Viele hoch qualifizierte jüngere Fachleute in Friedens- und Sicherheitspolitik sind mir in den letzten Jahren begegnet, viel mehr als z.B. in den 80er Jahren. Viele von ihnen absolvierten einen Masterstudiengang in Friedens- und Konfliktforschung. Angestoßen wurden die Studiengänge durch das Nachwuchsförderprogramm der DSF. Hier mein Bericht zu ihrer 15-Jahr-Feier.
Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) feiert in der Friedensstadt Osnabrück ihr 15-jähriges Bestehen
von Winfried Nachtwei,
Ko-Vorsitzender des Beirats Zivile Krisenprävention, Beirat der Kath. Friedensstiftung, Gründungsmitglied des DSF-Stiftungsrates bis 2005
Am 10. März 2016 feierte die Deutsche Stiftung Friedensforschung im Friedenssaal des historischen Rathauses in Osnabrück ihr 15-jähriges Bestehen. (vgl. Neue Osnabrücker Zeitung http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/682130/ehrenburger-fip-enttauscht-von-der-friedensstiftung , Fotos unter www.facebook.com/winfried.nachtwei )
Den Festvortrag hielt Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn, MdB, die vor 15 Jahren als zuständige Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF) die Gründung der DSF maßgeblich mit vorangebracht hatte.
Am selben Ort hatte die DSF am 27. April 2001 ihre Arbeit aufgenommen. Damit wurde ein Versprechen des rot-grünen Koalitionsvertrages von 1998 in die Tat umgesetzt. Schon auf seiner ersten Sitzung beschloss der von Prof. Dieter S. Lutz geleitete Stiftungsrat ein umfassendes Nachwuchsförderprogramm (Hauptfachstudiengang Friedens- und Konfliktforschung).[1] Neben acht FriedensforscherInnen (darunter Egon Bahr, Martina Fischer, Christiane Lammers), vier StaatssekretärInnen von Bundesministerien (darunter Uschi Eid, Wolf-Michael Catenhusen, Walther Stützle) gehörte ich bis zum Koalitionwechsel Ende 2005 zu den drei Bundestagsabgeordneten im Stiftungsrat. Die Stiftung hat ihren Sitz im Steinwerk Ledenhof in Osnabrück.
Neben Frau Bulmahn sprachen Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, Parl. Staatssekretär Stefan Müller (BMBF), der neue Vorsitzende des Stiftungsrates, und sein Vorgänger Prof. Michael Brzoska, Prof. Ulrich Schneckener als Vorsitzender des neu gebildeten Vorstandes und Parl. Staatssekretär Thomas Silberhorn (BMZ).
Die DSF hat seit ihrer Gründung rund 16 Millionen Euro für die Förderung der Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland zur Verfügung gestellt. Davon entfielen fünf Millionen Euro auf ein strukturbildendes Sonderförderprogramm, durch welches unter anderem drei Masterstudiengänge zur Friedens- und Konfliktforschung sowie die Carl-Friedrich von Weizsäcker-Stiftungsprofessur für die naturwissenschaftliche Friedensforschung als Leuchtturmprojekte eingerichtet werden konnten. Die von der Stiftung geförderten Projekte decken ein breites thematisches Spektrum ab, wobei die friedens- und sicherheitspolitisch hochaktuellen Fragen der Gewaltprävention, Konflikteskalation, Friedenssicherung und präventiven Rüstungskontrolle als Förderschwerpunkte herausragen. Darüber setzt die Stiftung mit eigenen Veranstaltungen Akzente, zuletzt mit den beiden internationalen Symposien „Religionen und Weltfrieden“ und „Peacebuilding in Crisis“ in Osnabrück. Des Weiteren gehört es zum Selbstverständnis der Stiftung, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Politik und Öffentlichkeit zu vermitteln. Sie unterstützt daher insbesondere auch Projekte, die sich der Vernetzung und dem Dialog zwischen der Wissenschaft und verschiedenen Praxisfeldern widmen.
Als Einrichtung der Forschungsförderung hat die im Oktober 2000 durch den Bund gegründete DSF den satzungsgemäßen Zweck, die Friedens- und Konfliktforschung ihrer außen- und sicherheitspolitischen Bedeutung gemäß insbesondere in Deutschland dauerhaft zu stärken und zu ihrer politischen und finanziellen Unabhängigkeit beizutragen“.
Die DSF, die drei MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle mit ihrem Geschäftsführer Dr. Thomas Held, die Mitglieder der bisherigen Stiftungsräte haben Enormes geleistet und ermöglicht. Beispielhaft habe ich es mehrfach bei von der DSF angestoßenen Masterstudiengängen zur Friedens- und Konfliktforschung und immer wieder beim Studium der DSF-Arbeitspapiere erlebt.[2] Aktuell ist die DSF z.B. Kooperationspartner des Projekts „Salafismus in Deutschland: Forschungsstand und Wissenstransfer“ (Federführung bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung HSFK).[3]
Ein Anlass zu politischer Zufriedenheit besteht allerdings ganz und gar nicht. Die Stiftung wurde mit einem Grundkapital von 50 Mio. DM (ursprüngliche Empfehlung 100 Mio. DM) ausgestattet. 2004 kamen aus dem Einzelplan 30 (BMBF) und 14 (Verteidigungsministerium) jeweils 1 Mio. Euro hinzu, 2005 nochmal 1 Mio. vom BMBF. Heute stehen bei 27 Mio. Euro Grundkapital 650.-700.000 Euro im Jahr für Forschungsförderung zur Verfügung.
Der Beirat Zivile Krisenprävention beim Auswärtigen Amt kam 2014 zu der Schlussfolgerung: „Die DSF ist deutlich unterkapitalisiert und wegen der andauernden Niedrigzinsen in ihrer Forschungsförderung zunehmend eingeschränkt. Zur Wahrung und Verbesserung ihrer Handlungsfähigkeit (z.B. international vernetzte Forschung, Nachwuchsförderung) benötigt die DSF dringend eine Kapitalerhöhung.“[4] Das gilt umso mehr, als mit der enormen Krisenhäufung und –beschleunigung der letzten Jahre der Bedarf an Friedens- und Konfliktforschung rapide gewachsen ist. Die Erwartungen an die Stiftung sind enorm, ihr Satzungszweck ist hoch („die Friedens- und Konfliktforschung ihrer außen- und sicherheitspolitischen Bedeutung gemäß insbesondere in Deutschland dauerhaft zu stärken“). Ihre Mittel – 16 Mio. Euro in 15 Jahren und inzwischen jährlich um ca. 100.000 Euro schrumpfend - stehen dazu in keinem angemessenen Verhältnis.
Mit der jüngsten Satzungsreform erhält die DSF zwei neu zugeschnittene Stiftungsorgane. So wird ein neu gebildetes Vorstandsorgan fast die gesamten operativen Aufgaben übernehmen, während der Stiftungsrat künftig die Zuständigkeit für die grundsätzliche Ausrichtung der Stiftung sowie Kontroll- und Lenkungsaufgaben übernimmt. Von dieser Aufgabenteilung verspreche sich der Stiftungsrat, so Brzoska, eine Optimierung der Entscheidungsprozesse und Handlungsfähigkeit der DSF als Einrichtung der Forschungsförderung.
Website der DSF mit Newsletter, Jahresberichten, Publikationen, Förderarchiv etc.
http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de/
Arbeitspapiere
Arbeitspapiere DSF No. 9
Unbemannte bewaffnete Systeme: Verändert der rüstungstechnologische Wandel den Umgang mit Konflikten? Eine friedenspolitische Perspektive, 2013, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 8
Interventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung? Herausforderungen und Dilemmata in Zeiten der Responsibility to Protect (Rtop), 2012, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 7
Mit Hamas und Taliban an den Verhandlungstisch? Möglichkeiten und Grenzen der Einbindung von Gewaltakteuren in Friedensprozesse, 2011, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 5
Erhöhte menschliche Anforderungen an multilaterale Friedensmissionen? - "Menschliche Sicherheit" als Herausforderung für die internationale Friedenspolitik, 2010, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 4
Wie lässt sich die globale Aufrüstungsdynamik umkehren? Handlungsoptionen für eine friedenssichernde Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik, 2009, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 3
Grundprobleme der Konfliktbeilegung und Friedenskonsolidierung mit besonderer Berücksichtigung der Konfliktherde auf dem afrikanischen Kontinent, 2007, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 2
Die Rolle von Religionen in Gewaltkonflikten und Friedensprozessen, 2007, zum Volltext
Arbeitspapiere DSF No. 1
Friedenskonsolidierung: Handlungsoptionen und Risiken beim Aufbau stabiler Friedensordnungen, 2005, zum Volltext
Reihe Forschung DSF
Forschung DSF No. 38
Bettina Engels / Sven Chojnacki: Umweltwandel, Ernährungskrisen und Konflikt. Räumliche, soziale und politische Dynamiken, 2015, zum Volltext
Forschung DSF No. 37
Oliver Meier / Iris Hunger: Between Control and Cooperation: Dual-Use, Technology Transfers and the Non-Proliferation of Weapons of Mass Destruction, 2014, zum Volltext
Forschung DSF No. 36
Martina Fischer/Ljubinka Petrović-Ziemer: Dealing with the Past and Peacebuildin g in the Western Balkans, 2015, zum Volltext
Forschung DSF No. 35
Ulrich Schneckener: Zwischen Vermittlung und Normdiffusion - Möglichkeiten und Grenzen internationaler NGOs im Umgang mit nicht-staatlichen Gewaltakteuren, 2013,
zum Volltext
Forschung DSF No. 34
Jürgen Rüland / Maria-Gabriela Manea: How much an Actor and under which Logics of Action? Roles of Parliaments in the Establishment of Democratic Control of the Armed Forces in Indonesia and Nigeria, 2012, zum Volltext
Forschung DSF No. 33
Margit Bussmann / Gerald Schneider: Strategie, Anarchie oder fehlendes internationales Engagement? Zur Logik von einseitiger Gewalt in Bürgerkriegen, 2012, zum Volltext
Forschung DSF No. 32
Michaela Maier / Georg Ruhrmann / Karin Stengel / Arne Freya Zillich / Roland Göbbel / Marion Rahnke / Jonathan Steinert / Kristina Süß / Christoph Warneck: Bedrohung auf der (Medien-)Agenda - Krisenkommunikation im Nachrichtenprozess, 2012, zum Volltext
Forschung DSF No. 31
Thorsten Benner / Stephan Mergenthaler / Philipp Rotmann: The Evolution of Organizational Learning in the UN Peace Operations Bureaucracy, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 30
Volker Lenhart / Alamara Karimi / Tobias Schäfer: Feldevaluation friedensbauender Bildungsprojekte, 2011, zum Volltext , zum Fragebogen
Forschung DSF No. 29
Tobias Pietz / Leopold von Carlowitz: Ownership in Practice. Lessons from Liberia and Kosovo, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 28
Dirk Peters / Wolfgang Wagner: Parlamentarische Kontrolle von Militäreinsätzen in westlichen Demokratien, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 27
Wolfgang Frindte / Bertram Scheufele / Nicole Haußecker / Jens Jirschitzka / Susan Gniechwitz / Daniel Geschke / Katharina Wolf: Terrorismus - mediale Konstruktion und individuelle Interpretation: Ein friedenswissenschaftlicher Beitrag zur medien- und sozialwissenschaftlichen Analyse und Bewertung terroristischer Bedrohungen in Deutschland, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 26
Ulrike Joras / Karsten Palme / Rina Alluri / Martina Leicher: Tourismus, Frieden und Konflikt: Effekte, Strategien und das privatwirtschaftliche Engagement in der Friedensförderung, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 25
Sabine Kurtenbach / Oliver Hensengerth: Politische und gesellschaftliche Brüche nach dem Krieg: Jugendgewalt in Kambodscha und Guatemala, 2010, zum Volltext
Forschung DSF No. 24
Volker Franke / Marc von Boemcken: Attitudes, Values and Professional Self-Conceptions of Private Security Contractors in Iraq. An Exploratory Study, 2011, zum Volltext
Forschung DSF No. 23
Andreas Mehler / Daniel Lambach / Judy Smith-Höhn: Legitimate Oligopolies of Violence in Post-conflict Societies with particular Focus on Liberia and Sierra Leone, 2010, zum Volltext
[1] http://bundesstiftung-friedensforschung.de/images/pdf/weiterepublikationen/dlutz.pdf ; zur Gründung der DSF insgesamt http://www.ag-friedensforschung.de/science/dsf.html
[2] Zum Beispiel bei der Eröffnung solcher Masterstudiengänge in Augsburg und Hamburg, wo ich den Festvortrag hielt, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&catid=36%2B120&aid=1012 ; die Arbeitspapiere http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de/index.php/19-details-publikationen/124-arbeitspapiere-dsf
[3] http://salafismus.hsfk.de/ , Veranstaltungshinweis Berlin 14. April 2016 http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de/images/pdf/veranstaltungen/salafismus/Salafismus_Tagung.pdf
[4] Zivile Krisenprävention und globale Verantwortung – Deutsche Friedensförderung vor neuen Aufgaben, Impulspapier des Beirats Zivile Krisenprävention beim Auswärtigen Amt vom 23. Juni 2014, https://www.die-gdi.de/fileadmin/user_upload/pdfs/presse/pressemitteilung/2014/Beirat_Zivile_Krisenpraevention_Impulspapier_23.06.2014.pdf
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: