OEF-Querschüsse gegen Zivilbevölkerung und Bundeswehr in Kunduz

Von: Webmaster amDi, 24 März 2009 16:34:12 +01:00

Zur Enduring-Freedom-Spezialoperation in Kunduz am 21./22.3.2009 erklären Jürgen Trittin, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher:



Erneut hat ein Einsatz der Operation Enduring Freedom Zivilistinnen und Zivilisten das Leben gekostet - diesmal in der Provinz Kunduz im deutschen Verantwortungsbereich. Bundesverteidigungsminister Jung leugnet bisher jedes Fehlverhalten der OEF-Kräfte. Er lässt damit die Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilexpertinnen und -experten in Kunduz im Stich.

In der Nacht vom 21. auf den 22. März fand in Imam Sahib nördlich von Kunduz eine Spezialoperation von Kräften der Operation Enduring Freedom statt. Bei der Operation gegen angebliche "Hochwertziele" im Gästehaus des Bürgermeisters wurden fünf Personen erschossen, darunter nach unseren Informationen aus der Region ein Koch, ein Fahrer, ein privater Wachmann und ein Verwandter sowie eine männliche behinderte Haushaltshilfe. Vier bis fünf Personen seien, so die Wortwahl von EUPOL, entführt worden. Der Bürgermeister, ein bewährter Kooperationspartner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, befand sich im Nachbarhaus und wurde nicht angerührt. Über 1.000 Menschen demonstrierten in Imam Sahib friedlich gegen die Operation.

ISAF und das Wiederaufbauteam PRT Kunduz hätten keine Möglichkeit gehabt, die Operation zu beeinflussen, weil nichts mit dem PRT abgestimmt war. Hinzu komme, dass es bei der Operation keine Schadensbegrenzung und hinterher keine Kompensationsangebote gegeben habe. Die Presseerklärung des US-Militärs zu der Operation sei voller Unwahrheiten.

Eine solche Spezialoperation schadet politisch massiv der wichtigen Arbeit von Entwicklungshelferinnen und -helfern sowie ISAF und Bundeswehr in Nord-Afghanistan. Es gießt Öl in das Feuer der Aufstandsbewegung. Der schwere Vorfall bestätigt die jahrelange Kritik gerade unter landeskundigen Soldaten und Zivilexperten, dass die eigenständige OEF durch aggressive Operationen und separates Kommando dem gesamten internationalen Engagement und der Zentralregierung viel mehr schadet als nutzt. Seitdem ISAF für ganz Afghanistan zuständig ist, ist eine zweite (OEF) und gar eine dritte (CIA black operations) Paralleloperation durch nichts zu rechtfertigen und kontraproduktiv.

In der Phoenix-Runde "Unter den Linden" am 23. März forderte Jürgen Trittin Verteidigungsminister Jung zweimal zu einer Stellungnahme zu dem Vorfall auf. Der Minister leugnete ein Fehlverhalten der US-Kräfte. Ein Wort gegen die OEF-Querschüsse gegen die Arbeit der eigenen Soldaten in Kunduz ist von ihm nicht zu hören. Das ist Feigheit vor dem Freund zulasten unserer Soldatinnen und Soldaten sowie Entwicklungshelferinnen und -helfern.