Befreiung der letzten Überlebenden des Rigaer Ghettos vor 70 Jahren - 2. Symposium des Dt. Riga Komitees in Münster

Von: Nachtwei amMi, 15 April 2015 22:43:24 +01:00

Bei meiner jüngsten Riga-Reise traf ich ich mit dem fast 90-jährigen Dr. Alexander Bergmann zusammen. Genau vor 70 Jahren erlebte er in Magdeburg die Befreiung von fast vier Jahren Naziterror. Am 17./18. April das 2. Symposium des Dt. Riga Komitees mit Repräsentanten von 26 Städten.  



Befreiung der letzten Überlebenden des Rigaer Ghettos vor

70 Jahre – 2. Symposium des Riga-Komitees in Münster

Als der 19-jährige Alexander (Sascha) Bergmann am 12. April 1945 in Magdeburg seine Befreiung erlebte, lagen fast vier Jahre Gefangenschaft und Zwangsarbeit im Ghetto Riga, im KZ Kaiserwald (Riga) und Stutthof (bei Danzig) und in einem Außenlager des KZ Buchenwald in Magdeburg hinter ihm. Am 11. April 2015 berichtete Lorenz Hemicker in der FAZ über „Das Ende einer Höllenfahrt“. (http://www.faz.net/aktuell/politik/70-jahre-kriegsende/kz-haeftling-alexander-bergmann-das-ende-einer-hoellenfahrt-13527570.html )

An seinem „zweiten“ Geburtstag besuchte ich den nun fast 90-Jährigen in seiner Rigaer Wohnung – 70 Jahre nach seiner Befreiung. Ich grüßte ihn herzlich von den Menschen in Münster, die seit Jahren den Holocaust-Überlebenden in Riga ganz besonders verbunden sind. Zum ersten Mal waren wir dem Anwalt Dr. Alexander Bergmann bei der ersten Gruppen-Erinnerungsreise nach Riga im Frühjahr 1993 begegnet. Der neue (und bis heute) Vorsitzende des Vereins der ehemaligen jüdischen Ghetto- und KZ-Häftlinge Rigas schilderte uns die Lage der ehemaligen Ghettohäftlinge, für die sich deutsche Politik bis dahin nicht interessierte. Gleichzeitig berichtete NDR-Panorama, dass ehemalige Angehörige der lettischen Waffen-SS von der Bundesregierung eine Kriegsversehrtenrente bekamen, unter ihnen auch mutmaßliche Judenmörder. Das war der Anstoß zu einer politischen Initiative für eine würdige Entschädigung der Holocaust-Überlebenden im Baltikum und in Osteuropa und zu verschiedenen örtlichen Bürgerinitiativen für eine überbrückende Soforthilfe.

Sascha Bergmann berichtete deutschlandweit in vielen Vorträgen über das Schicksal seiner Leidensgenossen unter der Nazibesatzung seiner Heimat und danach. In den 90er Jahren wurde er  d e r  Fürsprecher und Botschafter der jahrzehntelang vergessenen Holocaust-Überlebenden im Baltikum. (Fotos mit Sascha Bergmann unter www.facebook.com/winfried.nachtwei )

Seine Erinnerungen hat Alexander Bergmann in den „Aufzeichnungen eines Untermenschen“, erschienen 2009 in der Edition Temmen, niedergelegt.

Am 17./18. April findet im Münsteraner Rathaus das 2. Symposium des Deutschen Riga Komitees statt. Im Komitee schlossen sich im Jahr 2000 13 deutsche Städte mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zusammen, um die Errichtung einer würdigen Gedenkstätte im Wald von Bikernieki in Riga zu ermöglichen, wo 1941 Abertausende jüdische Menschen aus ihren Städten erschossen worden waren. Inzwischen gehören 55 Städte zum Riga-Komitee, um die Erinnerung an ihre verschleppten Nachbarn von nebenan wachzuhalten. (http://www.volksbund.de/meldungen/meldungen-detail/artikel/2-symposium-des-deutschen-riga-komitees-in-muenster.html , Programm unter www.nachtwei.de/inex.php?module=articles&func=display&aid=1348 )

Bei der öffentlichen Abendveranstaltung am Freitagabend um 19.30 Uhr im Münsteraner Rathaus geht es um

Riga – ein kontroverser Erinnerungsort in Europa“ mit

Anita Kugler, Historikerin und Journalistin

Dr. Horst Hoheisel. Künstler

Prof. Dr. Ilva Skulte, Riga

Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Uni Leipzig

Winfried Nachtwei

Moderation: Heiner Wember, Historiker und Journalist