FR, SZ, Südwestpresse, BamS: "Nachtwei leitet G36-Kommission"

Von: Nachtwei amDi, 07 April 2015 16:06:17 +02:00

Sind Bundeswehrsoldaten durch "Präzisionsabweichungen" des G36-Sturmgewehrs unter Hitzebelastungen bei Gefechten in Afghanistan zu Schaden gekommen? Das soll eine vierköpfige Kommission untersuchen, die von Verteidigungsministerin von der Leyen berufen wurde und die ich leiten soll.



Presseberichte zur Leitung der G36-Kommission

„Friedensbewegter Waffenexperte – Der Grüne Winfried Nachtwei soll auf Geheiß von der Leyens die G36-Probleme klären“, von Thomas Kröter, Frankfurter Rundschau 08.04.2015

Er hat nie einen Zweifel daran gelassen: „Ich mache weiter“, beginnt Winfried Nachtwei seine Vorstellung im Internet, „Aber anders“. 15 Jahre hat der Grüne dem Bundestag angehört. Als er 1995, damals noch in Bonn, Abgeordneter wurde, hätte er wohl jeden für verrückt erklärt, der ihm prophezeit hätte, was einmal sein Lebensthema werden sollte: Die Bundeswehr. Auch würde es der Geschichtslehrer sicher anders formulieren. Er würde von „Friedens- und Sicherheitspolitik“ sprechen.  

Aber die Theorie, die politischen Konzepte, die mussten sein. Aber es waren und sind die Menschen, die den heute 68-Jährigen interessieren – die Soldaten und die Menschen in den Ländern, in die ihr politischer Auftrag die Soldaten führt. Verböte es nicht seine Bescheidenheit, Nachtwei könnte zugeben, dass ihn seine allerneueste Aufgabe weniger überrascht als die meisten Kommentatoren: Gemeinsam mit dem scheidenden Wehrbeauftragten Helmut Königshaus und einigen Experten soll er aufdecken, „ob und inwieweit Bundeswehrsoldaten durch die ´Präzisionsabweichungen` des G36 bei Hitzebelastungen in Afghanistan zu Schaden gekommen sind“.

Auch für von der Leyen lag es durchaus nahe, einen wie ihn in diese Kommission zu berufen. Sie will die Bundeswehr breit in der Bevölkerung verankern. Vor allem aber will sie keinen Zweifel daran lassen, dass es ihr um Aufdeckung von Missständen in der Truppe geht, aber auch in en Beziehungen der Bundeswehr zur Rüstungsindustrie. Es bei propagandistischer Augenwischerei zu belassen, ist ihr viel zu gefährlich.

Winfried Nachtwei hat in seiner Zeit im Parlament  die Christdemokraten Volker Rühe und Franz Josef Jung, die Sozialdemokraten Rudolf Scharping und Peter Struck als Verteidigungsminister erlebt.  Höchst unterschiedliche Typen, denen er auf seine menschlich nie verletzende Art zusetzte – egal ob aus der Opposition heraus oder ob er mit ihnen in eine gemeinsame Regierungskoalition eingebunden war. Den Respekt der Soldaten, die ihn als Grünen, also Friedensbewegten, zunächst misstrauisch beäugten, hat er sich dabei Zug um Zug erworben.

Mehr als die Bundeswehr im Allgemeinen hat Nachtwei ihr größter Auslandseinsatz gepackt: Afghanistan. Das war eine politische Herausforderung noch mehr als der Einsatz auf dem Balkan. Dort war es gefährlich für die Soldaten, was die Politik der Grünen, wie sie in ihren Parteitagsbeschlüssen festgelegt war, schwer in Frage stellte. Der Politiker folgte der Truppe buchstäblich auf dem Fuße. Er mochte sich nicht auf die Berichte der Ministerialbürokratie verlassen. Er musste selbst an den Hindukusch. 17 Mal war er bislang dort und hat über jeden Besuch dort akribisch Rechenschaft abgelegt. Nun ist erst mal Pause mit der Reiserei. Sein neues Einsatzgebiet ist die Heimat.

. „Winfried Nachtwei: Kundig und unabhängig“

von Gunther Hartwig, Südwestpresse 09.04.2015

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Winfried-Nachtwei-Kundig-und-unabhaengig;art4306,3153204   

„Nachtwei leitet G36-Kommission

Der Grüne soll die Probleme mit dem Sturmgewehr untersuchen“

Süddeutsche Zeitung, 07.04.2015

Berlin – Als Winfried Nachtwei im Bundestag saß, hießen die Verteidigungsminister Rühe, Scharping, Struck und Jung. Seit 2009 gehört Nachtwei nicht mehr dem Parlament an, doch am vergangenen Donnerstag bekam der Grüne einen Anruf der aktuellen Ministerin. Die Christdemokratin Ursula von der Leyen hatte ein dringendes Anliegen.

Sie will untersuchen lassen, wie in der Vergangenheit mit bundeswehrinternen Meldungen und Berichten über Präzisionsprobleme des Sturmgewehrs G36 umgegangen wurde – dazu soll es eine Kommission geben. Vertreten sein soll darin auch der scheidende Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus, während Nachtwei das Gremium leiten soll, wie Bild am Sonntag meldete. Darauf angesprochen, sagt Nachtwei, er habe über das Anliegen der Ministerin kurz nachdenken müssen, ihr dann aber am selben Tag zugesagt. Warum die Wahl auf ihn fiel? „Ich denke, zum einen wird mir Sachverstand zugeschrieben, was die Bundeswehr und speziell Afghanistan angeht“, sagt der ehemalige Abgeordnete. „Zum anderen Unabhängigkeit.“

Nachtwei ist 68 Jahre alt, doch es ist nicht  etwa so, dass von der Leyen nun einen Polit-Pensionär zurückholen würde. Der Verteidigungspolitiker hat auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag nie aufgehört, sich mit Sicherheitspolitik und vor allem mit Afghanistan zu beschäftigen, Während die breite Öffentlichkeit allmählich zu vergessen beginnt, dass noch immer Bundeswehrsoldaten dort sind, war Nachtwei erst im Februar mal wieder in Afghanistan. Zum 18. Mal insgesamt.

Hätte man im Ministerium nicht früher und entschiedener dem Verdacht nachgehen müssen, dass unter bestimmten Bedingungen das Sturmgewehr der Bundeswehr nicht präzise genug trifft, also verletzt und tötet? Dass sich Winfried Nachtwei mal mit dieser Frage auseinandersetzen würde, hätte man nicht in jeder Phase seines politischen Werdegangs zwingend vermutet. Geboren im Kreis Recklinghausen, leistete er nach dem Abitur zwar Wehrdienst und war zuletzt Leutnant der Reserve – engagierte sich aber dann während des Studiums gegen den Vietnamkrieg, im Kommunistischen Bund Westdeutschland und später in der Friedensbewegung. Auf seiner Internetseite führt er unter „Auszeichnungen“ auch eine Verurteilung durch das Amtsgericht Münster wegen der Teilnahme an einer Sitzblockade der Friedensbewegung an – samt nachträglichem Freispruch „aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts von 1995“.

Nach 17 Jahren als Lehrer für Geschichte und Sozialwissenschaften kam Nachtwei 1994 in den Bundestag und stand in den folgenden Jahren repräsentativ für die außenpolitische Entwicklung der Grünen. Links sozialisiert, stimmte er 2001 nach langer Abwägung und innerem Ringen für den in der rot-grünen Koalition umstrittenen Einsatz an der Seite der USA in der Operation Enduring Freedom. Seither hat er das deutsche Afghanistan-Engagement stets sachkundig und mit kritischem Blick begleitet.

Auf seinen Reisen hat er Kamera und Notizbuch dabei, seine Aufzeichnungen archiviert er. „Eine fundamentale Seite meiner politischen Arbeit war ja immer die Recherche“, sagt Nachtwei. Die dürfte auch bei seiner neuesten Aufgabe im Mittelpunkt stehen.

CHRISTOPH HICKMANN

„Grüner leitet Gewehr-Kommission“

Bild am Sonntag 05.04.2015

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (56, CDU) lässt das Sturmgewehr G36 von einem Grünen-Politiker untersuchen. Weil die Waffe im erhitzten Zustand ungenau trifft, soll eine Kommission Gefechtseinsätze untersuchen und prüfen, ob Soldaten in Gefahr geraten sind. Den Vorsitz der Kommission übernimmt der grüne Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei (68). Auch den scheidenden Wehrbeauftragten des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP, 64), hat die Ministerin in die Kommission berufen. Von der Leyen zu BamS: „Ich freue mich, dass wir für diese Aufgabe zwei Persönlichkeiten mit so viel militärischem Sachverstand, aber auch unabhängigem Außenblick gewinnen konnten.“

In der vierköpfigen Kommission arbeiten zudem ein Experte für Einsatztaktik und ein technischer Fachmann der Bundeswehr mit.

ah