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EU-Show im Kongo?

Veröffentlicht von: Webmaster am 1. Juni 2006 22:05:36 +01:00 (58687 Aufrufe)

Die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Mission im Kongo ist der umstrittenste Auslandseinsatz der Bundeswehr seit Jahren. In der Kongo-Debatte des Bundetages setzte sich Winfried Nachtwei mit den Gegenargumenten auseinander und plädierte für ein verstärktes politisches Engagement der EU über die Wahlen hinaus. Die Rede ...

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Nachtwei, Bündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Vorrednerinnen und Vorredner haben betont, wie wichtig die Unterstützung der Demokratischen Republik Kongo gerade in dieser Situation ist. Das ist sehr gut. Das ist aber auch eine Selbstverpflichtung über die Wahlen und die EU-Mission hinaus. Das ist eine sehr wichtige Botschaft des Deutschen Bundestages - ich gehe dabei von 100 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages aus - gegenüber der kongolesischen Öffentlichkeit.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Selbstverständlich geht es nicht darum, die Konflikte im Kongo militärisch zu lösen. Es hat einen mehrjährigen Friedensprozess gegeben. Es gibt ihn immer noch. Die Demobilisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Immerhin konnten von 20 000 Kindersoldaten 16 000 demobilisiert werden. Das ist ein enormer Erfolg. Aber wie es auf Dauer keine Sicherheit ohne Entwicklung gibt, so gibt es auch keinen Aufbau, keine Entwicklung ohne Sicherheit. Diese beiden Erfordernisse als Alternative gegeneinander zu stellen, ist völliger Unsinn, widerspricht allen Erfahrungen in solchen Ländern und widerspricht völlig den Erfahrungen der Vereinten Nationen. Herr Gehrcke, das sollten Sie sich in der Tat einmal zu Gemüte führen.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dieser Kongoeinsatz ist ganz offensichtlich der bei weitem strittigste seit der Entscheidung über den Afghanistaneinsatz 2001. Man muss auch sagen, dass die Bundesregierung, vor allem in Gestalt des Verteidigungsministers, erheblich dazu beigetragen hat. Ginge es heute nur darum, den Zickzackkurs der Bundesregierung zu bewerten, dann könnte man mit Fug und Recht Nein sagen. Aber es geht dabei noch um ein paar andere Sachen. Ich will zu den einzelnen Fragen Stellung nehmen.

Ist diese Mission zwingend notwendig oder überflüssig? Wer behauptet, sie sei überflüssig, ignoriert damit die eindeutigen Positionen und Forderungen der UNO in New York und der Blauhelmmission MONUC in Kin-shasa; aber nicht nur diese, sondern auch die der großen Masse der kongolesischen Zivilgesellschaft. Sie wollen dies vor allem.

Wenn Sie hier den Evangelischen Entwicklungsdienst zitieren, dann, Frau Kollegin Homburger, zitieren Sie bitte korrekt. Der Vorsitzende, Konrad von Bonin, hat festgestellt: Auch die Partner des EED im Kongo erhoffen sich überwiegend eine Absicherung der Wahlen durch die MONUC und die EU-Sondertruppe und begrüßen die deutsche Beteiligung.

(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Hört! Hört!)

Es ist in allen Gesprächen aber auch deutlich geworden, dass für sie die Beteiligung der EUFOR im Kongo nur ein kleiner Teil dessen ist, was sie längerfristig von der Europäischen Union und insbesondere von Deutschland im Rahmen der Politik der EU erwarten. Das ist völlig richtig. Denn beides gehört zusammen.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Handelt es sich hier um eine Showveranstaltung, wie zum Beispiel der Vorsitzende des Bundeswehr-Verbandes sagt, oder ist es abenteuerlich? Herr Westerwelle, man muss es immer wieder feststellen: Seit Wochen ziehen Sie durchs Land und verzerren mutwillig den Auftrag dieser Mission.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sie tun so, als sei diese Mission für die gesamte Stabilisierung verantwortlich. Das ist Unsinn. Wir und auch Sie wissen es besser: EUFOR ist nur ein Teil eines ganzen Stabilisierungspakets. Es geht um die Unterstützung von MONUC in einer kritischen Phase, vor allem in der Region Kinshasa.

Zu den Risiken. Die anfänglichen Festlegungen haben auch bei mir Zweifel geschürt, ob diese Mission glaubwürdig und verantwortbar ist. So, wie sie jetzt gestaltet ist - mit stärkeren Kräften und dem jetzigen Einsatzkonzept -, meine ich, ist sie glaubwürdig verantwortbar und richtig.

(Jörg van Essen [FDP]: Beeindruckend: „stärker"!)

Man muss auch feststellen, dass alle Experten in UN-Friedensmissionen, die Sie fragen, sagen: Auch mit einer recht kleinen, aber professionellen Truppe kann man eine ganz erhebliche abschreckende Wirkung hinbekommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÃœNDNIS-SES 90/DIE GRÃœNEN, der CDU/CSU und der SPD)

Außerdem sollte man bei den Risiken auch bedenken, welchen Risiken wir denn die ungeschützten Wahlbeobachter aussetzen. Von unseren Zivilexperten, die dort arbeiten, wird gar nicht gesprochen.

Diese EU-Mission ist notwendig, aber keineswegs hinreichend für die friedlichen Wahlen und eine nachhaltige Stabilisierung. Die Bundesregierung und die EU müssen alles für die politische Deeskalation im Vorwahlkampf tun. Nach den Wahlen - das ist mehrfach festgestellt worden; wir können es nur bekräftigen - geht die Arbeit allerdings erst richtig los. Dies wurde in Kin-shasa von verschiedenen Organisationen betont, jetzt auch richtigerweise von humanitären und Entwicklungsorganisationen.

Dann geht es zum Beispiel um dieses Hemd, das ich aus einem Demobilisierungscamp im Kongo mitgebracht habe. Die Demobilisierung, die Reintegration von Milizionären und Kindersoldaten ist ein entscheidender Punkt bei der Stabilisierung des Kongo über die Wahlen hinaus. Hier leistet die kongolesische Zivilgesellschaft fantastische Arbeit.

Ich meine, dass wir in dieser Situation die kongolesische Zivilgesellschaft, die große Erwartungen an die Europäische Union und auch an die Bundesrepublik richtet, nicht enttäuschen und nicht entmutigen sollten, sondern nach besten Kräften jetzt, im nächsten Jahr und in den Folgejahren unterstützen sollten. Deshalb bitten wir um Ihre Zustimmung, auch wenn wir Gegenstimmen selbstverständlich respektieren.

Danke.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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