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OVG Münster urteilt in einer Tabu-Frage für das Völkerrecht: Dieses gilt auch für US-Drohnenangriffe, die über die Air Base Ramstein (Rheinl.-Pfalz) gesteuert werden

Veröffentlicht von: Nachtwei am 20. März 2019 10:49:57 +01:00 (41962 Aufrufe)

Ein spektakuläres, überfälliges - und eigentlich selbstverständliches Urteil.

Oberverwaltungsgericht Münster urteilt in einer Tabu-Frage

für das Völkerrecht: Es gilt auch für US-Drohnenangriffe,

die über die Airbase Ramstein (Rheinland-Pfalz) mitgesteuert wird

Am 19. März urteilte der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts in Münster (OVG): Die Bundesregierung muss sich durch geeignete Maßnahmen vergewissern, „ob eine Nutzung der Air Base Ramstein (in Rheinland-Pfalz) durch die Vereinigten Staaten von Amerika für Einsätze von bewaffneten Drohnen (…) im Einklang mit dem Völkerrecht stattfindet. Erforderlichenfalls müsse die Bundesrepublik auf dessen Einhaltung gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika hinwirken.“ Soweit die Kläger verlangt haben, die Nutzung der Air Base Ramstein für bewaffnete Drohneneinsätze zu unterbinden, hat das Gericht die Klage von drei Klägern aus dem Jemen, abgewiesen. Die Kläger hatten Angehörige – Zivilisten - durch einen US-Drohnenangriff im Jemen verloren. Rvision beim Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.

Die Presseerklärung des höchsten Verwaltungsgerichts des Landes NRW:

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/19_03_2019_1/index.php

Der Wortlaut der mündlichen Begründung

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/19_03_2019_1/190319a_Anlage.pdf

Zum Urteil Elmar Ries in den Westfälischen Nachrichten „Drohnenkrieg und Völkerrecht“, https://www.wn.de/Welt/Politik/3709101-Drohnenkrieg-und-Voelkerrecht-Bundesregierung-steht-nach-dem-Urteil-von-Muenster-vor-einer-heiklen-Aufgabe  

Mein Kommentar: Das Urteil ist spektakulär, überfällig – und eigentlich selbstverständlich: Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht. Und: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechts.“ (Art. 25 Grundgesetz) Zu diesen allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehört das internationale Gewaltverbot mit seinen in der UN-Charta festgelegten Ausnahmen. Hieran sind auch Stationierungsstreitkräfte der ehemaligen Besatzungsmächte in Deutschland gebunden.

Seit September 2001 ist es ein offenes, von der Bundesregierung notorisch verdrängtes und geleugnetes Geheimnis,

- dass die USA ihren „global war on terror“ geografisch und rechtlich entgrenzt führen, seit mehr als zehn Jahren auch mit Kampfdrohnen, zum Teil in völlig geheimen CIA-Operationen,

- dass der Echtzeit-Datenstrom der aus den USA gesteuerten Kampfdrohnen über eine Relaisstation auf der US-Air Base Ramstein läuft.

Der entgrenzte Einsatz von Kampfdrohnen ist praktiziertes „Recht“ des Stärkeren. Er steht exemplarisch für eine „Asymmetrie der Stärke“. Im Rahmen der Aufstandsbekämpfung in Afghanistan war die enorme Wirksamkeit von Kampfdrohnen bei der Tötung von Führungs- und Schlüsselpersonen der Aufständischen offenkundig. Auf einem ganz anderen Blatt steht, wie Präsenz und Einsatz von Kampfdrohnen bei der einheimischen Bevölkerung und dem Gegner am Boden wirken, ob sie den Gewaltkonflikt anheizen und auf der Gegenseite die Asymmetrie der Schwäche beflügeln. Diese zeigt sich in immer professionelleren Anschlagsmethoden mit Suizid-Angreifern. (vgl. meine Zusammenfassungen der UNAMA-Zivilopfer-Berichte, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1573 )

US-General Stanley McChrystal, ISAF-Kommandeur 2009/2010, sprach von der COIN(Counterinsurgency)-Mathematik: Man töte zwei Aufständische – und bekomme über deren Brüder, Väter, Söhne, Freunde zwanzig neue Aufständische. (Dieser Wirkzusammenhang   ist auch durch eine Untersuchung des National Bureau of Economic Research von 2010 bestätigt.)

Nach meiner Kenntnis spricht alles dafür, dass der militärische und geheimdienstliche („kinetische“) Antiterrorkrieg der USA viel mehr zu einem enormen Anwachsen des internationalen islamistischen Terrors beigetragen hat als zu seiner Eindämmung.

Über „US air strikes“ in Yemen, Somalia, Pakistan und Libyen berichtet fortlaufend „Long War Journal“ https://www.longwarjournal.org/us-airstrikes-in-the-long-war . Es handelt sich dabei wohl zum größten Teil um Drohneneinsätze. In früheren Jahren veröffentlichte LWJ Zahlen explizit zu den Drohneneinsätzen.

Zum Einsatz von US-Kampfdrohnen in Afghanistan berichtete ich erstmalig in meinen Materialien zur « Sicherheitslage Afghanistan (militärisch/polizeilich)» vom 28.10.2008 (erste Ausgabe August 2007):

«Anmerkung zu UAV`s (Unmanned Aerial Vehicle): Die MQ-9 Reaper («Sensenmann») ist eine Weiterentwicklung der MQ-1 Predator. Reichweite bis 6.000 km, max. Flugzeit 14 Stunden (bewaffnet) bis 30 Stunden (unbewaffnet, Aufklärung), Flughöhe maximal 15.000 m, Bewaffnung bis zu 14 Hellfire-Raketen (bis 8 km Reichweite) oder Mix aus Hellfire und Präzisionsbomben. Erfassung fester und beweglicher Bodenziele mit Auflösung von 30 Zentimetern dreidimensional auf bis zu 50 km Entfernung bei allen Witterungsbedingungen. Start in Bagram, Steuerung im Einsatz aus Creech Air Force Base in Nevada in 12.000 km (!) Entfernung. Vergleich zur F-16: gleiche Einsatzhöhe, ähnliche Waffenlast, gleiche Sensorleistung, viel längere Stehzeit über dem Kampfgebiet (bei F-16 nur 30 Minuten, MQ-9 mindestens 14 Stunden), Sofortreaktion. Kosten: Ein Satz von vier MQ-9 incl. Bodenausstattung 69 Mio. $, F-16-C/D 24,4 Mio. $ pro Stück. Eine Reaper-Besatzung kann zwei bis drei Maschinen führen. Zu Beginn des AFG-Einsatzes waren zwei bewaffnete Predator im Einsatz, heute sind UAV`s in AFG sieben Tage die Woche rund um die Uhr im Einsatz. Erster Waffeneinsatz der MQ-9 am 27. Oktober bei Deh Rawod/Uruzgan. (Quelle: „Y.“ 1/2008, S. 62 ff)

Im November 2008 berichtet USA Today von Plänen des Pentagon, eine ganze Reihe von Basen für Aufklärungs- und Kampf-Drohnen in AFG zu bauen, um näher an die Einsatzgebiete zu kommen.

In 2005 brachten es Drohnen in AFG und Irak auf 100.000 Flugstunden, 2008 waren es fast 400.000.“

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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