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"Engagement in vielen Facetten" - Vorstellung meines freiwilligen gesellschaftlichen Engagements in einem Seminar der Uni Münster über Soziales Unternehmertum

Veröffentlicht von: Nachtwei am 12. August 2018 11:40:06 +01:00 (35193 Aufrufe)

Ein persönlicher Kommentar zur Dienstpflicht-Debatte: Wie freiwilliges bürgerschaftliches Engagement Spaß + Sinn machen und anfeuern kann.

„Engagement in vielen Facetten“ – Vorstellung meines freiwilligen gesellschaftlichen Engagements in einem Seminar der Uni Münster

Erschienen in: Berthold Tillmann, Annette Zimmer, Investitionen in Gemeinschaft und Gesellschaft – Soziales Unternehmertum in Münster, Dokumentation eines Seminars, 2011

(Fotos unter www.facebook.com/winfried.nachtwei)

„Man kann es nicht wieder rückgängig machen, aber man kann wenigstens die dicke Decke des Vergessens wieder wegziehen“

„Mein familiärer Hintergrund war für die Entwicklung meines Engagements sehr wichtig. Mein Elternhaus in Düsseldorf war engagiert katholisch. Mein Vater hat die Landeszentrale für politische Bildung aufgebaut. Dadurch habe ich von vornherein ein politisches Grundinteresse bzw. ein Interesse am Gemeinwesen entwickelt. Das hat sich bei mir dahingehend konkretisiert, dass ich während der Schulzeit als Messdiener und dann in einer Jugendgruppe als Gruppenführer aktiv wurde.

            Die zweite Stufe meines freiwilligen Engagements war ganz anderer Art. Ich bin 1965 freiwillig zum Bund gegangen. Kriegsdienstverweigerung kam für mich gar nicht in Frage. Statt der 18 Monate hab ich mich freiwillig für 24 Monate verpflichtet. Zum einen fand ich es notwendig, etwas für die Verteidigung der Freiheit zu tun, zum zweiten war absehbar, dass ich hinterher einen Schreibtischberuf machen würde, also wollte ich wenigstens dort ma mit anderen Leuten zusammen kommen.

Und tatsächlich habe ich dort für die spätere Arbeit so manches Nützliche gelernt.

            Als ich 1967 angefangen habe, Geografie, Politikwissenschaft und Geschichte in Münster zu studieren, erreichte ich die dritte Stufe des Engagements. Damals war das noch eine richtige Ordinarien-Uni. Ich hatte den Eindruck, es gäbe bei der Bundeswehr mehr Rechte für die Soldaten als an der Universität für die Studierenden. Das war zunächst eine große Enttäuschung.

            Ich war damals ein demokratischer Idealist und das bröckelte auf einmal. Vor dem Studium wäre ich bereit gewesen, freiwillig nach Vietnam zu gehen. Ich meinte, das sei notwendig zur Verteidigung der Freiheit. Während des Studiums habe ich durch verschiedene Anlässe, auch durch die Presse, gemerkt, dass es gar nicht darum ging. Das war einfach nur ein fürchterlicher, fürchterlicher Krieg. Und während  meines dreisemestrigen  Studiums in München habe ich mich in einer Seminararbeit zu Lateinamerika intensiv mit der Geschichte Lateinamerikas auseinander gesetzt. Da ist für mich die bisherige Führungsmacht der feinen Welt, die USA,, zusammengebrochen, weil sich mir Geschichte des US-amerikanischen Imperialismus in Lateinamerika erschloss.

            Danach gab es immer wieder neue Impulse, angefangen in der Fachschaft Geografie in Münster. Das war dann wirklich wieder freiwilliges Engagement. Thema in der Fachschaft war die Reform des Studiums. Daneben war aber auch der Spaßfaktor wichtig. Eine ausschließliche, sture Reform des Studienbetriebs wäre gar nicht vorstellbar gewesen, die Arbeit musste auch richtig Spaß machen.

            Die Erfahrungen während des Studiums haben mich politisiert. Vietnamspielte eine Rolle, aber auch andere Erlebnisse: 1968 beispielsweise war Kurt Georg Kiesinger als damaliger Kanzler zum Kramermahl in Münster. Draußen gab es eine Demonstration. Ich sah keinen Anlass für die Demonstranten, habe sie mir aber angeschaut. Am nächsten Tag wurde berichtet, wie Kiesinger über die Demonstration hergezogen hätte. Ich habe daraufhin einen Leserbrief geschrieben, der nicht abgedruckt wurde. Das war wieder eine Enttäuschung. Ich war damals noch sehr CDU-nah, demokratischer Idealist und eher konservativ. Es gab aber mehr und mehr Protesterlebnisse, die das Engagement inhaltlich immer weiter nach links verschoben haben.

            Aus der Fachschaft Geschichte in München entwickelte sich die „Rote Zelle Geschichte“. In der Fachschaft Geschichte trafen sich jede Woche ca. 200 Leute. Und ich habe nach einem halben Jahr das erste Mal den Mund aufgemacht. Heute ist das für mich unvorstellbar. Wer würde  heute irgendwo hingehen und ein halbes Jahr nichts sagen können? Völlig „bescheuert“. So duselig war ich jedenfalls damals, aber ich bin dabei geblieben.

            Schließlich habe ich in Münster angefangen, in anti-imperialistischen Komitees zu arbeiten, die Solidarität mit nationalen Befreiungsbewegungen in Namibia, Südafrika, Simbabwe, Palästina und Lateinamerika propagierten. Man leistete dort Informationsarbeit, organisierte Solidarität, sammelte Geld und holte Referenten aus den Regionen. Mitte der 70er Jahre war auch die Hoch-Zeit der dogmatischen K-Gruppen, die mit ihrem „klaren“ Weltbild und ihrer Entschlossenheit für etliche Engagierte – zeitweilig – anziehend wirkten, auch für mich.

            Die nächste Etappe verlief bei mir parallel zur Entstehung der neuen sozialen Bewegungen in der Bundesrepublik ab Ende der 70er Jahre in der Anti-AKW-Bewegung. Als Teil einer kleinen Organisation engagierte ich mich vor allem im Rahmen  von Demonstrationen. Auf der einen Seite war das Motiv der Kampf gegen Atomkraft. Aber auch die sehr gruppenbildende und solidarisierende Erfahrung war wichtig: 30.000 Demonstrierende und darum herum Polizeimassen noch und nöcher. Das ständige Wechselspiel zwischen äußerem Druck und innerer Solidarisierung kennzeichnete das freiwillige Engagement im Rahmen der neuen sozialen Bewegung.

            Ganz anders war dagegen die Gewerkschaftsarbeit als junger Lehrer in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Mit einem ordentlichen Sitzungsturnus, mit ordentlicher Organisation, mit Vorsitzenden, mit Wahlen, mit Artikelschreiben und allem, was zu einer ordentlichen Vorstandsarbeit dazu gehört.

            Anfang der 1980er Jahre fand ich eine neue Form individuellen Engagements. Rupert Neudeck hatte damals mit der Hilfsaktion „Cap Anamur“ begonnen, woraus das Notärzte-Komitee entstand. Meine Frau ist damals zusammen mit anderen Ärzten von der Uni-Klinik nach Thailand/Kambodscha, dann nach Somalia und Uganda gegangen und hat in Flüchtlingslagern gearbeitet. In Deutschland wurde darüber kaum berichtet, in der Presse gab es nur ab und zu eine Meldung von Granaten-Überfällen. Da wurde ich unruhig. Dann aber sind Briefe von ihr gekommen, durch die ich viel erfahren habe. So konnte ich die  Geschehnisse einordnen. Es ist wichtig, etwas einordnen zu können und die schlimmen Meldungen nicht als ganze Wahrheit zu akzeptieren.

            Bei einem Einsatz in Somalia kam ich auch selbst mit. Meine gesamten Schulferien, sechs Wochen, verbrachte ich in Somalia. Meine Frau und ich hatten einen einzigen freien Tag zusammen. Aber ich kann mich nicht an keinen „Urlaub“ erinnern, der für mich mental so erholsam gewesen wäre, obwohl ich die ganze Zeit gearbeitet habe. Aber das war so sinnvoll, eine äußerst befriedigende Arbeit. Zugleich aber hat man Berührungen mit der Hölle auf Erden und Einblicke in die Brutalität des „kleinen Kriegs“, z.B. als ein Junge eingeliefert

wurde, der sechs Tage vorher auf eine Mine getreten war. Die Eltern hatten ihn sechs Tage lang zum Krankenhaus gebracht, der Junge brüllte nicht, er jammerte nicht. Aus den Lumpen wurde das Gefetzte heraus gewickelt, das habe ich jetzt noch vor Augen, ich kann es fast noch riechen. In dieser Situation habe ich ein Gespür für die Tragödien des Krieges entwickelt, die unauffällig im Hintergrund bleiben. Denn was bedeutet im Krieg schon eine einzelne Minenverwundung?

            Auch aus diesen Erfahrungen heraus folgte in den 1980er Jahren ein inhaltlicher Paradigmenwechsel. Mir wurde bewusst, was atomare Abschreckung bedeutete. Ich war selbst Offizier bei einem Atomwaffenverband gewesen, 15 Jahre später ist mir aufgegangen, was das für ein Wahnsinn ist. Die Verteidigung des eigenen Landes, gegebenenfalls mit Atomwaffen! Wobei alles, was zu verteidigen ist, kaputt gegangen wäre! Das war die Zeit der Friedensbewegung, die damals in allen Städten in der Bundesrepublik sehr stark wurde. Es gab hier in Münster unzählige Friedensgruppen, und allein zu unserer sind jede Woche 20

bis 40 Leute gekommen. Wir beschäftigten uns inhaltlich intensiv mit der Friedensbewegung und der atomaren Aufrüstung  und diskutierten unter anderem mit Jugendoffizieren darüber. Ich habe mich z.B. an Sitzblockaden beteiligt, was einen Prozess und rückwirkend einen Freispruch nach sich zog. Das war die intensivste Zeit der sozialen Bewegungen. Zugleich habe ich mich ehrenamtlich bei den Grünen engagiert. 1983 und1987 war ich der erste Bundestagskandidat der Grünen in Münster. 1994 schaffte ich es im dritten Anlauf in den Bundestag, in dem ich 15 Jahre tätig war.

            Das letzte Engagementfeld war ab 1988 das Projekt „Spurensuche“ – Eine Spurensuche ausgehend von den vielen Kriegerdenkmälern, die es rund um die Promenade in Münster gibt. Ich habe Dokumentationen über Spuren der Kriege gegen Russland und über den Vernichtungskrieg der Sowjetunion im Münsterland zusammen gestellt. Außerdem habe ich zu den verschiedenen Zwangsarbeiterlagern hier in der Umgebung recherchiert. Dann wurde durch verschiedene Ereignisse 1988 bekannt, dass hier ein ehemaliger lettischer Hauptmann Unterschlupf gefunden hatte. Ihm wurde vorgeworfen, an der Erschießung von Zivilisten in Ostlettland im Krieg beteiligt gewesen zu sein. 1989 reiste ich deshalb mit meiner Frau nach Riga. Dort begann meine Spurensuche zu den Judendeportationen aus Münster, Westfalen, Rheinland und anderen Regionen in das „Reichsjudenghetto Riga“. Ich war offensichtlich aus Westdeutschland der Erste, der diese Spuren in Riga ausfindig gemacht hatte. Der Zustand der Massengräber, über die Jogger liefen und auf denen eine Familie picknickte, verlorene und vergessene Orte – das fand ich schlimm. Man kann es nicht wieder rückgängig machen, aber man kann wenigstens die dicke Decke des Vergessens wie-

der weg ziehen. Daraus ist diese „Spurensuche“ entstanden. Ich hab inzwischen zu diesem Thema über hundert Vorträge gehalten und viele Artikel veröffentlicht.

            1991 stießen wir auf demütigende Erfahrung der ehemaligen Ghetto- und KZ-Häftlinge in Lettland. Über eine Panorama-Sendung wurde bekannt, dass ehemalige Angehörige der lettischen Waffen-SS eine Kriegsversehrten-Rente bekamen, Ghetto- und KZ-Häftlinge aber nicht. Das war eine makabre Erfahrung: Zusammen mit der Journalistin Marianna Butenschön initiierte ich einen Aufruf für eine würdige Entschädigung der ehemaligen Ghetto- und KZ-Häftlinge im Baltikum. Den Aufruf unterstützen dann Oberbürgermeister und viele Fraktionen aus den Herkunftsorten der Riga-Deportationen von 1941/42. Der damalige Münsteraner Oberbürgermeister, Jörg Twenhöven war der erste deut-

sche Offizielle, der in Riga war und sich vor Ort kundig gemacht hat.

            Im Bundestag führten wir die Initiative mit Vertretern aller Fraktionen weiter: Einem FDP-Kollegen, einem SPD-Kollegen, mit einem CDU-Kollegen, der damals zur sogenannten Stahlhelm-Fraktion1 [1]gehörte. Hätten wir sonst miteinander zu tun gehabt, hätten wir uns wahrscheinlich wenig zu sagen gehabt. Hier aber schon, denn er kannte ebenso wie ich die menschliche Situation vor Ort

            Ein anderes Ergebnis meiner Recherchen war, dass ich auf den Geschichtsort Villa ten Hompel am Münsteraner Kaiser-Wilhelm-Ring gestoßen bin. Ich war wohl der Erste, der die Adresse des Sitz des Befehlshabers der Ordnungspolizei im Wehrkreis VI in der Kriegszeit gefunden hat. Ich habe darüber geforscht, was wiederum von Anderen aufgenommen wurde. Und so habe ich, wie auch in anderen Bereichen, die Erfahrung gemacht, dass das Engagement von Einzelnen von Anderen gehört wird, die sich einklinken. Dieser Schneeball-Effekt war eine ermutigende Erfahrung.

            Bis 1994 war die Hauptphase meines freiwilligen Engagements. Ab 1994 sind im Bundestag verschiedene Bereiche, die ich vorher freiwillig bearbeitet hatte, zu beruflichen Feldern geworden. Bei genauem Hinsehen ist da immer noch etwas von dem freiwilligen Engagement übrig geblieben. Zum einen weil ich darüber hinaus so manche Sache beackert habe, die man zusätzliches Engagement nennen könnte. Außerdem konnte ich einen Formwandel von freiwilligem Engagement beobachten: Als Berufspolitiker hat man viele Möglichkeiten, freiwilliges Engagement Anderer zu unterstützen, beispielsweise als Schirmherr oder einfach durch Mitgliedschaft, Spenden oder Beiträge. Dadurch erfüllt man

eine Lobby-Funktion. Da fließt kein Geld, sondern man teilt die Inhalte und steht mit Beratung und Kontakten zur Verfügung. So kann man Verbindungen schaffen.

            Zu den Motiven meines Engagements lässt sich zusammenfassend sagen, dass es ein ganzes Bündel war: Manche waren durchgängig, andere wechselten mit der Zeit. Ich habe festgestellt, dass bestimmte Ereignisse  einen Schub gebracht haben. Ganz früh, 1961, hat mich der Mauerbau erschüttert. Ich bin einmal den ganzen Tag in Berlin an der Mauer entlang gelaufen. Oder die Ermordung von Kennedy 1963. Ich war tagelang benommen, weil Hoffnungen zerstört wurden. 1996 habe ich am Hang von Sarajevo gestanden. Erst hier wurde mir richtig bewusst, was wir 1992 bis 1995 wohl aus den Medien erfuhren, aber nicht an uns ran lassen wollten – die Belagerung der Stadt, die Beschießung ihrer Zivilbevölkerung. Eine negative Schlüsselerfahrung war die äußerst heiße Auseinandersetzung um den Kosovo-Einsatz, als Beziehungen zu etlichen politischen Freunden und Mitstreitern zerbrachen. Die Motive für Engagement sind aber auch sozialer und gesellschaftlicher Natur: Man hat gemeinsam Spaß und findet Anerkennung.

            Als besonders schwierig habe ich kaum etwas empfunden. Aber es gibt Grundanforderungen: Man braucht einen langen Atem und eine gewisse Frustrationstoleranz. Das Problematische ist, dass freiwilliges Engagement Zeit frisst. Neben Beruf und Engagement bleibt für Privates, Familie und Beziehungen kaum Zeit.

            Besonders erfreulich sind die vielen tollen Leute, die man durch Engagement kennen lernt. Das ist wirklich grandios. Ich war ja sehr viel in Krisenregionen, deren Verhältnisse immer wieder zum Verzweifeln sind. Aber was man da für Leute kennen lernt, die sich engagieren! Kaputter Staat, aber vitale Zivilgesellschaft. Das ist unheimlich bereichernd und Mut machend und motivierend.

            Erfreulich sind auch Gemeinschaftserlebnisse verschiedenster Art. Man bekommt viel Anerkennung und „Soziallohn“. Und die erfreuliche Immer-Wieder-Erfahrung ist der Schneeballeffekt, den ich vorhin schon angesprochen habe. Initiativen von Einzelnen gehen dank des Engagements Anderer weiter. Es ist Unsinn, dass man meint, man müsste selbst alles schaffen oder alle Verantwortung tragen. Der Funke, wenn der überspringt, ist von großer Bedeutung, dann gibt es tolle Möglichkeiten.

            Jetzt komme ich zu den persönlichen Zielen und Wünschen meines Engagements. Die Loslösung vom Hochbetrieb „Bundestag“ hat gut geklappt. Ich habe 247 Reden im Bundestag gehalten, viele hundert Stunden dort verbracht. Diese Dosis hält vor, ich spüre keinen „Entzug“. Manche Präsenz im Bundestag hat mich von eigentlich wichtigeren Arbeiten abgehalten, muss ich ehrlicherweise sagen.

            Ich hatte in der Vergangenheit nie Karriereziele. Manch andere wissen schon, wo sie in fünf Jahren sein wollen. Das hatte ich früher nicht, das habe ich jetzt eigentlich auch nicht, und ich bin auch ganz gut mit dem Schreckgefühl klar gekommen, das ich hatte, als meine freiwillige Entscheidung gefallen war, aus dem Bundestag auszuscheiden und ich mir sagte: „Was du bisher erlebt hast,  machen konntet, das kommt nicht wieder“.

            Meine Tipps für Sie sind: Wenn man sich überlegt, sich freiwillig oder ehren-

amtlich zu engagieren, ist zum einen entscheidend, dass das Engagement den eigenen Interessen und Fähigkeiten entspricht. Aber zum anderen muss es auch mit den Leuten klappen, die Chemie muss stimmen. Das ist meiner Meinung nach sehr wichtig,

            Es ist sinnvoll, auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer inhaltlichen Motivation, also dem Engagement für ein Anliegen, und der sozialen Motivation, dem Wunsch nach Anerkennung, zu achten. Wenn es nur das Letztere ist, wird das Inhaltliche austauschbar. Umgekehrt, wenn es nur das Inhaltliche ist, werden die Menschen verbissen.

            Ich  habe Jahrzehnte Oppositionsarbeit geleistet, erst außerparlamentarisch, dann parlamentarisch. Bei Etlichen, die lange Zeit Opposition machen, kann man feststellen, dass sie nur auf Kritik orientiert sind und ausschließlich die Schattenseiten sehen. Diese Zusammenhänge sind deprimierend und aussichtslos, Solche Leute meinen, sie wären weiterhin engagiert, aber sie ziehen sich ständig runter. Damit motiviert man aber niemanden zum Engagement, weshalb die Jüngeren fortbleiben. Mein Ansatz ist, umso mehr auf Chancen zu achten in Bezug auf Personen, Prozesse und Akteure. Man sollte verschiedene Möglichkeiten nutzen. Wenn man bei den Chancen ansetzt, dann kann man etwas erreichen. Die Grundhaltung, etwas voran bringen zu wollen, ist ganz wichtig.

Zusammengefasst kann man sagen, dass so ein engagiertes Leben ganz schön spannend ist und Spaß macht!

Larissa Aldehoff (Studentin) kommentiert Winfried Nachtweis Einsatz für die Gesellschaft:

„Es ist beeindruckend, wie vielfältig sich Winni Nachtwei für eine bessere Gesellschaft engagiert. Dabei ist die enorme Bereitschaft zu handeln, etwas bewegen zu wollen und der Spagat zwischen den verschiedenen Organisationsformen freiwilligen Engagements besonders interessant. Winni Nachtweis Leben zeigt außerdem, dass es letztendlich nicht darauf ankommt, ob man auf der Straße demonstriert oder im deutschen Bundestag Entscheidungen fällt, Es kommt darauf an, dass man sich einbringt und für eine Sache kämpft.“



[1]    Mit „Stahlhelm-Fraktion“ ist der nationalkonservative Flügel der CDU gemeint.


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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