ERSTMALIG + ENDLICH: Bericht der Bundesregierung über das dt. Engagement beim Einsatz von PolizistInnen in internationalen Polizeimissionen 2016, Bundestagsdebatte am 21. Juni

Von: Nachtwei amSo, 25 Juni 2017 16:48:22 +02:00

Seit 28 Jahren nehmen deutsche PolizistInnen an internationalen Friedensmissionen teil. Erstmalig konnte jetzt der Bundestag über einen zusammenfassenden Bericht der Bundesregierung dazu debattieren. Rund 15 PolizistInnen von Bund und Ländern schauten sich das von der Zuschauertribüne an und bekamen dabei immer wieder herzlichen Dank und Anerkennung für ihre enorme Leistung zu hören.  



ERSTMALIG + ENDLICH:

Bericht der Bundesregierung über das deutsche Engagement

beim Einsatz von PolizistInnen in internationalen Polizeimissionen 2016 und Bundestagsdebatte dazu

Winfried Nachtwei, MdB a.D. (25.06.2017)

Fotos unter www.facebook.com/einfried.nachtwei

Am 21. Juni 2017 debattierte der Deutsche Bundestag den Ersten Bericht der Bundesregierung über das deutsche Engagement von Polizistinnen und Polizisten in internationalen Polizeimissionen in 2016. Von nun an soll ein solcher Bericht jährlich vorgelegt und debattiert werden. Der Bericht (Drucksache 18/12445 vom 12.05.2017) unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/124/1812445.pdf

Auf der Zuschauertribüne verfolgten rund 15 Polizistinnen und Polizisten von Bund und Ländern die Debatte zusammen mit Dieter Wehe, dem langjährigen Vorsitzenden der AG Internationale Polizeimissionen (IPM) und früheren Inspekteur der Polizei NRW.

Das Protokoll der Plenardebatte (S. 24450C ff.) unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18239.pdf

Rückblick

1989 nahmen deutsche Polizisten (damals von Bundesgrenzschutz und DDR-Volkspolizei) erstmalig an einer internationalen Friedensmission teil: zur Absicherung des Unabhängigkeitsprozesses in Namibia, dem früheren (Deutsch-)Südwestafrika. Seit 1994 beteiligten sich auch BeamtInnen der Bundesländer an Friedensmissionen. Bis heute nahmen mehr als 9.000 Beamtinnen und Beamte von Bund (Bundespolizei, BKA und Bundeszollverwaltung) und Länderpolizeien an rund 40 mandatierten Friedensmissionen in ca. 30 Ländern sowie dem German Police Project Team (GPPT) in Afghanistan.

Das Bundeskabinett entscheidet jeweils über die Entsendung deutscher PolizistInnen in internationale Friedensmissionen. Eine kontinuierliche Unterrichtung des Parlaments fand praktisch nicht statt. Abgesehen von parlamentarischen Anfragen einzelner Fraktionen mangelte es auf Seiten der verschiedenen Koalitionsfraktionen an dem Willen, eine regelmäßige und seriöse Berichterstattung des Parlaments über polizeiliche Auslandseinsätze durchzusetzen.

Was einerseits seit Jahren zu einem strategisch unverzichtbaren Instrument von Stabilisierung und Friedensförderung geworden war, fand andererseits über viele Jahre auch im Parlament und seinen Ausschüssen kaum Beachtung. Keiner war so richtig dafür zuständig.

Das änderte sich erst mit dem Unterausschuss „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“. In einer gemeinsamen Anhörung zusammen mit dem Innenausschuss am 3. November 2014 wurden hier die zentralen Anforderungen an eine Weiterentwicklung und Stärkung des Instruments der Teilnahme an polizeilichen Friedensmissionen zusammengetragen und in einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen überführt. Am 23. September 2016 verabschiedete der Bundestag den Antrag mit großer Mehrheit. Die Forderungen u.a. nach einem jährlichen Bericht zu den Auslandsverwendungen sowie einem neuen Fachgebiet an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster zu ihrer wissenschaftlichen Begleitung werden nun in die Tat umgesetzt.

ENDLICH!

Zugleich ist ausgesprochen ernüchternd, wie lange es mit diesen elementaren Schritten dauerte, deren Notwendigkeit auf der Hand lag und unbestreitbar war. Der erste Jahresbericht ist noch rein deskriptiv. Nächste Berichte sollten auch deutlich offene und strittige Fragen, Probleme, Herausforderungen und Dilemmata benennen.

Erfreulich bei der Debatte war, wie engagiert und überzeugt Bundesinnenminister de Maizière und dann die Abgeordneten Susanne Mittag (SPD), Franziska Brantner (Grüne), Hans-Peter Uhl (CSU), Lars Castellucci (SPD), Irene Mihalic (Grüne), Thorsten Frei und Thorsten Hoffmann (beide CDU) zum Thema sprachen. Allein drei von ihnen sind ehemalige PolizeibeamtInnen. Einzig Ulla Jelpke (Linke) begnügte sich mit unterschiedsloser Pauschalkritik. Wie in Krisen- und Konfliktländern Bürgersicherheit gefördert, wie die Polizeikomponente in UN-Friedensmissionen gestärkt werden kann, was deutsche Polizistinnen und Polizisten bisher dort unter schwierigsten Bedingungen leisten – alles kein Thema.

In früheren Legislaturperioden standen Politiker des Innenausschusses den polizeilichen Auslandseinsätzen eher skeptisch gegenüber. Das scheint sich geändert zu haben. Zugleich fiel mir auf, dass die Außenpolitik – von der Zuständigkeit her federführend für dieses Handlungsfeld – auf der Regierungsbank wie im Plenum spärlich vertreten war. AA-Staatsministerin Maria Böhmer verließ bei der zweiten MdB-Rede den Plenarsaal. Von da an war das AA nicht mehr präsent.

Liste meiner Beiträge zu deutschen Beteiligungen an internationalen Polizeimissionen unter http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1460