Die konsultative Loya Jirga billigte an ihrem 3. Tag die Freilassung von 400 Taliban-Häftlingen, die schwerer Verbrechen beschuldigt wurden. Sie schien den Weg frei zu machen für den Start der innerafghanischen Gespräche. Aber inzwischen gibt es neue Verzögerungen. Die 3.Waffenruhe seit 2018 zeigte, dass eine deutliche Reduzierung der Gewalt möglich ist. Opferreiche IS-Anschläge erinerten zugleich an das ungebrochene Terrorpotenzial im Land. Hier Meldungen zur (sicherheits-)politischen Lage seit Anfang Juli,ständig aktualisiert. Außerdem der jüngste UNAMA-Zivilopferbericht. Auffällig ist, dass es mit die meisten Zivilopfer inzwischen in den Provinzen Balkh und Kunduz gibt - im früheen deutschen Verantwortungsbereich.
3. Waffenstillstand, Loya Jirga – und immer noch kein Beginn der innerafghanischen Verhandlungen! Entwicklung der Sicherheitslage
seit Anfang Juli. UNAMA-Zivilopfer-Bericht I/2020
Winfried Nachtwei, ab 30.07, Stand 29.08.2020
( Fotos www.facebook.com/winfried.nachtwei )
Am Abend des 30. Juli begann das Opferfest Eid al-Adha, der höchste islamische Feiertag. Am 28. Juli riefen die Taliban zu einem dreitägigen Waffenstillstand auf, die Regierung stimmte zu, VN und NATO begrüßten den Schritt. Zuletzt hatte es einen Waffenstillstand ab dem 24. Mai zum dreitägigen Fest des Fastenbrechens Eid al-Fitr gegeben, das den Fastenmonat Ramadan abschließt. Der Waffenstillstand wurde weitgehend eingehalten, es folgten einige Tage einer inoffiziellen Waffenruhe mit der Wiederaufnahme beidseitiger Gefangenenfreilassungen. Knapp vor Erreichen der vereinbarten Zahlen (Freilassung von 5.000 gefangenen Taliban und von 1.000 gefangenen Sicherheitskräften) kam der Prozess wieder ins Stocken. Der Gewaltkonflikt war wieder äußerst opferreich. Die innerafghanischen Friedensgespräche, die eigentlich kurz nach dem US-Taliban-Abkommen vom 29. Februar beginnen sollten, kamen immer noch nicht zustande. Im Folgenden laufend aktualisierte Meldungen zur „Sicherheits“lage. Diese entnehme ich vor allem TOLOnews, ergänzt um taz / thruttig.wordpress.com/, FAZ, SZ und Berichten von UNAMA und SIGAR.
Zur Entwicklung der Vormonate seit der Waffenruhe an Eid al-Fitr 24. Mai bis 29. Juli: http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1640
29.08. (TN) Per Dekret billigte Präsident Ghani heute die 48 Mitglieder des neuen Hohen Rates für nationale Versöhnung.
„The members of the council announced in the decree are former president Hamid Karzai, former mujahideen leader Abdul Rab Rasul Sayyaf, Hizb-e-Islami leader Gulbuddin Hekmatyar, former vice president Mohammad Karim Khalili, former deputy chief executive Mohammad Mohaqiq, former vice president Marshal Abdul Rashid Dostum, former vice president Mohammad Yunus Qanooni, former foreign minister Salahuddin Rabbani, former mujahideen leader and former minister of energy and water Mohammad Ismalil Khan, former Balkh governor and CEO of Jamiat-e-Islami Atta Mohammad Noor, head of Maaz-e-Milli party Sayed Hamid Gailani, Zabihullah Mujaddedi, political and religious figure Sayed Mansoor Nadery, political and religious figure Enayatullah Shahrani, former deputy chief executive and political figure Engineer Mohammad Khan, head of Afghanistan’s Ulema Council, former head of the Administrative Office of the President Sadiq Modabir, Mohammad Ismail Ghazanfar and Mawlawi Khodaidad Saleh.
According to the decree, members of the council from the government are First Vice President Amrullah Saleh, Second Vice President Mohammad Sarwar Danesh, Acting Foreign Minister Mohammad Haneef Atmar, National Security Advisor Hamdullah Mohib, Meshrano Jirga Speaker Fazl Hadi Muslimyar, Wolesi Jirga Speaker Mir Rahman Rahmani, presidential adviser Almas Zahid, state minister for peace affairs (that has not been appointed so far) and presidential advisor Mawlawi Jora Tahiri.
Women members of the council are civil society activist Safia Sediqqi, former MP Najiba Ayubi, a member of the Afghan Women’s Network Mari Akrami, civil society activist Zia Gul Rezaee, member of the Independent Administrative Reform and Civil Service Commission Alia Yulmaz, former higher education minister Farida Mohmand, chairperson of medical council of Afghanistan Nasrin Oryakhil and civil society activist Zarqa Yaftali.
https://tolonews.com/afghanistan/ghani-officially-approves-28-reconciliation-council-members
29.08. Ein Sprecher des Präsidenten teilte mit, dass die innerafghanischen Verhandlungen erst beginnen könnten, wenn 24 afghanische Kommandosoldaten und Piloten von den Taliban freigelassen würden.
„Wiederaufnahme der Afghanistan-Abschiebungen? Neuer Asyllagebericht (vom 16.07.2020) wie immer zu positiv“ von Thomas Ruttig, 29.08.2020, https://thruttig.wordpress.com/2020/08/29/wiederaufnahme-der-afghanistan-abschiebungen-neuer-asyllagebericht-wie-immer-zu-positiv/
28.08. Im Distrikt Spin Boldak/Provinz Kandahar wurden 13 Zivilisten durch zwei Explosionen getötet. Sie waen mit Fahrzeugen unterwegs zu einer Hochzeit.
24.08. Am gestrigen Sonntagabend soll im Distrikt Imam Shahib/Provinz Kunduz ein Stützpunkt der Sicherheitskräfte von den Taliban eingenommen worden sein. Ein Soldat sei getötet worden, fünf andere seien einschließlich Kommandeur mit Waffen und einem Humwee-Fahrzeug zu den Taliban übergelaufen sein. (TN)
„Die Fallstricke innerafghanischer Verhandlungen“ von Thomas Ruttig, die „stark erweiterte Fassung seines am 17.08. im Neuen Deutschland erschienen Artikels – damals
damals noch in der Annahme, dass der Beginn sogenannter innerafghanischer Verhandlungen zwischen Regierung und Taleban über eine Beendigung des Krieges unmittelbar bevorstehe. Tatsächlich waren sie zunächst für den 10., dann den 16. August terminiert.
Dann gab es – wie schon Anfang August – Probleme mit dem Gefangenenaustausch. Zwar hatte sich Präsident Aschraf Ghani dafür politische Rückendeckung durch eine Loja Dschirga geholt und per Dekret die Freilassung einer letzten Tranche von 400 gefangenen Taleban angeordnet. Aber dann (warum so spät?) fiel der Regierung auf, dass die Taleban noch 22 Kommandosoldaten und Piloten der Regierung festhielten. Ghani stoppte die Freilassung der letzten 400 – nachdem aber 80 von ihnen schon entlassen worden waren.
Die Regierung in Kabul hatte mit diesem Gefangenenaustausch von Anfang an Probleme. Er war Ende Februar 2020 ohne ihre Beteiligung zwischen den USA und den Taleban im Abkommen von Doha vereinbart worden; Kabul sei – wie jedenfalls die US-Regierung behauptet – dazu „konsultiert“ worden. Ghani wollte die 5000 Taleban-Gefangenen als Faustfand für die Verhandlungen behalten, aber Druck der USA brachte ihn dann zunächst zum Einlenken.
Zudem hieß es in dem Abkommen, dass die Regierung „bis zu 5000“ Gefangenen freilassen sollte. Daraus machten die Taleban, ohne Widerspruch der Amerikaner zu ernten, „5000 und keiner weniger“ machten. Was wiederum Kabul erzürnte – und wieder auf die Bremse treten ließ.
Wann sie nun beginnen können, ist nach wie vor offen, obwohl es weiterhin Druck der USA gibt, dass das noch vor Ende August geschehen soll. Die US-Regierung benötigt Fortschritte im afghanischen Friedensprozess, um ihre Truppen aus dem Land abziehen zu können, ohne einen Zusammenbruch zu provozieren. Genau damit wurde offenbar vor der Loja Dschirga gedroht, wie ein hoher Regierungsbeamter in Kabul sagte. Afghanistan ist ohne auswärtige Finanzhilfe nicht überlebensfähig, und das meiste davon kommt bisher aus Washington. Präsident Ghani erinnert sich genau daran, wie der Stopp der russischen Finanz- und Wirtschaftshilfe unter Boris Jelzin 1992 zum Fall und Tod seines Vorgängers Nadschibullah führte.
Aber ein Gesprächsbeginn noch in diesem Monat ist wohl eher unwahrscheinlich. Denn es gibt weitere Gründe für Ghani, den Beginn der Friedensgespräche weiter zu verzögern: In Kabul hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Taleban bei den in Katar geplanten Gesprächen die Einsetzung einer Interimsregierung fordern werden und Ghanis Koalitionspartner Dr. Abdullah (zu den Querelen um die immer noch ausstehende Kabinettsbildung siehe hier) sowie der umtriebige Expräsident Hamed Karzai dies unterstützen. Dann wäre Ghani weg vom Fenster.
Der lange Weg zu Verhandlungen (…)
21.08. Dutzende Familien verließen ihre Häuser in den Distrikten Shakar Dara und Guldara, 25 und 45 km nördlich von Kabul City, wo in den letzten Wochen Sicherheits-vorfälle dramatisch zugenommen hatten. In Shakar Dara wurden alle mit Verbindungen zu Polizei, Armee, NDS und Bildungswesen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Mit einer groß angelegten Operation sollen die Sicherheitskräfte die Taliban in diesem Distrikt zurückgetrieben haben. In Guldera halten die Zusammenstöße an.
20.08. Kabuler Bürger äußerten sich sehr besorgt über die Zunahme von IED-Explosionen in der Hauptstadt. Kein Tag vergehe, dass man nicht eine Explosion in der Stadt höre. Zuletzt wurde Mir Abdulbaqi Amir, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rates des Erziehungsministeriums, am Mittwochmorgen durch eine Explosion getötet.
In der Nordprovinz Takhar (östlich Kunduz), Distrikt Khwaja Bahauddin, wurden Mittwochnacht bei mehrstündigen Kämpfen 14 Sicherheitskräfte getötet und sechs verwundet.
Ebenfalls Mittwochnacht wurden in der Ost-Provinz Nangarhar vier Sicherheitskräfte und zehn Taliban laut Sprecher des Gouverneur getötet.
19.08. „Kabul stoppt Gefangenenaustausch – Neue Bedingungen an Taliban gestellt / Raketeneinschläge nahe Präsidentenpalast“ von Christian Meier, FAZ, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/friedensprozess-in-afghanistan-kabul-stoppt-gefangenenaustausch-16911048.html
17.08. Die afghanische Frauenrechtlerin Fausia Kufi überlebte am 14.08 in Kabul erneut ein Attentat. Unbekannte eröffneten das Feuer auf sie, als sie von einer Veranstaltung am Internationalen Frauentag nach Kabul zurückkehrte. In 2005 wurde sie in Badakhshan ins Unterhaus gewählt und dort erste Vizepräsidentin. („Die Unbeugsame“ von Sven Hansen, taz https://taz.de/Vor-Friedensgespraechen-in-Afghanistan/!5702474/ )
16.08. Das französische Außenministerium äußerte sich gegenüber der afghanischen Regierung entschieden gegen die Freilassung solche Taliban-Häftlinge, die wegen Verbrechen gegen französische Bürger insbesondere Soldaten und humanitäre Helfer, verurteilt worden seien. Am 13.08. wurden die ersten 80 von insgesamt 400 „hard-core“-Taliban freigelassen. In einem Gespräch mit dem Council on Foreign Affairs sagte Präsident Ghani, die Freilassung dieser Häftlinge stelle eine Gefahr für Afghanistan, die USA und die Welr dar. Aber sie sei notwendig für den Frieden.
15.08. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Frauenrechts-Aktivistinnen bezeichneten den Erlass von Präsident Ghani zur Einrichtung eines High Council of Women als symbo-lischen Akt. Notwendig sei eine größere Präsenz von Frauen in Regierungsinstitutionen und im Friedensprozess.
13.08. Drei Tage nach Unterzeichnung des Dekrets zur Freilassung der 400 Talibanhäftlinge am Montag durch Präsident Ghani gab es noch keine Freilassungen. Laut Quellen dicht am Friedensprozess soll es auf Seiten der USA, Frankreichs und Australiens Vorbehalte gegen die Freilassung von sechs bis zehn Häftlingen geben, die in die Tötung eigener Staatsbürger verwickelt seien. Andere Quellen sprechen von einer kürzlichen Warnung der Taliban vor einem möglichen Daesh-Angriff auf diese Häftlinge.
„Die schwierigen Fragen kommen noch – Stehen Verhandlungen der Taliban und der afghanischen Regierung bevor?“ von Christian Meier, FAZ 13.08.2020, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-400-taliban-sollen-aus-haft-entlassen-werden-16901910.html
Am 12.08. (Mittwochnacht) wurden in der Provinz Balkh bei einem Talibanangriff vier Sicherheitskräfte und acht Taliban getötet.
12.08. Auf „Voice of Jihad“ der offiziellen Taliban-Website am 10.08. unter der Überschrift „Tapfere Mujahiddin in Ghazni, Logar und Laghman“ eine ganze Fotoserie, die Dutzende schwer bewaffneter, paradierender Kämpfer auf Motorrädern, Fahrzeugen oder zu Fuß zeigt, bei vollem Tageslicht ohne jede Furcht vor Koalitionskräften. Alle zeigen ihr Gesicht. Die Menge der bärtigen und langhaarigen Kämpfer (nicht wenige wie Heilandsgesichter), ihre individuell-bunte afghanische Zivilkleidung, die starke Bewaffnung, Motorisierung und Beflaggung, als Individuen erscheinende, abenteuerliche Kämpferfiguren und ihre Konvois – das alles kann faszinieren, Eindruck machen, Volksnähe und Stärke demonstrieren, neue Anhänger gewinnen. (22 Fotos auf https://www.longwarjournal.org/archives/2020/08/taliban-parades-fighters-as-400-more-prisoners-are-freed.php )
11.09. „Afghans Call for Transparency in Talks: Residents in Afghanistan’s capital Kabul on Tuesday called for transparency in the expected peace negotiation talks between the Afghan government and the Taliban, as the government’s peace negotiating team prepares to depart for Doha on Thursday where they are expected to sit with the Taliban negotiating team to discuss bringing peace to the country. (…) (TOLOnews https://tolonews.com/afghanistan/afghans-call-transparency-talks )
- Thomas Ruttig über die Loya Dschirga in Afghanistan: Frieden ohne Rechte?: „Mit dem Ja der Loja Dschirga zur Freilassung von 400 gefangenen Taliban hat die Regierung Afghanistans die letzte Hürde für direkte Friedensgespräche mit den Aufständischen beseitigt. Die könnten schon am 16. August beginnen. Das ist ein Durchbruch, aber leider noch kein Grund für Hoffnungen auf baldigen Frieden.
Niemand kann garantieren, dass die Verhandlungen erfolgreich enden werden. Klar ist, dass sie lange dauern werden, dass es viele Hürden und selbst zwischenzeitliche Abbrüche geben wird. Man muss sich nur Friedensprozesse in Kolumbien oder den Philippinen ansehen, wo jahre-, sogar jahrzehntelang verhandelt wurde. Klar ist auch, dass unterdessen wohl weiter gekämpft werden wird. Einem Vorab-Waffenstillstand stimmen die Taliban nicht zu.
Für ein friedliches Afghanistan müssen politische Ideen zusammengeführt werden, die sich zum Teil diametral gegenüberstehen: die gegenwärtige Islamische Republik mit ihrem Zwittercharakter aus verfassungsmäßigem Bekenntnis zu universellen Werten bei gleichzeitigem Scharia-Kompatibilitätsvorbehalt für alle Gesetze und das rein Scharia-orientierte Emirat der Taliban. Es sei denn, man einigt sich auf die „iranische Variante“. Deren (niedriger) Demokratiegehalt ist hinreichend bekannt, mit einem religiösen Rat, der den
gewählten Institutionen übergeordnet ist. (…)“ https://taz.de/!5702040/
- Am Vorabend wurden in der Ostprovinz Nangarhar sechs Polizisten bei einem Taliban-angriff getötet.
- In Herat City wurden am Vortag zwei Frauen in einer Rischka von zwei Bewaffneten auf Motorrad erschossen.
10.08. „Taliban erzwingen Amnestie – Die Regierung holt sich bei der "Großen Ratsversammlung" die Erlaubnis, 400 besonders gefährliche Islamisten freizulassen. Das soll Friedensgespräche ermöglichen.“ von Tobias Matern, SZ https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanisten-islamisten-taliban-freilassung-amnestie-1.4994198
- In der ersten Woche nach dem Eid-Waffenstillstand (3.-9. August) wurden bei Sicherheits-vorfällen in 26 Provinzen insgesamt 80 Zivilisten getötet und 95 verletzt. Zwischen 30.07. und 02.08. (einschließlich die drei Tage Eid-Waffenstillstand) wurden 32 Zivilisten getötet und 150 verletzt.
09.08. Die Loya Jirga stimmt der Freilassung von 400 Taliban-Häftlingen zu mit dem Ziel, schnell die innerafghanischen Gespräche zu beginnen und einen Waffenstillstand und ein Ende des Krieges zustande zu bringen. (https://tolonews.com/afghanistan/loya-jirga-approves-release-400-taliban-prisoners ) Präsident Ghani erklärte, er werde noch heute ein Dekret zu ihrer Freilassung unterzeichnen.
Die am dritten Tag der Loya Jirga verabschiedete Resolution umfasst 25 Artikel:
„The members of the Loya Jirga in the resolution welcome and support the lasting peace with dignity to bring peace and stability to the country.
The resolution also states that if foreign fighters are among the 400 Taliban prisoners “they must be handed over to their countries with valid guarantee.”
It also said that the release of the remaining Taliban prisoners must come with the assurance that the direct talks between the government and the Taliban will start “without any excuses.”
The resolution also called for an immediate and long-lasting ceasefire and called on the International community and the Unites States to implement their commitment regarding this.
The statement also said that the people and the government of Afghanistan must be assured that the released Taliban prisoners “will not return to war and their activity will be monitored.”
The resolution urged the international community to cease direct and indirect intervention in Afghanistan’s affairs and to cease their support for terrorist groups.
They urged the Taliban and Afghan government to end the violence and conflict in the country and to solve the rifts through negotiations.
It’s also pointed out that the “Islamic values, the role of scholars, basic government institutions, democracy and thr two-decade achievements of Afghanistan “must be preserved and strengthened.”
The resolution also pointed that the members of the Loya Jirga believes that women, as half of the body of society, should have a legal and political status and play a constructive role and participation in all stages of the process.
The Loya Jirga members also believe that the Constitution is a national guarantee which must be preserved, but, if necessary, it is possible to amend it, in accordance with the mechanism provided for within it.
The resoution mentioned that the Afghan security forces are guardians of the national sovereignty and territorial integrity of the country and must be “supported and strengthened.”
Schlussworte von Präsident Ghani, Jirga Vorsitzenem Abdullah Abdullah und Ex-Präsident Karzai.
TOLOnews: „The consultative Loya Jirga, the grand assembly of over 3,400 delegates, on Sunday ended with high hopes among key political leaders for a peaceful future, with intra-Afghan negotiations expected within the next few days.“
( https://tolonews.com/afghanistan/after-jirga-afghan-leaders-have-high-hopes-peace )
(09.08.) Am Vorabend explodierte an einem Compound der Sicherheitskräfte in Ghazni City eine Autobombe. Sieben Polizisten wurden getötet, 15 verwundet. Bei dem folgenden Angriff seien alle Angreifer getötet worden.
O8.08. Der Vorsitzende der Loya Jirga, Abdullah Abdullah, erklärte bei einer Pressekonferenz dass keine der 50 Ausschüsse der Jirga kategorisch gegen die Freilassung der 400 Hochwert-Taliban-Häftlinge sei. Unter den 400 gebe es ke4ineausländischen Kämpfer.
Nach sechs Monaten Covid-19-Lockdown fand in Kabul ein erstes kulturelles Event statt: Eine Dichterlesung mit Dutzenden Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschicht-en, mit Dichtern und Schriftstellern statt.
Offener Brief afghanischer Frauen an Women World Leaders: Protect Afghan Women’s Rights vom 5. August, https://tolonews.com/opinion/open-letter-women-world-leaders-protect-afghan-women%E2%80%99s-rights :
Dear Leaders,
We are writing this letter to you because we know that as women leaders, you have been working hard to improve the status of women in your respective countries. We are also writing this letter to you because we understand very well the adversity you overcame to get to where you are today. You endured the hardship more only because of being a woman. We are writing you because we believe that as women, you can relate to us and understand the immense concerns we have about our future in Afghanistan.
We are aware that you have been closely watching the developments in Afghanistan. Your countrymen and women served here and supported us in shaping the future of our country. We thank you sincerely for all your support and sacrifices in these years and we thank the people of your country for standing behind you and your predecessors for supporting Afghanistan.
For the past few years, there has been an ongoing effort to negotiate with the Taliban. While we support a peaceful end to the four decades of war, we are disappointed that these efforts have by and large excluded women. It was in violation of the treaties to which Afghanistan is signatory to, including Resolution 1325.
From the outset, we have been the loudest voices in support of peace and a cessation of violence. We want a peace that is inclusive, just, practical and sustainable. We want a peace in which the women of Afghanistan, like in your nations, are considered equal humans and are given equal protection and opportunities. With your support, we have taken great risks and have worked incredibly hard to achieve the rights we have today. In our efforts to make life
better for our children, we have made great sacrifices and withstood acts and threats of intimidation and violence.
While we acknowledge the four women who will be participating in the Afghan government-Taliban negotiations for the first time, we demand that their voices be heard, respected, and strengthened. We demand that they be given equal opportunities to weigh in on all matters related in the peace process.
It is correct that the women of Afghanistan did not fight wars and they have not been involved in the killings of their innocent fellow citizens. However, during these years of war, women have paid a tremendous price and have been stripped off their rights with no historic precedence. It is especially important for women to be present in this process because it involves a group that took all rights from women and still have not evolved in their views of treating women. Unlike other peace processes where the issue is about past injustice, this peace process also threatens to enact policies bringing about future injustices against women.
We are writing to you because we are worried. So far, the talks have been a show of the strongmen in which mostly those who fought and killed our fellow citizens are talking. We are afraid that our rights and freedoms are in danger of being compromised. We are concerned that the way this process has been led shows an established disrespect for the rights and freedoms of Afghan women. We are afraid that our hard-won gains are being jeopardized and eroded only for a short-term solution among these very strongmen. We are afraid of this visible pushback from all those who are part of this process.
There are many simple things that women take for granted in your countries. These range from more serious matters such as having the right to earn a livelihood and provide for their family to every day little acts like leaving their house without fear of reprisal, taking a stroll in the park, and laughing with a friend in public. However, these are some of the basic things we fear we will lose again. We cannot take a chance to lose what we have achieved with your help. We know that it is a long way to achieve full equality for women anywhere and it is even harder to achieve that in Afghanistan but we, the women, cannot allow it to go back. We will continue to fight for and defend our rights and those of our children.
We have been fighting back through all civil platforms. We organized, protested, met with officials, and wrote in all forms, but we need the support of leaders like you who are in a position of influence on the future of Afghanistan to stand with us. We will continue our struggle as it is a matter of life and death to us but with this letter, we want you to hear our voices too that we must matter. We hope that you will speak for us and our desire to be respected as equal humans when your countries make their decisions on Afghanistan. We hope you will speak for our desire for a peace that is just, inclusive, sustainable, and practical. We hope that you will stand with us and for women’s rights and a sustainable peace in Afghanistan. As women leaders, we are certain that you will relate to us in wanting a sustainable peace and equal rights for all. You have a great role to play both as leaders of your respective countries that have supported our people and as women who understand the rights of women well. We count on you to not allow short sighted policies jeopardize our rights and to respect us as equal humans.
07.08. Eröffnung der Loya Jirga zur Freilassung von 400 Taliban-Häftlinge, die schwerer Verbrechen beschuldigt werden: Über 3.200 Teilnehmer, darunter 700 Frauen; Vorsitz Abdullah Abdullah, Leiter des Hohen Versöhnungsrates; Eröffnungsrede von Präsident Ghani. https://tolonews.com/index.php/afghanistan/ghani-addresses-loya-jirga-calls-decision-prisoners Die Taliban hätten erklärt, dass drei Tage nach Freilassung der 400 direkte Gespräche mit der afghanischen Regierung und Vertretern der Zivilgesellschaft beginnen könnten. Eine weibliche Delegierte protestierte mit einem Plakat gegen die Freilassung der 400 und wurde aus dem Saal gedrängt.
Der Minister für öffentliche Gesundheit forderte zur Beachtung der Covid-19-Regeln auf. Fotos aus dem Saal zeigen aber, dass die 3.200 Delegierten weniger als einen halben Meter Abstand haben und mehrheitlich keine Maske tragen.
Nach Regierungsangaben seien von den umstrittenen 400 Taliban-Häftlingen 156 zum Tode verurteilt, 105 angeklagt wegen Mord, 34 wg. Entführung und Mord, 51 wegen Drogen-schmuggel, 44 stünden auf der Schwarzen Liste von Regierung und Verbündeten. (Die Taliban hatten der Regierung eine Liste mit 5.000 Namen von gefangenen Taliban übergeben. Von diesen ließ die Regierung 4.600 frei, plus 500 andere Häftlinge während des Opferfestes, die nicht auf der Liste standen. )
06.08. Die Vorbereitungen für die konsultative Loya Jirga sollen weitgehend abgeschlossen sein. 2000 Delegierte werden teilnehmen. Der Samstag wurde zum öffentlichen Feiertag erklärt. Zu den 400 problematischen Taliban-Häftlingen (vgl. Rede von Präsident Ghani am 31.07.), deren Freilassung die Taliban auf einer Liste von 5.000 Namen verlangt hatten, soll es genauere Informationen geben, zur Schwere ihrer Straftaten. Unter ihnen seien Schmuggler, Entführer, auch solche, die in die Planung größerer Anschläge wie dem am Zanbaq Square verwickelt seien (am 31. Mai 2017 im Berufsverkehr direkt an der Grünen Zone, > 90 Tote, mehrere Hundert Verletzte, Zerstörung u.a. der deutschen Botschaft, BBC News 31.05.2017 https://www.bbc.com/news/world-asia-40102903 ).
In der Westprovinz Herat kamen einige zivilgesellschaftliche Organisationen zusammen und protestierten gegen die hohen Kosten der Loya Jirga und, dass es zugleich keinerlei Konsultationen zu den jüngsten Forderungen der Taliban gegeben habe.
Rechtsexperten äußerten, dass weder der Präsident noch die Loya Jirga das Recht hätten, mutmaßliche Straftäter zu begnadigen.
Am heutigen Do-morgen auf dem Baghlan-Samangan-Highway nahe Pul-e Khumri: Bewaffnete entführten sieben Tanklaste und setzten zwei weitere in Brand.
Am Vortrag wurden auf demselben Highway 12 Menschen aus dem Umfeld eines ehemaligen Mitglieds des Provinzrates Baghlan, der mit seinem Konvoi auf dem Weg nach Mazar-e Sharif war, durch eine Straßenbombe getötet.
04.08. Neueres zum Gefängnisangriff von Jalalabad: Die Kämpfe endeten am Montag nach 18 (20) Stunden. Es gab laut Behördenangaben 29 bis 39 Tote und 50 Verletzte, darunter acht (zwei) Sicherheitskräfte fünf Häftlinge und zehn Angreifer. Viele der 1.700 Häftlinge konnten fliehen, über 1.000 sollen wieder verhaftet worden sein. Genaueres zur Stärke des seit Ende 2014 in Afghanistan aktiven ISKP (geschwächt, aber keineswegs besiegt) auf der Seite von Thomas Ruttig: https://thruttig.wordpress.com/2020/08/04/is-angriff-auf-gefangnis-in-afghanistan-taz-4-8-20/
„Zahlreiche Tote und ein Massenausbruch in Afghanistan“ von Christian Meier, FAZ 04.08.2020
03.08. Angriff auf das Staatsgefängnis in Jalalabad, der Hauptstadt der Ostprovinz Nangarhar, am Sonntag, 02.08., ab 18.44 Ortszeit. Beginn mit einer Autobombe am Eingangstor, so dass die Angreifer (keine offizielle Zahl, eine Quelle spricht von mehr als 20) in das Gebäude eindringen konnten. Um 9.30 Uhr am 03.08. dauerten die Kämpfe seit 13 Stunden an und erfassten auch die Umgebung. Bisher wurden 13 tote Zivilisten und 42 Verwundete gezählt. Von den insgesamt 1.500 Häftlingen konnten angeblich 700 fliehen und wieder gefasst werden. Der „Islamische Staat/Provinz Khorasan“ (ISKP), afghanischer Ableger von Daesh/IS, reklamierte die Tat für sich.
Angesichts der komplexen Angriffe in Logar und Nangarhar mit Dutzenden von Zivilopfern werden in Kabul Befürchtungen laut bez. eines Wiedererstarkens von ISKP. Analysten sprechen von ausländischen Einflüssen, dass einige Länder andere Gruppen an Stelle der Taliban unterstützen würden. (TN 03.08.)
Laut Innenministerium hätten die Taliban die dreitägige Waffenruhe 38 Mal verletzt, wobei 20 Zivilisten getötet und 40 verletzt worden seien. Aus mehr als 20 Provinzen wurden keinerlei Sicherheitsvorfälle gemeldet.
US-Präsident Trump in einem Interview der Nachrichten-Website Axios, das heute auf HBO gesendet wurde: „Wir sind größtenteils raus aus Afghanistan.“ Auf die Frage, wieviel US-Truppen am Wahltag in Afghanistan seien, antwortete er, wahrscheinlich irgendwo zwischen vier- und fünftausend. (https://tolonews.com/afghanistan/trump-us-troops-probably-down-4000-5000%C2%A0-election-day )
„Eine Feuerpause ist noch kein Frieden – Afghanistan erlebt ein ruhiges Opferfest, doch viele befürchten, dass es so nicht bleibt“ von Tobias Matern, SZ 03.08.2020, https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-eine-feuerpause-ist-noch-kein-frieden-1.4986511 : Nach Angaben der Regierung wurden am Wochenende mehr als 300 Taliban freigelassen worden sein. Insgesamt seien damit 4.917 Taliban entlassen worden.
02.08. Der afghanische TV-Sender RTA meldet auf Twitter, die von Präsident Ghani angekündigte Loya Jirga solle am 7. August zusammenkommen und drei bis fünf Tage dauern. Die Taliban hatten zuvor erklärt, dass jede Verzögerung den Krieg verlängern würde.
Die afghanische Regierung kündigte die Freilassung von 317 der 500 Taliban-Gefangenen an, die laut Ghani während des Opferfestes freigelassen werden sollten.
01.08. Der pakistanische Außenminister Shah Mahmood Qureshi begrüßte die Waffenruhe als größeren Durchbruch. Die Entscheidung, die Waffenruhe anzukündigen, sei nicht leicht gewesen. Islamabad habe dabei eine Schlüsselrolle gespielt. Mit der Freilassung von 5.000 Taliban-Häftlingen seien die Bedingungen für die innerafghanischen Gespräche gut.
Laut afghanischem Verteidigungsminister hätten die Taliban in den letzten 24 Stunden in sechs Provinzen den Waffenstillstand verletzt. Aus den Provinzen Farah und Badakhshan berichtet TOLOnews, dass seit Beginn des Waffenstillstandes keine Sicherheitsvorfälle gemeldet wurden.
„Frieden: Dämpfer statt Durchbruch – In Afghanistan gibt es zum islamischen Opferfest einen kurzen Waffenstillstand, aber auch Kontroversen über einen Gefangenen- austausch“ von Thomas Ruttig. taz 01.08.2020, https://taz.de/Frieden-in-Afghanistan/!5699731/ , unter „Neue kalte Dusche für Friedenshoffnungen in Afghanistan “ ungekürzt auf https://thruttig.wordpress.com/2020/08/01/neue-kalte-dusche-fur-friedenshoffnungen-in-afghanistan/
Die Organisation einer Loya Jirga „könnte Monate dauern und den Beginn von Gesprächen verzögern. Die Regierung hält afghanischen Menschenrechtlern zufolge 10.000 bis 15.000 Taliban fest.“
Bei Überschwemmungen nach Wolkenbrüchen im Distrikt Kooz Kunar in der Provinz Nangarhar kamen 16 Menschen ums Leben, davon 15 Kinder.
Der afghanische Inlandsgeheimdienst NDS meldet, bei einer Operation seiner Spezialkräfte in Nangarhar sei der Geheimdienstchef des afghanischen Daesh-Ablegers, Assadullah Orakzai, getötet worden.
Juli
31.07. Präsident Ghani ordnete in seiner Ansprache zu Eid die Freilassung von 500 gefangenen Taliban als Antwort auf die Taliban-Ankündigung einer dreitägigen Waffenruhe an. Sie sollen in nächsten vier Tagen freigelassen werden. Damit hätte auch die Regierung „ihre“ 5.000 Freilassungen erreicht. Laut Ghani sind die 500 aber nicht Teil der Liste, die die Taliban der Regierung übergeben hatten. Der Präsident erklärte, er habe nicht das Recht, über die Freilassung der 400 gefangenen Taliban zu entscheiden, die schwerer Straftaten beschuldigt werden. Darüber solle eine Loya Jirga, eine große Ratsversammlung, entscheiden. (Anm.: Am 05.07. – s.u. - war von einer Liste mit597 Namen die Rede
Bis auf eine Explosion in Herat City, bei der 14 Personen verletzt wurden, gab es bis 18.00 Uhr keine Meldungen von Sicherheitsvorfällen landesweit. Im Tangi Gebiet in der Provinz Maidan Wardak schlossen Taliban sich den Eid-Feiern der lokalen Bevölkerung an.
30.07. Laut Taliban-Sprecher ließen die Taliban am Vortag 82 gefangene Sicherheitskräfte frei. Damit hätten sie insgesamt 1.005 gefangene Soldaten, Polizisten und Regierungs-mitarbeiter freigelassen, fünf mehr als ihre Verpflichtung.
Am Vorabend des Opferfestes wurden in Pul-e Alam, der Hauptstadt der Provinz Logar, durch eine Autobombe 18 Menschen, darunter acht Zivilisten. getötet und 22 verwundet. Keine Gruppe erklärte sich verantwortlich.
Laut Gouverneur haben in der Süd-Provinz Helmand Al Qaida und andere foreign fighters eine starke Präsenz, insbesondere in Distriken entlang der Durand-Linie und an der Grenze zumIran. In Camps würden Talibankämpfer ausgebildet.
Zum „Friedensprozess ganz aktuell Thomas Ruttig „Warum geht es im afghanischen Friedensprozess so langsam voran?“ mit Links zu heutigen Artikeln in SZ und FAZ: https://thruttig.wordpress.com/2020/07/30/warum-geht-es-im-afghanischen-friedensprozess-so-langsam-voran-sz-und-dpa/
„Hoffen zum Opferfest - In dem kriegsgebeutelten Land besteht während des Eid al-Adha Aussicht auf drei Tage Waffenruhe. Für die Menschen dort ist das nicht wenig. Ein Friede mit den Taliban aber scheint weiterhin fern zu sein“ von Tobias Matern, SZ, https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-hoffen-zum-opferfest-1.4982646
„Taliban verkündigen dreitägige Waffenruhe“, FAZ 30.07. (dpa),
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/islamisches-opferfest-taliban-verkuenden-dreitaegige-
waffenruhe-16880158.html
„100.000 Kriegsvertriebene in Afghanistan seit Jahresbeginn“, dpa: So die Meldung von OCHA, der VN-Agentur zur Koordinierung der Humanitären Hilfe. Die Hälfte der Menschen seien vor Kämpfen im Norden geflohen. Im Vorjahr gab es 426.000 Binnenvertriebene.
29.07. Am Morgen wurden in Tarin Kot, Zentralort der Provinz Uruzgan, drei Polizisten durch eine Straßenbombe getötet, einer verwundet (eine Woche zuvor in Khas Uruzgan der Polizeichef, ein lokaler Polizei- und ein Armeekommandeur sowie je zwei weitere Polizisten und Soldaten durch eine Straßenbombe getötet).
Laut AFG Verteidigungsministerium wurden gestern in den Distrikten Dawlat Abad und Almar in der NW-Provinz Faryab 17 Taliban bei Kämpfen getötet und einer verwundet. Bei Vorbereitungen auf Checkpoint-Überfälle seien sie von der afghanischen Luftwaffe attackiert worden.
48. Quartalsbericht des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction/SIGAR an den US-Kongress (01.04.-30.06.29)
„TALIBAN ATTACKS SURGE• Concurrent Taliban and Afghan government Eid ceasefires in May initially brought hope for a continued reduction in violence. Resolute Support (RS) reported that enemy violence levels stayed well above historic norms for most of this quarter. The Taliban did not attack Coalition forces, but did attack Afghan government forces at several sites in provincial capitals.• Afghan and Western officials called the level of enemy violence this quarter “totally unacceptable,” and called for its reduction.• Data provided by RS shows civilian casualties in Afghanistan increased by nearly 60% this quarter (April 1–June 30, 2020) compared to last quarter (January 1–March 31, 2020), and by 18% compared to the same period last year.“ (https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2020-07-30qr.pdf )
28.07. Präsident Ghani teilte bei einer Rede beim Senior Officials Meeting in Kabul mit, dass seit dem 29. Februar, dem Tag des USA-Taliban-Abkommens, bis 21. Juli insgesamt 10.341 Sicherheitskräfte Opfer des bewaffneten Konflikts geworden seien: 3.560 wurden getötet, 6.781 wurden verwundet, 457 wurden entführt und gefangen. Im selben Zeitraum gab es 3.073 Zivilopfer, davon 775 Tote, 1.609 Verwundete, 689 Entführte.
https://tolonews.com/afghanistan/ghani-10708-andsf-killed-and-wounded-feb-29
Heute Abend kündigten die Taliban eine dreitägige Waffenruhe über Eid-al Adha (Opferfest, 30.07. abends bis 03.08. abends) an im Hinblick auf die innerafghanischen Verhandlungen, die für die kommenden Wochen erwartet werden. Die Kämpfer wurden aufgerufen, Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte zu vermeiden und von der Regierung kontrollierte Gebiete nicht zu betreten. Präsident Ghani befahl den ANDSF, den Waffenstillstand einzuhalten und Operationen gegen die Taliban zu vermeiden.
Botschaft des obersten Taliban-Führers Hibatullah Akhundzada, https://tolonews.com/afghanistan/taliban-head-seeks-pure-islamic-govt-not-monopoly , https://alemarahenglish.net/?p=36053 )
27.07.Zivilopferbericht von UNAMA zum 1. Halbjahr 2020:
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_report_2020_-_27_july-.pdf
Zwischen 01. Januar und 30. Juni gab es 3.458 Zivilopfer, davon 1.282 Getötete, ggb. dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang um 13% (niedrigster Wert seit 2012),
Es bleibt aber dabei, dass AFG eine der tödlichsten Konflikte weltweit für Zivilisten ist. Tausende werden von Konfliktparteien getötet, verwundet, entführt, vertrieben, bedroht. Kinder werden rekrutiert und sexuell missbraucht. Viele dieser Opfer leiden noch lange unter der Gewalt. Die Covid-19-Pandemie hat drastisch ihre Heilungsmöglichkeiten verringert und die Verwundbarkeit in der Bevölkerung erhöht.
Zurückgegangen sind vor allem die Zivilopfer durch internationale Truppen (= US-Luftangriffe) und durch den afghanischen IS-Ableger. Durch Taliban verantwortete Zivilopfer bleiben weiter auf hohem Niveau. Bei Antipersonenminen gab es einen beunruhigenden Anstieg. Durch ANDSF verantwortete Zivilopfer nahmen um 9% zu, vor allem bei Luftunterstützung und indirektem Feuer.
Die meisten Zivilopfer (35%) gab es bei Bodenkämpfen, 21% durch gezielte Tötungen, 20% durch non-suicide IED`s (und 4% durch suicide IED`s), 9% durch Airstrikes.
Am meisten Zivilopfer gab es in den Provinzen Balkh und Kabul, dann Nangarhar, Faryab und Kunduz. Die über viele Jahre besonders umkämpfte und opferreiche Provinz Helmand gehört nicht mehr zu den „Top 5“. Hier gingen die Zivilopferzahlen vor allem durch Luftangriffe und non-suicide IED`s stark zurück. Die lange Zeit relativ ruhige und stabil erscheinende Provinz Balkh um Mazar-e Sharif herum hat die meisten Zivilopfer durch Bodenkämpfe.
Eid-Al Fitre Waffenstillstand (24.-26. Mai)
Der Rückgang der Zivilopfer in den drei Tagen um 43% ggb. dem Vorjahreszeitraum zeigte die Fähigkeit de Konfliktparteien, Kämpfe mit positiven Auswirkungen auf die Zivilbevölker7ung zu reduzieren, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist.
Regierungsfeindliche Kräfte (AGE)
Sie sind laut UNAMA für 58% der 1.989 Zivilopfer (davon 752 Getötete) verantwortlich. 43% entfallen auf die Taliban, 9% auf Daesh, 6% auf nicht identifizierte AGE.
Die Taliban seien für dieselbe Zahl an Zivilopfern verantwortlich wie im Vorjahr, der Zahl der Getöteten sei aber um 33% gestiegen, vor allem durch gezielte Tötungen, non-suicide IED`s (Druckplatten-IED, die unterschiedslos wirken, +50%!) und summarische Exekutionen.
Gezielte Angriffe forderten 770 Ofer, davon 342 Getötete. 18 richteten sich gegen religiöse Führer, 13 gegen Gesundheitspersonal, 11 gegen Justizpersonal, neun gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten, acht gegen HGO-MitarbeiterInnen, drei gegen Journalisten. Bei etlichen gezielten Angriffen in Kabul auf Zivilisten blieben die Verantwortlichen unbekannt: so beim Angriff auf eine Geburtsstation am 12. Mai, auf einen Staatsanwalt am 22. Juni und gegen Mitarbeite der Afghanischen Unabhängigen Menschenrechtskommission am 27. Juni.
Bei 28 Entführungsfällen gab es 40 Getötete und 28 Verwundete, eine Verfünffachung ggb. dem Vorjahrszeitraum.
Am 26. Juni wurden in zwei Distrikten der NW-Provinz Faryab zwei männliche Zivilisten vor Hunderten Menschen in geschäftigen Basarvierteln nach Urteilsverkündigung über Laut-sprecher öffentlich erhängt.
Bei Daesh seien vor allem die IED-Angriffe mit Massenwirkung (ich nenne sie Massaker-angriffe) zurückgegangen.
Pro-Regierungskräfte (PGF)
Laut UNAMA sind sie für 28% (982) aller Zivilopfer verantwortlich, davon 392 Getötete. 23% sollen auf das Konto der ANDSF gehen, 3% auf das von internationalem (US-)Militär. Der letzte diesen zugeordnete Zwischenfall geschah am 17. Februar in der Provinz Herat.
Die meisten Zivilopfer gab es bei Bodenkämpfen, 80% durch indirektes Feuer.
Die Zivilopfer durch Luftschläge gingen um 43% zurück, die Zivilopfer durch die afghani-sche Luftwaffe (AAF) verdreifachten sich dabei. Zur Hälfte der von der AAF verantworteten Zivilopfer kam es in den Provinzen Kunduz und Balkh, dem früheren Kerngebiet des
deutschen AFG-Einsatzes.
Zwischenfälle das Gesundheitswesen betreffend
27 direkte und neun indirekte Angriffe, mehrheitlich durch die Taliban. (vgl. UNAMA-Special Report: Attacks on Healthcare during the Covid-19 Pandemic vom Juni)
Wirkung des bewaffneten Konflikts auf die Opfer und ihre Angehörigen
Erstmalig begann UNAMA in diesem Jahr mit der systematischen Beobachtung dieses Aspektes. :Von den befragten Opfern berichteten
- 58% von langandauernden Behinderungen
- 100% von Beeinträchtigung ihres emotionalen Wohlbefindens
- 92% von finanziellen Verlusten
- 31%, dass sie ihre Wohnung verlassen mussten
- 64% von negativen Auswirkungen auf ihre Teilnahme am sozialen Leben
- 28%, dass sie Informationen erhielten,, was ihnen oder Angehörigen geschehen war
- 17% von offiziellen Untersuchungen erfahren zu haben
- 47%, dass UNAMA die einzige Einrichtung war, die mit ihnen über ihren Zwischenfall sprach
- 14% von Anerkennung durch eine Konfliktpartei
- 14% von einer finanziellen Entschädigung.
Infografiken zu (a) gezielten Tötungen von Zivilisten, (b) Kindern im bewaffneten Konflikt, (c) Auswirkungen des bewaffneten Konflikts auf die Opfer, (d) Bemühungen der Konfliktparteien um die Opfer , https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_2020_infographic_27_july_english.pdf
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22.07. Laut TOLOnews wurden in den letzten drei Wochen in elf Provinzen bei 220 Angriffen 250 Sicherheitskräfte getötet und über 300 verwundet, vor allem in Nord- und SO-Afghanistan.
21.07.In der West-Provinz Ghor tötete am 16.07. die 15-jährige Schülerin Qamar Gul mit einer AK-47 zwei Taliban und verwundet mehrere. Diese hatten zuvor unter ihren Augen ihre Eltern ermordet. Das Mädchen wurde in den social media gefeiert. https://tolonews.com/afghanistan/teen-girl-kills-2-taliban-ghor-under-police-protection
20.07. In der Provinz Wardak wurden acht Armeeangehörige durch eine Autobombe getötet, neun verwundet.
19.07. Bei einem Angriff auf eine Polizei-Checkpoint in Kunduz City wurden neun Polizisten getötet. Am selben Tag sterben in derselben Provinz im Distrikt Ali Abad vier Sicherheitskräfte bei eine Angriff auf einen Außenposten am Highway.
16.07. (FAZ) Abdullah Abdullah, Vorsitzender des Hohen Rates für Aussöhnung, beförderte den 66-jährigern Warlord Abdul Raschid Dostum, zum Marschall der Afghanischen Nationalarmee. Zugleich ist er Mitglied im Hohen Staatsrat und im Nationalen Sicherheitsrat.
14.07. Am Morgen wurden im Distrikt Surobi/Provinz Kabul fünf Zivilpersonen in einem Fahrzeug durch eine Straßenbombe getötet.
Zivilopferbericht der Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC): Im 1. Halbjahr kamen im Kontext des bewaffneten Konflikts 1.213 Zivilpersonen um`s Leben, 1.740 wurden verwundet. Während die Gesamtzahl der Zivilopfer gegenüber dem Vorjahrszeitraum um 11% zurückging, stieg die Zahl der getöteten Zivilisten von 979 auf 1.213. Die Zahl der von Talibanseite Getöteten ging um 24% auf 542 zurück, die Zahl der Zivilopfer durch Luftwaffeneinsätze um 44%, bei nights raids um 90%.
Im Durschnitt gab es täglich im ersten Halbjahr 16 Zivilopfer. Die meisten Zivilopfer habe es in der Nordwestregion gegeben, die wenigsten im Westen.
https://tolonews.com/afghanistan/afghan-civilian-casualties-fell-11-still-high
Laut offizieller US-Quelle wollen die US-Streitkräfte fünf Basen in Helmand, Uruzgan, Paktika und Laghman schließen. Gemäß US-Taliban-Abkommen vom 29. Februar sollten innerafghanische Gespräche binnen zehn Tagen beginnen. Da weder der Gefangenenaustausch abgeschlossen ist noch die Gewalt reduziert wurde, haben die Gespräche auch nach 136 Tagen noch nicht begonnen.
06.07. Beginn eines internationalen virtuellen Treffens von 19 Staaten (USA, Russland, Chrina, Pakistan, Indien, Saudi-Arabien, Iran, Qatar u.a.) und internationalen Organisationen zur „Stärkung des regionalen Konsens für Frieden“ mit dem afghanischen Außenminister als Gastgeber.
In der Süd-Provinz Zabul wurden insgesamt zehn Polizisten getötet: Im Distrikt Shunkai durch zwei Explosionen sechs (und zwei verwundet), im Distrikt Shahr-e Sofa bei einem Insider-Angriff vier Polizisten. Ihr Checkpoint wurde von den Taliban genommen.
05./06.07. Bei einer Operation afghanischer Land- und Luftstreitkräfte in der Provinz Baghlan 15 Aufständische getötet, nachdem Taliban den Baghlan-Balkh-Highway (Hauptverbindung von Kabul in den Norden) mit einem Checkpoint im Chashma-e-Shir Gebiet blockiert hatten. Am 06. Juli gingen die Zusammenstöße weiter bis in die Außenbezirke der Provinzhauptstadt Pul-e Khumri. Auf dem Highway stauten sich Hunderte Fahrzeuge auf beiden Seiten.
05.07. Die Regierung enthüllt, dass einer der Hauptgründe für die Verspätung bei den innerafghanischen Verhandlungen der Dissens über eine Liste von 597 Gefangenen sei, deren Freilassung die Taliban fordern und die der Teilnahme an schweren Straftaten beschuldigt werden. Laut Regierung wurden bisher 4.015 gefangene Taliban freigelassen.
(Am 21.04. meldete TOLOnews, einer von 15 Spitzengefangenen, deren Freilassung die Taliban fordern, sei ein Lailuddin, der als Mitglied eines Netzwerks identifiziert wurde, das verantwortlich sei für größere Angriffe in Kabul: so auf die Dt. Botschaft (31.05.2017, http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&catid=36&aid=1475 ), die Amerikanische Universität, das ehemalige Parlamentsmitglied Mir Wali und auf eine Beerdigung. https://tolonews.com/afghanistan/taliban-seeks-release-suspect-german-embassy-bombing )
02.07. UN drängt auf größeren Schutz für Zivilpersonen und weniger Gewalt in Erwartung der wohl in diesem Monat beginnenden innerafghanischen Verhandlungen. In jüngster Zeit gab es eine Reihe von gezielten Angriffen auf Angehörige der Zivilgesellschaft. Im ersten Halbjahr 2020 wurden mehr als 800 Zivilpersonen bei gezielten Angriffen auf Zivilisten getötet oder verwundet. 18 gezielte Angriffe richteten sich gegen religiöse Führer (sechs allein im Juni), 13 gegen Gesundheitspersonal, 11 gegen Justizpersonal (davon drei im Juni), sechs gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten, fünf gegen NGO`s und drei gegen Journalisten.
Am 22. Juni eröffneten in Kabul Bewaffnete auf einem Motorrad das Feuer auf ein Fahrzeug und töteten alle fünf Insassen, darunter einen Staatsanwalt. Am 27.06. fielen zwei Mitarbeiter der Afghanistan Independent Human Rights Commission einem IED-Anschlag zum Opfer. https://unama.unmissions.org/un-urges-greater-protection-civilians-and-reduced-violence-run-intra-afghan-talks
- ENDLICH: Die lang erwartete Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Unterstützung des Aufrufs des UN-Generalsekretärs zu einem weltweiten und sofortigen Waffenstillstand anlässlich der COVID-19-Pandemie, Nr. 2532 (2020) 01.07.2020
https://news.un.org/en/story/2020/07/1067552 (Die Resolution wurde von Frankreich und Tunesien entworfen und 111 Tage nach der Erklärung der WHO zu COVID-19 als globaler Pandemie. Christoph Heusgen, der deutsche Ständige Vertreter bei den VN, konnte den einstimmigen Beschluss am ersten Tag des deutschen Vorsitzes im Sicherheitsrat bekanntgeben.)
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: