Stabilität im Schatten des Terrors: Roth und Nachtwei im Nordirak

Von: Webmaster amSa, 28 Juli 2007 23:12:11 +01:00
Irakisch Kurdistan 3Zusammen mit der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth besuchte Winni Nachtwei, sicherheits- und abrüstungspolitischer Sprecher der Grünen, Irakisch Kurdistan. Die beiden Abgeordneten trafen als erste offizielle Bundestagsdelegation seit dem Irakkrieg in Erbil und Sulaimaniya mit dem Präsidenten der Kurdistan Region, Massud Barsani, und dem Präsidenten des Irak, Jalal Talabani zusammen.

Irakisch Kurdistan 2Weitere Gesprächspartner waren der Sprecher und Abgeordnete des Kurdischen Parlaments, mehrere Minister, der aus Bonn kommende Oberbürgermeister von Erbil, die Vorsitzende der Frauenorganisation Khanzad, Mitarbeiter eines unabhängigen Kommunalradios und dort arbeitende Deutsche wie der ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Siggi Martsch aus Borken.

Die Grünen-Politiker erlebten die Kurdenregion als eine Insel relativer Stabilität in einem Irak der explodierenden Gewalt. Alle Gesprächspartner kritisierten die Nullpräsenz der Bundsrepublik und forderten die Bundesregierung eindringlich zu politischem, ökonomischem und kulturellem Engagement in der autonomen Kurdenregion auf. Die Voraussetzungen dafür seien hervorragend.

Zugleich warnten sie vor Abschiebungen kurdischer Flüchtlinge in den Irak: Mit über 700.000 Binnenvertriebenen stehen die drei Kurdenprovinzen mit ihren vier Millionen Einwohnern schon jetzt unter enormem Druck. Und in dem außerhalb des Autonomiegebietes liegenden Kirkuk, wohin Bayern gegebenenfalls abschieben will, wachsen angesichts des für November geplanten Referendums die Spannungen.

Als erste bundesdeutsche Politiker überhaupt besuchten Roth und Nachtwei die Stadt Halabja nahe der iranischen Grenze, wo die irakische Luftwaffe am 16. März 1988 mit Giftgas ca. 5000 Menschen umbrachte und 10.000 verwundete. Es war der erste Chemiewaffenangriff auf Zivilbevölkerung in der Weltgeschichte. Die Deutschen legten am Friedhof für die Vergasten Blumen nieder und äußerten ihre Scham darüber, dass auch deutsche Firmen wesentlich zur Chemiewaffenrüstung des Irak beigetragen hatten und praktisch straflos geblieben waren. In Gesprächen mit Überlebenden wurde deutlich, dass sie seit fast zwanzig Jahren vergessene und verdrängte Opfer sind - bei irakischen Behörden wie bei den Staaten, aus denen Beihilfe zur Chemiewaffenrüstung Saddam Husseins geleistet wurde.

Irakisch Kurdistan 4Die beiden Grünen-Politiker werden in Berlin darauf drängen, dass Deutschland endlich die Friedenschancen von Irakisch Kurdistan aktiv unterstützt und dabei auch seiner Mitverantwortung für die Opfer des Irakisch Kurdistan 1Giftgaseinsatzes gerecht wird. Im nächsten Jahr jähren sich Halabja und die Anfal-Vernichtungsoffensive des Baath-Regimes gegen die kurdische Widerstandsbewegung zum 20. Mal. Die Zeit drängt.