In Mali stellt Deutschland erstmalig ein Bodentruppen-Kontingent für eine UNO-Friedensmission. Beim Absturz ihres Tiger-Kampfhubschraubers kamen die beiden erfahreren Piloten ums Leben. In Fritzlar fand erstmalig eine große, sehr bewegende Trauerfeier für deutsche UNO-Blauhelme statt.
Hubschrauberabsturz bei MINUSMA in Mali:
Bericht von der Trauerfeier in Fritzlar und
mein Beileidsschreiben zum Tod der deutschen Blauhelme
Winfried Nachtwei[1] (28.07./04.08.2017)
Am 26. Juli stürzte ein deutscher UNO-Kampfhubschrauber bei einem Aufklärungsflug nordöstlich von Gao ab. Die Besatzungsmitglieder, der 33-jährige Major Jan Färber und der 47-jährige Stabshauptmann Thomas Müller, wurden bei dem Absturz getötet. Hinweise auf Beschuss gibt es bisher nicht. Die Absturzursache – vermutet wird ein technisches Versagen – wird noch ermittelt.
Der abgestürzte Tiger-Kampfhubschrauber gehörte zum Helicopter Detachment (290 Soldaten) des deutschen Einsatzkontingents bei MINUSMA, der „Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission“ der UNO in Mali mit insgesamt rund 11.000 Soldaten und 1.600 Polizisten (davon 13 deutsche). Bei der parallelen EU Trainingsmission (EUTM) Mali sind zzt. rund 140 Bundeswehrsoldaten eingesetzt.
Heimatverband der insgesamt vier Tiger-Hubschrauber ist das Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ in Fritzlar/Nordhessen. Das Regiment ist Teil der Division Schnelle Kräfte, der Trägerin der Luftbeweglichkeit des deutschen und niederländischen Heeres (Luftlandebrigade 1, 11. Niederländische Luftmobile Brigade, KSK).
Der MINUSMA-Einsatz der Bundeswehr ist ihr erster Land-Kontingenteinsatz bei einer Friedensmission der Vereinten Nationen und mit ca. 900 Soldatinnen und Soldaten der zweitgrößte Bundeswehreinsatz nach Resolute Support in Afghanistan. (Zu MINUSMA und der deutschen Beteiligung http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1476 )
Hier mein
Bericht von der Trauerfeier im St. Peter Dom in Fritzlar am 3. August und
mein Beileids- und Solidaritätsschreiben vom 28. Juli an den Kontingentführer des
Deutsches Einsatzkontingent MINUSMA.
Die Trauerfeier am 2. August
Die Trauerfeier fand im Kaiserlichen Dom St. Peter in Fritzlar statt. Der Dom war mit 500 Trauergästen dicht gefüllt. Zwischen Dom und Rathaus verfolgten viele weitere Soldaten und Zivilpersonen die Trauerfeier auf einer Großleinwand.
(Umfassend zur Trauerfeier die „Hessische Niedersächsische Allgemeine“ am 3.8., https://www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/fritzlar-ort45393/absturz-hubschrauber-in-mali-trauerfeier-in-fritzlar-per-video-8561721.html ; Aufzeichnung des Live Streams des Hessischen Rundfunks, 1:34 Std., https://www.youtube.com/watch?v=fGmDQbkGKDk ; Video der HNA, 5:56 Min., https://www.youtube.com/watch?v=GxIygTRa1k8
An den Särgen, bedeckt mit der Bundesdienstflagge und einem Helm, hielten je acht Soldaten die Totenwache. Zwischen ihnen Portraitfotos von Major Jan Färber und Stabshauptmann Thomas Müller. Ca. alle halbe Stunde wechseln die Totenwachen im langsamen Trauermarsch.
Den ersten Teil der Trauerfeier bildete ein Ökumenischer Gottesdienst mit Ansprache des Stellvertrenden Leitenden Militärdekan Claus-Jörg Richter. Danach traten Angehörige an die Särge, verweilten dort und legten Blumen auf die Särge. (Eine solche Möglichkeit des Abschiednehmens gab es bei früheren Trauerfeiern für im Einsatz gefallene Soldaten nicht.)
Im zweiten Teil der Trauerfeier die Trauerreden von Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen, dem Bürgermeister von Fritzlar, Hartmut Spogat, und dem Kommandeur des Kampfhubschrauberregiments 36, Oberst Dr. Volker Bauersachs.
Die Ministerin: Jan. F. und Thomas M. seien Soldaten mit Leib und Seele gewesen – Heeresflieger, Piloten, TIGER-Crews. „Wir bleiben zurück: tief traurig, fassungslos, sprachlos und voller Fragen.“
Thomas Müller, 47 Jahre, davon 28 bei der Bundeswehr. In Fritzlar habe er die letzten acht Jahre den TIGER-Flugbetrieb maßgeblich mit aufgebaut.
„Er war einer der ersten sechs ausgebildeten TIGER-Piloten, die in dieses Regiment versetzt wurden. Er war auch eine Institution in diesem Regiment: hilfsbereit, verlässlich, besonnen, auch hoch dekoriert. Er war einer, zu dem man gern ging, wenn man Rat brauchte – als Vorgesetzter genauso wie als Kamerad. Einer, der sich immer Zeit nahm. Nicht umsonst war er lange der Sprecher der Vertrauenspersonen im Regiment. Er war der ruhende Pol. Und gleichzeitig ein „Motor“ –mit langem Atem, ganz Triathlet, und immer neuen Ideen.
Stabshauptmann Müller war einer der erfahrensten, wenn nicht der erfahrenste TIGER-Pilot der Bundeswehr. Einer von 4 Schwarmführern in der 2. Staffel des Kampfhubschrauber-
Regiments 36, gleichzeitig Ausbildungsleiter. Er kannte seinen TIGER in- und auswendig.
Zweimal war er schon im Einsatz in Afghanistan, und jetzt Mali.
Genauso Major Jan Färber: TIGER-Pilot mit Leib und Seele. Überaus stolzer Flieger, disziplinierter Soldat, ehrgeiziger Offizier, hoch anerkannt und beliebt im Kameradenkreis,
immer wissbegierig und sein Ziel fest im Blick. Er gab immer sein Bestes, immer 100 %.
Im Dienst genauso wie im Sport, z.B. beim Kite-Surfen.
Mit 18 fing er bei der Bundeswehr an (…). Doch sein großer Traum war immer das Fliegen.
Nach dem BWL-Studium in München konnte er ihn Wirklichkeit werden lassen.
In Bückeburg durchlief er seine Ausbildung. Und ging dann 2010 als Hubschrauber-Offizier hier nach Fritzlar.
Auch Jan Färber war Schwarmführer in der 2. Staffel des Regiments, war auf dem Weg, selbst einmal Verantwortung für eine Staffel zu übernehmen. Auch er war einsatzerfahren, war 2012 in Afghanistan. Jan Färber wurde 33 Jahre alt.“
Der Einsatz für den Frieden in Mali sei gefährlich. Und er sei von hoher Bedeutung – in einem Land, für ein Land, von dem wir nur durch zwei Staaten getrennt seien.
Gerade nach vielen Gesprächen, die sie in den vergangenen Tagen in Mali geführt habe – mit politischen Entscheidungsträgern, vor allem mit Soldatinnen und Soldaten des deutschen Kontingents on Gao, sei ihre feste Überzeugung.
„Ich habe den Wunsch und den Willen der Kameraden von Jan Färber und Thomas
Müller gespürt, dass dieser Einsatz weitergehen muss. Dass wir alles daran setzen müssen,
ihn Schritt für Schritt zum Erfolg zu führen. Ich habe Entschlossenheit und Mut gespürt:
„Lassen Sie uns jetzt nicht im Lager. Führen Sie den Einsatz unserer Heeresflieger weiter.“
Das waren die Worte.
Selbst Sie, liebe Hinterbliebene, haben gesagt:
„Die beiden wären in dieser Situation die ersten gewesen, die wieder ins Cockpit gestiegen wären.“
Und ich habe dieses starke Band der Kameradschaft gespürt. In Köln bei der Überführung.
In Gao bei unserem Kontingent. In Bamako im MINUSMA-Hauptquartier, über die Grenzen der vielen Nationen, die hier ihren Dienst leisten, hinweg. (…)
Wir haben bewegende Zeichen der Anteilnahme erleben dürfen, auch von unseren malischen
Kameraden – deren Minister unsere Toten am Flughafen Bamako posthum mit dem
Verdienstorden der Republik Mali auszeichnete.“ (Die ganze Rede https://www.bmvg.de/de/aktuelles/verteidigungsministerin-bei-der-trauerfeier-fuer-die-beiden-in-mali-gestorbenen-soldaten-16498 )
Der Bürgermeister: Er erinnert an den Abschiedsappell im März in Fritzlar, wo alle gehofft hätten, dass der Einsatz ohne Verluste bewältigt werden könne. „Es ist anders gekommen.“ Er spricht auch als ehemaliger Angehöriger des Regiments, der zwei Kameraden verloren habe, die er persönlich kannte und schätzte.
Der Regimentskommandeur:
„Sie fehlen als Kamerad, Mensch und Freund. (…) Worte können über den Verlust nicht hinwegtrösten.“ Das Mitgefühl gebe Kraft. Er habe den Eindruck gewonnen, dass die Betreuerteams aus Truppenpsychologen, Militärpfarrern und Soldaten des Regiments Ihnen, den Angehörigen, mittlerweile sehr nahe stehen.
Eine Fülle von Kondolenzschreiben habe ihn aus allen Teilen der Bundeswehr erreicht. Die „Soldatenfamilie“ reiche weit über das Regiment hinaus. „Gemeinsam in Trauer um unsere Gefallenen“ – auch mit den internationalen Verbündeten.
Was leite die „Soldatenfamilie“? Die soldatischen Tugenden – Tapferkeit, Mut, Standfestigkeit und Kameradschaft -, der Eid, „Wir dienen Deutschland“. Das hätten Jan und Thomas in vorbildlicher Weise getan.
Sie gaben ihr Leben in einer UN-Friedensmission. Damit Mali nicht im Chaos versinke, engagiere sich die UNO zur Stabilisierung des Landes. Die UNO verfüge über keine eigenen Kräfte und sei auf Unterstützung der Staatengemeinschaft angewiesen. Anfang des Jahres habe man die niederländischen Kameraden im Auftrag abgelöst. Insgesamt bestehe die Soldatenfamilie in Mali aus 57 Staaten.
„Mit einem Mandat des Deutschen Bundestages haben Jan und Thomas dem deutschen Volk treu gedient und dabei alles gegeben. Sie verdienen unseren Respekt.
Sie haben in ehrenvollem Auftrag, andere Soldaten am Boden mit den Fähigkeiten des Tigers zu schützen, ihr Leben gegeben. Sie waren sozusagen die Lebensversicherung der Infanteristen, die in den Feuerkampf geraten.
Für diesen Auftrag waren sie als eingespieltes Team im Tiger bestens vorbereitet. Beide Kameraden waren fachlich und menschlich hoch angesehene Kameraden unseres Regiments und mit Thomas Müller war der erfahrenste Pilot an Bord.
Was dort am Himmel auch immer passiert ist. Wenn diese Besatzung den Absturz nicht abwenden konnte, dann hätte es keine andere vermocht.
Das ist meine klare Botschaft an die, die ohne Kenntnis der Männer sich anmaßen, etwas anderes zu suggerieren.“
Um die beiden etwas vorzustellen und zu zeigen, wie tief sie im Regiment integriert waren und welche Lücke sie hinterlassen, notierte der Kommandeur einige Zeilen aus den Kondolenzbüchern, die in der Kaserne ausliegen:
„Zitat: Lieber Tommi, es war mir eine Ehre, Teil deines militärischen Lebens gewesen zu sein. Deinen Angehörigen wünsche ich die nötige Kraft und Gottes Segen.
Zitat: Lieber Jan, seit so vielen Jahren gekannt und doch nicht alles gesprochen. So viel gemeinsam erlebt und trotzdem noch Lücken. Und so viel gemeinsam geübt und gelernt und trotzdem nie den ganzen Menschen kennenlernen dürfen. Ich werde dich vermissen.
Zitat: Lieber Thomas, ich werde es vermissen, mit Dir zu diskutieren, von Dir zu lernen, mit Dir zu streiten, mit Dir zu üben und mit Dir zu lachen. Ich werde Dich vermissen.
Zitat: Lieber Jan, wir fühlen uns so leer, so machtlos. Diese Lücke wird niemand füllen können.
Liebe Familie Müller, liebe Familie Färber, Sie können zu Recht stolz sein auf diese großartigen beiden Menschen.
Ich weiß, es muss hier für einige schwer zu verstehen sein, warum wir uns Soldaten diesen besonderen Gefahren unseres Berufes aussetzen. Es ist unsere Überzeugung als Soldat, bis in letzte Konsequenz füreinander einzustehen. Das bedeutet für uns Kameradschaft. (…)
Mir ist klar, das kann nicht jeder verstehen. Das ist auch schwer, insbesondere für unsere engsten Angehörigen. Auch für meine Frau, die mich heute begleitet, ist das schwer zu verstehen. Ich bin ihr aber unendlich dankbar, dass sie meine Bereitschaft, treu zu dienen, zumindest akzeptiert.“
Beste Grüße richtete der Kommandeur schließlich an den Einsatzverband in Mali.
„Wir sind in Trauer alle vereint. Liebe Familie Müller, liebe Familie Färber, auch Sie bleiben Teil unserer Soldatenfamilie. (…)
Die Trauerfeier im Dom endete mit der Nationalhymne.
Ein Trauerkondukt schloss sich an: An der Spitze im langsamen Trauermarsch Soldaten des Wachbataillons mit fünf großen Kränzen der Familien, der Bundesregierung, des hessischen Ministerpräsidenten, des Regiments. Auf der ersten Kranzschleife die Worte „Den Augen fern - dem Herzen ewig nah - Familie ..“ Jeweils hinter einem Soldat mit dem Ordenskissen des Toten und acht Kameraden des Regiments je acht Soldaten des Wachbataillons, die den Sarg auf den Schultern tragen. Als der zweite Sarg aufgenommen wird, durchbricht ein lautes Weinen das stumme Weinen in der Trauergemeinde. Hinter dem Sarg erst die Geistlichen, dann die Ehefrau, die Lebensgefährtin, die Eltern, Geschwister, Angehörigen, Freunde, Kameraden, sich gegenseitig stützend. Es folgen Ministerin von der Leyen, der hessische Ministerpräsident Bouffier, Generalinspekteur Wieker …
Es sind die erschütterndsten, am tiefsten aufwühlenden Minuten der Trauerfeier, mitgefühlt von Hunderten rechts und links.
Auf dem Domplatz werden die Särge in bereitstehende Fahrzeuge geschoben. Nach kurzem Trommelwirbel bläst ein Trompeter das „Lied vom guten Kameraden“.
Nachbemerkungen:
- Im September 2015 hatte die Bundeswehr die letzten beiden Toten in Einsatzgebieten zu beklagen, im Mai 2013 den letzten Gefallenen durch gegnerische Einwirkung (in Afghanistan).
Die große öffentliche Trauerfeier in Fritzlar war die erste für Bundeswehrsoldaten, die bei einem UNO-geführten Einsatz ums Leben gekommen sind. Als im Oktober 2001 Oberstabsarzt Dieter Eißing (33) und acht internationale Kameraden der UNO-Beobachtermission in Georgien durch Beschuss ihres UNOMIG-Hubschraubers ums Leben gekommen waren, vermied die Bundesregierung jede größere Aufmerksamkeit.
- Ganz im Gegensatz zu den Berliner Verhältnissen war die Trauerfeier in Fritzlar bemerkenswert öffentlich und zugänglich, keine Spur von Hochsicherheitstrakt.
- Unter den Trauergästen sah ich erfreulich viele Bundestagsabgeordnete des Verteidigungsausschusses. Ich hoffe, dass dieses Mal auch Angehörige des Auswärtigen Ausschusses an der Trauerfeier teilnahmen. Immerhin liegt bei den Außenpolitikern die Federführung der Auslandseinsätze. (Bei früheren Trauerfeiern war mir die spärliche bis fehlende Teilnahme von Außenpolitikern aufgefallen.)
Bundestagsabgeordnete geben mit ihrer Stimme grünes Licht für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Hier werden sie mit den schärfsten und schmerzhaftesten Konsequenzen der eigenen Entscheidungen konfrontiert. Das bietet die Gelegenheit zu einer Art politischer Gewissensprüfung: Geschieht alles Menschenmögliche, damit der Einsatz auch reale Erfolgschancen hat, dass der Einsatz nicht nur von der guten Absicht, sondern auch von seiner Wirkung her Sinn macht? Ist das Verhältnis von Auftrag, Wirkung einerseits und Kosten, menschlichen Belastungen und Risiken andererseits verantwortbar?
(Vor einigen Wochen erfuhr ich, dass es zum Mali-Einsatz über die wöchentliche „Unterrichtung des Parlaments“ mit seinen Ereignismeldungen hinaus kein regelmäßiges Berichtsformat der Bundesregierung zum deutschen Mali-Engagement gibt.)
- Gerade bei UNO-Einsätzen ist es üblich, von Friedensmissionen zu sprechen. Das ist angemessen und irreführend zugleich. Sie sollen in der Tat „große Gewalt“ verhindern, große Sicherheitsgefahren abwehren und damit Friedensprozesse unterstützen. Frieden schaffen können sie aber keineswegs. Hierfür liegt die Primärverantwortung bei den einheimischen Konfliktparteien und einer politischen Konfliktlösung, die von externen Akteuren nur unterstützt und gefördert, aber nicht stellvertretend erreicht werden kann.
- Eine Grunderfahrung der Krisen- und Friedensengagements der letzten 20 Jahre ist: Keiner schafft es alleine; die Notwendigkeit von Vernetzung und bestmöglichem Zusammenwirken der verschiedenen Ressorts und Akteure für gemeinsame Ziele (vernetzter Ansatz). Die vernetzte Dimension des MINUSMA- und Mali-Einsatzes, das aufeinander Angewiesen-Sein der Soldaten, Polizisten, Diplomaten und Zivilisten kam nicht zur Geltung, von keiner Seite.
- Eine militärische Trauerfeier ist geprägt durch Uniformen, militärische Organisation, Ordnung, eingeübte Exaktheit. Der Rahmen war würdig, im Mittelpunkt stand das persönlich Menschliche, die Artikulation von Trauer, Schmerz, auch Zweifel, das Verbindende, Kraftspendende und das soldatische Selbstverständnis – ohne falsches Pathos, ohne Verklärung des Militärischen, gar des Soldatentodes.
- Der politische Auftrag, der konkrete Einsatzsinn kam zur Sprache, ohne in die Einzelheiten zu gehen oder ihn zu überhöhen. Ob das den Angehörigen und den Kameraden so reichte, ob es überzeugend war oder viel überzeugender sein müsste, weiß ich nicht.
Die Schlüsselfrage, wie MINUSMA die ehrgeizigen Mandatsziele mit unzureichenden Kräften (nur 82% der militärischen, 66% der polizeilichen Sollstärke) und struktureller Überdehnung erreichen soll, konnte nicht bei der Trauerfeier, muss an anderer politischer Stelle thematisiert werden.
Mein Beileids- und Solidaritätsschreiben vom 28. Juli
Sehr geehrter Herr Oberstleutnant P.,
mit großer Bestürzung erfuhr ich am Mittwochabend vom Absturz des Tiger-Kampfhubschraubers der Bundeswehr nordöstlich Gao und dem Tod der beiden Besatzungsmitglieder.
Ich trauere um die Soldaten, die im Einsatz ihr Leben verloren haben. Die Soldaten des Deutschen MINUSMA-Kontingents und von MINUSMA insgesamt haben zwei professionelle und gute Kameraden verloren. Familien in der Heimat haben ihren nächsten Angehörigen verloren.
Ihnen drücke ich mein tief empfundenes Mitgefühl und Beileid aus.
Noch am Dienstag berichteten uns in Berlin in der AG „Einsatzrückkehrer und Einsatzfolgen“ des Beirats Innere Führung vier Einsatzrückkehrer von ihrem kürzlichen Einsatz bei MINUSMA und EUTM Mali. Sie machten plastisch deutlich, wie enorm strapaziös die Einsatzbedingungen in Mali sind, wie unverzichtbar aber auch die internationalen Missionen sind, um die Chance des Friedensvertrages zu stabilisieren und einen Rückfall in den offenen Krieg zu verhindern. Und sie berichteten, wie freundlich und dankbar sich die einheimische Bevölkerung gegenüber den MINUSMA-Soldaten und insbesondere den deutschen zeige.
Bei einer Informationsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen zu MINUSMA am 29. Mai, dem International Day of UN-Peacekeepers, betonte eine langjährige zivile UN-Mitarbeiterin, wie besonders wichtig die Hubschrauber seien: Unter ihrem Schutz kämen Konvois viel besser durch kritische Gebiete.
Der Tod der Tiger-Besatzung erinnert uns daran, dass MINUSMA mit 68 durch feindliche Einwirkung Gefallenen und 317 Verwundeten seit Anfang 2016 die gefährlichste UN-Mission weltweit ist.
Die mit Beschluss des Bundestages nach Mali entsandten Frauen und Männer der Bundeswehr verdienen – wie auch die deutschen Polizisten und Entwicklungsexperten – in Deutschland mehr Aufmerksamkeit und hohe Anerkennung.
Die Einsatzbelastungen und –risiken bekräftigen Ihren Anspruch auf einen klaren, erfüllbaren und glaubwürdigen Auftrag.
In Dankbarkeit für Ihren Einsatz und in herzlicher Verbundenheit grüßt Sie und Ihre Kameradinnen und Kameraden,
Ihr Winfried Nachtwei
(MdB 1994-2009, Beirat Innere Führung, Beirat Zivile Krisenprävention/AA,
Vorstand Dt. Gesellschaft für die Vereinten Nationen/DGVN)
[1] MdB 1994-2009, Mitglied im Beirat Innere Führung/AG „Einsatzrückkehrer und –folgen, Vorstand Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen/DGVN
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: