Seit vielen Jahren gehört Stefan Feller zu den erfahrensten deutschen Polizisten in Leitungsfunktionen bei Internationalen Friedensmissionen. Jetzt wechselt er auf die höchste Position, die ein deutscher Polizist je in der VN-Welt eingenommen hat. Ich durfte ihm mehrfach begegnen. Seine Ernennung ist höchst verdient - und eine Verpflichtung für deutsche Politik, sich nicht mit 17 Polizisten für VN-Friedensmissionen zufrieden zu geben.
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Am 18. April 2013 ernannte VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon Stefan Feller zum Leiter der Abteilung VN-Polizei im Department of Peacekeeping Operations im VN-Hauptquartier. (www.un.org/en/peacekeeping/sites/police/ ) Er folgt Ann-Marie Orler aus Schweden. Der leitende Polizeidirektor Stefan Feller aus NRW gehört zu den erfahrensten deutschen Polizisten in Leitungsfunktionen bei Internationalen Polizeimissionen. Von 2000 bis 2004 war er erst stellvertretender, dann Leiter der UNMIK-Police im Kosovo. Diese Mission hatte Exekutivaufgaben und umfasste in 2000 4.700, in 2004 noch 3.500 Polizisten aus 48 Nationen, davon 280 aus Deutschland. 2004 bis 2008 leitete er den Polizeistab beim Generalsekretariat des Rates der EU bzw. die operative Einheit im Europäischen Auswärtigen Dienst, von 2008-2012 schließlich die EU-Polizeimission in Bosnien-Herzegowina. Im Oktober 2012 spielte Stefan Feller eine maßgebliche Rolle bei der „High-Level Conference on International Police Peacekeeping" von AA und BMI in Berlin, an der über 100 VN-Mitgliedsstaaten teilnahmen.
Wachstum bei Internationalen Polizeimissionen: Seit Jahren gewinnt die Polizeikomponente bei VN-Friedensmissionen an Bedeutung und Umfang: 1988 waren 35 Polizisten im VN-Einsatz, 1994 1.677, 2000 5.840. Ende März 2013 gehörten zu den 15 VN-geführten Missionen 12.551 internationale Polizisten neben 77.900 Soldaten, 1.800 Militärbeobachtern, 16.800 Zivilpersonen (davon 11.700 lokale MitarbeiterInnen).
Die Ernennung von Stefan Feller zum höchsten VN-Polizeiberater ist hochverdient und eine Anerkennung für in Internationalen Polizeimissionen durchweg sehr angesehene deutsche Polizisten insgesamt. Aber die Ernennung ist kein Grund zu politischer Selbstzufriedenheit. Denn die deutsche personelle Unterstützung für Internationale Polizeimissionen (und VN-geführte Friedensmissionen generell) ist überaus dürftig:
Deutscher Rückstand und Nachholbedarf: Am 31. März stellte Deutschland von den 12.500 VN-Polizisten ganze 17 - und nahm damit den 54. Platz der Personalsteller ein (Soldaten 176, Platz 41)! Diese reale Vernachlässigung VN-geführter Missionen widerspricht dem VN-Bedarf, dem Anspruch deutscher Politik und Kernkompetenz und ist durch nichts zu rechtfertigen. Mit anderen Worten:
Die Ernennung des deutschen Spitzenpolizisten an die Spitze des VN-Hauptquartiers ist vor allem eine Verpflichtung für deutsche Politik, für Bund und Länder, umfassender und ausdauernd zu Internationalen Polizeimissionen beizutragen. Entsprechend der Grunderfahrung, dass die Vereinten Nationen nur so stark sind, wie die Mitgliedsstaaten dafür die Voraussetzungen schaffen.
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Rückblicke: Auf dem Balkan und in Berlin durfte ich Stefan Feller mehrfach begegnen. Dabei lernte ich seine besondere Kompetenz, reiche internationale Erfahrung, seine Bodenhaftung, Offenheit und Herzlichkeit kennen. Sehr deutlich erinnere ich mich an Begegnungen im Kosovo, wo er viel dichter und nüchterner an der realen Konfliktlage dran war als so mancher KFOR-General - zum Beispiel am 16. März 2004 in den Stunden vor Ausbruch der Märzunruhen.
„Sofort nach Eintreffen in Pristina am Mittag des 16. März erfahren wir von den sich seit Wochen häufenden gewalttätigen Zwischenfällen. Im Gang zum UNMIK-Polizeichef hängen vor dem Büro eines Mitarbeiters Kleinplakate, die Martin Luther King vor einem Foto mit Mahatma Gandhi zeigen und zwei Zitaten von ihnen in Englisch und Albanisch:
„ (...) Intolerance is violence to the intellect and hatred in violence to the heart." (Gandhi 1942) "World peace through nonviolent means is neither absurd nor unattainable. All other methods have failed. Thus we must begin anew. Nonviolence is a good starting point. Those of us who believe in this method can be voices of reason, sanity, and understanding amid the voices of violence, hatred, and emotion. We can very well set a mood of peace out of which a system of peace can be built." (King 1964)
Am 6.3. wurden am Zaun des UN-Hauptquartiers in Pristina 4,5 kg TNT gefunden. Am vergangenen Freitag, 12.3., wurde ein Handgranatenanschlag auf das Haus von Präsident Rugova verübt. Am gestrigen Montagabend (15.3.) wurde in der serbischen Enklave Caglavica, unmittelbar südlich Pristina, ein serbischer Neunzehnjähriger mutmaßlich von albanischen Tätern durch mehrere Schüsse schwer verletzt und in das serbische Krankenhaus in Nord-Mitrovica eingeliefert. Seitdem besteht kein Zugang zu ihm, ist also auch die weitere Aufklärung des Tathergangs (ob ethnischer oder „normal" krimineller Hintergrund) behindert.
In Caglavica wurde daraufhin die Verbindungsstraße nach Skopje (Skopje-Highway) blockiert. In der nahen, größeren Enklave Gracanica kam es ebenfalls zu Straßenblockaden. KFOR, UNMIK-Police und Kosovo Police Service (KPS) sind vor Ort. Der Vorwurf ging um, KFOR und UNMIK könnten nicht den Schutz der serbischen Minderheit garantieren. UN- und KFOR-Fahrzeuge wurden mit Steinen beworfen. Heute Vormittag wurde eine Mercedes-Niederlassung demoliert, die sich in Besitz eines Albaners befindet.
Am heutigen Dienstag fanden landesweit an 27 Orten Demonstrationen gegen die Verhaftung von UCK-„Kriegshelden", de facto mutmaßlichen Kriegsverbrechern, statt. Organisiert wurden sie von dem „Veteranenverband" der UCK. Die ca. 2.500 Demonstranten in Pristina haben sich inzwischen aufgelöst. In Prizren waren Parolen zu hören wie „unsere Waffenlager sind voll, unsere Geduld geht zu Ende, nieder mit den Vereinten Nationen!" Der Bürgermeister wurde bedroht, die LDK sei eingeschüchtert. Die Organisatoren hätten Geld, steckten alle in der Organisierten Kriminalität.
An KFOR ging von UNMIK die Anforderung, landesweit ihre Präsenz voll hochzufahren. Zzt. laufe ein Prozess der Polarisierung und Fragilisierung, die Lage sei zerbrechlich. Man hat kein gutes Gefühl, da laufe mehr als Mobilisierung für den Wahlkampf.
Demo-Lagen dürfen sich nicht vermischen. Dabei sei das Versammlungsrecht sehr „polizeifreundlich". KFOR sei bei Bedarf immer schnell vor Ort, binnen einer halben Stunde. Ein taktischer Nachteil seien die wenigen Hubschrauber."
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Drei Monate später Feier „10 Jahre Auslandseinsätze der Polizei NRW" im Bildungs-zentrum Brühl des Instituts für Aus- und Fortbildung der Polizei NRW am 19. Juni 2004 (www.nachtwei.de/index.php/articles/507 )
„Das Festzelt ist mit Fototransparenten geschmückt, die verschiedene Motive mit NRW-Polizisten auf dem Balkan und in Afghanistan zeigen: im Gespräch mit zwei alten Kosovaren,  gemeinsame Streife mit indischen und kosovarischen Polizisten, UNMIK-Police-Commander Stefan Feller - Deutschlands Spitzen-UN-Polizist.
Eine Ausstellung im Gebäude 9 gibt einen Überblick über die Auslandseinsätze der deutschen Polizeien und die Beteiligung von NRW dabei.
Am 13. Oktober 1994 reisten erste Beamte aus NRW nach Mostar, um den Aufbau einer multiethnischen Polizei zu unterstützen.
Im Auftrag von Vereinten Nationen, OSZE oder EU helfen sie als Berater, Ausbilder, Beobachter - im Kosovo auch mit Exekutivbefugnis - beim Aufbau einer rechtsstaatlichen Polizei. Wo militärische Friedensmissionen „von außen" für Abwesenheit militärischer Gewalt sorgen, arbeiten multinationale Polizeimissionen für selbsttragende Sicherheitsstrukturen. Angesichts eines ganz anderen „Rechtsbewusstseins", der meist hohen Gewaltbereitschaft, der Verbreitung von Kleinwaffen, der Stärke der Organisierten Kriminalität ist das eine regelrechte Sisyphusarbeit. Für externes Nation (State) Building sind Polizeimissionen ein Schlüsselprojekt von strategischer Bedeutung.
Insgesamt kamen NRW-PolizistInnen mehr als 750mal zum Einsatz, etliche von ihnen mehrmals. Zurzeit sind 267 deutsche PolizeibeamtInnen in VN-Einsätzen und 93 in EU-Missionen in Bosnien-Herzegowina und Mazedonien. NRW stellt mit 61 BeamtInnen das größte Kontingent.
Abgeschlossen sind folgende Missionen:
-Â Â Â Â Â Â Â Â WEU Mostar 1994-1996, aus NRW 55 Beamte;
-Â Â Â Â Â Â Â Â UN-Mission in Bosnien-Herzegowina (UNMIBH) 1996-2002 295;
-Â Â Â Â Â Â Â Â MAPE in Albanien 1997-2001 12;
-        Kosovo Verification Mision KVM 1998 bis März 1999;
Laufende Missionen sind:
-Â Â Â Â Â Â Â Â EU-Polizeimission EUPM mit 16 NRW (72 DEU, 550 insgesamt);
-Â Â Â Â Â Â Â Â -UN-Mission im Kosovo UNMIK mit 35 aus NRW (278 DEU, 3.531 aus 47 Nationen insgesamt), 7-Tage-Woche;
-Â Â Â Â Â Â Â Â EU-Mission in Mazedonien PROXIMA mit 4 NRW (20 DEU, 127 insgesamt, Soll 210);
-Â Â Â Â Â Â Â Â Beratermission in Afghanistan mit 4 aus NRW (23 insgesamt aus DEU);
-Â Â Â Â Â Â Â Â UN-Mission in Georgien UNOMIG mit 1 aus NRW (4 aus DEU, 11 insgesamt)"
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Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: