alle erkrankt, alle mit denselben Symptomen (Fieber, Körperschmerzen, Husten, Nießen, Durchfall), bettlägerig, erste Tote; Preise für Medikamente gegeneinzelne Symptome hätten sich z.T. verzehnfacht (Lebensmittelpreise verdoppelt, viele Importe aus Pakistan gestoppt); viele Krankenhausbeschäftigte kämen aus Angst/Mangel an Schutzkleidung nicht zur Arbeit; Patienten sterben innerhalb weniger Tage; Testergebnisse brauchen 20 Tage; Angst vor Stigmatisierung, wenn Infektion bekannt wird; Zunahme von Beerdigungen in der Nacht, um Todesfälle nicht bekannt werden zu lassen. „Eine totale Katastrophe droht!“

- Aus einer Hilfsorganisation mit Projekten (v.a. Schulen) in Kunduz, Ghazni und Kabul heißt es, viele MitarbeiterInnen seien erkrankt. Alle klagen seit Tagen über Fieber, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen,  Übelkeit manchmal, totales Schwächegefühl. In Krankenhäusern totale Überfüllung, Ärzte seien kaum anzutreffen. Kaum Behandlungsmöglichkeiten für die 5-Millionenstadt Kabul!

Einige der Projektmitarbeiter  haben ihre Familienmitglieder durch Corona verloren.

Die Ärzte hätten bei vielen Typhus oder Hepatitis festgestellt nach dem Bluttest . Corona-Tests gebe es kaum und wenn, dann seien sie wenig genau.  

MitarbeiterInnen  bleiben daheim.

Aus Angst vor Ausgrenzung würden einige nicht sagen, dass sie an Corona erkrankt sind. Viele Eltern seien erkrankt, darum würde viele Kinder die Arbeit der Eltern übernehmen.

Das Bewusstsein wie gefährlich dieses Virus ist, sei in den Städten mehr präsent als auf dem Lande.

TOLOnews 06.06.2020 (Printausgabe Dari)

Die afghanische Regierung hat alle Bildungseinrichtungen sowohl staatliche als auch private sowie alle Restaurants öffentliche Freizeitsparks, Hochzeitssäle, Sporteinrichtungen für 3 Monate geschlossen bis ca bis 7 September 2020.

Große Menschenmengen sowie öffentlicher Verkehr zwischen den Städte sollen unterbleiben. Weitere Vorschriften: Schutzmasken auf öffentlichen Plätzen, zwei Meter Abstand,  Menschengruppen von maximal zehn Personen, Desinfizieren von Arbeitsplätzen.

 

TOLOnews TV 08.06.

Ein Beitrag zum Mangel an Sauerstoffmasken und Medikamenten in Kabuler Krankenhäusern. Interviews mit mehreren Personen, die Angehörige durch Corona verloren haben.

Sauerstoffflaschen, die schwer zu bekommen und teuer sind, müssen oft privat gekauft und ins Krankenhaus gebracht werden.

Artikel zu Beatmungsgeräten in der Frankfurter Rundschau vom 16.04.2020: „Afghanische Schülerinnen entwickeln Beatmungsgeräte – und bekommen Unterstützung aus Harvard“

https://www.fr.de/panorama/corona-afghanistan-schuelerinnen-entwickeln-beatmungsgeraete-unterstuetzung-harvard-13654109.html

Fotoessay „Keine Atempause – Afghanistan und das Virus“ von Mohammad Aref Karim zu Herat und Mariam Alimi zu Kabul, im Auftrag er Friedrich-Ebert-Stiftung: https://internationalepolitik.de/de/keine-atempause-afghanistan-und-das-virus

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch