Am 22. Oktober 1996 standen wir am Hang von Sarajevo, blickten auf die Stadt, die über drei Jahre belagert + beschossen worden war. HIER erreichte auch mich erst, was ich seit Jahren über die Medien wusste, aber nie ganz an mich rangelassen hatte. "Kein zweites Bosnien im Einflussbereich europäischer Politik!" war das Gelöbnis. Dazu der SZ-Bericht von Christiane Schlötzer-Scotland und mein Reisebericht.
Am Hang von Sarajevo und das „Gelöbnis von Banja Luka“: Schlüsselerfahrungen für grüne und deutsche
Friedens- und Sicherheitspolitik – Wider das schnelle Vergessen
Winfried Nachtwei, 22.10.2016
Am 22. Oktober 1996, heute vor 20 Jahren, standen wir, Mitglieder einer Spitzendelegation von Grüner Fraktion und Partei, am Hang von Sarajevo. Wir blickten hinunter auf die Stadt der Olympischen Winterspiele von 1984, die 1992 bis 1996 1.425 Tage von serbischen Kräften belagert und beschossen worden war. Etwa 11.000 Menschen, darunter 1.600 Kinder, verloren dabei ihr Leben.
Hier einige Erinnerungsstücke wider das Vergessen einer jüngeren Vergangenheit, an die zu erinnern friedens- und sicherheitspolitisch dringend ist.
(Fotos dazu auf www.facebook.com/winfried.nachtwei )
(1) „Rumrutschen in der Mausefalle“, Seite Drei-Artikel von Christiane Schlötzer-Scotland in der Süddeutschen Zeitung vom 28. Oktober 1996 (weitere umfangreiche Artikel erschienen in der FR „Wer hier war, denkt anders“, taz „Schweigeminute beim Blick auf Sarajevo“, SPIEGEL „Gutes Gewissen“ und Focus „Hahnenkämpfe in Bosnien“) sowie
(2) mein Reisebericht „Konfrontation mit der Kriegswirklichkeit: Bosnien-Reise der Vorstände von Bundestagsfraktion und Partei von Bündnis 90/Die Grünen“ vom November 1996.
(3) Reiseübersicht und mein Vortragsangebot „Grüne Bosnien-Reise vor 20 Jahren: Schlüsselerfahrungen und was daraus wurde – Bilanz und Lehren angesichts heutiger Krisenstürme“ unter www.nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1426 Ein Angebot gerade für Jüngere, für die die Balkankriege weit weg sind.
(4) Zusammenfassung der dreifachen Schlüsselerfahrung in meinem Beitrag „Von Belgrad bis Kabul: Über militärische Interventionen zum Frieden?“ in: Gernot Erler (Gh.), Warum Frieden machbar ist – Kriegsverhütung und Friedensstrategien seit dem 1. Weltkrieg, Freiburg/Herder 2014, S. 126.
(5) Anmerkung: Am 27. September 2012 endete der Bundeswehreinsatz in Bosnien-Herzegowina (UNPROFOR/IFOR/SFOR/ALTHEA). Es war der erste große und mit 17 Jahren längste deutsche Einsatz im Auftrag der UN.
Dass der Auftrag "Absicherung des Friedensvertrages von Dayton" nach einem verheerenden Krieg unter Nachbarn mit über 100.000 Todesopfern erfolgreich erfüllt und ein Wiederaufflammen von Kriegsgewalt verhindert wurde (in 50% der Waffenstillstände weltweit kommt es binnen fünf Jahren zu solchen Rückfällen),
- dass hierbei 63.500 Bundeswehrsoldaten zum Einsatz kamen,
- dass 18 Soldaten bei diesem Einsatz ihr Leben verloren, keiner durch feindliche Einwirkung,
- dass es nach Erkenntnis der von mir in 2015 geleiteten G36-Kommission beim deutschen Bosnieneinsatz kein einziges Feuergefecht gab und nur wenige Warnschüsse gemeldet wurden,
alles das ist wenig bekannt, oft vergessen und auch verdrängt. Eine so erfolgreiche und gewaltarme Friedenssicherung im Auftrag der UN passt offenbar auch nicht ins Weltbild von „Linken“, für die jeder Bundeswehreinsatz gleich Kriegseinsatz ist. (Mein Brief dazu vom 3. Oktober 2012 http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1164 )
(1) Die Reise der Grünen durch Bosnien und das Gelöbnis von Banja Luka
Rumrutschen in der Mausefalle
Konfrontiert mit der Realität im Land, müssen die Gegner von NATO-Militäreinsätzen zunehmend erkennen, dass die harte Front nicht mehr zu halten ist
Von Christiane Schlötzer-Scotland (Süddeutsche Zeitung 28. Oktober 1996)
Sarajewo, 27. Oktober – Der Abgeordnete Winni Nachtwei kann sich gut an den 6. Dezember vor einem Jahr erinnern. Damals stand er am Rednerpult des Bundestags und begründete, warum er als Pazifist eine Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Truppe in Bosnien auf keinen Fall billigen könne. Nun blickt Nachtwei im Nieselregen von einer leichten Anhöhe herab erstmals auf die zerschossene bosnische Hauptstadt Sarajewo. Die Hügelkette, auf der die Granatwerfer der serbischen Angreifer standen, liegt hinter ihm, auch die Berghöhen auf der gegenüberliegenden Seite sind im Dunst gut zu erkennen. „Das war eine Mausefalle“, sagt der Abgeordnete Nachtwei. Die Umstehenden schweigen betreten – bis einer seine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle halten kann. „Und ihr wolltet Papierblumen abwerfen, mit schönen Grüßen von der grünen Partei“, höhnt Joschka Fischer. Ein heftiger Wortwechsel mit Kerstin Müller, der Fraktionssprecherin der Linken, folgt. Der Rest der kleinen Gruppe im Regen bleibt stumm. Sechs Tage lang hat der Fraktionschef Joschka Fischer die gesamte Führungscrew der Grünen durch Bosnien reisen lassen. Über kein Thema haben die Grünen im letzten Jahr so gestritten wie über die Militäreinsätze der NATO im ehemaligen Jugoslawien. Fischer hatte für den Einsatz gestimmt, die Mehrheit der Bundestagsfraktion dagegen. Bis heute ist die Partei in zwei Lager gespalten. Künftig könnten die Fronten bröckeln. Denn der Trip durch das zerstörte Land wurde zu einer Art Damaskus-Erlebnis für die deutschen Grünen.
Freundliche Neugier
Im kroatischen Trogir scheint noch die Sonne, als Fischer und seine Truppe zum deutschen Kontingent der IFOR-Soldaten eintreffen. Zum ersten Mal wird hier eine Delegation der Grünen empfangen. Fischer drängte auf den Besuch bei der Bundeswehr gleich zu Beginn der Reise. Mit freundlicher Neugier bestaunt man sich gegenseitig. Brigadegeneral Friedrich Riechmann führt durchs hochmoderne Feldlazarett. Junge Sanitäterinnen überraschen die Grünen mit dem Wunsch, direkt in Bosnien humanitäre Hilfe leisten zu dürfen statt in Kroatien Verbände zu wickeln. Vor allem Brücken und Straßen haben deutsche Soldaten in Bosnien gebaut. Daraus schließt Militärgegner Jürgen Trittin in Trogir, all dies hätte auch das Technische Hilfswerk besorgen können. Zu diesem Zeitpunkt hat der Parteichef der Grünen von Bosnien noch nichts gesehen. Ein Bundeswehrhubschrauber der IFOR-Truppen trägt die Grünen über niedergebrannte Dörfer hinweg nach Mostar. Wie schwierig der Wiederaufbau einer Zivilgesellschaft in der zwischen Kroaten und Muslimen geteilten Stadt, erfahren Fischer und seine Freunde gleich nach der Ankunft. Der kroatische Bürgermeister Ivan Prskalo läßt den Termin mit den Besuchern platzen. Auch der bosnische Bürgermeister Safet Orucevic erscheint zunächst nicht, weil Prskalo ihm gesagt hat, das Treffen mit den deutschen Parlamentariern finde nicht statt. Der Sonderbeauftragte der EU in Mostar, der Brite Martin Garrod, gibt dann als erster den Grünen die eindringliche Mahnung mit, dass der brüchige Frieden in Bosnien nur halten kann, wenn die am 20. Dezember zu Ende gehende IFOR-Mission verlängert wird. Diese Botschaft wird in Sarajewo zum Refrain.
Der Verkehr fließt wieder in den Straßen der geschundenen Hauptstadt. In den halb ausgebrannten Plattenbauten Sarajewos wird jeder halbwegs bewohnbare Raum genutzt. Volle Wäscheleinen spannen sich vor dunklen Fensterhöhlen über die Hochhausbalkons. „Ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich das sehe“, sagt Werner Schulz, der parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen. Schulz ist in der DDR aufgewachsen. Weil er keine Waffe in die Hand nehmen wollte, diente er als Baudsoldat. In Sarajewo sagt er: „Ich schäme mich. Wir hätten hier viel früher eingreifen müssen“.
Heftige Spannungen
Michael Steiner, der stellvertretende Koordinator für den zivilen Wiederaufbau in Bosnien-Herzegowina, ist ein vielbeschäftigter Mann. Aber Steiner nimmt sich einen ganzen langen Abend Zeit für die Oppositionspolitiker aus Deutschland. Ohne die IFOR-Truppen, schärft er den Grünen ein, hätten nicht einmal die jüngsten Parlamentswahlen in Bosnien stattfinden können, weil Soldaten die Wählerschützten. In den IFOR-Chor stimmen selbst Kirchenmänner ein. „Wer das Böse nicht stoppt, trägt auch Schuld“, predigt der katholische Kardinal Puljic bei einer Audienz i seinem Amtszimmer den Grünen. Der serbische Priester Jovanovic überrascht die Besucher in seiner Privatwohnung mit nicht weniger deutlichen Worten. „Warum seid ihr nicht früher gekommen?“ will Jovanovic wissen.
Zumindest bei der kleinen jüdischen Gemeinde (die in der 1395 Tage langen Belagerung Sarajewos zwei Drittel ihrer 1500 Mitglieder durch Flucht verlor) erwarten die Grünen Ressentiments gegen deutsche Soldaten. Doch Gemeindechef Danilo Nikolic kann damit nicht dienen. Der 59jährige sagt, ihm seien auch deutsche Soldaten auf bosnischem Boden willkommen, wenn sie den Frieden bewahrten.
Als die Grünen Sarajewo wieder verlassen, sind bereits einige Weltbilder ins Wanken geraten. Doch die eigentliche Katharsis steht den Reisenden noch bevor. Ort des Geschehens: Tuzla.
Die zweitgrößte Stadt Bosniens ist jetzt das Zentrum der Flüchtlinge aus der einstigen UN-Schutzzone Srebrenica. Als die serbischen Kriegsherrn im Juli 1995 Srebrenica eroberten und die UN dem Morden tatenlos zuschaute, forderte Joschka Fischer seine Partei erstmals dazu auf, ihr Prinzip der Gewaltlosigkeit zu überdenken. Nun sitzen Fischer und seine Kontrahenten in der Bosnien-Debatte, Jürgen Trittin und Kerstin Müller, im Rathaus von Tusla gemeinsam vor dem Bürgermeister von Srebrenica. Der ist nur noch ein Exil-Bürgermeister, weil er vor 15 Monaten gewaltsam aus seiner Stadt vertrieben wurde. Der UNO, sagt Bürgermeister Fahrudin Salihovic, würde er nicht mehr vertrauen. „Dieses Vertrauen hat uns 11 000 Menschenleben gekostet“. In diesem Gespräch stellt Trittin keine einzige Frage.
Beim anschließenden Besuch in einem Flüchtlingscamp fehlt der Parteichef der Grünen. Auf Kinderzeichnungen an den Wänden sind Hubschrauber und Panzer zu erkennen. „IFOR – Ay Low Yu“ steht in ungelenkem Englisch auf einem Buntstift-Blatt. Eine Mutter erzählt von den fünf Kindern, die sie auf der Flucht verloren hat. Fünf hat sie noch. Die glauben nicht, daß ihr Vater tot ist. „Der ist im Wald“, sagen sie. „Das denken viele Kinder“, erklärt eine Psychologin.
In dieser Nacht in Tuzla trifft sich die zwölfköpfige Expeditionsgruppe der Grünen zur Krisensitzung. Die Spannungen zwischen Linken und Realos sind unerträglich geworden. Die Debatte wird grundsätzlich. Nun geht es nicht mehr nur um Bosnien und darum, was die Fraktion machen soll, wenn Verteidigungsminister Volker Rühe im Dezember vom Bundestag die Zustimmung zu einem Nachfolgemandat für die IFOR-Truppen haben möchte. Bis weit nach Mitternacht diskutieren die Grünen in Tuzla über ihr Verhältnis zur NATO und über die eigene Regierungsfähigkeit.
Der Ort der Debatte, eine Hotelbar, hat hohe Glaswände. Von außen ist zu sehen, wie Kerstin Müller eine Zigarette nach der anderen anzündet. Als Fischer das Glashaus verläßt, hat er einen Zettel dabei, auf dem er sechs Punkte als Resümee der Reise festgehalten hat. Fünf Punkte sind unstrittig, einer nicht. Das ist der Punkt zwei auf der Liste.
Auf ein Nachfolgemandat für IFOR könne man nicht verzichten, hat Fischer formuliert. Seine Sprecherkollegin von der Parteilinken hadert erkennbar mit sich selbst. Ein militärischer Schutz zur Umsetzung der zivilen Forderungen aus dem Dayton-Abkommen sei sicherlich nötig, sagt sie jetzt. Nur wer soll das machen, wenn nicht die NATO? „Das ist das Dilemma“, sagt Kerstin Müller matt.
Fischer hat sich wieder einmal selbst korrigiert. Noch vor der Reise wollte er eine Neuauflage der Bosnien-Debatte bei den Grünen vermeiden, um des lieben Parteifriedens willen. Den Rühe-Vorschlag abzulehnen, das schien ihm leicht zu sein, da Rühe nun erstmals deutsche Soldaten direkt in Bosnien und nicht mehr in Kroatien stationieren will. Diese Argumentation allerdings ist auf der Reise zusammengebrochen. Jetzt sagt Fischer: „Meldet sich Deutschland aus der Verantwortung für Bosnien ab, dann meldet sich Europa ab.“ Damit ist neuer Streit bei den Grünen programmiert. Doch der könnte anders ausgehen als bisher. Dies hat viel mit der letzten Station der Reise zu tun, zu der Fischer „am liebsten die ganze Fraktion mitgenommen hätte“. Es ist noch einmal ein Seelenhirte, der den Grünen ins Gewissen redet. Der Mann scheint außergewöhnliche Kraft zu haben. Franjo Komarica, dem Bischof von Banja Luca in der Serbischen Republik, blieben nur zehn Prozent seiner einst 110 000 Gläubigen. Die übrigen sind geflohen oder tot. Komarica widerstand bislang allem Druck der Karadzic-Clique und harrt in Banja Luka aus. Er versammelt die schon reichlich erschöpften Grünen wie eine Familie um seinen mit kardinalrotem Tuch bedeckten Tisch. „Warum hat Europa diesen neuen Faschismus und Rassismus nicht verhindert?“ fragt der Bischof auf deutsch seine Besucher. Die versinken immer tiefer in den Stühlen. Trittin, der sich fast die ganze Reise irgendwie panzern konnte, sagt später, der Bischof habe ihn „sehr beeindruckt“.
Der Abgeordnete Winni Nachtwei hat sich bei dem Gespräch mit Franjo Komarica laufend Notizen gemacht. Zu diesem Zeitpunkt ist für Nachtwei schon klar, dass er einem IFOR-Einsatz „aus heutiger Sicht“ zustimmen könnte. Der Bischof bittet die Grünen zum Schluss noch, ihn nicht zu enttäuschen. Fischer nickt. Nachtwei sagt:“ Das war das Gelöbnis von Banja Luka.“
(2) Reisebericht „Konfrontation mit der Kriegswirklichkeit: Bosnien-Reise der Vorstände von Bundestagsfraktion und Partei von Bündnis 90/Die Grünen im Oktober 1996“
von Winni Nachtwei (November 1996)
Vom 20.-25. Oktober 1996 besuchten die Vorstände von Bundestagsfraktion und Partei Bündnis 90/Die Grünen Bosnien-Herzegowina. Zur 18-köpfigen Delegation gehörten Kerstin Müller, Joschka Fischer, Krista Sager, Jürgen Trittin, Marieluise Beck, Gerd Poppe, Werner Schulz, Uli Fischer. Achim Schmillen, Eva Biehler ich und Journalisten von SZ, FR, Spiegel und Focus. Stationen der Reise waren Zagreb, Split und Trogir, Mostar, Sarajevo, Tuzla und Banja Luka. Es war die erste Reise dieser Art seitens einer deutschen Partei durch Bosnien.
„Ziel der Reise war, vor Ort Stand und Perspektiven des Friedensprozesses in Bosnien zu erkunden und dabei auch die bisherigen eigenen Positionen selbstkritisch zu überprüfen. Die öffentliche Wiedergabe unserer Reiseeindrücke durch die Medien war zu Teilen extrem interessengeleitet: fixiert auf die Pazifismus-Militärfrage und die Konfliktthemen, ignorant gegenüber der Mehrheit unserer Konsenspunkte, die elementar sind für eine wirklich friedensfördernde Politik gegenüber/in Ex-Jugoslawien.
Angesichts der enttäuschenden Tatsache, dass die Reise schon wieder für innerparteiliche Machtkämpfe instrumentalisiert wird, ist es umso notwendiger, zunächst mal unsere Erfahrungen ungeschminkt zu benennen und zur Diskussion zu stellen. Darauf haben die FraktionskollegInnen, haben die Mitglieder unserer Partei, haben die Freundinnen in den Friedens- und Solidaritätsgruppen zu aller erst Anspruch. Für die Mehrheit der Delegation - auch für mich - war es der erste Besuch im bosnischen Kriegsgebiet.
Das Ausmaß und vor allem die Intensität der Zerstörungen ist schockierend. Die toten Obstplantagen von Mostar, die zerhackten und enthaupteten Häuser, die zerschossenen und ausgebrannten Hochhäuser von Sarajewo, das auf dem Präsentierteller unter den Geschützen, Mörsern und Scharfschützen der serbischen Belagerer lag - Zeichen für die hartnäckige Zerstörungswut im Krieg und die Wehrlosigkeit der angegriffenen Bosniaken.
Am Hang über Sarajewo und beim Bischof von Banja Luka, dem großen Humanisten, fühle ich es am eindringlichsten: die Scham darüber, wie unzureichend unsere Solidarität, die Solidarität Europas mit den Angegriffenen gewesen war. (Solidarität verstehe ich umfassend politisch, nicht reduziert aufs Militärische) Gegenüber den Überlebenden wagt es kaum jemand, bündnisgrüne Einwände gegen die NATO- und Bundeswehr-Einsätze aus den letzten Jahren zur Sprache zu bringen.
Auszug aus den Reisenotizen:
„Mit Iliza erreichen wir den ersten Vorort von Sarajevo. Hier ist alles zerstört, Wohnhäuser, Geschäfte, Betriebe, alles – wüst.
Sarajevo ist wirklich eine Großstadt mit etlichen Hochhäusern bis ca. 20 Stockwerken. Die meisten sind vom 5./6. Stock an großflächig zerrissen, durchsichtig, gelöchert, geschwärzt, verbogene Träger, Glaszacken, wehender Vorhang.
Durch den früher serbisch kontrollierten Stadtteil Grbavica auf eine Straße am Hang, wo Sarajevo`s Altstadt zu unseren Füßen liegt, Moscheen, Kirchen, Synagogen. Vom Hang oberhalb dieser Straße schossen serbische Geschütze, Mörser, Panzer wie sie wollten in die Stadt hinein. Sarajevo auf dem Präsentierteller, wehrlos in der Mausefalle – und das drei Jahre lang!
Hier packt es mich: Schmerz, Scham …
Joschka stichelt gegen Kerstin: Da hätten Zollbeamte sicher was geholfen, mit Zollstock ….
Später sagt er mir, dass er sich hier geschämt habe, nicht eher für`s Eingreifen gewesen zu sein. Das solle ihm nicht wieder passieren.
Unten die völlig ausgebrannte Nationalbibliothek. In der Altstadt der kleine Markt, wo die verheerende Granate explodierte. (…)
In Banja Luka Gespräch mit dem katholischen Bischof Franjo Komarica, der uns sehr freundlich begrüßt.
Als er die Tragödie mit dem „Verlust des Glaubens“ begründet, ist er mir noch so ein Glaubensfixierter. Aber angesichts seines Glaubensverständnisses kann ich ihm dann besser folgen. Europa „segnete die Tragödie“. “Prinzipien traten hinter Interessen zurück. Wir leisten unerbittliche Arbeit von Versöhnung, Versöhnung, Versöhnung und Wiederaufbau. Feinde zu lieben, ist gar nicht so einfach. Wir haben geschrieen: keine Waffen, keine Waffen! Was ist das um Gottes willen! Unsere Schreie stießen auf taube Ohren! Ihr habt das zugelassen, diesen Neofaschismus. Warum habt ihr das zugelassen?“ Joschka nennt Gründe, warum wir jahrelang gegen militärisches Eingreifen waren. Jürgen schweigt. „Was könnt Ihr Großen uns sagen?“ Jedes Wort kommt mir gegenüber diesem herzlichen, inbrünstigen, verzweifelten, starken Menschen so flach und billig vor.
„Ich will noch in der Dunkelheit eine Kerze anzünden! Das Gesetz des Dschungels ist erkennbar in Europa. Das macht mir Sorgen. Ich flehe Euch an: Verhindert das andere Bosnien in Europa!“ Die letzten Gespräche waren für uns schon Routine.
Jetzt sind wir im Bann, im Innersten angesprochen, gepackt, aufgewühlt. Jeden von uns sieht er beim Reden intensiv und einzeln, nicht flüchtig an.
Mir steigen die Gefühle die Brust hoch in die Augen, auch andere können die Tränen kaum halten. Diese Dreiviertelstunde ist der zusammenfassende Höhepunkt unserer Reise.“
Die Süddeutsche Zeitung berichtete in ihrer Reportage zur Grünen-Bosnien-Reise über dieses Zusammentreffen als das „Gelöbnis von Banja Luka“. (SZ 28.10.1996)
Alle Bosnien-Erfahrenen sagen: Beim materiellen Wiederaufbau, bei der Wiederherstellung von Infrastruktur und Wohnungen sind enorme Fortschritte gemacht worden. Es wird angepackt. Die Realität der ethnischen Teilung des Landes und der notorischen Nichtkooperation derjenigen, die weiter an der Macht sind und in der Regel nur durch internationalen Druck an einen Tisch gebracht werden. Die Föderation existiert bisher nur auf dem Papier, manches Ministerium nur aus Minister, Stellvertreter und Hausmeister. Zum Beispiel das gemeinsame Telefonnetz. Es ließe sich binnen zwei Tagen bewerkstelligen, die Verhandlungen laufen aber seit acht Monaten. Grund: Man will die jeweiligen Telefonnetze als Kommunikationsnetze für einen neuen Krieg-vorhalten.
Die nicht wenigen mutigen, aber noch machtlosen nicht-nationalistischen Personen und Gruppen: von der unabhängigen Zeitung Oslobodenje über die Bürgerforen, in der 120.000-Einwohner-Stadt Tuzla mit 15.000 registrierten Mitgliedern (landesweit im Alternativen Bürgerparlament zusammenarbeitend), bis zu den Oppositionsparteien im Pale-Parlament; bewundernswert ausdauernde europäische Akteure wie z.B. bei der bisherigen WEU-Polizei in Mostar oder die Leute des Balkan Peace Team. Hoch angesehen sind hier Marieluise Beck und Gerd Poppe wegen ihres unermüdlichen Engagements für die Opfer und die multiethnischen Gruppen während des Krieges.
Die Bundeswehr präsentiert sich bei dieser ersten so hochrangigen Begegnung mit den Bündnisgrünen selbstbewusst, locker, kommunikativ und ziemlich perfekt, von altdeutschem Militarismus keine Spur, voll angekommen in der Rolle des "Schützers, Helfers, Retters". Die - vor allem im internationalen Vergleich - auffällige "Zivilität" der Bundeswehroffiziere ist für solche Delegationsteilnehmerinnen eine positive Überraschung, die bisher fast gar nicht mit Bundeswehrangehörigen zu tun hatten. Für mich ist es eine Seite der realen Bundeswehr, aber längst nicht die ganze, und erst recht nicht ihre Entwicklungsperspektive.
Die enorme Diskrepanz zwischen den militärischen und zivilen Instrumenten und Bemühungen: Das Militär ist für die Aufgabe des Auseinanderhaltens der Kriegsparteien gut ausgestattet und agiert dabei trotz sehr multinationaler Zusammensetzung einheitlich. Die Instrumente der zivilen Implementierung, des materiellen und institutionellen Wiederaufbaus sowie die nicht erzwingbare Zusammenführung der Gruppen und Menschen sind oft unkoordiniert, schwerfällig (EU und Weltbank), unzureichend ausgestattet und ausgebildet. Die International Police Task Force hat z.B. nur eine beratende Funktion, ihr Aufbau läuft schleppend.
Die Verseuchung des Landes mit Minen ist großflächig und äußerst heimtückisch. IFOR räumte bisher nur die eigenen Verbindungswege, für die Flächenräumung ist "die" zivile Seite zuständig. Das Fehlen einer mit allen Beteiligten abgestimmten Strategie, unzureichende personelle Ausstattung sowie Finanzierungslücken behindern die Aufnahme umfassender Minenräumaktionen.
Die Rüstungskontrolle kommt nur mühsam voran. Alle Seiten wollen unbedingt alle Möglichkeiten der vereinbarten Obergrenzen ausschöpfen, "underreporting" (falsche Datenmeldungen) sind an der Tagesordnung. In Konkurrenz zu islamischen Staaten fördern die USA im Rahmen ihres "train & equipment"-Programms den Aufbau der bosnischen Armee. Die Bundeswehr leistet Ausbildungshilfen in den Bereichen Sanitätswesen, Kampfmittelräumung und -beseitigung, Rüstungskontrolle, Search & Rescue, Innere Führung.
Europa sei nach Aussage verschiedener Gesprächspartner trotz seines real hohen Engagements recht wenig angesehen, die USA hingegen wegen ihrer dynamischen Politik und ihres Militärpotentials am meisten. Die zweithöchsten Erwartungen richteten sich auf Deutschland. Schon angesichts der Tatsache, dass z.B. britische IFOR-Soldaten ihren Sold in DM ausgezahlt bekommen, liegt diese Erwartung nahe.
Erste Schlussfolgerungen
1. An der multiethnischen Perspektive muss unbedingt festgehalten werden. Auch wenn es streckenweise aussichtslos erscheint: Ein "Realismus", der sich mit der heutigen Dominanz nationalistischen Gruppendenkens abfindet und die Dreiteilung absegnet, hätte real verheerende Folgen. Neue Vertreibungen, blutige Grenzen, ein Gazastreifen in Europa, Ermutigung für alle nationalistisch Kräfte in Europa, die auf ethnische Separierung und "Säuberung" setzen. Es wäre ein Verrat an den multiethnischen und multikulturellen Menschen und Gruppen, die es wahrhaftig noch gibt und die Zeit brauchen.
Angesichts der vielen offenen Wunden und Rechnungen, angesichts der Vorherrschaft der "alten Köpfe" wird der Friedensprozess auch innerhalb des zweiten Jahres nach Dayton noch nicht selbsttragend werden können. Bosnien braucht das europäische Engagement noch über Jahre!
2. Eine massenweise und zwangsweise Abschiebung der Flüchtlinge in den nächsten Monaten würde nach eindeutiger Aussage aller GesprächspartnerInnen die glimmende Kriegsglut wieder anfachen! Die Flüchtlinge, die beim Wiederaufbau schon wegen ihrer Altersstruktur und Ausbildung gebraucht werden, können nur zurück, wenn ihre Sicherheit in ihren Herkunftsorten gewährleistet und Wohnraum und ein entmintes Umfeld zur Verfügung stehen. Solche Rückkehrbedingungen gibt es fast nirgendwo.
Insofern fällt der Beschluss der Innenminister-Konferenz und die Position von Innenminister Kanther allen Friedensbemühungen in den Rücken!
3. Der Wiederaufbau von Infrastruktur und Wohnungen ist beschleunigt fortzuführen, die Entminung endlich im großen Stil voranzubringen. Wie allerdings angesichts der früheren sozialistischen Wirtschaft und der Dominanz billiger Importwaren ein eigener produzierender Sektor entstehen soll, steht in den Sternen.
4. Am wichtigsten für einen irgendwann selbsttragenden Friedensprozeß, aber auch am schwierigsten ist die Aufgabe, die ethnischen Gruppen wieder zusammenzuführen, funktionierende gemeinsame Institutionen zu schaffen und die Grenzen zwischen den Gebieten und Gruppen durchlässiger zu machen.
Dafür ist die Stärkung der nicht-nationalistischen und demokratischen Kräfte von strategischer Bedeutung!
Flexibler Einsatz der wirtschaftlichen Wiederaufbauhilfe, Unterstützung unabhängiger Medien, Engagement der Stiftungen, Einsatz von Fachleuten desschleunigst aufzubauenden Zivilen Friedensdienst zur Unterstützung einheimischer Projekte... sind die elementaren Ansatzpunkte. Hier sind die Bundesregierung und die EU, die Parteien und gesellschaftlichen Kräfte, NGO's und Friedensgruppen ganz anders gefordert!
Wir Bündnisgrünen müssen unsere andauernden Bekenntnisse zur zivilen Konfliktbearbeitung ganz anders in die Tat umsetzen.
Allerdings wird der demokratische und rechtsstaatliche (Wieder-)Aufbau so lange blockiert bleiben, wie die Hauptkriegsverbrecher nicht aus dem Verkehr gezogen sind.
5. Die Aufgabe des Auseinanderhaltens der Kriegsparteien:
Nachdem alle Kriegsparteien den Vertrag von Dayton unterschrieben hatten, bekam IFOR den Auftrag, die Umsetzung des militärischen Teils von Dayton abzusichern. Für dieses nahezu klassische Peacekeeping-Mandat wurde IFOR so "robust" ausgestattet, dass sie ggfs. in der Lage war, Vertragsbrüchige zur Einhaltung der Vereinbarungen zu zwingen. (Ganz im Gegensatz zu UNPROFOR, die angesichts widerstreitender Interessen und unzureichender Ausstattung im noch brennenden Krieg völlig überfordert war, bzw. wurde)
Vor diesem Hintergrund war der NATO-geführte IFOR-Einsatz der vergangenen Monate erfolgreich. Die Vertragsparteien haben sich weitgehend an die Auflagen des Vertrages von Dayton gehalten. Kapitel-VII-Maßnahmen im Sinne von Kampfhandlungen mussten nicht unternommen werden. Zu einer Eskalation (u.a. von mir in der Dezember-Debatte befürchtet) ist es nicht gekommen. Die multinationale Truppe hat mit ihrer Präsenz und ihrem Engagement den psychologischen und militärischen Sicherheitsrahmen geschaffen, dass sich die Menschen in Sarajewo, in ihren jeweiligen Gebieten (zumindest auf den Straßen) wieder gefahrlos bewegen können, dass es wieder Strom, Heizung, immer mehr wiederhergestellte Wohnungen gibt, dass Wahlen stattfinden konnten ...
Unter den o.a. Bedingungen hat auch die Bundeswehr ihren Auftrag im Rahmen des IFOR-Mandats gut erfüllt. Befürchtungen, dass historisch begründete Vorbehalte gegen eine Beteiligung deutscher Soldaten die IFOR-Mission gefährden könnten, haben sich nicht bewahrheitet. Ob es bei einem Kampfeinsatz zu einer Mobilisierung anti-deutscher Ressentiments auf serbischer Seite gekommen wäre, bleibt spekulativ.
Das sind Tatsachen, auch wenn sie uns in unserer grundsätzlich kritischen bis ablehnenden Haltung gegenüber dem Militär irritieren.
Die Behauptung, die Pionier- und Transportleistungen hätte im Wesentlichen auch das Technische Hilfswerk erbringen können, verkennt die Gefährlichkeit des Einsatzgebietes und die Möglichkeiten des THW. Sie ist ein krampfhafter Versuch, dieser Irritation auszuweichen. (Die bei aller Begrenztheit und Kostspieligkeit konstruktiv-deeskalierende Rolle von IFOR scheint auch unter Friedensbewegten kaum noch strittig zu sein)
Zugleich ist unverkennbar, wie der IFOR-NATO-Einsatz für andere politische Interessen instrumentalisiert wurde: zur Überwindung der "Sinnkrise" der NATO nach Zusammenbruch des Ostblocks und zur Abdrängung der UN. Die Bundesregierung nutzt den Bosnien-Einsatz erfolgreich für ihr Bemühen, mit den "Krisenreaktionskräften" schrittweise ein Interventionspotential für Kampfeinsätze weltweit aufzubauen und dafür unter dem Image des humanitären Einsatzes die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen.
6. Eine IFOR-Nachfolge im Sinne einer kleineren, aber weiterhin "robust" ausgerüsteten multinationalen Truppe ist unverzichtbar - nach Auffassung aller Gesprächspartner und auch aller Reiseteilnehmer. Sie hätte aber vor allem die Aufgabe einer psychologischen Stabilisierung. Bei Abzug der multinationalen Truppe würden die bewaffneten Auseinandersetzungen wieder losgehen. Dafür sprechen alle Tatsachen: Konfliktherde, Konfliktbereitschaft und Vorherrschaft des Macht-Denkens, riesige Mengen an Kleinwaffen.
Eine solche Art von IFOR-Nachfolge geht deutlich über den bisherigen programmatischen Rahmen der Bündnisgrünen hinaus.
Das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der UN ist am Boden. Das frühere Versagen der "internationalen Gemeinschaft" wird - so verkürzt das auch ist - ihr zugeschoben. Außerdem verfügt die UN nicht über die notwendige Kommandostruktur. Im Moment würde von einer autoritätslosen UN-Truppe, die gegen den Willen vor allem der Bosniaken zum Einsatz käme, keine abhaltende, sondern höchstwahrscheinlich eine destabilisierende Wirkung ausgehen. (Zu einem Peacekeeping-Einsatz gehört sowieso unverzichtbar die Zustimmung aller Konfliktparteien).
Die derzeitige Schwäche der UN ist nicht innerhalb eines Monats rückgängig zu machen. Allerdings wäre es äußerst schädlich für eine wirkliche Friedenspolitik, sich mit dieser Beschädigung der UN abzufinden. Sie, bzw. ihre Regionalorganisationen, müssen unbedingt gestärkt werden, so dass sie möglichst bald zu effektiven friedenssichernden Einsätzen in der Lage ist. Hier haben wir einen Vorschlag noch zu entwickeln.
Zur nochmaligen Erinnerung und Bekräftigung: Die militärische Absicherung wird aber zu einer Zementierung der ethnischen Teilung und zu einem Fass ohne Boden, wenn nicht schleunigst der Rückstand bei der zivilen Implementierung aufgeholt wird!
7. Unsere Haltung gegenüber dem Antrag der Bundesregierung zu Post-IFOR im Dezember kann keine Ein-Punkt-Entscheidung sein. Sie muss die gesamte Politik der Bundesregierung gegenüber Ex-Jugoslawien einbeziehen und die politischen Folgen für die von uns gewollte Zivilisierung der Außenpolitik einkalkulieren. Realitätstüchtige Vorschläge für die Stabilisierung des Friedensprozesses in Ex-Jugoslawien sind zu verbinden mit unseren Perspektiven einer wirklich friedenssichernden Außenpolitik.
Nach der Extremsituation und -auseinandersetzung vor einem Jahr, nach zehn Monaten Erfahrungen mit Dayton sollten wir jetzt besser in der Lage sein, eine möglichst einhellige Position zu erarbeiten.
(4) Die Schlüsselerfahrungen von Sarajevo und Banja Luka
„(…) Im Herbst 1996 besuchte ich mit einer Spitzendelegation von grüner Partei und Fraktion Bosnien & Herzegowina. Tief uneinig waren wir uns, was notwendig und angemessen sei gegenüber der exzessiven Gewalt auf dem Balkan. Die Reise wurde zu einem dreifachen Schlüsselerlebnis: Am Hang von Sarajevo realisierten wir politisch und menschlich, was wir jahrelang über die Medien erfahren – aber nicht an uns heran gelassen hatten. Von hier hatten die Belagerer drei Jahre lang in die Stadt geschossen, auf Zivilisten. Zehntausend Menschen waren den Belagerern zum Opfer gefallen. Hier kamen wir nicht um die Einsicht herum, dass in bestimmten Situationen Militär zum Schutz vor Massengewalt legitim und notwendig sein kann. Wir begegneten bei IFOR Militärs, z.B. dem Bundeswehr-General Friedrich Riechmann, die im Auftrag der Vereinten Nationen (VN) Auftrag Gewalt eindämmen und Krieg verhüten sollten - grundverschieden von traditionellem Krieger-Militär. Schließlich bekräftigten die Begegnungen vor Ort unsere langjährige grundsätzliche Position von der Dringlichkeit und dem Nachholbedarf ziviler Krisenprävention und Friedensförderung. (An dieser Grunderfahrung hatten begleitende Journalisten keinerlei Interesse.)
Die Balkan-Erfahrungen veränderten die außen- und friedenspolitische Programmatik der Grünen. Bewusst blieb uns aber, dass der Einsatz militärischer Gewalt ein besonders teures, riskantes, ggfs. auch opferreiches und tückisches Mittel ist. (…)“
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: