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Nachtwei zur geplanten Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in der US- geführten «Operation Enduring Freedom» (OEF)

Veröffentlicht von: Webmaster am 8. November 2007 11:17:21 +01:00 (61032 Aufrufe)
Klar und deutlich kritisierte Winfried Nachtwei am Donnerstag, den 8.11.2007, im Parlament die von der Regierung geplante Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in der US-geführten «Operation Enduring Freedom» (OEF) um ein Jahr. In seiner Rede warf Winfried Nachtwei Außenminister Steinmeier und Verteidigungsminister Jung vor, dass sie sich in dieser Debatte um die Begründung für die Legitimation von OEF gedrückt hätten. Für OEF sei ein klares Mandat der Vereinten Nationen nötig. Das internationale Gewaltverbot werde «zersetzt». Derzeit dämme OEF den Terrorismus nicht ein, sondern fache ihn an. Das militärische Vorgehen unter OEF mit vielen zivilen Opfern sei für die ISAF Mission kontraproduktiv geworden. OEF muss endlich beendet werden. Im Folgenden dokumentieren wir seine Rede:
Präsident Dr. Norbert Lammert:

Winfried Nachtwei ist der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unverändert meine Überzeugung und Erfahrung, dass Stabilisierung und Aufbau in Afghanistan weiterhin der militärischen Absicherung bedürfen und dass internationaler Terrorismus auch mit militärischen Mitteln bekämpft werden muss. Zugleich reicht es aber ganz und gar nicht, diese prinzipielle Erklärung abzugeben. Vielmehr haben wir heute konkret zu überprüfen, was die militärische Antiterroroperation Enduring Freedom bringt und inwieweit sie noch legitim, wirksam und verantwortbar ist.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Dazu muss ich sagen: Die Bundesregierung und ihre beiden Minister haben bisher zu erheblichen Teilen um dieses Thema herumgeredet. Es ist zwar wichtig, etwas zum Aufbau Afghanistans zu sagen und Wünsche zur Zukunft von Enduring Freedom zu äußern. Vor allem aber geht es aber darum, wie Enduring Freedom heute aussieht, Herr Minister. Dazu sagten Sie in den letzten Jahren notorisch nichts.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Zur völkerrechtlichen Legitimation von Enduring Freedom: Vor sechs Jahren wurde nach dem 11. September das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch genommen. Sechs Jahre danach wird - so meinen wir - diese völkerrechtliche Grundlage aber immer dünner und fragwürdiger. Jetzt weiter auf das Selbstverteidigungsrecht zu pochen, heißt, es völlig zu entgrenzen und damit das internationale Gewaltverbot im Grunde zu zersetzen.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Zum Teilauftrag Marine nur wenige Worte: Wir Mitglieder des Verteidigungsausschusses waren am Horn von Afrika und haben festgestellt, dass der ursprüngliche Auftrag und die Einsatzrealität inzwischen völlig auseinandergelaufen sind. Das heißt, hier, wo es unbestritten um eine Frage kollektiver Sicherheit geht, ist ein klares UN-Mandat notwendig; anders geht es nicht.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Nun zum Teilauftrag Afghanistan, Kommando Spezialkräfte: Dass ein Großteil von Enduring Freedom inzwischen für die strategisch wichtige Aufgabe der Ausbildung von Armee und Polizei eingesetzt wird, ist gut. Allerdings ist zu fragen, warum dieser große Ausbildungsanteil nicht unter dem Dach von ISAF geleistet wird. Herr Minister, Sie haben dies zu Recht als eine Möglichkeit und Notwendigkeit angedeutet.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Den strittigen Kern stellt aber die Antiterroroperation Enduring Freedom dar. OEF war zunächst zur Vertreibung der Taliban und in den Jahren danach zum Fernhalten der Taliban notwendig. Seit jedoch nach der Ausweitung von ISAF auf das ganze Land die Gewalt in den ursprünglichen Operationsgebieten von Enduring Freedom geradezu explodiert ist, muss man verstärkt die Frage nach der Wirksamkeit stellen. Alles, was ich dazu ansonsten gehört habe, ist so beunruhigend wie eindeutig. Hochrangige Insider haben mir gegenüber die Operationsweise von Enduring Freedom mit folgenden Worten beschrieben: Es gehe nicht vorrangig darum, Gefangene zu machen, sondern darum, die Taliban zu zerschlagen; die Taliban würden mithilfe der Luftwaffe gnadenlos niedergemacht.

Sehen Sie sich bitte auch die Meldungen über Enduring Freedom der letzten Tage und Wochen auf der entsprechenden Webseite an. 10. Oktober, Uruzgan: Zur Unterstützung von 60 Koalitionssoldaten wurde über 19 Stunden Luftnahunterstützung mit 13 Kampfbom-bern geflogen. Oder 19./20. Oktober, Musa Kala - manchen ist diese Distrikthauptstadt vielleicht bekannt -: Mehr als drei Dutzend Tote auf der Gegnerseite. Eine Woche später: Sieben Dutzend Tote auf der Gegnerseite. Dies alles wird mit Aufständischenbekämpfung begründet, allerdings in den Zusammenhängen von Stammesgesellschaften, wo man eben nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten, also dem Normalafghanen, der mit der Knarre herumläuft, unterscheiden kann.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÃœNDNISSES 90/DIE GRÃœNEN)

In der jüngsten OEF-Unterrichtung der Bundesregierung steht folgender Satz:

Nur wenn extremistischen Kräften wirkungsvoll begegnet wird, kann eine nachhaltige Befriedung des Landes gelingen.

Die tatsächliche Wirksamkeit der Antiterrororganisation von Enduring Freedom ist äußerst zwiespältig. Militärische Siege gibt es am laufenden Band. Aber zugleich werden dabei - das ist die Botschaft, die wir aus Afghanistan immer wieder hören - fortwährend Köpfe und Herzen der Bevölkerung verloren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÃœND-NISSES 90/DIE GRÃœNEN)

Deshalb muss ich feststellen: OEF ist inzwischen längst kontraproduktiv geworden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÃœNDNISSES 90/ DIE GRÃœNEN und der LINKEN)

Sie dient nicht, wie vorgesehen, der Terrorismuseindämmung, sondern facht den Terrorismus eher an. Sie ist nicht die einzige Ursache dafür, aber sie trägt dazu bei. Das schadet dem ISAF-Auftrag und dem internationalen Aufbau mehr, als es ihm nutzt. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass eine weitere Bereitstellung von deutschen KSK-Soldaten für eine solche Operation nicht mehr notwendig, legitimierbar und verantwortbar ist.

Die Bundesregierung sollte alles dafür tun, dass militärische Sicherheitsunterstützung in Afghanistan allein unter dem Dach von ISAF stattfindet, und das nicht zuletzt im Sinne eines effektiven Multilateralismus, der eindeutig an Völkerrecht und Menschenrechte gebunden ist.

Danke.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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