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Genauer Hinsehen: Sicherheitslage Afghanistan (Lageberichte + Einzelmeldungen) bis 2019
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Düsterer 1. Quartalsbericht 2013 des Afghanistan NGO Safety Office/ANSO: Stark zunehmende Aufständischen-Attacken, zu 83% auf afghanische Kräfte, wachsende Sicherheitslücken!

Veröffentlicht von: Nachtwei am 4. Mai 2013 23:51:32 +01:00 (61507 Aufrufe)

Offiziell heißt es, in Afghanistan schreite die Übergabe der Sicherheitsverantwortung voran. Im vorigen Jahr schien erstmalig der Trend der Jahr zu Jahr zunehmenden Sicherheitsvorfälle gebrochen - auch wenn sich die Sicherheitslage für die afghanische Bevölkerung und Regierungskräfte noch nicht gebessert hatte. Die ANSO-Daten für das erste Quartal 2013 sind äußerst ernüchternd und beunruhigend.

Düster: 1. Quartalsbericht 2013 des Afghanistan NGO Safety Office (ANSO) meldet Zunahme der Aufständischen-Attacken um 47% und Regionen mit wachsender Sicherheitslücke!

zusammengefasst von W. Nachtwei (5/2013)

 

Inzwischen hat das Afghanistan NGO Safety Office (ANSO) seinen 1. Quartalsbericht für 2013 veröffentlicht. ( www.ngosafety.org/store/files/ANSO Q1 2013.pdf ) Nach partiellen Lichtblicken im Vorjahr ist die Gesamtbotschaft jetzt ernüchternd bis alarmierend. Eine erfolgreiche Transition scheint es primär auf der Seite der Aufständischen (Wechsel der Angriffs-Zielgruppen), weniger auf Seiten der Pro-Regierungskräfte zu geben.

Armed Opposition Group (AOG) Aktivitäten:

Die AOG initiierten Attacken stiegen im 1. Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahrszeitraum von 1.581 um +47% auf 2.331. (Im 1. Quartal 2009 gab es 1.301 AOG Attacken, 2010 1.794, 2011 2.755.) Zu berücksichtigen ist dabei, dass der enorme Rückgang der Attacken im Vergleichszeitraum 1. Quartal 2012 um 74% mitverursacht war durch einen seit vielen Jahren besonders harten Winter. ANSO schätzt nichtsdestoweniger, dass der Trend der gegenwärtigen Re-Eskalation anhält und dass 2013 das zweitgewalttätigste Jahr seit 2002 (nach 2011) werden könnte. Der Umfang der Zwischenfälle bekräftigt die Annahme der früheren ANSO-Berichte, dass der Rückgang im Vorjahr nicht Ausdruck geschwächter AOG-Kapazitäten war, sondern Folge einer operativen Pause.

(Vgl. ANSO-Jahresbilanz 2012: Nachdem die Sicherheitsvorfälle über sechs Jahre ständig zugenommen hatten (2007 +36%, 2008 +48%, 2009 +34%, 2010 + 58%, 2011 +28%), gingen sie in 2012 erstmalig um 24% zurück.)

Geblieben bei der AOG-Kampagne sei der bewusste Wechsel der Angriffsziele - von internationalen Truppen zu afghanischen Zielen. 73% der AOG-Attacken richteten sich gegen die afghanischen Sicherheitskräfte, 10% gegen Zivilisten, die die staatlichen Autoritäten zugerechnet wurden. Nur 4% der AOG-Angriffe richteten sich gegen internationale Streitkräfte (IMF), 1% gegen Internationale und Nichtregierungs-organisationen. „The opposition has demonstrated an effective transition to domestic targets while consolidating its position in the East."

(Anm.: Der Wechsel der Angriffs-Zielgruppen zeigt sich deutlich in den Opferzahlen:

Die Zahl der ANA-Gefallenen stieg von 282 in 2009 über 550 in 2011 auf 1.200 in 2012.

Die Zahl der ANP-Gefallenen stieg von 646 in 2009 über 1.400 in 2011 auf 2.200 in 2012. (Brookings Afghanistan Index 26.04.2013, www.brookings.edu/about/programs/foreign-policy/afghanistan-index

Die Zahl der Zivilopfer stieg im 1. Quartal um 30% auf 475 Getötete und 872 Verletzte. (Im Vorjahr war die Zahl der Zivilopfer erstmalig seit Jahren um 12% zurückgegangen.) Lt. UN Special Representative Jan Kubis hätten die Taliban inzwischen auch Gerichtshöfe und Justizpersonal zu Angriffszielen erklärt. Den Angriff auf ein Gericht im westlichen Farah am 3. April, bei dem 46 Personen, darunter 36 Zivilisten getötet wurden, bezeichnete er als ein „Kriegsverbrechen".)

Räumliche Trends:

Die Grenzprovinzen im Süden, Osten und Westen trieben in diesem Quartal eine landesweite Eskalation an: Im Osten Nangarhar +81% auf 244 und das Richtung Kabul anschließende Laghman um 250% auf 147. Hier setzt sich der Trend von 2012 fort, wo Nangarhar und Laghman die größten Zuwächse an AOG-Attacken erfuhren. Hier zielen die AOG-Aktivitäten auf die Infiltrationsrouten aus Pakistan und die strategisch bedeutsamen Gebiete angrenzend an den Kabul-Tokham-Highway. Die Grenzprovinz Kunar bleibt nach Helmand Spitzenreiter mit 307 AOG-Attacken (+21%).

Der Süden ist weiterhin eine Hochburg der AOG-Aktivitäten. Wo im Vorjahr noch enorme Rückgänge beobachtet wurden (Helmand -66% auf 811, Ghazni um -44% auf 968, Kandarhar -15% auf 1.097), stiegen im 1. Quartal 2013 die AOG-Attacken wieder kräftig an: Ghazni +127%, Helmand +100%, Kandarhar +17%.

Die Westprovinzen (Farah, Herat, Badghis, Faryab) zeigen, wie die AOG erfolgreich die Lücke füllen, die durch den Abzug der internationalen Truppen entstanden ist. In den vier Provinzen nahmen die AOG-Attacken um 72% zu und übertrafen damit die Zahlen von 2011, des bisher gewalttätigsten Jahres.

Nachdem im Norden in 2012 in der Mehrzahl der Provinzen die AOG-Attacken zurückgegangen waren, gab es im 1. Quartal 2013 Rückgänge nur noch in zwei Provinzen (Baghlan -27%, Samangan -50%). In allen anderen Provinzen nahmen die Attacken wieder zu: In Takhar um 200% auf 12, in Badakhshan um 186% auf 20, in Jawzjan um 142% auf 29, in Balkh um 88% auf 30, in Kunduz um 77% auf 23. In Kunduz wurde eine große Zahl an Offensivoperationen internationaler Truppen  und zunehmende AOG-Attacken beobachtet, dazu Aktivitäten lokaler Milizen.

„Incidents by author" (AOG/ANSF/IMF) vom 1. Q. 2012 zum 1. Q. 2013 in den Regionen, wo eine wachsende Kluft zwischen AOG und Pro-Regierungskräften festgestellt wurde:

Badghis +47/-16/-5

Farya  +48/ +3/ -5

Laghman  +105/ +5/ -6

Nangarhar +109/+33/-13

Kunar +53/+14/+10

Die Zahl der IMF-Operationen ging im 1. Q. im Süden um ca. 20% zurück, im Osten zu mehr als 50%, im Westen auf Null. Im Norden gingen die vergleichsweise wenigen Operationen noch mehr zurück, im Nordosten gab es hingegen eine gewisse Zunahme.

Erfolgreiche Transition hieße, dass die ANSF willens und fähig sind, die sich vergrößernde Sicherheitslücke zwischen signifikanter AOG-Präsenz und abziehenden IMF zu schließen. Dies gelinge nicht in Faryab und Badghis, in den nördlichen Ostprovinzen und in Paktika, einer wichtigen AOG-Infiltrationsroute.

NGO-Sicherheitsvorfälle: NGO`s waren von 39 Zwischenfällen betroffen, +63% ggb. dem Vorjahrszeitraum. Davon werden 20 den AOG zugeschrieben, 11 ANSF und internationalen Truppen (6 Gefangennahmen, zweimal Eindringen in Kliniken, dreimal „Machtmissbrauch"), achtmal Kriminellen.

AOG Attacks 1. Q. 2013 ggb. 1. Q. 2012 (absolute Zahlen 2013/2012/2011)

Norden

Takhar            +200% auf 12 (4, 5)

Badakhshan  +186% auf 20 (7, 11)

Jawjzan           +142% auf 29 (12, 33)

Balkh               -+88% auf 30 (16, 31)

Faryab              +84% auf 105 (57, 55)

Kunduz             +77% auf 23 (13, 46)

Sar-e Pul        - +10% auf 11 (10, 19)

Baghlan             -27% auf 11 (15, 16)

Samangan         -50% auf 1 (2, 2)

Zentral

Kabul                 +500% auf 12 (2, 22)

Laghman          +250% auf 147 (42, 32)

Panshir                  +0% auf 0 (0, 0)

Bamyan             -100% auf 0 (2, 1)

 

Osten

Ghazni               +100% auf 192 (96, 152)

Nangarhar          +81 auf 244 (135, 128)

Paktya         -       +50% auf 24 (16, 140)

Kunar                   +21% auf 307 (254, 338)

Paktika                 -10% auf 83 (91, 48)

Khost                    -50% auf 94 (188, 326)

Süden

Helmand           +127% auf 325 (143, 672)

Kandahar            +17% auf 188 (161, 249)

Uruzgan                -12% auf 58 (66, 93)

Westen

Herat                  +103% auf 81 (40, 58)

Badghis                +64% auf 120 (73, 97)

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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