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Nachtwei bringt Antrag "Abrüstung der taktischen Atomwaffen vorantreiben" ein

Veröffentlicht von: Webmaster am 7. März 2006 19:13:50 +02:00 (6020 Aufrufe)

Namens seiner Fraktion bringt Winfried Nachtwei den Antrag "Abrüstung der taktischen Atomwaffen vorantreiben - US-Atomwaffen aus Deutschland und Europa vollständig abziehen." (BT-Drs. 16/819) ein. Hier der Antrag:

Antrag

der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Jürgen Trittin, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Abrüstung der taktischen Atomwaffen vorantreiben - US-Atomwaffen aus Deutschland und Europa vollständig abziehen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Taktische oder substrategische Atomwaffen unterliegen bisher keiner überprüfbaren Abrüstungs- oder Rüstungskontrollverpflichtung. Ihre weitere Reduzierung und Eliminierung ist insbesondere vor dem Hintergrund der Gefahr, dass diese, zum Teil überalterten Waffen durch Diebstahl in falsche Hände gelangen könnten, von eminenter Bedeutung.

Der Deutsche Bundestag (Drucksache 15/5254 vom 13.04.2005) hat die Bundesregierung dazu aufgefordert „sich für die Wiederbelebung der amerikanisch-russischen Abrüstung bei substrategischen und taktischen Kernwaffen einzusetzen, um diese erhebliche Lücke im nuklearen Abrüstungsprozess zu schließen Vor allem die taktischen Kernwaffen sollten in transparenter und nachvollziehbarer Weise auf beiden Seiten reduziert und demontiert werden." Der Deutsche Bundestag tritt weiterhin für eine rasche, überprüfbare und unumkehrbare Abrüstung der taktischen Atomwaffen und die Ergreifung und Unterstützung diesbezüglicher Initiativen ein.

2. Ende 1991, kurz vor der Auflösung der Sowjetunion, kündigten die damaligen Präsidenten Bush und Gorbatschow wechselseitig einseitige Schritte zur substanziellen Abrüstung ihrer taktischen Atomwaffen an. Diese Absicht wurde vom russischen Präsidenten Jelzin 1992 bekräftigt. Der Deutsche Bundestag begrüßt diese vor 15 Jahren beschlossenen Beiträge zur nuklearen Abrüstung.

Die Umsetzung und Unumkehrbarkeit dieser rechtlich unverbindlichen Erklärungen ist nicht verifizierbar. Die USA haben nach eigenen Angaben ihre Bestände an substrategischen Atomwaffen seit 1989 um mehr als 90 Prozent und die Zahl der auf dem NATO-Gebiet vorgesehenen Lagerstätten um 80 % reduziert. Im Rahmen der Umsetzung der Presidental Nuclear Initiatives (PNI) sind weltweit angeblich mehr als 3.000 taktische US-Atomwaffensprengköpfe zurückgezogen und vernichtet worden. Nach Angaben der NATO, wurde diese Reduzierung in Europa 1993 abgeschlossen. Derzeit haben die USA vermutlich 1.100 taktische Atomwaffen im aktiven Bestand. Etwa 480 dieser Atomwaffen werden in Europa, davon 20 in Büchel und 130 in Ramstein, vermutet.

Die Zahlen über den Bestand und die Reduzierung der russischen taktischen Atomwaffen schwanken erheblich. Russland hat alle taktischen Atomwaffen, die außerhalb seines Staatsgebietes gelagert waren, zurückgezogen. Experten gehen davon aus, dass es in Russland von den ehemals bis zu 21.000 Atomsprengköpfen noch zwischen 3.000 und 8.000 taktische Atomsprengköpfe gibt. Von russischer Seite wurde 2004 angekündigt, dass in Reaktion auf die amerikanischen Pläne zum Bau von Mini-Nukes nicht alle taktischen Atomwaffen wie beabsichtigt zerstört, sondern nur eingelagert würden. Die Sicherung und die Sicherheit der russischen Atomwaffen und Lagerstätten gilt als eine der größten Sorgen der internationalen Staatengemeinschaft.

3. Die 1997 von den USA und Russland angekündigte Absicht, die Abrüstung der substrategischen Atomwaffen und vertrauensbildende, die Transparenz erhöhende Maßnahmen zum Gegenstand von START III Verhandlungen zu machen, wurde Ende 2000 fallen gelassen. Die Vertragsstaaten des NVV haben sich auf der Überprüfungskonferenz 2000 zu 13 Schritten zur Abrüstung verpflichtet. Das bisherige Ergebnis ist enttäuschend und ein Grund für die gegenwärtige Krise der nuklearen Abrüstung und Nichtweiterverbreitung. Der Deutsche Bundestag dringt darauf, die Umsetzung dieser Schritte mit aller Kraft und mit neuen Initiativen fortzusetzen. Dies gilt auch für die weitere Reduzierung der in Schritt 9 genannten nicht-strategischen Atomwaffen als wesentlicher Bestandteil des nuklearen Abrüstungsprozesses und die in Schritt 11 gemachte Zusicherung, die allgemeine und vollständige Abrüstung unter wirksame internationale Kontrolle zu stellen.

4. Der Deutsche Bundestag dankt der Bundesregierung für ihre in der Vergangenheit gemachten Vorschläge zur kontrollierten Eliminierung taktischer Nuklearwaffen und die wertvollen Beiträge, um die 7. Überprüfungskonferenz zum NVV vor einem Scheitern zu bewahren. Wir begrüßen und unterstützen, dass die Bundesregierung im Jahr 2005 ihre Bereitschaft erklärt hat, einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland zu befürworten. Die diesbezüglichen Konsultationen mit den Bündnispartnern müssen fortgesetzt werden. Der Deutsche Bundestag begrüßt und unterstützt die Entscheidung der Bundesregierung, keine neuen nuklearwaffenfähigen Trägersysteme zu beschaffen und damit die technische-nukleare Teilhabe zu beenden. Die Jagdbomber-Geschwader 31 und 33 werden 2007-2010 bzw. 2012-2015 mit den mehrrollenfähigen Eurofighter ausgestattet. Es ist nicht geplant, den Eurofighter für einen Einsatz mit Nuklearwaffen zu befähigen. Der Deutsche Bundestag sieht in einem schnellstmöglichen Ausstieg der Bundeswehr aus der nuklearen Teilhabe ein international wichtiges Zeichen und eine Stärkung des Abrüstungs- und Nichtweiterverbreitungsprozesses.

5. Alle NATO-Staaten, in denen US-Atomwaffen gelagert sind, haben im Oktober 2004 der Resolution der UN-Generalversammlung zugestimmt, die eine weitere Reduzierung der nicht-strategischen Atomwaffen fordert. Staaten wie Kanada und Griechenland haben sich in den vergangenen Jahren aus der technischen-nuklearen Teilhabe der NATO zurückgezogen. Großbritannien hat die Jagdbomberflotte von der Nuklearrolle befreit. Die NATO hat mehrfach bekräftigt, in keinem der Beitrittsländer Atomwaffen stationieren zu wollen. Der Deutsche Bundestag begrüßt den Beschluss des belgischen Senats vom 21. April 2005 für einen „schrittweisen Rückzug der amerikanischen taktischen Atomwaffen aus Europa" und den Vorschlag „im NATO-Russland-Rat Verhandlungen über die Reduzierung und Vernichtung der amerikanischen taktischen Atomwaffen in Europa und der russischen taktischen Atomwaffen aufzunehmen". Er unterstützt das Ziel, dass diese Schritte zu einer atomwaffenfreien Zone aller Nichtkernwaffenstaaten in Europa führen müssen. Der frühere britische Außenminister, Robin Cook, und Robert McNamara, früherer US-Verteidigungsminister, appellierten nach dem Scheitern der NVV-Konferenz am 23. Juni 2005 in der Financial Times „Jetzt ist es an der Zeit für die Verantwortlichen in der NATO, den Weg für ein Abkommen mit Russland über die Erfassung und nachprüfbare Vernichtung taktischer Atomwaffen zu ebnen, indem sie die in Europa verbliebenen Waffen dieses Typs abziehen."

6. Die Zukunft der taktischen Atomwaffen wird auch in den USA offen diskutiert. Der "Report of the Defense Science Board Task Force on Future Strategic Strike Forces (Februar 2004) empfiehlt dem US-Verteidigungsministerium "OSD [Office of the Secretary of Defense] should consider eliminating the nuclear role for Tomahawk cruise missiles and for forward-based, tactical, dual-capable aircraft. There is no obvious military need for these systems, and eliminating the nuclear role would free resources that could be used to fund strategic strike programs of higher priority. To a great extent, their continuation is a policy decision." Nach einem Bericht des US-Außenministeriums vom 10.02.2005 „the United States can reduce the number of deployed nuclear warheads, and can further reduce non-strategic warheads to achieve President Bush's vision of the smallest stockpile consistent with national security". US-Verteidigungsminister Rumsfeld hat im Oktober 2005 angekündigt, die Entscheidung über einen Abzug der USAtomwaffen Deutschland und der NATO zu überlassen. Auch der Kongress hat im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2006 sein Interesse an dem Thema artikuliert. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Bereitschaft der US-Regierung die taktischen Atomwaffen zur Disposition zu stellen.

7. Der schleppende Prozess der nuklearen Abrüstung, Gerüchte über die Stationierung oder Verlagerung von taktischen Atomwaffen in Europa oder deren Einsatz im Zusammenhang mit nuklearen „Präventivschlägen" haben in der Öffentlichkeit immer wieder für Unruhe gesorgt. Initiativen wie die der „Mayors for Peace" plädieren für die „Aufnahme von Verhandlungen, die zu einer umfassenden Abschaffung und Zerstörung von Atomwaffen führen. Ebenso fordern wir die internationale Kontrolle von atomwaffenfähigen Materialien, um einen heimlichen Bau von Atombomben zu verhindern". Mehr als 1.150 Kommunen, darunter mehr als 180 deutsche Städte und Gemeinden, haben sich bislang dem Appell der „Mayors for Peace" angeschlossen. Sie sind Ausdruck dafür, dass das Thema viele Menschen, auch auf kommunaler und Landesebene bewegt. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Entscheidung des Landtags in Rheinland-Pfalz, einen Abzug der US-Atomwaffen zu unterstützen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf

1. an der Stärkung des Nichtweiterverbreitungsvertags, einschließlich der Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung, weiterhin aktiv mitzuwirken

2. weiterhin mit Nachdruck für die Einrichtung eines Kernwaffenregisters, eine Berichtspflicht im Rahmen der Überprüfungskonferenzen, eine Offenlegung der Plutoniumbestände und sonstigen vertrauensbildenden und die Transparenz erhöhenden Maßnahmen im nationalen wie internationalen Bereich einzutreten

3. weiterhin Vorschläge zu unterbreiten bzw. zu unterstützen, die eine vollständige Reduzierung und Vernichtung aller substrategischen Atomwaffen im Rahmen überprüfbarer Abrüstungsvereinbarungen zum Ziel haben

4. weiterhin und verstärkt an bi- und multilateralen Aktivitäten mitzuwirken, die die Sicherung und Vernichtung von nuklearen Beständen, insbesondere in Russland, zum Ziel haben

5. bilateral und im Rahmen der EU und NATO darauf hin zu wirken,

  • dass in Umsetzung der vielfältigen Beschlüsse und Erklärungen die Rolle und die Bedeutung von Atomwaffen weiter gesenkt werden
  • die Nuklear-Strategie der NATO auch in den Punkten nukleare Nichtangriffsgarantien gegen Nicht-Nuklearwaffenstaaten und Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen angepasst wird,
  • dass auf die Weiterentwicklung von taktischen Atomwaffen und Mini-Nukes verzichtet wird,
  • dass die Atomwaffenbestände auch im Bündnis weiter reduziert werden

6. weiterhin bilateral und gegenüber den Partnern in der EU und NATO zu bekräftigen, dass die Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund der veränderten Weltlage und der Krise der nuklearen Nichtweiterverbreitung und Abrüstung bereit und Willens ist,

  • auf die Mitwirkung der Bundeswehr an der technisch-nuklearen Zusammenarbeit in Friedens- wie in Kriegszeiten zu verzichten
  • sich keine neuen nuklearfähigen Trägersysteme zu beschaffen
  • die gegenwärtigen Jagdbomber-Verbände schnellstmöglich von der Nuklearrolle zu befreien
  • einen weiteren und vollständigen Abbau der US-amerikanischen Atomwaffen in Europa mit Nachdruck zu fordern und zu unterstützen

7. Initiativen für die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone aller Nicht- Nuklearwaffenstaaten in Europa zu unterstützen

8. den Deutschen Bundestag über die Umsetzung dieser Maßnahmen fortlaufend und in geeigneter Weise zu unterrichten

Berlin, den 7. März 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch