Der Fall des Bundeswehr-Oberleutnants, der sich als syrischer Flüchtling ausgab, mit anderen fremdenfeindliche Inhalte austauschte und möglicherweise einen Anschlag plante, ist bizarr und besorgnisrerregend. Lückenlose Aufklärung des Falles, von Verbindungen und Hintergründen ist das Gebot der Stunde. In den letzten vier Jahren hat sich das politisch-gesellschaftliche Klima in Deutschland und Europa massiv verändert. Trotzdem kann mein Beitrag "Eine Diskussion so alt wie die Bundeswehr? Rechtsextreme Einstellungen und Vorfälle in und im Umfeld der Bundeswehr" von 2013 (erschienen in einer Veröffentlichung des Militärhistorischen Museums Dresden) noch nützliche Aufschlüsse zu ihrer Erkennbarkeit, Dimension und Trends geben - und Generalverdachts-Reflexen entgegenwirken. Damals forderte ich u.a. ein aktuelles, realistisches Bild der inneren und sozialen Lage in den Streitkräften.
Eine Diskussion so alt wie die Bundeswehr?
Rechtsextreme Einstellungen und Vorfälle
in und im Umfeld der Bundeswehr[1]
Winfried Nachtwei (12/2012)
Es war in der Anfangsphase des Bosnieneinsatzes der Bundeswehr. Im Herbst 1996 besuchten wir mit einer Spitzendelegation der bündnisgrünen Partei und Bundestagsfraktion das kriegszerstörte Bosnien. Für die meisten Kollegen war es die erste Begegnung mit Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Positiv überrascht waren sie über diese deutschen Soldaten. Im Auftrag von UNO und Bundestag standen sie überzeugend für Kriegsverhütung. Die offenen und besonnenen Gesprächspartner zeigten keine Spur von Militarismus - Welten entfernt von der Wehrmacht.
Im Folgejahr bekam dieses Positivbild anderswo hässliche Risse: Schlag auf Schlag berichteten die Medien von Gewaltexzessen und Vorfällen mit rechtsextremistischem Hintergrund in der Bundeswehr: Angefangen im März 1997 mit einem Angriff von neun Soldaten auf Ausländer in Detmold, dann Vorfälle u.a. in Altenstadt (Luftlande-/Lufttransportschule), Hammelburg (Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum), schließlich ein Vortrag des ehemaligen Rechtsterroristen Roeder an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. In der Folge konstituierte sich Anfang 1998 der Verteidigungsausschuss des Bundestages als Untersuchungsausschuss „zur Abklärung tatsächlicher und behaupteter rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr“.
Werden Vorfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund aus der Bundeswehr bekannt, reagiert die Öffentlichkeit besonders sensibel. Zu Recht. Wo die Bundeswehr der Teil des staatlichen Gewaltmonopols mit den größten Gewaltkapazitäten ist, ist die Frage, wer in ihr das Sagen und wer auf ihre Mittel Zugriff hat, für den demokratischen Rechtsstaat von existenzieller Bedeutung. Die Bundeswehr und ihre Soldatinnen und Soldaten sind auf das Grundgesetz und das Völkerrecht, auf Menschenwürde und Grundrechte verpflichtet. Bundeswehrangehörige stehen in der Pflicht, die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht nur anzuerkennen, sondern sich jederzeit zu ihr zu bekennen und für ihren Erhalt einzutreten. Das steht im diametralen Gegensatz zu jeder Form von Rechtsextremismus, der mit seinen Kernbestandteilen Nationalismus und Rassismus die demokratischen Grundwerte negiert und bekämpft.
Zugleich ist aber auch unbestreitbar, dass Streitkräfte für Personen mit rechtsextremen Einstellungen besonders anziehend wirken – mit ihrer hierarchischen Ordnung, als Ort der Waffen und des Waffenhandwerks, von Kämpfertum und Kameradschaft, durch die stärkere Betonung des Nationalen. Und ihren Nachwuchs bezieht die Bundeswehr vor allem aus der Gruppe der jungen Männer, der Hauptrisikogruppe in Bezug auf rechtsextremistisches Verhalten.
Einzelfälle? Spiegel der Gesellschaft? Strukturproblem?
Welchen Stellenwert haben also rechtsextremistische Vorfälle und Einstellungen in und im Umfeld der Bundeswehr? Sind es immer mal wieder Einzelfälle, die sich nie ganz ausschließen lassen, die aus der Gesellschaft in die Bundeswehr „hineinschwappen“, wie es über viele Jahre offizielle Sichtweise war? Hat die Bundeswehr im Gegenteil ein strukturelles Problem, wo der militärische Alltag und Einsatz möglicherweise rechtsradikale Einstellungen befördert? Oder wird hier Fehlverhalten einzelner von militärkritischen Teilen der Öffentlichkeit aufgebauscht, um die Bundeswehr in die rechte Ecke zu stellen und zu delegitimieren?
Hierzu ein aktuelles, realitätsnahes Lagebild zu gewinnen, wird durch mehrere Faktoren erschwert:
- Die Bundeswehr steht über Zeitsoldaten – und bis vor kurzem Wehrpflichtige – in einem so umfangreichen Personalaustausch mit der Gesellschaft wie keine andere staatliche Institution. (1997 waren es 180.000 Neuzugänge im Jahr.) Kurzfristige gesellschaftliche Entwicklungen können sich also schnell in der Bundeswehr auswirken.
- Einzelne Verdachtsfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund finden hohe Medienaufmerksamkeit, geben für sich aber keine Auskunft über Trends.
- Als zentraler Indikator fungieren unter „Besonderen Vorkommnissen“ Verdachtsfälle mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund, die von Disziplinarvorgesetzten gemeldet wurden (Meldepflicht). Von diesen wurde über die Jahre ein Viertel bis ein Fünftel nicht bestätigt. Keine Schätzungen liegen vor zum Dunkelfeld der geschehenen, aber nicht gemeldeten Vorfälle. Die Erfassungskriterien des Militärischen Abschirmdienstes MAD sind weiter: Hier liegt schon ein Verdachtsfall vor, wenn im Vorfeld von Bestrebungen „tatsächliche Anhaltspunkte“ für einen rechtsextremistischen Hintergrund vorliegen.
- Da rechtsextremistisches und fremdenfeindliches Verhalten in der Bundeswehr seit Jahren streng geahndet wird, ist naheliegend, dass überzeugte Rechtsextreme in der Bundeswehr eher verdeckt agieren.
- Besonders schwierig zu erfassen und zu bewerten sind politische Einstellungen: Wo rechtsextremistische Ideologie diffus ist, wo es Grauzonen und Berührungspunkte zu national- und rechtskonservativen Positionen gibt, wo die „Neue Rechte“ eine Brücke zur gesellschaftlichen Mitte schlagen will, wo zugleich das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht einer Gesinnungsschnüffelei zum Opfer fallen darf. Sozialwissenschaftliche Untersuchungen zu politischen Einstellungen von Soldaten gibt es nur punktuell.
Vorkommnisse bis Mitte der 90 Jahre
Als Hilfsorgan des Bundestages berichtet der Wehrbeauftragte seit 1959 jährlich über den Schutz der Grundrechte und die Einhaltung der Grundsätze der Inneren Führung in der Bundeswehr. Seine Jahresberichte sind die umfassendste öffentliche Quelle zum Kontext Rechtsextremismus und Bundeswehr, zum Umfeld von politischer Bildung und Traditionspflege als Einflussfaktoren. Bis Ende der 80er Jahre tauchte das Thema Rechtsextremismus nur punktuell und vereinzelt in den Jahresberichten auf. Seit 1991 findet eine kontinuierliche Berichterstattung statt.
Im Jahresbericht 1976 wurde unter „Politische Betätigung“ der Fall eines Hauptfeldwebel geschildert, der sich 1973 zusammen mit zwei weiteren Soldaten an der Gründung einer „Nationalsozialistischen Kampfgruppe Groß-Deutschland“ beteiligt hatte. Der Hauptfeldwebel wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Sein Gehalt wurde für neun Monate um 1/20 gekürzt. 1977 wurde der Hauptmann Michael Kühnen wegen politischer Betätigung nicht als Berufssoldat übernommen. Über die „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ wurde er zu einer zentralen Führungsfigur der militanten Neonazi-Szene. Im Jahresbericht 1978 sah der Wehrbeauftragte in einigen Vorgängen an den Bundeswehrhochschulen ein massives Defizit an staatsbürgerlicher und politischer Denk- und Urteilsfähigkeit. Zweifel an der demokratischen Haltung des Offiziersnachwuchses könnten daraus aber nicht abgeleitet werden. Im selben Bericht hieß es über seit 1976 ansteigende „Aktionen gegen die Bundeswehr und die Wehrbereitschaft“, sie hätten zu sieben Prozent einen rechtsextremistischen und zu 84 Prozent einen linksextremistischen Hintergrund. Von 1979 bis 1990 fanden sich in den Jahresberichten keine Hinweise auf rechtsextremistische Vorfälle. Ob es in dieser Zeit tatsächlich keine nennenswerten Vorfälle gab oder ob es an Sensibilität und Meldebereitschaft im Hinblick auf solche Aktivitäten mangelte, kann ich nicht beurteilen. Allerdings konnte es der spätere NPD-Vorsitzende Udo Voigt von 1972-1982 in der Bundeswehr bis zum Hauptmann bringen – ab 1978 war er NPD-Kreisvorsitzender in Freising.
In den Jahrzehnten der Ost-West-Konfrontation wurde die Bundeswehr offenbar mehr von anderen Themen umgetrieben: dem Dauerkonflikt um die Innere Führung, um Wehrmachtsnähe und Tradition; die Atombewaffnung; die Schleifermethoden von Nagold (1962) und anderswo; die Bildungsreform und Gründung der Bundeswehr-Universitäten in den 70er Jahren; die Mittelstreckenaufrüstung, Friedensbewegung und die enorme Zunahme an Anträgen auf Kriegsdienstverweigerung in den 80er Jahren. Wo an etlichen Standorten über Kasernennamen und im Rahmen der Traditionspflege pauschal der Schulterschluss mit der Wehrmacht praktiziert wurde, konterkarierte das den Anspruch von Streitkräften für und im Rechtsstaat. Solche demokratieferne Traditionspflege ließ des Öfteren die Grenze zum Rechtsextremismus verschwimmen. Unter Soldaten- und Traditionsverbänden hatte der „Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS – Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ (HIAG) bis in die 70er Jahre einen nicht unerheblichen Einfluss. 1992 löste sich die HIAG auf.
Die 90er Jahre begannen mit einem mehrfachen Epochenbruch: dem politischen Wunder der deutschen Einigung, dem historischen Abrüstungsschub in Zentraleuropa, der Auflösung von Warschauer Pakt und NVA, der Reduzierung der Bundeswehr, dem Golfkrieg und dem innenpolitisch äußerst umstrittenen erstmaligen Einsatz der Bundeswehr in der Randzone eines Krieges (Türkei 1991), den ersten UNO-Einsätzen der Bundeswehr in Kambodscha und Sarajewo (ab 1992). Wo alte Orientierungen und Gewissheiten verloren gingen, neue Aufgaben ohne politische Konsensbildung befohlen und persönliche Perspektiven ungewiss wurden, da verbreiteten sich auch unter Bundeswehrangehörigen Unruhe und Verunsicherung. Zugleich explodierte in der gesamtdeutschen Gesellschaft fremdenfeindliche und rechtsextreme Gewalt.
In seinem Jahresbericht 1991 konstatierte der Wehrbeauftragte Alfred Biehle, gesellschaftliche Strömungen würden im Positiven wie im Negativen auf die Bundeswehr einwirken. Als jüngstes Beispiel seien Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit zu nennen. Soldaten seien nach Dienst und zumeist in angetrunkenem Zustand mit entsprechenden Parolen in Erscheinung getreten und in einem Fall gewalttätig geworden. [2] Der Jahresbericht 1992 widmete dem Thema erstmalig ein Kapitel und nannte Zahlen: 62 Verdachtsfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund und 84 Verdächtige. Diese waren zu 82% Mannschaftsdienstgrade. An einem Fall seien einige Offiziere beteiligt gewesen.
Von nun an waren die von Disziplinarvorgesetzten gemeldeten „Besonderen Vorkommnisse“ mit Verdacht auf rechtsextremen und fremdenfeindlichen (ab 2008 auch antisemitischen) Hintergrund die zentralen Indikatoren zur Erfassung von Rechtsextremismus in der Bundeswehr. Der Wehrbeauftragte bemerkte einschränkend, dass ihm die Möglichkeit fehle, durch empirische Untersuchungen abgesicherte Aussagen zu rechtsextremistischen Neigungen bei Soldaten machen zu können. Der Jahresbericht 1993 stellte fest: „Je geringer die Distanz zu rechtsextremistischen Positionen, desto größer ist die Affinität zu Streitkräften. (…) Verstärkt haben junge, ungediente Bewerber aus dem rechten Spektrum versucht in die Streitkräfte einzutreten. Viele von ihnen konnten bereits an ihrem Äußeren und ihrer Diktion erkannt werden.“[3] Im Jahresbericht 1994 hieß es: „Bei manchen rechtsextrem orientierten jungen Menschen verbindet sich die Vorstellung von Streitkräften mit Begriffen von aggressivem Kämpfertum, hierarchischen Strukturen und elitärem Korpsgeist. Deshalb suchen sie auch den Weg in die Bundeswehr.“[4] Parallel kritisierte der Wehrbeauftragte alljährlich die Vernachlässigung der politischen Bildung und unzulässige Formen der Traditionspflege.
Im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) stellte sich im November 2012 heraus, dass Mitte der 90er Jahre etliche bekennende Rechtsextreme unbehelligt ihren Wehrdienst ableisten und das Waffenhandwerk lernen konnten. Der spätere NSU-Rechtsterrorist Uwe Mundlos war während seines Wehrdienstes im August 1994 wegen des Besitzes von Nazi-Material aufgefallen. Ein Truppendienstrichter lehnte seine Bestrafung ab, weil der bloße Besitz von Nazi-Material Privatangelegenheit und kein Dienstvergehen gewesen sei. Im März 1995 wurde er vom MAD befragt. Trotz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wurde er zweimal befördert. Andre E., einer von 13 Beschuldigten im NSU-Verfahren, bekannte wenige Tage nach Antritt seines Wehrdienstes 1999 gegenüber einem vernehmenden Offizier, er denke nationalsozialistisch und bewundere die militärischen Leistungen der SS. Er konnte seinen Wehrdienst voll ableisten und wurde noch zum Gefreiten befördert.
Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss
Im Bericht 1997 stand das Thema „Gewalt und Rechtsextremismus“ als Schwerpunkt an erster Stelle eines Jahresberichtes: 177 Verdachtsfälle mit 229 Verdächtigen. Die Wehrbeauftragte Claire Marienfeld wählt deutliche Worte: „ Die Bundeswehr kann keine Soldaten in ihren Reihen dulden, die zu Gewalt und politisch extremen Meinungen tendieren. Insofern darf sie kein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Der Soldat muss die Werte kennen, für deren Sicherung und Verteidigung er eingesetzt wird.“[5]
Angesichts der Häufung gravierender Vorfälle mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund im Laufe des Jahres 1997 brachte im Dezember der STERN die Titelgeschichte „Rechtsradikale bei der Bundeswehr - Die Braune Kumpanei“. Chefredakteur Werner Funk fragte im Editorial: „Die Bundeswehr – ein brauner Sumpf?“[6] Die Oppositionsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen setzten in Wahrnehmung ihres Minderheitenrechts die Konstituierung des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss durch. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP hielten einen solchen Ausschuss für überflüssig und bewerteten ihn als „Kampagne gegen die Bundeswehr“ im Vorfeld der Bundestagswahlen. Nach einem halben Jahr intensiver Untersuchungstätigkeit legte der Ausschuss zu sieben Komplexen seinen Abschlussbericht vor – mit getrennten Bewertungen der Koalitionsmehrheit und jeder der drei Oppositionsfraktionen. Anhaltspunkte für rechtsradikale Tendenzen oder Strukturen in der Bundeswehr ergaben sich nicht. Auch gebe es weder „braune Netzwerke“ noch rechtsextremistische Unterwanderungen. Als Berichterstatter meiner Fraktion im Untersuchungsausschuss gab ich jedoch zu Protokoll, dass es in den Bereichen Personalrekrutierung, Innere Führung, Traditionspflege und Politischer Bildung erheblichen Nachsteuerungsbedarf gebe. Über die Aufklärung der Einzelfälle hinaus seien sozialwissenschaftliche Studien unabdingbar, um Einstellungsmuster von Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufssoldaten verschiedener Dienstgradgruppen und Waffengattungen im gesellschaftlichen Kontext und in ihrer Entwicklung zu untersuchen.[7]
Die Bundeswehrführung brachte vor Einsetzung des Untersuchungsausschuss ein umfassendes Maßnahmenbündel auf den Weg. Der Generalinspekteursbrief vom 8. Dezember 1997 nannte als Ziele
- erkannte Gewalttäter und Funktionäre rechtsextremistischer Organisationen von den Streitkräften fernzuhalten,
- Mitläufer oder für Extremismus anfällige Soldaten durch Aufklärung, Erziehung und Disziplinarmaßnahmen vom falschen Weg abzuhalten, und auf den richtigen Weg zurückzuführen,
- Vorgesetzte mit dem Problem des Rechtsextremismus noch intensiver vertraut zu machen und sie besser zu befähigen, in der Menschenführung und Dienstaufsicht mit diesem Problem richtig umzugehen,
- alle Soldaten aufzuklären und vor allem durch politische Bildung, Ausbildung und rechtliche Unterweisung im rechtsstaatlichen Bewusstsein zu festigen.
Am 16. Februar 1998 folgte ein Schnellbrief des Führungsstabes Streitkräfte mit Hilfen für Disziplinarvorgesetzte bei extremistischen Verhaltensweisen/Auffälligkeiten von Wehrdienstleistenden. Das Zentrum Innere Führung bildete weit über 100 Offiziere aus, die das Thema „Nationalismus, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt“ flächendeckend an Vorgesetzte ihres Bereichs weitervermitteln können. Die Fülle von präventiven und reaktiven Einzelmaßnahmen wurde bis heute weiterentwickelt zum Maßnahmenkatalog „Pro Demokratie“. Das Zentrum Innere Führung unterstützt die Aufbereitung des Themas in der Politischen Bildung durch Lehrgänge, Planspiele, das CUA-Lernprogramm „Courage“, Unterrichtsbaustein „Rechtsextremismus“, Seminarkonzepte für Bundeswehrschulen usw.[8]
Nicht erreicht werden mit solchen Maßnahmen einzelne hohe Offiziere, die sich nach ihrer Pensionierung in Grauzonen zum Rechtsextremismus bewegten – z.B. ein Ex-Brigadegeneral mit einer von ihm 1998 herausgegebenen Festschrift „Wagnis Wahrheit – Historiker in Handschellen?“ für den Holocaust-Leugner Davis Irving.[9]
Im Juni 2001 legte das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr (SOWI) die Studie „Rechtsextreme Orientierungen in Deutschland und ihre Folgen für die Bundeswehr“ vor.[10] Im Jahr zuvor waren rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 40% angestiegen In Ermangelung einschlägiger sozialwissenschaftlicher Untersuchungen analysierten die Wissenschaftler fast 1000 Meldungen über rechtsextremistische Verdachtsfälle (Besondere Vorkommnisse) in der Bundeswehr der Jahre 1997 bis 2000. Einschränkend wird darauf hingewiesen, dass die gemeldeten Verdachtsfälle wenig Aufschluss geben über die mögliche Verbreitung rechtsextremer Einstellungen unter Bundeswehrangehörigen.
Die Zahl der Verdachtsfälle stehe im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber Rechtsextremismus. Der Sprung auf 319 gemeldete Verdachtsfälle in 1998 hänge mit einer gestiegenen Meldebereitschaft zusammen. Zwei Drittel aller Vorfälle seien durch Vorgesetzte, 10% durch Kameraden festgestellt worden. Sie geschahen zum großen Teil außerhalb des Dienstes und oft unter Alkoholeinfluss. Verdächtige waren zumeist Einzelpersonen bzw. kleine Gruppen. In der regionalen Verteilung ergaben sich keine Auffälligkeiten. Die 196 verdächtigen Personen in 2000 entsprachen 0,0615 Prozent der knapp 320.000 Soldaten. 82 Prozent der 196 Verdächtigen in 2000 waren Wehrdienstleistende, 32 Zeitsoldaten, drei Berufssoldaten. Diese Relationen entsprechen denen der vorhergehenden Jahre. 42 Prozent der Verdachtsfälle ereigneten sich in den Einberufungsmonaten der Wehrpflichtigen. Weit überwiegend handelt es sich um Propagandadelikte wie die Verwendung nationalsozialistischer Symbole, das Ausführen des „Hitlergrußes“, den Besitz bzw. Verbreitung rechtsextremistischen Schrifttums bzw. solcher Musikerzeugnisse, das Singen entsprechender Lieder, Hakenkreuzschmierereien, Tätowierungen. Vor allem Musik wirke als Integrationsfaktor einer rechtsextremistischen Jugend-Subkultur.
Darüber hinaus ging die SOWI-Studie mit Hilfe der alljährlichen Allgemeinen Bevölkerungsumfrage des SOWI auch der Frage nach, ob es bei jungen Männern unter 25 Jahren einen auffälligen Zusammenhang gebe zwischen Bundeswehraffinität und rechtsextremen Neigungen. Die „jungen Befragten, die sich einen Dienst in der Bundeswehr vorstellen können, erreicht auf der Nationalismusskala, nicht aber auf der Fremdenfeindlichkeitsskala, deutlich erhöhte, wenn auch keine extreme Werte.“ Interpretiert wird das als eine stärker nationalkonservative Einstellung dieser Gruppe.[11]
Einsatzarmee – anfälliger oder widerstandsfähiger?
Parallel zum SFOR-Einsatz in Bosnien-Herzegowina erfuhr die Einsatzrealität der Bundeswehr 1999 mit der Operation Allied Force und KFOR (Kosovo) sowie ab 2001 mit ISAF (Afghanistan) und Enduring Freedom (Horn von Afrika, Afghanistan) eine ungeahnte Ausweitung und Intensivierung. Ab 2008/2009 waren Bundeswehrsoldaten in Nordafghanistan mit einem Guerilla- und Terrorkrieg konfrontiert, standen sie erstmalig seit Bestehen der Bundeswehr in Gefechten. Der Krieg sickerte ein in den Alltag der Friedensarmee Bundeswehr, der kämpfende Einsatzsoldat rückte in den Vordergrund. Ging das einher mit zunehmender Gewaltbereitschaft und Verrohung, wie manche von außen meinen, und einer Aushöhlung der Inneren Führung? Wie entwickelte sich vor diesem Hintergrund die Rechtsextremismus-Lage in der Bundeswehr? Da hierzu umfassende und tiefer gehende Analysen fehlen und manche Wirkungen der verschärften Einsatzrealität erst mittelfristig erkennbar sind, muss ich mich mit einigen Schlaglichtern begnügen:
Vorkommnisse: Von 186 gemeldeten Verdachtsfällen mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund im Jahr 2001 gingen die Verdachtszahlen auf 148 in 2006 und 63 in 2011 zurück. Von insgesamt 572 Verdachtsfällen zwischen 2007 und Oktober 2012 geschahen nur sieben in den Einsatzgebieten. Der MAD bearbeitete 2011 und 2012 im Rahmen seiner weiteren Kriterien 963 Verdachtsfälle und bewertete 69 Bundeswehrangehörige als rechtsextrem. In seinem Jahresbericht 2011 meldete der Wehrbeauftragte, dass zwischen den gemeldeten Besonderen Vorkommnissen und der rechtsextremistischen Szene keine Verbindungen festgestellt worden seien und dass bei den Tätern oft keine eindeutige rechtsextremistische Motivation zu erkennen gewesen sei. In allen bekannt gewordenen Fällen sei von den zuständigen Vorgesetzten konsequent und unnachsichtig eingeschritten worden.[12] Auffällig war aber, dass entdeckte Rechtsextremisten vorher oft als besonders „stramme“ Soldaten galten.
Der Deutsche Bundeswehrverband und der Reservistenverband haben mit Vorstandsbeschlüssen die Unvereinbarkeit von extremistischen Aktivitäten mit der Mitgliedschaft in ihren Verbänden erklärt. In einzelnen Fällen wurden Ausschlussentscheidungen aus juristischen Gründen nicht rechtskräftig.
Rechtsextremistische Organisationen lehnen aktuelle Auslandseinsätze eher ab. Die Jungen Nationaldemokraten führen seit 2010 eine Kampagne „Kehrt marsch! Kein Bundeswehreinsatz in Afghanistan!“ durch mit der Begründung „Kein Blut für die USA!“
Bisher gibt es keine Hinweise, dass solche Kampagnen in die Bundeswehr getragen würden.
Politische Einstellungen von Offiziersstudenten: Erst im Berichtsjahr 2009 erfuhr der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe, dass das SOWI Ende 2007 im Auftrag des Ministeriums eine repräsentative Umfrage an den beiden Bundeswehr-Unis durchgeführt hatte. Außer zur sozialen Herkunft, Studienmotivation und -zufriedenheit, Studienleistung, beruflichen Bindungen und Erwartungen antworteten die 2300 befragten Studierenden auch zu ihrem politischen Interesse und Präferenzen, zu politischen Zielen der „Neuen Rechten“ und zu „weiteren populistischen Positionen“. „87 Prozent bezeichnen sich als politisch interessiert, 10 Prozent mehr als in der Gesamtbevölkerung. Parteipolitisch sieht sich die Mehrzahl der Studierenden am ehesten von CDU/CSU in ihren Interessen vertreten, während sie den Positionen von FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen weniger nahestehen. (…) weniger als fünf Prozent fühlt sich von den Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums in seinen Interessen vertreten.“[13]
Im Bundesverfassungsschutzbericht von 2006 war die „Neue Rechte“ beschrieben worden als ein Versuch der Intellektualisierung des Rechtsextremismus. Im Kampf um die kulturelle Hegemonie in Deutschland würden Milieus mit Nähen zum neurechten Gedankengut angesprochen und der Brückenschlag zur gesellschaftlichen Mitte versucht. In der heterogenen „Neuen Rechten“ identifizierten die SOWI-Forscher sechs wesentliche Politikziele: Dafür sorgen, dass sich in Politik und Gesellschaft immer die Stärkeren durchsetzen und dass Deutschland wieder von einer starken Elite geführt wird. Deutsche Interessen gegenüber dem Ausland hart und energisch durchsetzen. Die nationale Identität Deutschlands stärken. Die Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland stoppen. Den Einfluss der Parlamente einschränken.
Im Ergebnis lehnte die große Mehrheit der Studierenden diese Politikziele überwiegend ab. (20 Prozent voll, 26 Prozent Zustimmung zu einem Ziel, 23 Prozent zu zwei Zielen) 18 Prozent stimmten drei Politikzielen zu, 13 Prozent mindestens vier der sechs Ziele zu. (neun Prozent Zustimmung zu vier Zielen, vier Prozent zu fünf, 1 Prozent zu allen sechs) Diese 13 Prozent weisen damit eine gewisse Affinität zu den Vorstellungen der „Neuen Rechten“ auf. Zum Vergleich: Von den jungen Frauen und Männern in Deutschland zwischen 15 und 32 Jahren stimmen im Jahr 2008 26 Prozent mindestens vier Politikzielen der „Neuen Rechten“ zu, unter jungen Männern (15 bis 23 Jahre) sind es 30 Prozent, bei jungen Männern mit Hauptschulabschluss 43 Prozent. Offen bleibt bei einer solchen Umfrage, in welchem Ausmaß bestimmte Positionen den Diskurs an einer Bundeswehr-Uni prägen, möglicherweise sogar dominieren können. Aus meiner eigenen Erfahrung aus der westdeutschen 68er Bewegung weiß ich, wie dominierend entschlossene und konzertiert auftretende Meinungsminderheiten wirken können.
Milieuvielfalt: Die traditionelle Außenwahrnehmung von Militär ist geprägt von Uniformen, Marschkolonnen, Drill, Entindividualisierung, Kasernierung. Wo zugleich immer mehr Menschen in Deutschland noch nie engeren Kontakt mit der Bundeswehr hatten, ist der Eindruck verbreitet, die Bundeswehr sei ein homogenes Milieu für sich, traditioneller und konservativer – manche sehen sie unter dem Verdacht der Rechtslastigkeit. Die soziale Wirklichkeit der Bundeswehr ist überraschend bunt. Bei Besuchen in Einheiten und Dienststellen der Bundeswehr begegnen einem inzwischen regelmäßig Soldaten mit Migrationshintergrund. Überraschend sind die Ergebnisse einer Studie des SINUS-Instituts zu den in der Bundeswehr vertretenen sozialen Milieus - insgesamt zehn Gruppierungen von ähnlichen Lebensauffassungen und Lebensweisen. Zum traditionellen Milieu gehören 15 Prozent der deutschen Wohnbevölkerung, 12 Prozent der Berufs- und 5 Prozent der Zeitsoldaten; zur bürgerlichen Mitte 14 Prozent der Bevölkerung, 24 Prozent der Berufs- und 26 Prozent der Zeitsoldaten; zum konservativ-etablierten Milieu zehn Prozent der Bevölkerung, 24 Prozent der Berufs- und zehn Prozent der Zeitsoldaten Zum liberal-intellektuellen Milieu gehören sieben Prozent der Bevölkerung, zehn Prozent der Berufs- und acht Prozent der Zeitsoldaten; zum sozialökologischen Milieu sieben Prozent der Bevölkerung, zehn Prozent der Berufs- und sechs Prozent der Zeitsoldaten. Zum adaptiv-pragmatischen Milieu (ausgeprägter Lebenspragmatismus) gehören schließlich neun Prozent der Bevölkerung, acht Prozent der Berufs- und 18 Prozent der Zeitsoldaten; zum hedonistischen Milieu (Leben im Hier und Jetzt) 15 Prozent der Bevölkerung, zwei Prozent der Berufs- und acht Prozent der Zeitsoldaten.[14]
Interkulturelle Kompetenz: Anzunehmen ist, dass interkulturelle Kompetenz mit rechtsextremistischen Einstellungen nur schwer vereinbar ist. Angesichts der zunehmenden multikulturellen Zusammensetzung der Bundeswehr und vor allem mit den Anforderungen der Auslandseinsätze wurde immer deutlicher, dass interkulturelle Kompetenz für Soldaten heutzutage zu einer Schlüsselqualifikation geworden ist. Für den Erfolg im multinationalen Einsatz und in einem fremden kulturellen Umfeld ist sie elementar. Interkulturelle Kompetenz beinhaltet Offenheit, Anerkennung kultureller Vielfalt, Einfühlungsvermögen, Aushalten von Widersprüchlichkeiten – alles Merkmale, die rechtsextremen Freund-Feind-Mustern zuwider laufen.
Im Jahr 2010 führte ein Team des SOWI erstmalig eine sozialwissenschaftliche Begleituntersuchung eines deutschen ISAF-Kontingents – des 22. – durch. Hierbei wurde auch die interkulturelle Sensibilität der Einsatzsoldaten erforscht und auf einer Skala von 0 bis 100 (Maximalwert) abgebildet. Vor dem Einsatz lag die interkulturelle Sensibilität der Offiziere bei 72, der Feldwebeldienstgrade bei 70, der Mannschaften bei 63. Im Einsatz ging der Indexwert bei allen Dienstgradgruppen um 2 bis 3 Punkte zurück, um nach dem Einsatz bei allen wieder um 1 bis 2 Punkte zu steigen. Ein vielfach angenommener Kulturschock ließ sich nicht nachweisen. Festgestellt wurde vielmehr „eine signifikante Zunahme interkultureller Sensibilität mit der Zahl der berichteten Auslandseinsätze. Der Einsatz selbst lässt sich demnach als Lernort für die Aneignung interkultureller Sensibilität, die zentrale Voraussetzung kulturkompetenten Handelns vor Ort ist, verstehen.“[15] Ein anderes Ergebnis der Kontingentstudie ist allerdings im Hinblick auf die Innere Führung ein Alarmzeichen: Die Einsatzsoldaten haben zu ihren nächsten militärischen Vorgesetzten ein hohes, gegenüber der Politik nur ein minimales Vertrauen.
Subjektive Erfahrungen: Die Einsatzrealität der Bundeswehr ist durchweg multinational, ihr Auftrag ist Kriegsverhütung und Friedenssicherung im UNO-Auftrag für internationale kollektive Sicherheit. Schützen, Helfen, Vermitteln, Kämpfen ist die Aufgabe von Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Dabei sind sie strikt an Völkerrecht und Menschenrechte gebunden. Die Ziele, Regeln und Praxis einer Einsatzarmee für internationale Friedenssicherung stehen konträr zu rechtsextremistischen Positionen. Sie sind unvereinbar.
Diese Weltenunterschied zwischen Rechtsextremismus und Bundeswehr habe ich als Mitglied des Verteidigungsausschusses seit 1994 bei Begegnungen mit sehr vielen Soldaten immer wieder erlebt: bei Informationsveranstaltungen, bei Truppenbesuchen, bei ca. 40 Besuchen in Einsatzgebieten, beim VN-Ausbildungszentrum in Hammelburg. Auch wenn Gesprächspartner eher Offiziere und Feldwebeldienstgrade und weniger Mannschaftsdienstgrade waren, auch wenn manche ihre Worte dem Besucher aus der Politik anpassen, blieb doch auffällig: Die durchweg unzweifelhafte Loyalität dieser Soldaten zum demokratischen Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland und die selbstverständliche Anerkennung des Primats der Politik – mag die Kritik an konkreter Politik noch so heftig sein. Ihre bemerkenswert unmilitaristische Haltung, wo Allgemeingut ist, dass sich Konflikte in der Regel mit Militär nicht lösen lassen, dass wirksame Sicherheitspolitik auf das Zusammenwirken von Politik, zivilen, polizeilichen und ggfs. militärischen Akteuren angewiesen ist. Die alltägliche Multinationalität in vielen Verbänden und im Einsatz sowieso.
Seit 1996 unterstützt „Lachen Helfen e.V.“, die Initiative von Soldaten und Polizisten für Kinder in Kriegs- und Krisengebieten, Hilfsprojekte in Einsatzgebieten der Bundeswehr. Alljährlich am 21. Juli wird im Einsatzführungskommando der Bundeswehr bei Potsdam des Generalmajor Henning von Tresckow gedacht, der Kopf und Herz des militärischen Widerstands gegen Hitler war. Es ist ein Beispiel demokratischer Traditionspflege. Zwei Initiativen, Momentaufnahmen, die nicht untypisch sind für die Einsatzarmee Bundeswehr heute. Und dennoch: Wenn bis 2009 beim Heer noch zwei Ausbildungshilfen verwandt wurden, deren Einsatzbild extensiv vom Krieg der Wehrmacht geprägt wurde, wenn immer mal wieder Fälle von demokratieferner Traditionspflege bekannt werden, dann erscheint mir das völlig aus der Zeit gefallen zu sein. Hier stehen die Politik und die Bundeswehr, die höheren und vor allem auch die direkten Vorgesetzten in der Verantwortung.
Schlussfolgerungen
Der Rückgang bei Verdachtsfällen mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund in der Bundeswehr ist erfreulich. Er ist möglicherweise auch Ergebnis eines konsequenteren Vorgehens gegen Rechtsextremismus seit einigen Jahren. Es ist aber kein Grund zur Entwarnung. Wo eine beträchtliche Minderheit der Bevölkerung einem geschlossen rechtsextremen Weltbild anhängt, bleibt das Risiko erheblich, dass solche Personen in die Bundeswehr gelangen.
Besondere Vorkommnisse[16]
Anzahl Verdachtsfälle beteiligte Soldaten
1990 2 2
1991 10 10
1992 64 69
1993 52 60
1994 58 70
1995 57 81
1996 46 59
1997 209 253
1998 319 301
1999 135 159
2000 196 196
2001 186 188
2002 111 124
2003 133 133
2004 129 154
2005 142 131
2006 148 151
2007 118 117
2008 121 119
2009 122 126
2010 82 94
2011 63 63
[1] Veröffentlicht in: „Rechtsextreme Gewalt in Deutschland 1990-2013“, Katalog zur Sonderausstellung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden mit Fotografien und Texten von Sean Gallup, hrsg. von Gorch Pieken und Matthias Rogg, Dresden Januar 2013; Ankündigung unter http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&ptid=1&catid=81-107&aid=1189
[2] Jahresbericht 1991 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Bonn 1992, Bundestagsdrucksache 12/2200, S. 25
[3] Jahresbericht 1993 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Bonn 1994, Bundestagsdrucksache 12/6950, S. 13
[4] Jahresbericht 1994 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Bonn 1995, Bundestagsdrucksache 13/700, S. 15
[5] Jahresbericht 1997 der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Bonn 1998, Bundestagsdrucksache 13/10000
[6] STERN Nr. 51/1997
[7] Abschlussbericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss vom 17. Juni 1998, Bundestagsdrucksache 13/11005, S, 186
[8] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Keul und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Umgang der Bundeswehr mit Rechtsextremismus“, Bundestagsdrucksache 17/8720 vom 23.2.2012, S. 6
[9] Erschienen im rechtsextremistischen Arndt-Verlag in Kiel
[10] Sven Bernhard Gareis, Peter-Michael Kozielski, Michael Kratschmar: Rechtsextreme Orientierungen in Deutschland und ihre Folgen für die Bundeswehr, SOWI-Arbeitspapier Nr. 129, Strausberg 2001
[11] Sven-Bernhard Gareis, a.a.O. S. 56
[12] Jahresbericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Bundestagsdrucksache 17/8400, Berlin 2012, S. 13
[13] Thomas Bulmahn, Rüdiger Fiebig, Victoria Wieninger, Stefanie Greif, Max H. Flach, Manon A. Priewisch: Ergebnisse der Studentenbefragung an den Universitäten der Bundeswehr Hamburg und München 2007, Forschungsbericht 89, Strausberg März 2010
[14] Marc Calmbach: Die Bundeswehr – soziokulturell so vielfältig wie unsere Gesellschaft, in:Kompass – Soldat in Welt und Kirche, hrsg. vom Katholischen Militärbischof für die Bundeswehr, 9/2012, S. 4-7
[15] Phil C. Langer: Erfahrungen von „Fremdheit“ als Ressource verstehen – Herausforderungen interkultureller Kompetenz im Einsatz, in: Anja Seiffert, Phil C. Langer, Carsten Pietsch (Hrsg.): Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan – Sozial- und politikwissenschaftliche Perspektiven, Wiesbaden 2012, S. 123-142, hier S. 132
[16] Jahresberichte des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages 1991-2011; Gareis, Kozielski, Kratschmar, a.a.O., S. 23. Die Abweichungen gegenüber den Verdachtszahlen in den Jahresberichten des Wehrbeauftragten ergeben sich durch Nachmeldungen.
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: