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Sicherheitspolitik und Bundeswehr + Internationale Politik und Regionen + Rede von Winfried Nachtwei
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Rede zum AWACS-Einsatz in Afghanistan

Veröffentlicht von: Webmaster am 17. Juni 2009 09:13:09 +01:00 (94069 Aufrufe)

Im Bundestag nahm Winfried Nachtwei zum Antrag der Bundesregierung: "Beteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatz von NATO-AWACS im Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen" wie folgt Stellung:

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei von Bündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Entsendung der AWACS-Aufklärungsflugzeuge geht es um zwei Schlüsselfragen. Erstens: Sind sie notwendig und dringlich für die Flugsicherheit in Afghanistan ins­gesamt? Zweitens - diese Frage hat Kollege Paul Schäfer auch angesprochen -: Sind sie insgesamt ein Beitrag zu mehr Sicherheit oder insgesamt ein Beitrag zur Konflikteskalation?

Kollege Schäfer hat dazu aufgerufen, genau hinzuse­hen. Hinterher hat er diesen Anspruch allerdings nicht mehr eingelöst, sondern nur noch auf die eine Seite ge­schaut. Ich versuche jetzt, tatsächlich genau hinzusehen.

Der Auftrag ist schon genannt worden. Daher komme ich direkt zum Bedarf. Wir wissen, dass es in Afghanis­tan keine landesweite Luftraumüberwachung gibt, son­dern nur Bodenstationen in Kabul, Kandahar und Hel­mand sowie ein wenig im Osten. Die Station in Kabul hat auch nur eine begrenzte Reichweite. Die Überwa­chung geht bis zu den Bergen, also maximal 20 bis 30 Kilometer. Danach kommt der Radarschatten; danach ist Schluss. Zurzeit sind allerdings auch schon einige amerikanische AWACS-Flugzeuge im Einsatz, die aber nur begrenzte Tageszeiten abdecken.

Das Flugaufkommen ist in allen Bereichen stark ge­stiegen. Meines Wissens finden zurzeit täglich bis zu 70 Luft-Boden-Einsätze der alliierten Streitkräfte, ein­schließlich Show of Force, statt. Die genaue Zahl der UNAMA- und ISAF-Flüge sowie der sonstigen Flüge liegt mir nicht vor; aber ich wette, dass ihre Zahl deut­lich darüber liegt. Man muss sich nur anschauen, wie hoch das Flugaufkommen am Flughafen von Kabul stän­dig ist. Zurzeit fliegen 15 zivile Fluggesellschaften ins­gesamt 62 Flugplätze und Flugpisten in Afghanistan an. Einige von uns wissen, wie diese Pisten aussehen. Die Landwege sind inzwischen sehr gefährlich, sodass viele, die für verschiedene Hilfsorganisationen der UN tätig sind, nur mit dem Flugzeug die Möglichkeit haben, schnell ihr Ziel zu erreichen. Die angekündigte zivile und militärische Verstärkung der Vereinigten Staaten wird das Flugaufkommen noch um einiges erhöhen.

Dazu zwei Impressionen: Als wir in der letzten Wo­che mit einigen Kollegen in Afghanistan waren, startete oder landete in Kabul alle paar Minuten ein Flugzeug. Die Flugzeuge, die wir gesehen haben, schienen über­wiegend zivil genutzt zu werden.

Die andere Impression: Überflug über den Hindu­kusch. Ich hatte die Gelegenheit, im Cockpit zu sitzen. Wolken kamen auf. Die Piloten können nur nach Sicht­flugregeln agieren. Also mussten alle vier im Cockpit an den Fenstern schauen, ob irgendwo eine Maschine an­kommt.

Ich fasse zusammen: Gerade im Winter, Frühling, Herbst ist die Flugmöglichkeit enorm eingeschränkt, weil man sich an die Regeln für Sichtflug halten muss. Manche Orte werden dann tagelang nicht erreicht. Zum anderen hat es inzwischen etliche Beinaheunfälle gege­ben. Da kann ich nur sagen: Bisher hat man viel Glück gehabt. So viel zur Bedarfslage.

Ich komme nun zu den problematischen Fragen. In Afghanistan besteht der gefährliche Unsinn mehrerer ne­beneinander agierender Militäroperationen. Das hat im­mer wieder zu Friktionen geführt. Kai Eide hat noch vor kurzem gerade den Bodeneinsatz im Rahmen der Opera­tion Enduring Freedom so scharf wie nie zuvor kritisiert.

Es stellt sich die Frage, wie man im Hinblick auf die anderen Operationen mit den Erkenntnissen von AWACS umgeht. Beim Luftlagebild macht es nur Sinn - das ist völlig klar -, alles, was sich im Luftraum bewegt, zu er­fassen und die Informationen weiterzugeben.

Zur Frage der Führungsfähigkeit haben Sie, Herr Staatsminister, eben schon etwas gesagt: Die Frage der Führungsfähigkeit sollte sich nur auf die ISAF-Flug­zeuge beziehen. Da stellt sich die Frage, warum nicht auch die Zivilen einbezogen werden sollten, die auch wichtige Aufgaben erfüllen. Handelt es um eine Inter­pretation der Bundesregierung, wenn man hier Enduring Freedom außen vor lässt? Geht es bei der Frage der Füh­rungsfähigkeit wirklich nur um das ISAF-Mandat, nicht um Enduring Freedom? Bei der ISAF wird das teilweise anders gesehen.

Auf die Möglichkeit, einen Beitrag zu den Luft-Boden-Einsätzen zu leisten, ist inhaltlich eingegangen worden. Eigentlich sind die technischen Möglichkeiten dazu nicht vorhanden.

Paul Schäfer hat die Frage der Zuweisung von Ein­satzräumen angesprochen. Es ist unbestreitbar, dass eine solche Zuweisung notwendig ist. Hier stellt sich die all­gemeinere Frage: Ist der Einsatz von AWACS ein Bei­trag zur Eskalation der Kämpfe in der Luft und am Bo­den? Hier darf man nicht außer acht lassen, was sich auf amerikanischer Seite tut: Die Amerikaner - das ist rich­tig - verstärken ihre militärischen und zivilen Kräfte; aber - das stimmt mich hoffnungsvoll - es hat einen in­haltlichen Wandel der Strategie gegeben, so wie er hier im Parlament öfter eingefordert wurde: Man nimmt nicht mehr die Bekämpfung des Gegners in den Fokus, son­dern den Schutz der Bevölkerung.

(Beifall des Abg. Omid Nouripour [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])

General Petraeus sagt jetzt eindeutig: Der Schutz der Be­völkerung ist das A und O, der Dreh- und Angelpunkt; wenn wir ihn nicht in den Mittelpunkt stellen, können wir alles andere vergessen.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass die Frage der Zivilopfer in der Führung auf amerikani­scher Seite nun viel kritischer gesehen wird. Es wird viel massiver etwas dagegen getan, dass es Zivilopfer gibt. Das wird nicht mehr nur als eine Frage der Einsatz­regeln, sondern als Frage der Strategie betrachtet. Das stellt eine erhebliche Veränderung dar.

Den letzten Punkt haben Sie schon angesprochen - die  Bundesregierung muss sich hier noch einbringen -: die verschiedenen Maßnahmen im Zusammenhang mit Masar und Uruzgan.

Insgesamt ist eine Perspektive dafür notwendig, wann realistisch und mit Ehrgeiz auch eine zivile Flugsiche­rung aufgebaut werden kann; denn es wäre unsinnig, ei­nen teuren AWACS-Einsatz als Dauerlösung zu installie­ren.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Das wollen auch Sie sicherlich nicht. Insofern muss Klarheit her.

Ich danke schön.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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