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Offener Brief an die Erstunterzeichner-KollegInnen des Aufrufs „Den Krieg in Afghanistan beenden"

Veröffentlicht von: Webmaster am 14. November 2008 16:57:00 +01:00 (90281 Aufrufe)

Folgenden Offenen Brief an die Erstunterzeichner-KollegInnen des Aufrufs „Den Krieg in Afghanistan beenden" verfasste Winfried Nachtwei:

 

Offener Brief an die Erstunterzeichner-KollegInnen des Aufrufs „Den Krieg in Afghanistan beenden"

(Winni Nachtwei, 14.11.2008)

Liebe Freundinnen und Freunde,

Eure Forderung, den Krieg in Afghanistan zu beenden, die Gewaltspirale zu durchbrechen und Verhandlungslösungen zu suchen, teile ich voll und ganz. Ich teile Eure Intention, dass es eine militärische Abzugsperspektive geben muss, dass ein Abzug verantwortbar zu gestalten und das Erreichte zu sichern ist. Diese Forderungen treffen zudem eine hierzulande weit verbreitete Stimmungslage.

Zugleich habe ich aber erhebliche Zweifel, ob Euer Aufruf die Lage in Afghanistan trifft, seine Forderungen den Menschen dort nutzen und einen Wegweiser raus aus der Gewaltspirale darstellen.

Ein Aufruf muss kurz sein. Er sollte auch klar sein. Deshalb einige Fragen zur Klärung:

- Warum schildert Ihr ausschließlich die in der Tat sehr beunruhigenden Entwicklungen in Afghanistan und übergeht völlig die Fortschritte und die Sicht der beim Aufbau engagierten AfghanInnen und Internationalen? Warum spielen für Euch weder afghanische demokratische Zivilgesellschaft noch Vereinte Nationen irgendeine erkennbare Rolle? Gerade Friedenspolitik braucht doch Blick für Chancen.

- Warum blendet Ihr die internen Konflikt- und Gewaltursachen sowie den enormen Gewalt„import" aus den pakistanischen Grenzregionen aus? Wie sollen diese Gewaltpotenziale eingedämmt werden?

- Was ändern Eure Forderungen an den richtig benannten Riesenproblemen der schlechten Regierungsführung, der Macht von Warlords und Drogenbaronen?

- Warum beziehen sich sieben Eurer zehn Forderungen auf das Militärische, zwei auf Verhandlungen, eine auf den zivilen Aufbau? Setzt Ihr damit nicht eine Militärfixiertheit fort, wo das Interesse fast nur um Militärfragen kreist - und wo es für die primären Aufbaufragen nur Reste an Aufmerksamkeit und Engagement und kaum öffentlichen Druck gibt? (Die jahrelange Vernachlässigung der deutschen Polizeihilfe für Afghanistan auch durch die Innenpolitiker des Bundestages ist dafür ein krasses Beispiel.)

Wie lässt sich Druck machen für die notwendige Aufbauoffensive?

- Ist Euch bewusst, dass die Einsatzregeln und Einsatzpraxis von ISAF/Bundeswehr im Norden auf Selbstschutz und Schutz der Bevölkerung beschränkt sind und dass dort auf die Guerillakriegführung bewaffneter Kräfte ausdrücklich nicht mit Krieg geantwortet wird?

- Wie sollen afghanische Sicherheitskräfte zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung befähigt und ausgebildet werden, wenn hierfür nicht Tausende Ausbilder und Berater zur Verfügung stehen, wenn allein in 2007 ca. 1.000 Polizisten durch die bewaffnete Opposition getötet wurden?

- Was ist für Euch „verantwortbar" und ein „überschaubarer Rahmen"? Zum Beispiel die Ankündigung der Niederländer, Ende 2010 ihre Lead-Rolle in der Süd-Provinz Uruzgan abgeben zu wollen (die dafür jetzt entwicklungspolitisch klotzen), z.B. die Kanadier, die in 2011 aus Kandahar abziehen wollen, z.B. das bei ISAF genannte Zieljahr 2013?

- Wenn nur NATO- und US-Truppen abziehen sollen: Was ist mit den 15 Nicht-NATO-Staaten wie Australien, Neuseeland, Singapur, Vereinigte Arabische Emirate, Jordanien, Österreich, Schweden, Finnland u.a., die bei ISAF dabei sind? Welches wären heute die infrage kommenden „neutralen" Staaten - Pakistan, Indien, Indonesien? Wie lange sollen diese Truppen in Afghanistan bleiben?

Auf diese Fragen müsst Ihr schon genauere Antworten geben. Andernfalls bliebe von Eurem Aufruf nur die Botschaft „Hauptsache raus", bliebe Euer so richtiges Wort von der „Verantwortbarkeit" ein Lippenbekenntnis.

Die berechtigte und richtige Forderung nach einer militärischen Abzugsperspektive muss verknüpft sein mit einem politisch-militärischen Kurswechsel, mit einer Aufbauoffensive für realistische und ehrgeizige Ziele, mit Wille zum Erfolg. Ein Abzugsplan ohne Aufbau- und Erfolgsstrategie wäre verantwortungslos. Ich habe mir vorgenommen, dass wir in der Bundestagsfraktion in den nächsten Monaten Eckpunkte für eine Erfolgs- und Abzugsstrategie vorlegen.

Ich schlage Euch vor, dass Ihr Euren Aufruf an Menschen weiterleitet, die sich in Afghanistan für Aufbau, Friedensentwicklung und Menschenrechte einsetzen und sie um eine Stellungnahme vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen bittet. Ich könnte Euch viele nennen. Wir sollten unsere Afghanistanpolitik viel mehr im Dialog mit unseren vielen Freundinnen und Freunden in Afghanistan weiterentwickeln.

Mit solidarischen Grüßen

Euer Winni

Hin weis: 

Zum Herunterladen: Offener Brief als PDF-Datei.


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