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Kleine Anfrage: Zur Menschenrechtslage und zu den zivilen Opfern in Afghanistan

Veröffentlicht von: Webmaster am 17. Oktober 2008 17:08:41 +01:00 (112593 Aufrufe)

Winfried Nachtwei will in einer Anfrage von der Bundesregierung wissen, wie die Menschenrechtssituation in Afghanistan sich konkret entwickelt hat. Die Anfrage findet sich hier:

Deutscher Bundestag

16.Wahlperiode

Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Jürgen Trittin, Kerstin Müller, Ute Koczy, Volker Beck und der Fraktion der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zur Menschenrechtslage und zu den zivilen Opfern in Afghanistan

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in diesem Jahr weiter verschlechtert. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Regionen weiterhin erheblich. In der ersten Hälfte 2008 ist die Anzahl der Todesopfer in der afghanischen Zivilbevölkerung im Kontext bewaffneter Konflikte laut einem im September 2008 veröffentlichten Bericht des UNAMA Human Rights Teams im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent drastisch angestiegen. Während zwischen Januar und August 2007 1040 Zivilisten zu Tode kamen, sei diese Zahl 2008 auf 1445 Todesopfer angewachsen. Der August 2008 war laut UNAMA mit 330 getöteten Zivilisten der Monat mit der höchsten Anzahl an Zivilopfern seit dem Ende der Taliban-Herrschaft im Jahr 2001. (Vgl. http://www.ohchr.org/SPdocs/Afg-UNAMAstats10sept08.doc<cite>)</cite>

Für 55 Prozent der Todesopfer in der afghanischen Zivilbevölkerung sind laut UNAMA-Bericht Aufständische verantwortlich. Sie nehmen bei Angriffen auf afghanische Sicherheitskräfte und internationale Truppen zivile Opfer billigend in Kauf, nehmen Zivilisten als „Schutzschilde" und greifen Regierungsvertreter, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und zivile Helfer direkt an. 40 Prozent der Opfer seien trotz Verschärfung der Einsatzregeln von ISAF im Jahr 2007 durch internationale Truppen, insbesondere durch Luftangriffe, ums Leben gekommen. Der Anfang August 2008 von Human Rights Watch veröffentlichte Bericht „Troops in Contact" - Airstrikes and Civilian Deaths in Afghanistan" legte etwas andere Zahlen vor. Er kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Zivilopfer 2008 durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen zu Tode gekommen sei. Gleichzeitig stellt der Bericht jedoch fest, dass die Anzahl der Zivilopfer durch Luftangriffe von OEF/ISAF zwar immer noch auf einem hohen Niveau, aber im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sei. Ausschlaggebend für die noch immer hohen Zivilopfer bei Luftangriffen seien laut Human Rights Watch vor allem ungeplante Lufteinsätze zur Unterstützung von in Bedrängnis geratenen Bodentruppen und dabei insbesondere von OEF-Kräften. Der stellvertretende UN-Afghanistanbeauftragte, Chris Alexander, führt die hohe Anzahl der Zivilopfer durch Luftangriffe von OEF/ISAF darauf zurück, dass nicht alle internationalen Truppen unter einem Kommando stünden und denselben strengen Einsatzregeln folgen würden. (http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan456.html)

Die Einschüchterungskampagne der Aufständischen hat dazu geführt, dass seit 2007 400.000 Menschen ihren Zugang zu Basisgesundheitsdiensten verloren haben, dass 300.000 Kinder ihre Schulen nicht besuchen können und immer mehr Distrikte auch für humanitäre Hilfe nicht mehr zugänglich sind. Besonders in den betroffenen Gebieten im Süden und Osten des Landes hat die hohe Anzahl an Zivilopfern durch Luftangriffe zu Entrüstung und zu mehreren Demonstrationen gegen das Vorgehen von OEF/ISAF und afghanischen Sicherheitskräften geführt. Laut ACBAR, einem Zusammenschluss von etwa 100 Hilfsorganisationen in Afghanistan, werde dieser Unmut in der Bevölkerung noch durch die meist nur schleppenden und nicht transparenten Untersuchungen der Vorfälle bestärkt. (http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan456.html) Der UNAMA-Bericht äußerte sich ebenfalls kritisch zur fehlenden Transparenz von ISAF, OEF und ANSF Kommandostrukturen. Dies erschwere die Aufklärung der Verantwortlichkeit für die Vorfälle erheblich, so der Bericht. (Vgl. http://www.ohchr.org/SPdocs/Afg-UNAMAstats10sept08.doc)

Die Bundeswehr legt in der Ausbildung und im Einsatz ganz besonderen Wert darauf bei ihren Operationen Zivilopfer unbedingt zu vermeiden. Am 29. September 2008 ereignete sich ein tödlicher Zwischenfall unter Beteiligung der Bundeswehr. Bei einem Checkpoint in der Provinz Kunduz eröffnete Ende August ein deutscher Soldat das Feuer auf ein sich näherndes Fahrzeug, nachdem es auf Stoppsignale und Warnschüsse nicht reagiert hatte. Eine Frau und zwei Kinder wurden dabei getötet. Der Familie der Opfer wurde von der Bundesregierung eine Entschädigung gezahlt, die zuständige Staatsanwaltschaft in Potsdam leitete Ermittlungen gegen einen der beteiligten Soldaten ein. Die Ermittlungen dauern an.

Die Verschärfung der Sicherheitslage und die Zunahme der Sicherheitsvorfälle haben deutlich negative Auswirkungen auch auf die Menschenrechtssituation in Afghanistan. Im Menschenrechtsbericht der Bundesregierung 2008 heißt es: „Im siebten Jahr nach dem Sturz der Taliban überschattet die Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan auch die Fortschritte bei der Menschenrechtslage. Der Arm der Zentralregierung erreicht weite Teile des Landes - insbesondere den Süden und Osten - nicht ausreichend. Damit kann der Staat dort auch nicht ein hinreichendes Maß an Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsschutz garantieren." (BT-Drs. 16/10037)

Amnesty International berichtet im Jahresbericht 2008 ebenfalls über schwere Menschenrechtsverletzungen. Die Schwäche der afghanischen Polizei und Justiz trügen dazu ebenso bei wie eine „Kultur der Straflosigkeit" für vorangegangene Menschenrechtsverbrechen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, darunter der Geheimdienst NSD, werden mit schweren Vorwürfen über Folter und Misshandlungen konfrontiert. 2007 wurde erstmals in Afghanistan die Todesstrafe wieder aufgenommen. Pressefreiheit und Rechte von Frauen sind weiterhin bedroht.

Dies beklagen auch Frauen-NGOs und VertreterInnen der demokratischen Zivilgesellschaft in Afghanistan. Sie kritisieren, dass die Menschenrechte in Afghanistan seitens der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft keine ausreichende Priorität mehr habe und die Lage der Frauen inzwischen weitgehend aus dem Blick geraten sei. Die in London ansässige NGO "Womankind Worldwide" kommt in einem Bericht zur Situation von Frauen in Afghanistan von 2008 zu dem Ergebnis, dass insbesondere in den Provinzen die Situation von Frauen problematisch sei und Frauen dort meist ihrem Schicksal überlassen blieben. Zwangsehen, häusliche Gewalt, Ehrenmorde, sexuelle Übergriffe oder Vergewaltigungen gehörten zu den gegen Frauen angewandten Gewaltformen. Trotz regionaler Unterschiede sei die Bewegungsfreiheit für Frauen generell stark eingeschränkt.
(Vgl.http://www.womankind.org.uk/upload/Taking%20Stock%20Report%2068p.pdf)

Zusätzlich gefährdet sind Frauen in öffentlichen Positionen. Sie müssen mit Gewaltandrohungen und Anschlägen auf ihr Leben rechnen. Die Direktoren der Departmente für Frauenangelegenheiten in Kandahar, Helmand, Farah, Uruzgan, Wardak und Nuriestan erhielten bereits Gewaltandrohungen. (Vgl. United States Department of State, 11. März 2008) Täter sind meist bewaffnete Aufständische oder Führer des konservativ-religösen Establishments. (Vgl. Freedom House, Juli 2008) Am 27. September 2008 wurde Malalai Kakar, ranghöchste Polizistin in Kandahar, von Talibanattentätern vor ihrem Haus erschossen. (www.tagesspiegel.de/politik/afghanistan/Afghanistan-taliban)

Wir fragen die Bundesregierung:

Zur Menschenrechtslage in Afghanistan:

1. Wie stellt sich nach Erkenntnis der Bundesregierung die Menschenrechtssituation in Afghanistan allgemein und wie für Frauen im Besonderen konkret dar?

2. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Ursachen für die Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Afghanistan?

3. Welche Personengruppen sind nach Kenntnis der Bundesregierung besonderen Gefährdungen durch Verfolgung, Gewaltandrohungen etc. ausgesetzt und von welchen Gruppen gehen diese Gewaltakte nach Kenntnis der Bundesregierung aus?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Menschenrechtssituation von religiösen und sexuellen Minderheiten?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über systematische Menschenrechtsverletzungen an Frauen in Afghanistan?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Aufbau von Vertretungen des Department of Women Affairs in den einzelnen Distrikten und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um den Aufbau entsprechender Distriktbüros zu fördern?

7. Welche Maßnahmen unterstützt bzw. plant die Bundesregierung konkret, um die Menschenrechtssituation generell und die von Frauen speziell zu verbessern?

8. Inwieweit sind nach Auffassung der Bundesregierung afghanische Sicherheitskräfte, der Geheimdienst NSD oder andere Behörden für systematische Menschenrechtsverletzungen verantwortlich?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die massiven Foltervorwürfe gegenüber dem NSD?

10. Wie bewertet die Bundesregierung den Zustand afghanischer Gefängnisse und wie setzt sie sich für eine Verbesserung ein?

11. Wie viele Hinrichtungen wurden seit 2001 in Afghanistan von staatlicher Seite durchgeführt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtsstaatlichkeit der jeweiligen Strafverfahren, in denen ein Todesurteil gefällt wurde, sowie den Vollzug der Strafe?

12. Inwieweit wird seitens der Bundesregierung und der NATO sichergestellt, dass von Bundeswehr und ISAF überstellte Gefangene bei der Befragung und in Haft durch afghanische Sicherheitskräfte keinen Misshandlungen ausgesetzt werden?

13. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich der Vorbereitung eines Abkommens zwischen Deutschland und Afghanistan, um sicherzustellen, das von deutschen SoldatInnen an afghanische Stellen übergebene Personen nicht gefoltert und die Todesstrafe nicht an ihnen vollstreckt wird?

14. Welche Personen in der Regierung und im Parlament stehen nach Kenntnis der Bundesregierung im Verdacht Drogenbarone, ehemalige Kriegsverbrecher und Drahtzieher krimineller Netzwerke zu sein?

15. Was unternimmt die Bundesregierung, um die demokratischen Kräfte in der Regierung und im Parlament gegen diesen Personenkreis zu stärken und wie geht die Bundesregierung in ihrem Verantwortungsbereich mit afghanischen Repräsentanten um, die sich nach ihrer Kenntnis in der Vergangenheit oder aktuell schwere Menschenrechtsverletzungen haben zu Schulden kommen lassen?

16. Wie bewertet die Bundesregierung den Stand der Umsetzung des Action Plan for Peace, Reconciliation and Justice und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Umsetzung des Aktionsplans voranzubringen?

17. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Straffreiheit und Korruption in Afghanistan zu minimieren?

18. Inwieweit ist das deutsche Einsatzkontingent berechtigt bzw. verpflichtet akut Verfolgten Schutz zu gewähren?

19. Wie beurteilt die Bundesregierung das Spannungsverhältnis zwischen staatlichem, traditionellem und islamischem Recht in Afghanistan, und wie bewertet sie die Anwendungspraxis der konkurrierenden Rechtssysteme in den unter deutschem Regionalkommando stehenden Nordprovinzen?

20. In welchem Ausmaß werden nach Kenntnis der Bundesregierung Gerichtsverfahren in Afghanistan nach islamischem Recht durchgeführt? Inwieweit finden andere informelle Konfliktlösungsmechanismen Anwendung? Welche Probleme sind damit verbunden?

21. Inwieweit kommt es bei Urteilen nach islamischer oder traditioneller Rechtsprechung zu Menschenrechtsverletzungen, die von Afghanistan unterzeichneten Abkommen widersprechen oder gegen die Grundwerte der afghanischen Verfassung verstoßen?

22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den aktuellen Stand im Verfahren gegen den zum Tode verurteilten Journalistikstudenten Sayed Parviz Kambakhsh und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um auf eine Freilassung Kambakhsh hinzuwirken?

23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über von Taliban eingerichtete Sharia-Gerichte und inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Taliban in von ihnen besetzten Gebieten parallele Administrationen aufbauen?

24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eigene Gefängnisse der Taliban, beispielsweise in Musa Qala, zu denen weder das Internationale noch das Afghanische Rote Kreuz Zugang haben sollen?

25. Welche näheren Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Praxis von Kinderehen und sogenannten „Kompensationen" in Afghanistan? Inwieweit trifft es zu, dass insbesondere in ländlichen Regionen, etwa im deutschen Verantwortungsbereich in der Provinz Kundus, diese Praxis weiterhin üblich ist und welche Maßnahmen ergreift bzw. unterstützt die Bundesregierung dagegen?

26. Welche Möglichkeiten und Pflichten zur Einflussnahme auf die afghanische Rechtspraxis hat die Bundesregierung unter Beachtung der afghanischen Souveränität und Eigenverantwortung und welche Maßnahmen ergreift sie, um das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der staatlichen Justiz abzubauen?

27. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Gefangenenlager der USA in Afghanistan und in dem von der afghanischen Regierung kontrollierten Gefangenenlager Pul-i-Charki nahe Kabul?
a) Wie viele Personen werden dort jeweils nach Kenntnis der Bundesregierung aus welchen Gründen festgehalten?
a) Hält nach Kenntnis der Bundesregierung deren Inhaftierung einer nach rechtsstaatlichen Prinzipien genügenden Überprüfung stand?

28. Welche näheren Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Einflussnahme von Warlords und Drogenbaronen, die offenbar versuchen, ihre Gefolgsleute in traditionellen Jirgas unterzubringen, um ihre Interessen beispielsweise in Landstreitigkeiten durchzusetzen und welche Konsequenzen hat dies für die deutschen Maßnahmen im Bereich von Polizeiausbildung und Justizaufbau?

29. Was leistet die Bundesregierung bzw. die EU zum Justizaufbau in Afghanistan?

30. Welche Maßnahmen ergreift bzw. welche Unterstützung leistet die Bundesregierung, um zwischen staatlichen, traditionellen und religiösen Führern in ihrem Verantwortungsbereich ein einheitliches Rechtsbewusstsein zu fördern?

31. Wie sieht konkret die universitäre Ausbildung und wie die Bezahlung von Richtern und Juristen in Afghanistan aus?
a) Welche juristischen Studiengänge mit welcher inhaltlichen Ausrichtung existieren an welchen Universitäten?
b) Inwiefern wurde auf die Entwicklung eines gemeinsamen Curriculums hingewirkt und wie ist der konkrete Stand?
c) Wie viele Absolventen eines juristischen Studienganges gibt es bislang in Afghanistan und wie viele von Ihnen sind im Staatsdienst als Richter etc. angestellt?
d) Wie viele weibliche Absolventen eines juristischen Studiums gibt es bisher und wie viele Juristinnen sind derzeit im Staatsdienst?

Zu den Zivilopfern:

32. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan insgesamt und wie jeweils in den einzelnen Provinzen?

33. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Berichte von UNAMA und Human Rights Watch?

34. Wie erklärt die Bundesregierung die Verschärfung der Sicherheitslage und die Zunahme der Zivilopfer?

35. Zu welchen Ergebnissen kommt die von einer zivilen Stelle im Hauptquartier von ISAF seit September 2008 geführte Datenbank zu den Verantwortlichkeiten von Zivilopfern (CIFCas)?

36. Welche Konsequenzen müssen nach Auffassung der Bundesregierung aus der aktuellen Sicherheitslage und dem Anstieg der Zivilopfer gezogen werden und auf welche Maßnahmen will die Bundesregierung innerhalb der NATO konkret hinwirken, um einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten?

37. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des stellvertretenden UN-Afghanistanbeauftragten, Chris Alexander, wonach die hohe Anzahl ziviler Opfer durch Luftangriffe von OEF/ISAF darauf zurückzuführen sei, dass nicht alle internationalen Truppen unter einem Kommando stünden und denselben strengen Einsatzregeln folgen würden?

38. Was wurde im vergangen Jahr an den Rules of Engagement für a) ISAF und b) für OEF geändert und wie hat sich dies in der Praxis nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils ausgewirkt?

39. Warum sind die Rules of Engagement in diesem Jahr erneut geändert worden und was konkret soll in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr a) für ISAF und b) für OEF geändert werden?

40. Inwieweit werden die Rules of Engagement der Bundeswehr im Gegensatz zu den ROE's im Operationsplan der NATO eingeschränkt und inwieweit unterscheiden sie sich?

41. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung innerhalb der NATO, um auf eine einheitliche militärische Strategie von ISAF und OEF und auf eine einheitliche Anwendung der Rules of Engagement „am Boden" hinzuwirken?

42. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Sicherheitsvorfälle in Afghanistan in diesem Jahr und wie haben sich diese im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Anzahl, Monat, Jahr, Region)

43. Wie hat sich die Anzahl der Selbstmordattentate und Sprengstoffanschläge seit 2002 entwickelt und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Veränderungen im operativen Vorgehen der Aufständischen?

44. Wie viele Distrikte sind unter Kontrolle der afghanischen Regierung und wie viele unter Kontrolle der Taliban oder anderen militanten Gruppen? Wie viele Distrikte sind aufgrund der Gefährdungslage für Hilfsmaßnahmen unzugänglich?

45. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Luft-Nahunterstützungseinsätze (close-air-support) von ISAF und OEF seit 2006 entwickelt?

46. Wie viele Zivilisten kamen nach Erkenntnis der Bundesregierung dieses Jahr bisher in Afghanistan bei Terror- und Selbstmordanschlägen, Luftangriffen etc. ums Leben? (Bitte aufgeschlüsselt nach Anzahl, Monat, Region)

a. Durch aufständische und militante Kräfte?

b. Durch OEF-Truppen?

c. Durch ISAF-Truppen?

d. Durch afghanische Sicherheitskräfte?

47. Durch welche Gewaltakte (Improvised Explosive Devices; summarische Exekutionen durch Taliban; geplante Luftangriffe durch internationale Truppen; Luftnahunterstützung für in Bedrängnis geratene Bodentruppen; search and seizure Aktionen; Vorfälle bei Sicherheitskontrollen etc.) sind jeweils wie viele Ziviltote zu beklagen?

48. Wie viele Zivilisten kamen nach Erkenntnis der Bundesregierung im Rahmen sogenannter „black operations" von US-Special Forces in Afghanistan und Pakistan ums Leben? (Bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Monat, Region und Provinz)

49. Wie verhalten sich die Opferzahlen zu denen der vorhergehenden Jahre seit Ende der Talibanherrschaft? (Bitte Angaben auch in Prozent)

50. Was sind die genauen Umstände der fünf opferintensivsten Vorfälle dieses Jahr?

51. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl der Angriffe und Anschläge auf Hilfsorganisationen, einschließlich UN-Organisationen, auf Schulen und Gesundheitseinrichtungen und wie hat sich die Anzahl der Vorfälle im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt?

52. Wann, wo, wie viele und unter welchen Umständen waren afghanische oder internationale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen humanitärer Einrichtungen oder Organisationen unter den Opfern und was wird getan, um die Arbeitsfähigkeit der Hilfsorganisationen aufrechtzuerhalten?

53. Wie viele zivile Opfer gab es bisher im deutschen Verantwortungsbereich und unter welchen Umständen ereigneten sich diese Vorfälle?

54. Bei wie vielen Vorfällen mit zivilen Opfern waren deutsche Einsatzkräfte direkt oder indirekt beteiligt?

55. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Vorfälle aufzuklären?

56. Gibt es eine einheitliche Strategie von ISAF/OEF zur Untersuchung von Vorfällen mit zivilen Opfern und zu ihrer öffentlichen Kommunikation? Wenn ja, worin besteht diese? Wenn nein, welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um eine transparente und einheitliche Untersuchung der Vorfälle zu gewährleisten?

57. Wie wird die afghanische Regierung an Untersuchungen zur Klärung ziviler Todesfälle von ISAF/OEF beteiligt?

58. Gibt es innerhalb der Verbündeten von ISAF/OEF eine einheitliche Regelung zum Umgang mit Hinterbliebenen von zivilen Opfern von Angriffen internationaler Truppen, zum Beispiel bei Entschädigungsmaßnahmen? Wenn ja, worin besteht diese? Wenn es keine einheitliche Regelung gibt, welche Entschädigungsmaßnahmen wurden in den Einzelfällen jeweils getroffen?

 


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch