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Mitgefühl und Solidarität

Veröffentlicht von: Webmaster am 8. Juni 2011 01:20:23 +01:00 (95894 Aufrufe)

Durch Sprengstofffallen wurden am 25. und 28. Mai wieder deutsche Soldaten und afghanische Regierungsvertreter in Chahar Darreh und Taloqan in Nordafghanistan zerfetzt, getötet und verwundet. W. Nachtwei kannte einige der Opfer. An General Kneip, an die Soldaten und Angehörigen sandte er ein Beileidsschreiben. Fünf Tage später folgte der nächste Anschlag.

Winfried Nachtwei

Mitglied des Bundestages

1994 - 2009

Mitglied im Beirat

Zivile Krisenprävention AA,

Innere Führung BMVg

 

 

Nordhornstr. 51

48161 Münster

Tel. 0251/8 65 30

Fax 0251/86 11 65

Mobil 0170/314 87 79

winfried@nachtwei.de

www.nachtwei.de

Herr

Generalmajor Markus Kneip

COM ISAF RC North

Mazar-i Sharf

per E-Mail

über Einsatzführungskommando

Münster, 1. Juni 2011

Sehr geehrter Herr General Kneip,

liebe Soldatinnen und Soldaten,

liebe Angehörige,

am letzten Samstag nahm ich in Bad Godesberg zum Abschluss einer Afghanistan-Tagung an einer Podiumsdiskussion teil. Nachdem wir vorher einen hoffnungsvollen Film über den mutigen und vorbildlichen Gouverneur Gulab Mangal in der höllischen Provinz Helmand gesehen hatten, gab es einige vorsichtig-optimistische Äußerungen zur Zukunft Afghanistans.

Es war genau der Zeitpunkt, als in Taloqan wieder gemordet wurde.

Mit tiefer Bestürzung hörten wir wenige Stunden später, dass dabei neben General Daud, dem Provinzpolizeichef und drei afghanischen Mitarbeitern auch ein Major aus dem Stab von General Kneip und einer seiner Personenschützer, ein Hauptfeldwebel der Feldjäger, durch eine Sprengfalle getötet worden waren.

Sie, General Kneip, Ihre Sprachmittlerin und vier weitere Bundeswehrsoldaten wurden bei dem Massakerangriff verwundet. Ebenfalls verwundet wurde der Gouverneur der Provinz Takhar, Abdul Dschabar Takwa und etliche afghanische Mitarbeiter.

Nur drei Tage zuvor war in Chahar Darreh bei Kunduz ein deutscher Hauptmann durch eine Sprengfalle getötet, ein Soldat und ein afghanischer Sprachmittler verwundet worden.

Ich trauere und fühle mit Ihnen, mit den Kameraden vor Ort, mit den Angehörigen der Soldaten, die ihre Liebsten verloren haben. Den an Leib und Seele Verwundeten wünsche ich baldige und vollständige Genesung sowie verlässliche Solidarität und Fürsorge.

Ich spüre die Erschütterung verstärkt deshalb, weil ich einige der Angegriffenen persönlich kennen gelernt habe: dem noch so jung wirkenden General Daud begegneten wir erstmalig Anfang 2004 in Kunduz. Ihnen, General Kneip, durfte ich 2006 zweimal begegnen. Ihre schon damals klaren und drängenden Worte sind mir in bester Erinnerung. Vielleicht traf ich bei unserem letzten Afghanistanbesuch vor Ostern mit Ihren beiden getöteten Kameraden zusammen.  Die uns bei Besuchen als Personenschützer zugeordneten Feldjäger habe ich durchweg in bester Erinnerung. Über Gouverneur Taqwa höre ich, dass er ein außergewöhnlich angenehmer und zugänglicher Gouverneur sei, tatsächlich ein Staatsvertreter für die eigenen Bürger.

Nach Jahren einer sich immer weiter verschlechternden Sicherheitslage vor allem im Raum Kunduz-Baghlan waren in den letzten Monaten erstmalig Lichtblicke zu sehen. Sie werden durch die letzten Anschläge überschattet, aber keineswegs ausgelöscht.

Wo Angehörige und Kameraden aus dem Leben, aus der Familie und dem Kameradenkreis   gerissen werden, wo Zukunft zerstört wird, da können Worte nur begrenzt trösten.

Umso mehr will ich Ihnen sagen, wie hoch ich den Einsatz unserer Soldaten in Afghanistan aus eigener Anschauung schätze: Seit 2002 besuchte ich als Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages und danach 16 Mal das Land, sah von Jahr zu Jahr die Fortschritte, zuletzt aber immer mehr die gespaltene Entwicklung - von Fortschritten immer noch, aber von der Rückkehr des Krieges andererseits. Ich erfuhr und erlebte, was die Soldaten und Soldatinnen zusammen mit anderen Unterstützern, mit Entwicklungsexperten und Polizisten  leisten.

Sie setzen sich ein, sie kämpfen  für mehr Sicherheit in einem kriegsgeschundenen Land, im Dienste der Vereinten Nationen und im Auftrag des deutschen Parlaments, im Sinne der internationalen Sicherheit und menschlicher Solidarität.

Die Soldaten - und Ihre Angehörigen - nehmen dafür große Belastungen und erhebliche Risiken auf sich. Auf sie, auf ihre Leistung und ihr Auftreten gegenüber der afghanischen Bevölkerung, auf ihre Besonnenheit, ihren Mut und ihre Tapferkeit kann die deutsche Bevölkerung stolz sein.

Umso mehr haben Sie alle Aufmerksamkeit und Unterstützung aus Deutschland verdient - unabhängig vom legitimen politischen Streit um den Afghanistaneinsatz.

Sie haben vor allem Anspruch auf eine Politik, die sich der Riesenaufgabe Afghanistan ehrlich und konsequent, mit Realismus und Ehrgeiz stellt, die ihrer Grundpflicht zum klaren und erfüllbaren Auftrag nachkommt.

Sehr geehrter Herr General,

ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mein Trauer- und Solidaritätsschreiben auch den Kameraden und Hinterbliebenen zur Kenntnis geben können.

Ihnen wünsche ich jetzt viel Kraft, gute Genesung und gegenseitige Unterstützung.

In herzlicher Verbundenheit

Ihr

gez.

Winfried Nachtwei

 


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Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

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Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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