Kurzmeldungen zur Friedens- und Sicherheitspolitik (3) April-Juni 2004

von Winni Nachtwei

 

2. April

Vortrag bei den NATO-Militärattaches in Berlin nach der zweiten Erweiterungsrunde

 

5. April

Besuch bei Hansa-Luftbild in Münster: internationales Unternehmen für Fotogrammetrie und Fernerkundung mit Stützpunkten im Mittleren Osten und Asien. Schwerpunkt seit 30 Jahren Grenzvermessung im arabischen Raum, zzt. der 1500 km langen Grenze zwischen Saudi-Arabien und Jemen.

 

7. April

Ostertagung auf Burg Rothenfels/Main: Vortrag „Grüne Friedenspolitik – Erfahrungen der letzten Jahre“ und Podiumsdiskussion mit Dr. Corinna Hausweddel/BICC und Oberst i.G. Küster zum veränderten Auftrag der Bundeswehr und zivil-militärischer Zusammenarbeit (ca. 150 Teilnehmer)

 

11. April

Rede beim Ostermarsch für eine FREIe HEIDe in Fretzdorf/Brandenburg, dem mit ca. 8.000 Teilnehmern bei weitem größte Ostermarsch bundesweit. Ich rufe zu einer neuen parlamentarischen Initiative auf. (vgl. „Neue Aufgabe – neue Initiative“ vom 9. April, www.nachtwei.de) Das trifft auf große Zustimmung – und pikierte Reaktionen bei einem örtlichen SPD-Kollegen über angeblichen „grünen Populismus“.

 

16. April

Veröffentlichung der „Duisburger Erklärung: Traum und Albtraum Amerika – Die USA als Problem Europas“ in der Frankfurter Rundschau. Ich gehöre zu den Erstunterzeichnern.

 

19. April

Stellungnahme und Interview mit ARD-Kontraste zum „Jagdgeschwader Mölders“, einem Fall demokratieferner Traditionspflege in der Bundeswehr. Das Militärgeschichtliche Forschungsamt bekommt den Auftrag, alle problematischen Traditionsnamen von Kasernen und Verbänden zu überprüfen. Im Vorfeld des 50. Jahrestages der Bundeswehr im nächsten Jahr ist die Zeit überreif, in der Bundeswehrrealität endlich den richtigen Traditionserlass von   umzusetzen.

 

21.-23. April

Moskau-Reise der Obleute des Verteidigungsausschusses (letzter Besuch 1995!): Gespräche mit dem Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für „GUS-Angelegenheiten und die Beziehungen mit den Landsleuten“, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten, Konstantin Kossatschow, dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wiktor Sawarsin, dem Sekretär des Rates des Vertrages für kollektive Sicherheit, Nikolai Bordjuschka, dem Ersten stellvertretenden Generalstabschef, Generaloberst Juri Balujewski, dem EU-Sonderbeauftragten des Präsidenten, Sergeij Jastrschembski. Im Mittelpunkt stehen Irritationen um die jüngste NATO-Osterweiterung (AWACS und Jagdflugzeuge an der russischen Grenze), das Schicksal des KSE-Vertrages, der Sprachenkonflikt in Lettland. Ich thematisiere Tschetschenien und ernte von Kossatschow volle Ablehnung: „innere Angelegenheit, deutliche Fortschritte, keine Verhandlungen mit Banditen“.

Ein echtes Kontrastprogramm sind die Besuche bei der Vereinigung der Soldatenmütter und bei Memorial. Diese mutigen russischen BürgerrechtlerInnen vermitteln Einblicke in die menschlich verheerende Situation in den russischen Streitkräften. Das Schicksal der Soldaten kümmere die zuständigen Politiker – oft ehemalige hohe Militärs – einfach nicht.

 

27. April

Berliner Symposium: Nachrichtendienste, Terrorismusabwehr und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Die Geheimdienstexperten konstatieren übereinstimmend, dass der internationale Terrorismus durch den Irak-Krieg erheblichen Auftrieb bekommen hat.

 

Das chinesische Außenministerium gibt bekannt: In Sachen Hanau gibt es keine Verhandlungen mehr. (vgl. meine Zwischenberichte) Damit ist der Export der MOX-Anlage gestorben.  

Offiziell ist die Prüfung in der Bundesregierung wohl noch nicht abgeschlossen. De facto ist der Export erledigt. Wider viele anfängliche Prognosen konnte das Ansinnen ausgebremst werden. Die Verzichtserklärung ist klug und eine Bestätigung grüner Beharrlichkeit.

 

28. April

Gespräch mit Dr. Zellner und Dr. Arne Seifert vom Zentrum für OSZE-Forschung (CORE)/Hamburg zum Projekt „friedenschaffender Dialog zwischen säkularen und islamistischen Kräften in Tadschikistan“. Dieses Projekt ist ausgesprochen erfolgreich, weltweit einmalig und im Kontext einer langfristigen Terrorismusbekämpfung von strategischer Bedeutung. Das Haushaltsrecht verbietet eine Förderung länger als drei Jahre. Das ist absurd. In den nächsten Wochen wird eine Übergangslösung mit anderen Unterstützern gefunden.

 

29. April

Gespräch des Kuratoriums IBB Minsk mit dem Staatssekretär im BMZ, Stather, über die Fortführung des Förderprogramms Belarus. Angesichts der verhärteten Lukaschenko-Diktatur bietet das Förderprogramm die einzige Möglichkeit, zivilgesellschaftliche Akteure und Demokratisierung von unten zu unterstützen.

 

Vortrag „Bundeswehr: neue Aufgaben – neue Grenzen“ bei der Tagung des Report-Verlags für Führungskräfte der Wirtschaft über „Einsätze der Bundeswehr“ in Potsdam

 

30. April

Party der Münsteraner Grünen „Europa tanzt in den Mai“ im Marktcafe: die deutsch-polnische Band „Incredible Uwaga Orchestra“ heizt den Hunderten bestens ein. Dazu gibt`s Snacks aus den Beitrittsländern. Um Mitternacht begrüßen wir die Neuen einzeln herzlich. Dabei sind Groenlinkse aus Enschede. Diese im Westen wohl einmalige Europa-Party verantwortet die Europa-AG, die im Mai 2003 entstand.

 

3. Mai

Besuch von Rolls Royce Deutschland in Dahlwitz, wo modernste Flugzeugtriebwerke entwickelt und gebaut werden.

 

4. Mai

Gespräch des Kuratoriums der Christlich-Jüdischen Gesellschaften mit Bundespräsiden Rau in Schloss Bellevue

 

5. Mai

Gespräch mit Vertreterinnen der Internationalen Tibet-Kampagne

 

Unterausschuss „Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung“ u.a. zum EU-Rüstungsembargo gegen China: Anlässlich des Besuches des chinesischen Ministerpräsidenten in Berlin wiederholte Kanzler Schröder tatsächlich vorgestern seine Worte vom Dezember, dass er sich für die Aufhebung des Embargos einsetzen wolle. Das konterkariert völlig die vollmundige SPD-Wahlwerbung mit „Friedensmacht Deutschland“. Ich halte im Unterausschuss voll dagegen. Im Menschenrechtsausschuss wird der FDP-Antrag gegen die

Aufhebung des Embargos mit den Stimmen von FDP und Union bei Stimmenthaltung der Koalition angenommen. Unseren vorherigen Bemühungen um einen eigenen Koalitionsantrag verweigerte sich die SPD mit Rücksicht auf den Kanzler.

 

6. Mai

Rede im Bundestag zum Jahresbericht 2003 des Wehrbeauftragten

 

Gespräch der Südosteuropäischen Parlamentariergruppe mit einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses des mazedonischen Parlaments

 

7. Mai

Interview mit Dr. Heinz/Dt. Institut für Menschenrechte zu Menschenrechtserfordernissen an Auslandseinsätze; Interview mit US-Major K. Hill über deutsche Sicherheitspolitik

 

8. Mai

Teilnahme an einer Abstimmungsaktion zum Weltladentag in Münster

 

10. Mai

Gespräch mit dem Ausschuss für Frieden und Friedensdienste der Evangelischen Kirche von Westfalen zu Fragen der Friedensethik und Friedenspolitik in Dortmund

 

11. Mai

Besuch der Internationalen Luftfahrtschau ILA in Berlin-Schönefeld: Zu sehen und z.T. krass zu hören sind der Eurofighter mit seinem ganzen Waffenarsenal, die äußerst wendigen neuen Hubschrauber Tiger und NH 90, der unbemannte Euro-Hawk, der riesige ukrainische Antonow-Transporter, AWACS-Frühwarnsysteme. Hier erfahre ich mit aller Wucht das wirtschaftliche, technologische und politische Gewicht und die Faszination der militärischen Luftfahrt. Wie spärlich ist demgegenüber bisher noch die Lobby und Öffentlichkeit für zivile Konfliktbearbeitung – trotz aller Fortschritte in den letzten Jahren.

 

12. Mai

Das Bundeskabinett beschließt den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“. Der ressortübergreifende Plan verankert und verstärkt die zivile Krisenprävention als Querschnittaufgabe in der gesamten Politik der Bundesregierung. Er ist ein großer Schritt zu mehr Kohärenz, VN-Fähigkeit und friedenspolitischer Wirksamkeit. Im internationalen Vergleich ist dieser Aktionsplan einmalig. Für seine Umsetzung ist eine verbesserte Ausstattung mit Personal und Ressourcen unabdingbar. In den Medien stieß der Aktionsplan kaum auf Resonanz. Nichtsdestoweniger können wir Grüne stolz auf den Aktionsplan sein: Auf unsere Initiative hin kam das Vorhaben in die Koalitionsvereinbarung. Danach begleitete ich den Erarbeitungsprozess, dessen maßgeblicher Koordinator Martin Fleischer/AA war. Ihm ist für seine Arbeit besonders zu danken!

(vgl. meinen Kommentar „Aktionsplan Krisenprävention: Großer Fortschritt an Friedensfähigkeit“, www.nachtwei.de)

 

Podiumsdiskussion des Friedensbündnisses Braunschweig: „Was bringt die EU-Verfassung – Europa friedlicher, sozialer, gerechter?“ mit ca. 130 Zuhörern. Im Publikum überwiegt ein Zerrbild der EU-Verfassung, die auf eine angebliche „Aufrüstungsverpflichtung“ reduziert wird. Ihre betonte Bindung an die Ziele und Regeln der VN, die erheblichen Fortschritte zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Außenminister, diplomatischer Dienst, Sonderbeauftragte) und das breite Repertoire von Instrumenten der zivilen Krisenprävention wird notorisch ignoriert. Der PDS-Vertreter agitiert in diesem Sinne – und verschweigt, dass die PDS dem Entwurf im Konvent zugestimmt hat!

 

13. Mai

Gespräch mit einer hochrangigen Regierungsdelegation aus Somaliland (ehemaliges Nordsomalia, Hauptstadt Hargeisa): der Außenministerin Edna Adan Ismail (frühere WHO-Repräsentantin in Dijibouti, Direktorin des Edna Adan Maternity Hospital) und dem Innenminister Ismail Aden Osman in Münster. Im Krieg der Zentralregierung unter Siad Barre wurde Nordsomalia bombardiert und Hargeisa weitgehend zerstört. 1991 trennte sich Somaliland vom Süden, der bis heute von Warlords beherrscht wird. In Somaliland gelang der friedliche Wiederaufbau. 1997 fand ein Referendum über Verfassung und Unabhängigkeit statt. Kernproblem ist jetzt, dass das recht stabile und hoffnungsvolle Somaliland wegen internationaler Nichtanerkennung auch kaum internationale Unterstützung erfährt. (Ich fühle mich dem Land besonders verbunden, weil meine Frau Angela Anfang der 80er Jahre sieben Monate im Raum Hargeisa als Krankenschwester arbeitete – und ich sechs Wochen.)

 

Vortrag „Transformation der Bundeswehr: neue Aufgaben, neue Grenzen“ bei der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik Minden

 

14. Mai

Teilnahme am 3. Sicherheitspolitischen Forum der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und des Reservistenverbandes Schleswig-Holstein in Kiel. Hier wie gestern in Minden wird deutlich, wie groß im militärnahen Umfeld die Zweifel am neuen, grenzenlos erscheinenden Auftrag sind. „Wohin werden die Politiker uns noch überall schicken?“ ist die berechtigte Frage. Deshalb treffen meine Überlegungen zu neuen Grenzen auf sehr positive Resonanz. (vgl. mein Beitrag „Neue Aufgaben – neue Grenzen“ im InfoBrief Heer 2/2004

 

19. Mai

Veranstaltung der Grünen-Europa-AG/Münster „Kosovo – Prüfstein für die EU?“ mit Gisela Kallenbach, VN-Bürgermeisterin in Pec/Kosovo 2000-2003 und EP-Kandidatin

 

20. Mai

Spatenstich für die Windkraftanlage von „fair-planet“in Amelsbüren. Mit ihren Erlösen soll eine Solarlampen-Fabrik in Afghanistan unterstützt werden. Ich bin als Kommandantist dabei.

(www.fair-planet.de)

 

21. Mai

Unterstützung des grünen Energiemobils in Burgsteinfurt und Südlohn

 

23. Mai

Teilnahme an der Bundesversammlung zur Wahl der neuen Bundespräsidentin. Gewählt wird leider ein Bundspräsident.

 

24. Mai

Besuch des US-Militärstützpunktes Ramstein mit einer Delegation des Verteidigungsausschusses. Angesichts der Schlüsselrolle von Ramstein als dem zentralen Drehkreuz des militärischen Lufttransports außer halb der USA steht eine Verlegung nicht zur Diskussion.

 

Parlamentarischer Abend von Oxfam und Amnesty International über Kleinwaffen und leichte Waffen

 

26. Mai

Bundestagsdebatte zur humanitären Katastrophe im Sudan/Darfur. Seit etlichen Monaten engagiert sich Kerstin Müller in Sachen Sudan. Sie sprach dazu vorm VN-Sicherheitsrat. Christa Nickels besuchte gerade mit einer Delegation des Menschenrechtsausschusses die Region. Die Bundesrepublik gehört international zu den treibenden Kräften einer zügigen Hilfe und Konfliktlösung im Darfur-Konflikt. Viele andere VN-Mitglieder sind – allen Schwüren zehn Jahre nach Ruanda zum Trotz – sträflich zurückhaltend! Erst auf unseren massiven Druck hin lässt sich die SPD kurzfristig auf einen gemeinsamen Antrag zu Darfur und eine außerordentliche Bundestagsdebatte dazu ein. Am Ende unterstützt auch die Opposition den Antrag. Die Zeit drängt, in wenigen Wochen wird die Regenzeit Hilfe auf dem Landweg unmöglich machen. (Näheres unter Internationales/Menschenrechte bei www.gruene-fraktion.de)

 

27. Mai

Bundestagsdebatte zur erneuten Verlängerung der Bundeswehrbeteiligung an KFOR. Nach der Gewaltexplosion vom März ist das keine Routineentscheidung. Deshalb haben wir die parlamentarische Befassung bewirkt und einen Koalitionsantrag zu den nächsten Perspektiven formuliert. (vgl. den Bericht

 

Gespräch in Berlin mit Sabine Terhaar, Edda Boes-Wenner, Alfons Kleine-Möllhoff vom „Süd-Nord-Ost-West-Netzwerk“ (S.N.O.W.) aus Münster mit den Abgeordneten Hans-Josef Fell, Thilo Hoppe, Michaele Hustedt, Cordula Hamschmidt /Büro Uschi Eid (alle Grüne) und Reinhold Hemker, Angelika Schwall-Düren (SPD) über ihre aktuellen Süd-Nord-Ost-West-Projekte und die Perspektiven einer Energie-GEPA. Die Abgeordneten betonen den strategischen Mehrfachnutzen dieses Ansatzes und wollen ihn in geeigneter Weise unterstützen. 

 

28. Mai

Bundestagsdebatte zum Koalitionsantrag „Der Nahe und Mittlere Osten als Nachbar und Partner der EU“ (Drs. 15/3206). Ausgehend von Fischers Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz entwickelt der Antrag ein nachhaltiges Stabilisierungskonzept für die Großregion des Nahen und Mittleren Ostens und eine umfassende politische Antwort auf die globale Herausforderung des islamistischen Netzwerk-Terrorismus. Im Vorfeld des G8-Gipfels, des EU- und NATO-Gipfels soll damit die strategische Dialog in der EU, mit den USA und insbesondere mit der arabisch-islamischen Welt über Modernisierung, Demokratie und Umsetzung der Menschenrechte voran gebracht werden. Hier wird nicht weniger als die Alternative einer Friedensmacht Europa zum realen Kurs der US-Neokonservativen formuliert!

 

29.-31. Mai

NATO-Parlamentarierversammlung in Bratislava/Slowakei: Im Mittelpunkt des Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses steht die Lage in Afghanistan. Etliche Parlamentarier und Ex-ISAF-Kommandeur General a.D. Gliemeroth richten dramatische Appelle an die Mitgliedsstaaten, endlich die notwendigen Beiträge für die Ausweitung des Netzes an Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) zu leisten. Bisher muss der Generalsekretär regelrecht um einzelne Hubschrauber etc. betteln – obwohl die NATO Afghanistan zu ihrer prioritären Aufgabe erklärt hat! Die Wahlen im Herbst sind die Nagelprobe. Wenn der NATO-Gipfel in Istanbul keine Wende bringe, sei ein Desaster im Stabilisierungsprozess vorprogrammiert. Während bei der Herbsttagung im letzten November die Mehrheit für ein NATO-Engagement im Irak votierte - und ich damals mit meinem Widerspruch ziemlich allein blieb -, ist davon jetzt kaum noch die Rede. Daran ändert auch nichts der Bericht des ersten Kommandeurs des polnischen Sektors im Irak, General A. Tyszkiewicz. Das polnische Kontingent wurde mit dem Auftrag eines balkan-ähnlichen Peacekeeping in den Irak geschickt – und fand sich in einer ganz anderen Situation wieder.

Im Politischen Ausschuss liefert B. Koenders/Niederlande mit seinem Berichtsentwurf „Die NATO und die Anwendung von Gewalt“ eine vorzügliche Diskussionsgrundlage über das Dreieck Legitimität, Legalität und Effektivität von militärischer Gewalt. Hinsichtlich der Effektivität ist die Ernüchterung unübersehbar: die Verstärkungsprobleme der NATO bei ISAF („jammervolles Bild“); der Rückschlag beim KFOR-Dauereinsatz; das Desaster im Irak, wo quantitativ die meisten NATO-Soldaten eingesetzt sind.

Im Unterausschuss „Zivile Dimension und Sicherheit“ präsentieren zwei Mitglieder des Kosovo-Parlaments ihre Sicht der März-Unruhen: der KOS-Serbe Oliver Ivanovic und der KOS-Albaner Prof. Alush Gashi. Beide bekommen sehr deutlich die Erwartung der NATO-Parlamentarier zu hören, dass die kosovarische Gesellschaft solche Ausschreitungen nicht hinnehmen darf und endlich wirksam die Rechte der Minderheiten garantieren muss.

Das Tagungsgelände ist extrem abgesichert. Zwei Tage zuvor wurden zwei Taschen mit Sprengstoff gefunden. Es heißt, der Geheimdienst habe das selbst inszeniert.

 

1.-5. Juni

Besuch der Kaukasus-Republik Georgien und der abtrünnigen Provinz Abchasien zusammen mit Reinhard Weißhuhn, Außenpolitik-Referent der Fraktion. Teilnahme am internationalen Workshop der Heinrich Böll Stiftung „Caucasian preconditions for the development of an integrated European policy towards conflict resolution in the South Caucasus“ in Tiflis mit Teilnehmern aus Georgien, Armenien, Aserbeidschan, Südossetien, Berg-Karabach, von EU-Kommission, Europäischem Parlament, OSZE, International Alert. (vgl. The South Caucasus: a challenge for the EU, Institute for Security Studies, Chaillot Papers No 65, Dec. 2003, www.iss-eu.org)

Gespräche mit dem dt. Botschafter Schramm (zzt. Koordinator des „Freundeskreises des VN-Generalsekretärs für Georgien“), dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Dr. Gabaschwili (Ex-Botschafter in Berlin), dem stellv. Vorsitzenden des Verteidigsauschusses, mehreren anderen Parlamentsabgeordneten und Vertreterinnen von Menschenrechtsorganisationen („Artikel 42“) und Flüchtlingsarbeit, mit vorzüglichen deutschen Mitarbeitern von OSZE, EU-Kommission, gtz und Böll Stiftung. Besuch des Koordinierungsbüros der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit/gtz, wo uns acht lokale MitarbeiterInnen das gtz-Programm „Ernährungssicherung, regionale Kooperation und Stabilität“ für die Grenzregionen von Georgien, Armenien und Aserbeidschan vorstellen. Das Programm ist Teil der „Südkaukasus-Initiative“ des BMZ. Die Begegnung mit den hochmotivierten und –qualifizierten jungen Leuten ist ausgesprochen hoffnungsvoll. (vgl. Development Interventions in the Southern Caucasus – Some Lessons Learnt from past and present Development Initiatives, gtz Tbilisi 2004)

Besuch der VN-Beobachtermission UNOMIG, die seit zehn Jahren die Waffenstillstandslinie zwischen Georgien und der abtrünnigen Provinz Abchasien überwacht: die zweimal zwölf Kilometer breite Konfliktzone, in der beide Seiten maximal 600 Soldaten und keine schweren Waffen stationieren dürfen. Mit einem VN-Flugzeug fliegen wir zunächst bis nach Senaki und von dort mit VN-Hubschrauber über See (der Landüberflug gilt als zu gefährlich) nach Suchumi. Das frühere Schwarzmeer-Paradies ist vom Krieg gezeichnet. Ehemalige Prachtstraßen sind auto- und menschenleer und von Ruinen gesäumt. Die über hundert Militärbeobachter und elf Polizisten von UNOMIG sind unbewaffnet und werden von einer russischen Peacekeepingtruppe (1.600 Mann) geschützt. Im Konfliktfall müsste UNOMIG abziehen. Gespräche mit der stellvertretenden Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs, Frau Otunbayeva, Senior Political Adviser Dorota Gierycz, dem Leiter des elf-köpfigen Bundeswehrkontingents, Flottillenarzt Burger, dem Kriminalhauptkommissar Rutschkowski und dem Oberstabsfeldwebel Albert. Besuch des Denkmals für die neun am 2. Oktober 2001 im Kodori-Tal mit ihrem Hubschrauber abgeschossenen UNOMIG-Mitarbeiter, unter ihnen der deutsche Oberstabsarzt Dieter Eissing. (erster Bundeswehrsoldat, der durch feindliche Einwirkung um`s Leben kam) (vgl. www.unomig.org)

Gespräch mit „De-facto“-Außenminister Sergej Schamba und Parlamentspräsidenten Aschuba in Suchumi: Die beiden werfen dem neuen georgischen Präsidenten Saakaschwili kriegerische Absichten vor und betonen den unüberbrückbaren Gegensatz zu Georgien. Ich konstatiere, dass keine georgische Regierung so demokratisch legitimiert sei wie die jetzige, und betone den festen Willen der Bundesrepublik, EU und Staatengemeinschaft zu einer friedlichen Konfliktlösung. Der Außenminister überreicht mir seine Ausarbeitung „Die Rolle des Westens in der Beilegung des georgisch-abchasischen Konfliktes“ und ein russisch-deutsches Rilke-Bändchen.

Am 7. Juni berichtet Inter-Press über den Besuch von „Vinprid Nakhtvai“ und „party secretary Rinkhard Vaishtukh“.

(Ein ausführlicher Bericht folgt)

 

7. Juni

Vortrag über die deutsche Politik in den Vereinten Nationen bei einer Informationstagung für Journalisten von ARD und ZDF in Berlin

 

Podiumsdiskussion „Zivilmacht Europa!“ mit den MdB-Kollegen R. Polenz (CDU), C. Strässer (SPD) und FDP-EP-Kandidat Pastoors, veranstaltet von Friedensforum Münster und VHS. Dank der umgekehrten Militärfixiertheit einiger lautstarker Antimilitaristen kommt die reiche zivile Dimension der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik fast gar nicht zur Sprache.

 

8. Juni

Gespräch über „Was kommt nach der Wehrpflicht?“ beim Jugendpressetag mit RedakteurInnen von Schülerzeitungen vor allem aus NRW in Berlin

 

9. Juni

Grüner Salon der Heinrich Böll Stiftung Niedersachsen „Deutsche Soldaten – Europäische Armee: Weltweit im Einsatz?“ mit Prof. Dr. Wolfgang Knöbl und Viola von Cramon

 

10. Juni

Wahlkundgebung mit Joschka Fischer, Rebecca Harms und Maria Klein-Schmeink in Münster

 

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13. Juni

Europawahl: Die guten Erwartungen für GRÜN werden noch übertroffen! In Münster verlieren SPD und CDU, während Bündnisgrüne fast zehn Prozent gewinnen und mit 23,6% auf dem 2. Platz liegen. Ausgezahlt hat sich der ausdrückliche Europawahlkampf der Bündnisgrünen, der in Münster ganz stark von den jüngeren Grünen der Europa-AG getragen wurde.

Das gibt enormen Rückenwind für die Kommunalwahl. Ein dunkler Schatten ist allerdings die nochmals gesunkene Wahlbeteiligung und der Niedergang des Koalitionspartners.

 

14. Juni

Weiter in der europäischen Tagesordnung: Politische Gespräche der Obleute des Verteidigungsausschusses in Warschau