Immer mehr Einsätze und Aufgaben für die Bundeswehr?
Von: Webmaster amMi, 31 August 2005 16:27:00 +01:00Vor 66 Jahren, am 1. September 1939, überfiel das nationalsozialistische Deutschland Polen und entzündete mit dem 2. Weltkrieg einen beispiellosen Vernichtungskrieg.
Seit Kriegsende vor 60 Jahren ist die allererste Lehre, den Anfängen von Menschen- und Demokratieverachtung, Gewalt und Krieg zu wehren. Diese Lehre fand ihren Niederschlag in der Gründung der Vereinten Nationen und im Friedensgebot des Grundgesetzes.
Mit dem "Major Event" des UN-Gipfels der Staats- und Regierungschefs Mitte September steht die Friedensfähigkeit der UN an einer Wegscheide: Förderung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele und UN-Reform oder Versagen vor den wachsenden Bedrohungen für die Eine Welt. Während einige Staaten, führend dabei leider die US-Regierung, vor allem destruktiv agieren, setzen wir uns uneingeschränkt für die Ziele und Stärkung der UN ein. Der Aufbau neuer Fähigkeiten der zivilen Krisenprävention in Deutschland gilt international als vorbildlich. Wenn die Union zur UN in ihrem Programm schweigt, dann zeigt das eine beunruhigende außenpolitische Desorientierung.
Auslandseinsätze der Bundeswehr sind inzwischen Alltag deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Sie unterscheiden sich diametral vom Krieg der Wehrmacht, sind deshalb aber weder unumstritten noch normal. Ein Abzug aus Afghanistan wäre verantwortungslos. Ebenso verantwortungslos wäre, die Bundeswehreinsätze und –aufgaben immer mehr auszuweiten. Eine Verständigung über neue Grenzen steht an.
Die multinationalen Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan dienen eindeutig der Gewalteindämmung und sind Voraussetzungen für den Wiederaufbau. Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan würde der ISAF-Friedenstruppe ihr größtes und verlässlichstes Kontingent entziehen, die mühsame und von 79 internationalen Nichtregierungsorganisationen geforderte ISAF-Ausweitung umkehren, den Taliban-Resten und Warlords Auftrieb geben und damit den Aufbauprozess zerstören. Was erweiterte PDS und andere fordern, wäre ein Geschenk an alle Gewalttäter und Kriegstreiber in Afghanistan und ein Schlag gegen die UN überhaupt.
Mit dem Afghanistan-Einsatz und dem internationalen Terrorismus erfuhr deutsche Sicherheitspolitik eine ungeahnte Entgrenzung. Wo Minister Struck Bundeswehreinsätzen weltweit das Wort redet und die Union mehr Bundeswehraufgaben im Innern sieht, steht die Klärung neuer Grenzen auf der Tagesordnung.
Mehr Bundeswehr im Innern ist überflüssig und bringt nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.
Die Aufgaben der Bundeswehr jenseits der Landes- und Bündnisverteidigung müssen klar und verbindlich geregelt werden. Bundeswehr darf ausschließlich für die Ziele und nach den Regeln der UN zur Gewalteindämmung und internationalen Rechtsdurchsetzung im Dienste kollektiver Sicherheit mit UN-Mandat eingesetzt werden. Einsatzraum kann nicht unterschiedslos die ganze Welt sein. Sicherheit kann heute nur gemeinsam gewährleistet werden. Die Stärkung der VN ist deshalb unerlässlich. Stabilisierung und Absicherung von Friedenskonsolidierung muss Einsatzschwerpunkt der Bundeswehr bleiben. Vor allem aber gilt es, gegenüber dem "letzten Mittel" Militär die vorrangigen diplomatischen, zivilen und polizeilichen Präventions- und Peacebuildingfähigkeiten auszubauen. Hierfür sind wir der Motor in der rot-grünen Koalition gewesen. Noch mehr Anstrengungen und Friedensinvestitionen sind notwendig. Nur so lässt sich wirksam den Anfängen wehren.