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"KRIEGSSPUREN" - Dokumentation über "Spuren des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion in Münster" (1988)

Veröffentlicht von: Nachtwei am 1. August 2018 12:45:32 +01:00 (29127 Aufrufe)

Im August 1988, vor 30 Jahren, nahm ich an der ersten Begegnungsreise einer parteinahen Gruppe aus Westdeutschland (Friedens-AG GAL/GRÜNE aus Münster) nach Belarus/Weißrussland teil. Hierfür erstellte ich die Dokumentation "Spren des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion in Münster". Hier die Doku (ohne Fotos), die in Minsk übergeben wurde.

ANHANG (Auszüge):

Kriegsspuren – Dokumentation über

Spuren des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und anderer Kriege gegen Russland in Münster (1988)

Zusammengestellt anlässlich der von der Friedens-AG der GRÜNEN Münster durchgeführten Begegnungsfahrt nach Minsk vom 12.-19.August 1988.

Gewidmet den zahllosen sowjetischen Opfern der in dieser Dokumentation genannten Militär- und Polizeiverbände aus Münster und Westfalen.

Überreicht den sowjetischen Friedensfreundinnen und –freunden in Minsk im August 1988 von der Reisegruppe der Friedens-AG von GAL/GRÜNEN Münster.

Münster ist weithin bekannt als die Stadt des „Westfälischen Friedens“. Doch seit Jahrhunderten war Münster auch eine Stadt der Soldaten und des Krieges, von Zeiten des "Kanonenbischofs" Christoph Bernhard von Galen (um 1670) bis zum VI. Armeekorps der Hitler-Wehrmacht. Heute ist Münster weiter eine bedeutende Militärstadt mit höchsten Kommandostäben und Kampfverbänden der Bundeswehr und der britischen Rheinarmee.

Münster – Die Stadt des Westfälischen Friedens

Nach vierjährigen Verhandlungen zwischen 150 Delegationen wurde im Rathaus von Münster 1648 ein Friedensvertrag zwischen Spanien und den Niederlanden unterzeichnet und damit ein seit 80 Jahren dauernder Krieg beendet. Zusammen mit dem Friedensschluß von Osnabrück fand im "Westfälischen Frieden" der Dreißigjährige Krieg seinen Abschluß: Seit 1618 waren allein in Westfalen 1019 Dörfer zerstört worden, waren in Deutschland von 15 Millionen Einwohnern 5 Millionen umgekommen. Dichter schrieben von Schwalben, die nun in Kriegerhelmen nisteten, von Spießen und Degen, die in Pflüge und Spaten umgewandelt wurden.

"Pax optima rerum – der Frieden – das Beste aller Dinge"

I.  Beteiligung von Truppen aus dem Münsterland und Westfalen an  Kriegen gegen Russland bzw. die Sowjetunion

1.  Kürassierregiment von Driesen (Westfalen) Nr. 4

Gegründet 1717

1812 Teilnahme an Napoleons Krieg gegen Russland, Feldzug in Kurland

1833 Einsatz gegen Aufstände in Polen und Baden

1849

1915 Bielsk, Wilna, Naroczsee (1916), Pripjetsümpfe (1916/17)

Das Panzerbataillon 194 in Münster-Handorf ist Traditionsträger des Kürassier-Regiments.

(Foto) Denkmal des Kürassier-Regiments an der Promenade, Ecke Aegidistrasse/ Am Stadtgraben (Aasee)

2.  Panzerregiment 11 (6. Panzerdivision)

Seit  1937 in Paderborn

1941 Angriff auf Leningrad, dann Moskau

1942  50 km vor Stalingrad

1943  Kursk, Charkow

1944  Wilna

Das Panzerbataillon 194 in Münster-Handorf ist Traditionsträger auch dieses Regiments

(Karte Panzerregiment 11 im Osten 1939-1945

3. 6. Infanteriedivision (rheinisch-westfälisch)

Bielefeld, Minden, Herford, Osnabrück

1941  Wilna, Polozk, Wjasma-Brjansk

1942  Rshew

1943  "Bandenunternehmen" "Freischütz" (östlich Smolensk), Kursk, Ssewsk, Sseosj

1944  Gomel, Ende zwischen Shlobin und Bobruisk

(Karte)

4. 16. Infanteriedivision (mot., westfälisch)

Ab September 1940

1941  Angriff auf die Sowjetunion

1942  Überquerung des Manytsch, Kalmückensteppe, 150 km bis zum Kaspischen Meer

1944  im März Ende bei Heeresgruppe Mitte

5. 16. Panzerdivision

Münster, Rheine, Soest, Arnsberg, Lüdenscheid

1941  Angriff auf die Sowjetunion, Umam, Kiew, Asowsches Meer, Donezbecken

1942  Barwenkowo, Charkow, Woltschansk, Großer Donbogen, Kalatsch, Wolga nördlich Stalingrad, Nordkessel

1943  Untergang in Stalingrad, Reste außerhalb

1944  Progrebitsche, Umam/Tscherkassy, Kamenez-Podolsk, Kolomea, Sokal

Heeresbataillone des Münsterlandes sind Traditionsträger von Regimentern der 16. Panzerdivision: Panzergrenadierbataillon 191 (Ahlen), PzGrenRgt 64, PzGrenBtl 193 (Handorf), PzGrenRgt 79

Panzerartilleriebataillon 195 (Handorf), PzArtRgt 16, Feldartilleriebataillon 71 (Dülmen), ArtRgt 16

(Foto: Denkmal der 16. Panzerdivision Münzstrasse/Neutor gegenüber I. Korps,

drei Karten Marschweg der 16. Panzerdivision im Osten 1941-1945)

6.  Im Bereich des VI. Armeekorps/Wehrkreis VI (westfälischer Raum) wurden im Laufe des Krieges folgend Divisionen aufgestellt, die alle in der Sowjetunion eingesetzt wurden:

69. Infanteriedivision (I.D.), 86., 106., 126., 196., 211., 227., 253., 306., 716. I.D.

7. Denkmal der 329. Infanteriedivision auf dem Waldfriedhof Lauheide

8. Reserve-Polizei-Bataillon 61 (I. PolRgt 9)

1939  Aufstellung in Dortmund und Recklinghausen, Posen

1943  Warschau, Idritza-Oposchka

1944  Pleskau-Leningrad, Opotschka, Ostrow (Partisanen), Wilna

Im Bereich des Befehlshabers der Ordnungspolizei im Wehrkreis VI/Münster wurden insgesamt 16 Reserve-Polizei-Bataillone aufgestellt, die alle außerhalb Deutschlands – zum großen Teil in der Sowjetunion, eingesetzt wurden. Aus Essen die ResPolBtl 62, 64, 67; aus Recklinghausen 65, 316; aus Köln 66, 68, 69, 309, 319; aus Duisburg 307, 308; aus Wuppertal 63, 317; aus Bochum 301.

Das Beispiel des Polizeibataillon 322 (s. Anhang) zeigt, dass Massenmord an Juden, Partisanen, Kommunisten und „Verdächtigen“ zu den Aufgaben der Polizeiverbände gehörte.

Die Geschichte dieser Militär- und Polizeiverbände ist bis heute nicht geschrieben. Soldatenverbände, ein Teil der Bundeswehrangehörigen und konservative Kräfte verehren in ihnen immer noch die „soldatischen Vorbilder“, preisen an ihnen die „treue Pflichterfüllung“. „Tapferkeit und Opferbereitschaft“.

Die Mitverantwortung dieser „Vorbilder“ für den faschistischen Aggressionskrieg, für die Massenvernichtung hinter der Front oder sogar die Beteiligung am Holocaust wird geleugnet,

Wo Friedensgruppen aufrufen, nicht nur der Toten zu gedenken, sondern die Deserteure der Wehrmacht zu ehren, schlägt ihnen oft Hass entgegen. Denkmäler für den „unbekannten Deserteur“ gibt es inzwischen in Bremen und Kassel. In Münster verweigerte die Bezirksvertretung Mitte mit den Stimmen der SPD und GRÜNEN den Soldatenverbänden den bisherigen städtischen Zuschuss.

II.  Sowjetische Kriegsgefangene und "Fremdarbeiter" in Münster 1939 – 1945

Insgesamt gab es in Münster 60 Lager für Kriegsgefangene und "Fremdarbeiter" in Gaststätten, Schulen, Kasernen, Bauernhöfen und anderswo. Im September 1944 befanden sich in Münster-Stadt 1289, in Münster-Land 368 "Fremdarbeiter", im Gau Westfalen Nord

131.228, davon 59.767 "Ostarbeiter".

Die Zahl der Kriegsgefangenen ist nicht ermittelt; bei Aufräumungsarbeiten waren ab Juli 1941 340 Kriegsgefangene in Münster eingesetzt, im Offiziers-Gefangenenlager D ab Sommer 1942 2.500 Gefangene; dem im Herbst 1944 zumindest mit seiner Verwaltung nach Münster verlegten Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (STALAG) VI F waren am 1.11.44 28.092 Gefangene unterstellt, davon 11.604 Russen.

(Foto: Reste des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers bei Haus Nünning, Münster-Gievenbeck)

Von 1939-1945 starben in Münster mindestens 800-1000 ausländische Kriegsgefangene und "Fremdarbeiter", darunter mehr als 500 Sowjetbürger. Sie wurden umgebracht durch harte Arbeit, schlechte Verpflegung und fehlende medizinische Versorgung; ein Teil wurde gefoltert und hingerichtet.

(Fotos:

- Zwinger mit Gedenktafel,

- Gelände des Offiziers-Gefangenenlagers (OFLAG VI D) in der Neuen Artillerie-Kaserne, Hoher Heckenweg. Hier fanden auch Hinrichtungen statt.

- Ehemaliges Zuchthaus, heute Gefängnis, an der Gartenstrasse. Hier wurden noch am 29.3.1945 17 Sowjetbürger durch Genickschuss ermordet.

- Friedhof und Ehrenmal bei Haus Spital/Am Gievenbach für Kriegsgefangene des I. Weltkrieges; 800 russische Gräber, 7 weitete aus dem II. Weltkrieg. An der linken Seite sollen 200 weitere zwischen 1941-45 gestorbene Sowjetbürger begraben worden sein.

- Gräber von zwei im Jahr 1945 gestorbenen Russen auf dem Friedhof bei Haus Spital.

Im Oktober 1918 waren im Kriegsgefangenenlager I am Haus Spital 20.946 Kriegs-

gefangene, darunter 6.355 Russen, 9.705 Franzosen.

- Friedhof und Ehrenmal der russischen Kriegsgefangenen des II. Weltkrieges inmitten

des heutigen Standortübungsplatzes Handorf-Dorbaum. Inschrift: "Hier ruhen 150

Sowjetbürger, die in deutscher Gefangenschaft in der Zeit von 1941-1945 verstorben

sind. Auch ihr Tod ist uns Verpflichtung. Frieden".

Die hier beerdigten waren in einem Zweigwerk der Rüstungsfirma Hansen & Co. auf dem Flughafen Handorf-Dorbaum eingesetzt.

- Gräber von 164 in Münster umgebrachten russischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern und Ehrenmal auf dem Waldfriedhof Lauheide. Hier sind auch die 17 im Zuchthaus Hingerichteten beerdigt.)

Wege in den faschistischen Krieg gingen auch über Münster. Mit 102 Luftangriffen, die mehr als 1600 Opfer forderten, kam der Krieg zurück.

(Foto: Prinzipalmarkt/Lamberti-Kirchplatz Ostern 1945

NIE WIEDER DARF KRIEG VON DEUTSCHEM BODEN AUSGEHEN!

UNSERE AUFGABE IST,

MIT DER ABRÜSTUNG BEI UNS ANZUFANGEN!

VERSÖHNUNG UND FRIEDEN MIT DEN VÖLKERN DER SOWJETUNION HERZUSTELLEN!

 

(Fotos:

- Ostermarsch 1988 für Frieden und Arbeit zwischen Überwasserkirche und Domplatz

- Menschenkette 1986 vor dem I. Korps in Münster, Transparent der Friedens-AG der GRÜNEN: „Wege in den Krieg führen auch durch Münster – Munitionstransporte, Bunkerbau Manöver“

- Ostermarsch Münsterland 1988: Dank der neuen sowjetischen Außenpolitik sind die Chancen, endlich zu echter und umfassender Abrüstung zu kommen, so gut wie selten zuvor in der Geschichte.

-         Wir dürfen diese historische Chance nicht verspielen, WIR MÜSSEN DIE CHANCE NUTZEN!

Listen der in Münster und dem Landkreis Münster gestorbenen Sowjetbürger und sowjetischen Gräber

Zusammengestellt wurden die Listen in den Jahren 1946-1949 von der Stadt- und Kreisverwaltung auf Geheiß der britischen Militärregierung.

Mit ihnen sind die tatsächlich in Stadt und Landkreis Münster gestorbenen und umgebrachten sowjetischen Kriegsgefangenen, ZwangsarbeiterInnen und Kinder nur unvollständig erfasst.

Die Listen sind heute im Stadtarchiv Münster unter den Archivnummern C 1/00 14, Kult C 305, 1a und b, Band 6, Amt 32 (Ordnungsamt) Lfd. Nr. 30.

Als erster und einziger hat bisher Marcus Weidner das Schicksal der Kriegsgefangenen und "Fremdarbeiter" in Münster erforscht. Sein Buch  "Nur Gräber als Spuren" überreichen wir mit den nachfolgenden Listen.

WIR DÜRFEN NIEMALS VERGESSEN!

FÜR VERSÖHNUNG UND FRIEDEN MIT DEN VÖLKERN DER SOWJETUNION!

Minsk/Münster im August 1988                                  Mitglieder und FreundInnen der

                                                                                     Friedens-AG von

                                                                                     GAL/GRÜNEN Münster

 

 

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch