Frieden     Sicherheit    Abrüstung
Logo

www.nachtwei.de

Genauer Hinsehen: Sicherheitslage Afghanistan (Lageberichte + Einzelmeldungen) bis 2019
Navigation Themen
Navigation Publ.-Typ
Publikationstyp
•  Pressemitteilung (319)
•  Veranstaltungen (7)
•  Pressespiegel (20)
•  Bericht (412)
•  Artikel (227)
•  Aktuelle Stunde (2)
•  Antrag (59)
•  Presse-Link (108)
•  Interview (65)
•  Rede + (111)
•  Große Anfrage (4)
•  Kleine Anfrage (31)
•  Fragestunde (1)
•  Tagebuch (48)
•  Offener Brief (32)
•  Persönliche Erklärung (6)
•  Veranstaltungstipp (6)
•  Vortrag (23)
•  Stellungnahme (60)
•  Weblink (17)
•  Aufruf (5)
•  Dokumentiert (35)

Nachtwei zur Frage der Entschädigung von Strahlenopfern in Ost und West

Veröffentlicht von: Webmaster am 29. Januar 2009 22:33:53 +01:00 (50126 Aufrufe)

Winfried Nachtwei gab zur Frage der Entschädigung von Strahlenopfern in Ost und West folgende Rede zu Protokoll:

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Spätestens seit 2001 ist im Verteidigungsministerium bekannt, in welchem Ausmaß Soldaten der Bundeswehr und der NVA bei ihrer Arbeit an Radargeräten in der Truppe schädlichen Radarstrahlen ausgesetzt waren und daran schwer erkrankten. Die Strahlenbelastungen lie­gen meist Jahre zurück und sind als eindeutige Krank­heitsursache oft nur noch schwer zu beweisen. Umso mehr haben sich die Betroffenen und ihre Angehörigen auf die Zusage des damaligen Verteidigungsministers Scharping verlassen, der im Juni 2001 zusicherte, dass für die Strahlenopfer der Bundeswehr und der ehemali­gen NVA eine „streitfreie und großherzige" Regelung ge­funden werden solle.

Auch die auf Ersuchen des Verteidigungsausschusses eingesetzte unabhängige Radarkommission, die 2003 ih­ren Bericht vorlegte, formulierte großzügige Kriterien für die Anerkennung auf Versorgungsleistungen für radar­strahlenerkrankte ehemalige Soldaten der Bundeswehr und der früheren Nationalen Volksarmee der DDR. Hatte das Bundesministerium der Verteidigung bei der Über­gabe des Berichtes den Geschädigten und Hinterbliebe­nen von Bundeswehr und NVA noch eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Empfehlungen zugesagt, vertrauen mitt-lerweile viele Betroffene und ihre Angehörigen auf diese Zusagen nicht mehr. Von etwa 3 700 Verfahren sind inzwi­schen etwa 700 zugunsten der geschädigten Soldaten ab­geschlossen. Das ist gerade einmal jeder Fünfte.

Viele betroffene Soldaten und ihre Angehörigen kämp­fen mittlerweile einen für sie zermürbenden und frustrie­renden juristischen Kleinkrieg mit der Verwaltung um Anerkennung auf Wehrdienstbeschädigung. Das Ministe­rium verzichtet noch nicht einmal darauf, nach einem verlorenen Radarprozess in Berufung zu gehen. Von einer großzügigen und unbürokratischen Anerkennung der Radargeschädigten auf Wehrdienstbeschädigung kann längst keine Rede mehr sein.

Zu Recht empfinden die Betroffenen und ihre Familien das Vorgehen von Verwaltung und Ministerium als unzu­mutbar. Eine Hinhaltestrategie, mit der Verfahren mög­lichst lange hinausgezögert werden oder auf Verjährung der Schadensersatzansprüche gesetzt wird, ist zynisch und nicht hinnehmbar. Der ehemalige Dienstherr steht in der Verantwortung, seiner Fürsorgepflicht gegenüber Soldaten und ehemaligen Soldaten, die zu Zeiten des Ost-West-Konfliktes ohne eigenes Wissen ihre Gesundheit und ihr Leben riskiert haben, rasch und vollständig nachzu­kommen. Die vom Verteidigungsausschuss beschlossenen Empfehlungen des Radarberichtes müssen daher ohne Wenn und Aber umgesetzt werden. Zusätzlich ist es not­wendig, Möglichkeiten einer Wiederaufnahme des run­den Tisches für strittige Fälle sowie die Aussetzung von Verfahren vorbehaltlos zu prüfen. Ministerium und Ver­waltung müssen zurückkehren zum Prinzip des Dialogs mit den Betroffenen. Auch eine bereits seit längerem dis­kutierte Stiftungslösung darf nicht leichtfertig vom Tisch gewischt werden. Damit könnten auch die Ansprüche auf Versorgungsleistungen von Radargeschädigten der NVA und ihren Hinterbliebenen besser berücksichtigt werden.

Die Versorgungsleistungen für Strahlenopfer der Bun­deswehr und der NVA sowie deren Hinterbliebene sollen laut Empfehlungen der Radarkommission einheitlich be­urteilt werden. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Aller­dings greifen für die Versorgungsleistungen von radar­geschädigten Soldaten der Bundeswehr und der NVA unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Während radar­geschädigte Soldaten der Bundeswehr Leistungen nach dem Soldaten- und Bundesversorgungsgesetz erhalten, haben ehemalige Soldaten der NVA entsprechend dem Einigungsvertrag und laut Dienstbeschädigungsaus-gleichsgesetz im Beitrittsland Anspruch auf eine Unfall-rente. Zudem werden die Unfallrenten auf die Altersren-ten aus der gesetzlichen Rentenversicherung teilweise angerechnet. Das Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz sieht außerdem keine eigene Zusatzversorgung für Hin­terbliebene von Radargeschädigten der NVA vor. Hinter­bliebene von radargeschädigten Soldaten der NVA sind mit Hinterbliebenen von Opfern von Arbeitsunfällen gleichgestellt und erhalten daher Leistungen aus der ge­setzlichen Rentenversicherung.

Diese Praxis hat der Bundesgerichtshof  in einem Ur­teil vom Februar 2008 bestätigt. Demnach haben Solda­ten der NVA, die durch ihre militärische Tätigkeit Strah­lenschäden erlitten haben, keinen generellen Anspruch auf Schadenersatz durch die Bundesregierung. Etwaige Ansprüche aus Zeiten der DDR sind laut Urteilsbegrün­dung mit der Wiedervereinigung nicht auf die Bundesre­publik übergegangen. Auch die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Der Einigungsvertrag bildet laut Ur­teil des Bundesgerichtshofes keine Grundlage für Haf­tungsansprüche.

Die Fraktion Die Linke fordert nun in ihrem Antrag die versorgungsrechtliche Gleichstellung von Radargeschä­digten der Bundeswehr mit Radargeschädigten der NVA. Das ist grundsätzlich richtig. Wenn die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag allerdings fordert, die Bundesre­gierung müsse sich ihrer Verantwortung für strahlenge­schädigte ehemalige NVA-Angehörige stellen und auch die Passiva der NVA übernehmen, dann muss sich die Linke, die zu erheblichen Anteilen Nachfolgepartei der SED ist, eine Frage an ihre Glaubwürdigkeit gefallen las­sen: Warum setzt sie sich nicht mit demselben Engage­ment auch für die Rehabilitation und Entschädigung von politischen Opfern des SED-Regimes ein?


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch