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Unglaublich: Obligatorische Friedens- und Menschenrechtserziehung - nicht in Deutschland, aber in Afghanistan, für alle Lehrerstudierenden

Veröffentlicht von: Nachtwei am 3. März 2015 18:14:38 +01:00 (55991 Aufrufe)

Vier Besuche bei Teacher Training Colleges in Nordafghanistan seit 2008 waren für mich immer besondere Erlebnisse. So erfuhr ich vom Vorhaben "Friedenserziehung" - nicht in kleinen Projektinseln, sondern flächendeckend für`s ganze Land. Jetzt beginnt die Umsetzung.

Curriculum für obligatorische “Friedens- und Menschenrechtserziehung”: Das gibt`s nicht in Deutschland, aber bald in Afghanistan –

für alle Studierenden an 44 Teacher Training Colleges!

Winfried Nachtwei, März 2015

Man hat sich daran gewöhnt, aus Afghanistan nur schlechte Nachrichten zu bekommen. Es gibt aber auch andere, bessere, zum Beispiel diese:

Ende Februar trafen in Kabul mehr als 120 Dozenten von Teacher Training Colleges (TTC) aus 30 Provinzen zu einem fünftägigen Workshop zusammen, um den Umgang mit dem neuen Friedenserziehungs-Curriculum zu lernen. Ab Neujahr (21. März) sollen die 45.000 Textbücher für die TTC-Studierenden (Peace Education Resource Books) und Manuals für die Lehrenden an den TTCs (PE Course Guides) erhältlich sein. Mit Einführung des Curriculums werden Kurse in Friedenserziehung für die 75.000 Studierenden im zweijährigen Lehrerstudium obligatorisch. http://wadsam.com/afghan-business-news/peace-education-curriculum-for-teacher-training-introduced-all-around-afghanistan-with-german-support-232/?

Entwickelt wurde das Curriculum 2013 vom Teacher Education Directorate (TED) im Bildungsministerium mit Unterstützung der deutschen GIZ im Auftrag des BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der UNESCO. In der elfköpfigen Course-Guide-Arbeitsgruppe wirkten ein UNESCO Vertreter und eine Beraterin von GIZ/Ziviler Friedensdienst mit. In einer Pilotphase wurde das Curriculum an den TTC`s der Provinzen Badakhshan, Balkh, Kunduz, Sar-i Pul und Takhar erprobt.

Der Peace Education Course Guide mit Handbuch beinhaltet Lehrplan, Modelle für Unterrichtsstunden und Quellenmaterial und behandelt auf 149 Seiten folgende Themenfelder:

  1. Frieden und Konflikt (sechs Model Sessions zu Was ist Frieden? Frieden im Islam; Friedensprinzipien; Friedenschaffen oder Gewaltvorbeugung? Definition von Konflikt
  2. Peace Building Verhaltensmuster (24 Model Sessions u.a. zu aktivem Zuhören, effektiver Kommunikation, Wahrnehmen von Emotionen, Umgang mit Wut, emotionale Ehrlichkeit, Empathie, Vertrauen, Bias, Kooperation, Agression/Durchsetzungsvermögen/Unterwerfung, Problemlösung, Positionen und Bedürfnisse, Perzeptionen/Kommunikation und Konflikt, Verhandlung, Mediation, Versöhnung)
  3. Menschenrechtsprinzipien
  4. Inklusive Erziehung und Pädagogik

Für Master Trainers des Teacher Education Directorate gibt es einen Training of Trainers (ToT) Guide.

Das Gesamtprojekt wird wesentlich von BEPA (Basic Education Programme for Afghanistan) unterstützt, einem Gemeinschaftsprogramm finanziert von BMZ und Swiss Development Cooperation und umgesetzt von der GIZ.

BEPA erreichte in 2013 580 TutorInnen (21% Frauen) und 15.100 Lehrerstudierende (61% Frauen), 2.770 Lehrkräfte und über 88.300 SchülerInnen (47% Mädchen).  http://www.giz.de/de/weltweit/14677.html

Fact Sheet „Peace Education“ der GIZ in Afghanistan durch Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes, Stand Januar 2013, http://www.ez-afghanistan.de/fileadmin/content/fact-sheets/englisch/2013-ZFD_Friedenspaedagogik-e-RZ.pdf

Weitere Informationen zum National Education Strategic Plan (2015-2020) draft (NESP III) Kabul, Ministry of Education, 2014, http://planipolis.iiep.unesco.org/upload/Afghanistan/Afghanistan_NESP_III_2015-2020_draft.pdf

Seit 2008 besuchte ich viermal Teacher Training Colleges im afghanischen Nordosten, wo fünf Colleges (plus Kabul) mit deutscher Unterstützung aufgebaut wurden. Allein das TTC Mazar hat fast 4.000 Studierende. Jedes Mal waren es Begegnungen mit den künftigen Lehrerinnen und Lehrern, die besonders viel Hoffnung machten.

Fotos auf www.facebook.com/winfried.nachtwei