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Genauer Hinsehen: Sicherheitslage Afghanistan (Lageberichte + Einzelmeldungen) bis 2019
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Pakistan im April - Visite am Abgrund (Teil 1)

Veröffentlicht von: Webmaster am 10. Mai 2009 08:38:07 +01:00 (105296 Aufrufe)

Folgenden Bericht verfasste Winfried Nachtwei über seinen jüngsten Pakistan-Besuch:

Pakistan im April - Visite am Abgrund

Winfried Nachtwei, MdB, Mai 2009

Im Vorfeld der Geberkonferenz in Tokio besuchte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul vom 2.-5. April 2009 die pakistanische Hauptstadt Islamabad. Gerne nahm ich Ihre Einladung zur Mitreise an - als einziger Abgeordneter. Nach meinen vielen Reisen nach Afghanistan war ein Besuch Pakistans mehr als überfällig. Die Begleitung durch externe und interne Pakistan-ExpertInnen erweiterte unsere Wahrnehmungsfähigkeiten ganz erheblich.

Auf dem Programm der Reise standen

  • Gespräche mit dem amtierenden Finanzminister Shauhat Tareen, der Sozialministerin der North West Frontier Province (NWFP), Sitara Ayaz, dem Ex-Premier und Oppositionsführer Nawaz Sharif, Vertretern der Geberorganisationen EU-Kommission, VN, ICRC und Asian Development Bank (ADB), dem deutschen Botschafter Dr. Michael Koch (vormals Leiter des Sonderstabs AFG im AA), den Botschaftern von USA, Großbritannien, Australien und Frankreich in PAK, VertreterInnen der Zivilgesellschaft (Human Rights Commission, International Crisis Group, Insitute of Strategic Studies, National Commission for Justice and Peace, Anwalt beim Supreme Court) von UNHCR und den deutschen Stiftungen in PAK (KAS, FES, HSS,HBS, FNS) der deutschen EZ-Community;
  • Eröffung des Deutschen Hauses der Entwicklungszusammenarbeit;
  • Besuch der National Book Foundation, des Talat Nursing House in Rawalpindi und eines Slum mit vielen Flüchtlingen aus den Stammesgebieten (FATA).

Zur Delegation gehören neben den zuständigen leitenden Beamtinnen des Ministeriums Ingrid-Gabriela Hoven und Christiane Hieronymus, die langjährigen Pakistan-Experten Dr. Christian Wagner/SWP, Prof. Jochen Hippler/INEF, Uwe Ohls/KfW Entwicklungsbank, Dr. Winfried Polte/DEG (KfW) sowie Journalisten von ARD, dpa, Spiegel und „E+Z".

Zusammenfassung:

Deutlich wurden die Dimension und Dynamik der krisenhaften Entwicklung, das bisherige Elitenversagen, aber auch die guten Ansätze und erheblichen Schwierigkeiten eines entwicklungspolitischen Gegensteuerns.

Der Vormarsch des militanten Fundamentalismus, der pakistanischen Taliban und anderer Gruppen erscheint fast ungebremst und rückt der Hauptstadt bedrohlich nahe. Während Kreise der Zivilgesellschaft dagegen protestieren und selbstbewusster gewordene Mittelschichten mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einfordern, gibt es in der politischen Klasse keinen Konsens über die vorrangige Bedrohung. Sicherheitskräfte schwanken zwischen demoralisiertem Wegducken, massivem Zuschlagen und aktiver Unterstützung (Teile des Militärgeheimdienstes ISI). Bemerkenswert sind die Ansätze und Zugänge deutscher Entwicklungszusammenarbeit und Stiftungen.

Schlüsselfragen sind, was die verschiedenen Politikfelder und internationalen Akteure dazu beitragen können bzw. sollten, die Konfliktdynamik zu bremsen, wie sie zu kurz- und mittelfristig „Better" Governance fördern können. Dabei kommt der Stärkung einer verlässlichen und durchsetzungsfähigen Polizei und der Rechtsstaatsförderung eine Schlüsselrolle zu.

Die mutige Zivilgesellschaft braucht internationale Wahrnehmung und Solidarität.

Zu klären ist, wieweit die deutschen, europäischen und internationalen Bemühungen auf Ebene der EZ und Stiftungen angesichts der Krisendynamik stärker konfliktpräventiv ausgerichtet und intensiviert werden können.

Der UNHCR und andere Hilfsorganisationen müssen schnell mit den notwendigen Mitteln für die Unterstützung der Binnenflüchtlinge ausgestattet werden.  Hier ist die vordere Linie im Kampf um Köpfe und Herzen.

Dass im AA und BMZ AFG und PAK durch dieselben Referate bearbeitet werden, dass es einen Sonderbeauftragten des AA für AFG und PAK mit politischem Gewicht gibt, sind richtige Schritte. Aber bundesdeutsche Politik braucht noch viel mehr von solcher grenzüberschreitender Sicht und vor allem vernetzter, kohärenter Politik zu den beiden Krisenländern. Bisher ist deutsche Wahrnehmung und Politik viel zu sehr auf den eigenen Verantwortungsbereich in Nord-AFG beschränkt.

Inhalt

  • Ankunft in Islamabad
  • Allgemeine Lage
  • Stammesgebiete
  • Aktueller Brennpunkt Swat-Abkommen
  • Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge
  • Deutsche Entwicklungszusammenarbeit
  • Materialien zur aktuellen Sicherheitslage Afghanistans
  • Karte der Northwest Frontier Province und FATA

Islamabad ist mit seinen mehr als 800.000 Einwohnern seit 1958 die offizielle Hauptstadt Pakistans und mit seinem großzügigen, quadratischen Straßennetz, seinem vielen Grün und fehlendem Chaos völlig untypisch für das Land: Der erste Eindruck ist Ordnung. Die Sicherheitsvorkehrungen erscheinen provisorischer und sind weit von Kabul entfernt. Statt Beton sehe ich mehr Sandsäcke. Die Soldaten und Polizisten wirken weniger angespannt, auch an der Diplomatic Enclave. Nur das hiesige große Serena-Hotel erscheint durch größere Abstände besser geschützt zu sein als das Serena in Kabul.

Der erste entspanntere Eindruck täuscht. Unvergessen sind die Kämpfe um die Erstürmung der Roten Moschee in Islamabad, die im Juli 2007 weit mehr als 100 Menschen das Leben kosteten. Unvergessen ist der Terrorangriff auf das Mariott-Hotel am 20. September 2008, bei dem 54 Menschen getötet und 266 verletzt wurden.

Die geografische Lage Islamabads im Norden unweit der North West Frontier Province (NWFP) mit den Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas/FATA) ist heikel. Peshawar liegt nur 160 km, 2 Autostunden entfernt, das inzwischen reichlich bekannte Swat-Tal ist auch nicht weiter weg. 20 km vor Islamabad soll es schon mit dem Talibaneinfluss losgehen.

Am letzten Abend hat in der Residenz des dt. Botschafters kaum der Empfang mit der deutschen EZ-Gemeinde begonnen, treffen schon beunruhigende Handy-Meldungen ein: In F-7/3 an der Margalla Road, knapp 4 km entfernt, hat ein Selbstmordattentäter einen Posten der Grenzpolizei angegriffen, acht Polizisten getötet und sieben verwundet. Ganz in der Nähe wohnen meine momentanen Gesprächspartner, denen ich zuletzt 2006 in Kinshasa begegnet war. Minuten später trifft eine erfreuliche Nachricht ein: Die zzt. prominenteste Geisel, der US-Bürger John Sobecki, wurde nach zwei Monaten Entführung in Quetta freigelassen.

Allgemeine Lage

(vgl. Jochen Hippler: „Das gefährlichste Land der Welt? Pakistan zwischen Militärherrschaft, Extremismus und Demokratie", Köln 2008: sehr fakten- und kenntnisreich!)

PAK ist mit ca. 165 Mio. Einwohnern nach Indonesien das zweitgrößte islamische Land und zweimal so groß wie Deutschland. PAK besteht aus den vier Provinzen Punjab (Kerngebiet mit Hälfte der Bevölkerung), Sindh (Südosten, Hauptstadt Karatschi), Belutschistan (größte, am wenigsten zugängliche Provinz mit ca. 8 Mio. Einwohnern) und NWFP (kleinste Provinz mit ca. 21 Mio. Einwohnern) sowie „Northern Areas" und „Azad Kashmir".

Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 847 US-$. Ein Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Die Großgrundbesitzer verfügen über 65% des Landbesitzes. Die Hälfte der Familien auf dem Land verfügt über keinerlei Grund und Boden.  Die Frauenbenachteiligung ist krass. Hier liegt PAK auf Platz 127 (von 130), beim Human Development Index auf Platz 136. Die soziale Situation ist damit die schlechteste unter allen vergleichbaren Ländern. Das Bevölkerungswachstum liegt bei hohen 2,4%. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International nimmt PAK den 142. von 163 Plätzen ein. Symptomatisch ist, dass nur ca. 5 Mio. Pakistani Steuern zahlen. Die Staatsquote liegt bei unter 10%!  Ohne den IWF-Kredit von 7,6 Mrd. US-$ im letzten Herbst wäre der Staat pleite gewesen. Ein zweiter Kredit über mehr als 5 Mrd. US-$ ist im Gespräch. Die Inflation liegt bei 24%.

Seit Jahren leidet PAK unter massiver politischer und konfessioneller Gewalt: zwischen sunnitischen und schiitischen Extremistengruppen (in 2007 mit 441 Toten); in Karachi und anderen Großstädten der Provinz Sindh der Konflikt zwischen Sindh und Muhajir vor allem in den 80er und 90er Jahren mit häufigen Massakern; Aufstand und massive militärische Bekämpfung in Balutschistan (415 Terroranschläge in 2006); am blutigsten die Konflikte in NWFP (in FATA in 2007 1.680 Tote - bei 2,5% der Bevölkerung fast 50% aller Gewaltopfer). Insofern ist zwischen verschiedenen Gewaltakteuren, Aufständischen- und Terrorgruppen zu unterscheiden.

Seit dem Kampf um die Rote Moschee hat sich die Sicherheitslage explosiv entwickelt. Nachdem die Taliban und Verbündete die meisten Agencies der Stammesgebiete schon länger weitgehend kontrollieren, dringen sie inzwischen zunehmend in die „Settled Areas" der NWFP vor, geschehen Großanschläge immer häufiger auch im Kernland. In 2008 starben 2.267 Menschen bei Terroranschlägen - mehr als in AFG. Allein im März starben 124 Menschen durch Selbstmordanschläge (u.a. in Islamabad, Ravalpindi, Peshawar) und 42 - mutmaßlich Militante - bei vier Drohnenattacken in den Stammesgebieten. Auch wenn lt. Präsident Zardari angeblich 100.000 Sicherheitskräfte in der NWFP stehen - in den ersten Monaten 2009 erscheint der Vormarsch der Taliban u.a. Gruppen geradezu ungebremst.

David Kilcullen, Berater von General Petraeus, äußerte im März die Warnung, dass der pakistanische Staat in sechs Monaten zusammenbrechen könne. Knackpunkte sind offenbar, dass in der politischen Klasse PAK`s kein Konsens über die tatsächlichen Bedrohungen besteht und dass Teile des ISI, der jenseits der Kontrolle durch die zivile Regierung agiert, aktiv Terrorgruppen unterstützen. (vgl. auch die aufschlussreiche Stellungnahme des Counterinsurgency-Experten  David Kilcullen vor dem Streitkräfteausschuss des US-Kongress 23.4.2009; www.armedservice.house.gov/pdfs/FC042309/Kilcullen_Testimony042309.pdf)

In der Außenpolitik habe sich das Verhältnis zu Afghanistan - lange Zeit wie Kalter Krieg - dramatisch entspannt. Das Verhältnis zu Indien sei seit Mumbai schwieriger, verglichen mit dem Angriff auf das indische Parlament in 2001 seien jetzt die Reaktionen aber ruhiger.

Sehr enttäuscht, ja deprimiert äußern sich VertreterInnen aus der Zivilgesellschaft, nachdem die Wahl im Februar 2008 so hoffnungsvoll gelaufen war. Scharf kritisiert wird die Zusammensetzung der Regierung mit z.T. sehr fragwürdigen Politikern, die Politik der Parteien, die Gesetzesbrüche von oben, der Deal der gewählten Regierung mit den Taliban. Samina Ahmed von der International Crisis Group wirft dem Militär vor, kein Verständnis von Sicherheit im 21. Jahrhundert zu haben. Ein solches Militär zu unterstützen sei ein Freibrief. Die Zivilisierung des Militärs sei eine Kernaufgabe.

Warum bekomme ein Land wie PAK Geld vom Ausland - angesichts eines Präsidenten, der einer der reichsten Männer der Welt sei, angesichts eines der größten Militärbudgets und der Nuklearrüstung? Da müssten die Geber Bedingungen stellen!

Ein PAK-Experte in der Delegation ergänzt: Auf der PAK Gesellschaft lasten zwei Mühlsteine, das Militär und die Parteien.

Stiftungsvertreter sprechen von den täglichen Widersprüchen zwischen enormen menschlichen Potenzialen in diesem Land einerseits und dem Elitenversagen andererseits. Vor einem Jahr habe es nach den Wahlen eine regelrechte Aufbruchstimmung gegeben und neues Selbstbewusstsein auf Seiten der Zivilgesellschaft. Die zivile Regierung verspielte ihren Kredit aber in kurzer Zeit, als man sich gegenseitig mit dem Streit um die Wiedereinsetzung des Obersten Richters paralysierte. Inzwischen könne man in der Tat von einer Rutschbahn ins Chaos sprechen. Vor drei Monaten habe die Juristenbewegung noch allein gestanden. Vor zwei Monaten verpuffte ein Aufruf zu einem „Langen Marsch ins Swat-Tal". Jetzt gebe es ein Momentum, dass viele jetzt sehen, welche Folgen schlechte Regierungsführung hat: von Stromausfällen bis zum Kontrollverlust in weiteren Teilen der NWFP ... Gerade vor 14 Tagen habe es eine Allianz bisheriger zivilgesellschaftlicher „Inseln", der Anwälte usw. gegeben. Das sei historisch neu. Und dabei, bei der Überwindung der Schwächen von Parteien und Parlament, könnten die fünf deutschen Stiftungen schon einiges bewirken.

In der Bevölkerung überwiege die Meinung, dass der „Krieg gegen den Terror" nicht der eigene sei.

Das PAK Militär ist der einzige Machtträger und schon aus Selbsterhaltungsinteresse auf den „Erbfeind" Indien fixiert. Seit Oktober 2001 habe PAK militärische Unterstützung in obszöner Höhe und ohne jede Rechenschaftspflicht bekommen. Diese seien zum größten Teil für den Machterhalt nach innen und zur Aufrüstung gegen Indien aufgewandt worden. Von den 5,8 Mrd. $ der USA für die FATA in 2002-2007 gingen 96% ans Militär, 3% in die Grenzsicherung und 1% in Entwicklungshilfe. (vgl. die Studie des US-Rechnungshofes Government Accountability Office: Combating Terrorism - The US Lacks Comprehensive Plan to Destroy the Terroris Threat and Close the Save Haven in PAK`s FATA, April 2008)

Strittig unter unseren Gesprächspartnern ist, inwieweit eine Islamisierung des Militärs zu befürchten ist. Die eine Position: Kritisch werde es, wenn in 3-5 Jahren Offiziere an den Drücker kämen, die in Kaschmir oder Afghanistan gekämpft haben. Eine Militärreform mit dem Ziel, den Primat der zivilen Politik durchzusetzen, würde wie jede Militärreform in der Geschichte, mit einer internen Spaltung einhergehen. Was wäre dann aber mit der Kontrolle der Atomwaffen? Die andere Position: Das PAK Militär sei ziemlich pluralistisch. Erste Devise sei, durch Integration, auch Säuberungen, den Apparat zu erhalten.

Stammesgebiete (FATA)

Neben den „Settled Areas" der NWFP umfassen die Stammesgebiete 36% der Provinzfläche mit ca. 3,2 Mio. Einwohnern. Der Alphabetisierungsgrad liegt bei 18%, davon nur 3% Frauen. 60% leben unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Die FATA ist untergliedert in sieben „Tribal Agencies" und weitere „Frontier Regions" (darunter Peshawar). Seit der Kolonialzeit ist das System indirekter Herrschaft mit Hilfe der Political Agents und Stammesführer (Maliks) im Grundmuster unverändert. Staatsgewalt wird hier mit viel Geld und drakonischen Kollektivstrafen nach dem „Black Law" der „Frontier Crimes Regulations" von 1901 (Sippenhaft, Zerstörung von Wohneigentum, Vertreibungen) ausgeübt. Durch den Afghanistankrieg der 80er Jahre, den Aufstieg von Kommandeuren und Mullahs sowie den Einmarsch der Armee seit 2002 wurden diese traditionellen Strukturen geschwächt bis zerstört. De facto sind staatliche Präsenz und Handlungsmöglichkeiten in der FATA sehr begrenzt.

Die FATA ist der Rückzugs-, Ausbildungs- und Organisierungsraum für Gewaltakteure in Afghanistan und in anderen Teilen PAK`s. Waziristan ist laut Susanne Koelbl (Spiegel 19/09) die „weltweit bedeutendste Ausbildungszentrale des islamistischen Terrorismus".

Größte Gruppen sind die Tehrik-e-Taliban PAK (TTP) mit schätzungsweise 15.000 Kämpfern unter Baitullah Mehsud; die afghanischen Taliban mit Ausbildungs- und Logistikbasen in FATA, ca. 30.000 in AFG und PAK insgesamt; Lashkar-i-Islami unter dem Stammes-Warlord Mangal Bagh in der Gegend um den Kyber-Pass mit angeblich 12.000; Tehrik-e-Nafaz-e-Shariat-e-Mohammadi (TNSM) unter Maulana Fazlullah („Radio-Mullah") mit ca. 5.000 in Swat; Al Qaida mit ca. 2.000; Hizb-e-Islami Gulbuddin (HIG)  unter Hekmatyar Gulbudin mit ca. 1.000, mit Taliban kämpfend in AFG und PAK; Haqqani Network unter Jalaluddin Haqqani und Sohn Sirajuddin mit Basen in Nord-Waziristan; Kaschmir-Gruppen Harakat-ul-Mujahideen (ca.200), Jaish-e-Mujahideen .

(vgl. das „Handbook 9 Paramilitary Terrorist Insurgent Groups AFG" (+ PAK), US Army TRADOC, März 2009, www.wikileaks.org/wiki/Afghanistan_Paramilitary_Terrorist_...)

Am 1.4.2009  führt der CIA erstmalig einen Angriff mit einer Predator-Drohne und Hellfire-Raketen gegen einen mutmaßlichen Taliban-Compound in der Orakzai-Agency. Hierbei sollen 12 Rekruten der TTP getötet worden sein. Am 4.4. erfolgt der nächste Predator-Angriff in Nord-Waziristan mit 13 Toten. Die Drohnen-Attacke am 29.4. gegen ein Ziel in Süd-Waziristan fordert 8 Tote und ist der 16. Drohnenangriff in diesem Jahr    Die US-Angriffe gegen mutmaßliche Terroristenziele in der FATA werden in der pakistanischen Öffentlichkeit einhellig abgelehnt, angebliche Absprachen werden geleugnet. Die von mir auf die Drohnen angesprochene US-Botschafterin lobt ihre „sehr gute Wirkung". Außeracht bleibt dabei, dass die Drohnenangriffe die zivilstaatlichen Institutionen schlecht aussehen lassen. Dieser unter unseren anderen Gesprächspartnern dominierenden Einschätzung teilweise zuwider laufen Umfragen aus den betroffenen Agencies der FATA, wonach die örtliche Bevölkerung die Drohnenangriffe keineswegs einmütig ablehne. Wo man unter der despotischen Herrschaft der TTP leide und keine Hilfe vom pakistanischen Staat komme, da würden die Drohnen-Attacken den Druck mildern. (Daily Times 3.4.09, www.dailytimes.com.pk).

Im Deutschen Haus stellt mir Jochen Hippler den vorzüglichen FATA-Kenner  Naveed Ahmad Shinwari vor, Chief Executive von CAMP (Community Appraisel + Motivation Programe - working for peace and development/Peshawar). Von ihm erhalte ich die umfangreiche + äußerst aufschlussreiche Repräsentativuntersuchung „Understanding FATA - Attitudes Towards Governance, Religion and Society in Pakistan`s FATA", Volume I, Pakistan 2008, Volume II 2009. (www.camp.org.pk oder www.understandingfata.org)   Befragt wurden 1.050 Personen (2.000 in der 2. Umfrage) zu den Themen Rolle der Frauen in der Stammesgesellschaft, die Talibanisierung der Stammesgesellschaft, Besitz von Feuerwaffen, Zukunft der Stammesjugend, die FCR`s, die Institution der Jirga, politische Institutionen + Parteien, afghanische Flüchtlinge, Drogenhandel, im 2. Jahr auch zu asiatischen + westlichen Ländern. Die wichtigsten Ergebnisse:

-       Die Mehrheit ist stark gegen die jetzige Form der FCR, will ihre Änderung oder Aufhebung, nur 7% sind für Beibehaltung

-       Starkes Verlangen nach Politik per Wahlen anstelle der allmächtigen Political Agents; Bedürfnis nach Verfassungsreform in der FATA, aber keine Klarheit, in welche Richtung

-       83% meinen, das Tragen von Waffen schaffe Sicherheit, 50%, die Sharia bringe Frieden in die FATA

-       17% unterstützen den bewaffneten Jihad, 57% halten ihn für das Studium des Koran, 24% für friedlichen Widerstand; nur 3,6% halten Taliban für Terroristen; die AFG Taliban halten 56% für islamische Helden, die gegen die westliche Besatzung kämpfen, 20% für Ignoranten islamischer Werte; Selbstmordattentate sind für 60% nicht aus dem Islam zu rechtfertigen, für 26% sehr wohl;

-       Gründe der Talibanisierung werden vor allem im Analphabetentum, dem AFG-Konflikt, schwacher Regierungsführung, Armut + Arbeitslosigkeit gesehen; das Verlangen nach Jobs ist stark; die hohe Zahl an Selbstmordattentaten in PAK liegt für 51% am westlichen Einfluss, für 29% an fehlender Arbeit, für 25% an Ignoranz, 21% an Erziehungsmangel, 13% an Al Qaida;

-       Bezüglich Umgang mit Suizid-Bombers und anderen Terroristen befürworten 36% Verhandlungen mit diesen, 23% Dialog mit lokalen Autoritäten, 14% den Einsatz der Armee

-       85% befürworten einen besseren Zugang von Frauen zu Gesundheitsversorgung und Bildung; zugleich herrscht eine erhebliche Zurückhaltung gegenüber einer Förderung von Frauen allgemein; 67% befürworten „honour killings" (ein Jahr später nur 25%); die „Swara" - Zwangsverheiratung einer Tochter durch eine paschtunische Jirga, um einen durch Mord verursachten Konflikt zu lösen - halten 68% für inhuman und 5% für kriminell, 25% halten sie aber zur Verhinderung eines Blutrachekonflikts für nötig

-       Anbau und Handel mit Drogen werden allgemein als illegal, unmoralisch und Verstoß gegen das Stammessystem wie das islamische Recht angesehen; zugleich gibt es ein Element der Unterstützung für solche Aktivitäten

-       Zu anderen Ländern (Vol. II): Vorbildhaft sind für 45% Saudi Arabien, 16% China, 15% Iran (...) 2,8% westliche Länder, 1% Indien; eine schlechte Meinung haben von der Regierung AFG`s 40%, Indiens 70%, der USA 78%; eine gute Meinung haben von der Regierung Irans 67%, Chinas 81%, Saudi Arabiens 88%. Die Haltung zur UK-Regierung ist zu 71% negativ, 17% positiv. Das AFG-Engagement von UK + USA schätzen 88% negativ ein. UK hat für 87% eine negative Haltung zur islamischen Welt, USA 88%.

-       Insgesamt wünschen die Menschen keinen plötzlichen, sondern schrittweisen Wandel.

Die Studie schließt mit 49 Empfehlungen zu den einzelnen Politikfeldern für eine „FATA Reform Strategie". Sie sind eine Fundgrube an realistischen Vorschlägen für eine hoffnungslos erscheinende Konfliktregion -  der pakistanischen Regierung wie allen internationalen Akteuren zur intensiven Beachtung empfohlen.

Aktueller Brennpunkt Swat(-Abkommen)

Bis 2002 war das Swat-Tal ein beliebtes Ausflugs- und Urlaubsgebiet mit vielleicht 300 Hotels. Die Region hat im Unterschied zu anderen Landesteilen keine extremistische Geschichte, eher eine Tradition der Toleranz. Noch im Februar 2008 stimmte hier eine große Mehrheit für die säkulare Awami National Party. Ulrich Ladurner schildert in seiner aktuellen Reportage „Teufel im Paradies" (ZEIT 30.4.2009), wie die Gewalt aus verschiedenen auch lokalen Konflikten anwuchs. Ein zentraler Stein des Anstoßes war die „ineffektive Gerichtsbarkeit". Seit die Kämpfe im Herbst 2007 begannen, fielen ihnen ca. 3.000 Menschen zum Opfer, davon 2.700 Zivilpersonen, 160 Soldaten + Polizisten, mehr als 100 Taliban - so die offiziellen Zahlen. Jetzt im April fährt Ladurner in Swat an Trümmerhaufen zerstörter Mädchenschulen vorbei. An einem großen Markt nur für Frauen erblickt er ein Transparent „Frauen ist nicht erlaubt, auf diesen Markt zu kommen!"

Bis vor sechs Wochen sei es nach Darstellung unserer Gesprächspartner im Swat-Tal schlimmer gewesen als in den FATA, der totale Terror. Militär war wohl vor Ort, setzte aber z.B. nicht die nächtliche Ausgangsperre durch. Am nächsten Morgen lagen dann immer wieder von Taliban Enthauptete auf der Straße, zur Abschreckung. Das Militär soll die Regierung zum Abschluss des Abkommens gezwungen haben. Seitdem sei es etwas ruhiger. Aber vermutlich werde das Abkommen genauso zusammenbrechen wie andere kleinere, die es seit 2005 alljährlich auf Diktat des Militärs hin gegeben habe. Befördert worden sei die ganze Entwicklung dadurch, dass der Staat immer als Unterdrücker und nie als Unterstützer wahrzunehmen war.

Das Swat-Abkommen habe den Umfang einer Presseerklärung und werde völlig unterschiedlich interpretiert. Die NWFP-Sozialministerin: „Wir wollten das Töten stoppen."

Im Spiegel 19/2009 rechtfertigt Präsident Zardari mit uns sehr bekannten, plausibel erscheinenden Worten: Krieg sei keine Lösung, Mitläufer und Kriminelle sollten von den ideologischen Überzeugungstätern getrennt werden. In diesem Fall scheinen diese Worte aber nur Tünche für fehlenden staatlichen Durchsetzungswillen und Ausdruck von Schwäche zu sein.

Tahira Abdullah, die energische Vertreterin der Menschenrechtskommission in PAK, nennt hingegen das Abkommen ein „Verbrechen gegen die Verfassung und Menschlichkeit." Die Taliban seien auf dem Vormarsch in PAK, der Staat kapituliere.

Am 3. April lief im Fernsehen ein Video über die Auspeitschung eines 17-jährigen Mädchens im Swat-Tal. Es soll sich geweigert haben, den Heiratsantrag eines Taliban anzunehmen. Dagegen gingen am 3. und 4. April in Lahore, Islamabad, Peshawar Tausende Demonstranten, zivilgesellschaftliche Organisationen, Studenten, Lehrer, Anwälte, Schauspieler, Künstler, Menschenrechtsaktivisten, darunter viele Frauen auf die Straße. Sie protestierten gegen den Talibanterror und die Talibanisierung, für die Kündigung des Swat-„Friedens"abkommens und die Wiederherstellung der Staatsgewalt in Swat.

Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons/IDP`s)

Wiederbegegnung mit Kilian Kleinschmidt, jetzt Assistent Representative UNHCR PAK, früher Rückkehrerbeauftragter von UNMIK/Kosovo und beim Stabilitätspakt für Südosteuropa.

Kein Land habe über einen vergleichbaren Zeitraum so viele Flüchtlinge aufgenommen wie PAK. In PAK sind noch 1,7 Mio. afghanische Flüchtlinge registriert. Inzwischen kommen immer mehr Binnenvertriebene hinzu.

Inzwischen änderte die PAK Regierung ihre Haltung, wonach die AFG Flüchtlinge bis Ende 2009 alle das Land verlassen haben sollten. Die Registrierkarte wurden bis 2012 verlängert, auch das Kooperationsabkommen zwischen PAK, AFG und UNHCR. Zur Unterstützung der neuen PAK Politik wurde ein Programm „Refugee Affected & Host Areas" (RAHA) entwickelt. Durch Integration in kommunale Entwicklungsansätze soll hiermit eine friedliche Koexistenz zwischen Flüchtlingen und einheimischer Bevölkerung gefördert werden. Das Programm kostet für die NWFP 140 Mio. US-$. Die Bundesrepublik leistet hierzu einen Beitrag von 10 Mio. Euro.

Ende Februar 2009 zählte der UNHCR 470.000 IDP`s in der NWFP. Bis Ende März werde mit einem Anstieg auf 600.000 gerechnet, vor allem aus FATA und Swat-Tal. Die Dunkelziffer könne bis zu 1 Mio. gehen. Von den 850.000 Einwohnern der Bajaur Agency/FATA sind knapp 20% als Flüchtlinge in NWFP registriert. PAK versorgt IDP`s nur in NWFP, um sie möglichst nah an ihrer Herkunftsregion zu halten. Hier besteht ein Dissens zwischen PAK und UNHCR.

In der NWFP gibt es insgesamt 12 Lager, davon zwei große strukturierte mit 45.000 bzw. 15.000 Personen. Die anderen spontan entstandenen Lager hätten inzwischen auch gewisse Strukturen. Die meisten Flüchtlinge leben aber nicht in Lagern, sondern bei „Gastfamilien" oder in angemietetem Wohnraum und sind deshalb schwer zu „finden".

Exemplarisch für die Entwicklung der Flüchtlingslage sind die Lager für AFG Flüchtlinge Jalozai und Katcha Ghari. Diese wurden 2007/8 nach mehr als 20 Jahren geschlossen - und im Oktober 2008 für Binnenflüchtlinge wieder eröffnet.

Besuch eines Slum mit hohem Flüchtlingsanteil in I-11 an der Grenze zwischen Islamabad und Rawalpindi. Der Slum liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem großen METRO-Markt. Die Dächer der ärmlichen Lehmhütten bilden mit der Straße eine Ebene. Neugierige werden von Polizisten mit Gewehren zurückgehalten und auch mal -gescheucht. Auch unsere Sicherheitsmänner tragen jetzt ihre Waffen offen.

Am Eingang der „Mehmooda Bagum Memorial Eid School" umarmt mich ein älterer Mann. Er ist unter den dicht gedrängten Männern aller Altersstufen einer der Wortführer. Ein UNHCR-Vertreter: „Das hier sind die Opfer des Krieges gegen den Terror!" Die Leute kämen aus der FATA, vor allem Bajaur, insgesamt wohl 2.000 Menschen.

Aufgebracht berichten einige Männer der Ministerin und den anderen Ausländern: Anfang August seien sie vertrieben worden, die Häuser zerstört von PAK Militär und Taliban. Ein 40-jähriger ist mit seinen acht Kindern und insgesamt 54 Familienmitgliedern hierher gekommen. Einige von den Männern kämpften auf Seiten der Regierung gegen die Taliban. (Ergänzend erfahren wir, dass der Krieg in der FATA und anderen Gebieten extrem geworden sei: Häuser an den Straßen würden unterschiedslos zerstört, Dörfer binnen Stunden geräumt, es gebe massiven Artillerieeinsatz und Flächenbombardements.)

Außerhalb der NWFP gebe es bisher für sie keinerlei Unterstützung, weil keine Registrierung. Der UNHCR-Vertreter berichtet, dass es sechs Monate gebraucht habe, um die Regierung von der Notwendigkeit der Registrierung der Flüchtlinge zu überzeugen. Diese beginne in zwei Wochen und sei die Voraussetzung, dass die Frauen 1.000 Rupien/Monat erhalten.

Hier im Lager gebe es nur einige Verteilungspunkte, keine sanitären Einrichtungen, kein sauberes Trinkwasser, keinerlei Einrichtungen für die Kinder, keine medizinische Versorgung, keine Hilfsorganisationen. Unüberhörbar groß ist der Ärger über die Regierung.

Anschließend spricht die Ministerin längere Zeit allein mit Flüchtlingsfrauen, die sich gar nicht draußen zeigen dürfen.

In Nebengesprächen erfahren wir, dass die Humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge dramatisch unterfinanziert sei. Von den nötigen 100 Mio. US-$ stünden bisher 30 Mio. zur Verfügung. Dabei seien die Tribesmen der FATA ausschlaggebend für den Kampf um Köpfe und Herzen. Das seien  diejenigen, die auf der Kippe zu den Taliban stehen. Ihre Milizen werden bewaffnet. Weitere Unterstützung kriegen sie aber nicht. Was halte die Leute noch von den Taliban ab? Nicht viel! Die würden gut zahlen, brächten schnelle Justiz, hätten was anzubieten.

Dagegen helfen nur Investitionen in Menschen, Bildung, Ausbildung, humanitäre Hilfe. Es gehe nicht um große Ausgaben, eher viel Kleinkram.

In dem heute besuchten Viertel begegnen wir der „Urbanisierung von Flucht". Viele entdecken hier erstmalig „die Welt", auch mal Jobs. Viele würden nie mehr zurückkehren. Die UNHCR-Vorstellung von einer Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Dörfer sei ein Traum. Da habe man schon auf dem Balkan falsch gelegen. Nach Karatschi kommen täglich 2.500 Menschen!

In diesem Slum bekommen Krieg und Flüchtlingselend für uns Gesichter. Das umso mehr, als wir vorher den regelrechten „Präsidentenpalast" des Ex-Premier und Oppositionsführers Mian Nawaz Sharif an der Margalla Road besuchen. Die Welten könnten nicht ferner voneinander sein.

Dass die Ministerin diesen Ort trotz aller Unsicherheiten, ja Risiken besucht, sich den Menschen stellt und dafür Zeit nimmt, ist sicher kein übliches Politikerverhalten.

Sie sagte 5 Mio. Euro für die Nahrungsmittelversorgung von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen zu.

Deutsche Entwicklungszusammenarbeit

Besuch der National Book Foundation, die die neue nationale Schulbuchpolitik unterstützt. Nach der Curriculumreform geht es seit 2005 darum, die vier regionalen Schulbuchdirektionen, Verlage und Autoren bei der Herstellung standardisierter und erschwinglicher Schulbücher zu unterstützen.

Im Bibliothekssaal der NBF sind die Regale gefüllt mit der vollen Sammlung Dutzender neuer Curricula und Hunderten lebendig gestalteter Schulbücher für alle Fächer, Jahrgangsstufen und Provinzen. Hier „oben" macht die pakistanische Bildungspolitik einen pikobello Eindruck.

Die GTZ fördert hier die Kapazitätsentwicklung auf internationaler, nationaler und Provinzebene.

Ausgangslage: Die wohlhabenderen Kreise schicken ihre Kinder in Privatschulen, in Primarschulen des Militärs und der Universitäten. Wie die Medressen (um 1,5 Mio. Schüler) sind die öffentlichen Primarschulen überwiegend Schulen für die Armen. Letztere sind ausgesprochen vernachlässigt. Ca. 3 Mio. Kinder im Primarschulalter gehen nicht zur Schule; die Qualität des Schulsystems ist unzureichend; es gibt nicht genug und nicht genügend ausgebildete Lehrer; hohe Abbruchrate (mehr als 30% in der Primarschule); unzureichender Ressourceneinsatz (nur 2,4% des GNP für Bildung, in Indien 3,8%, Nepal 3,4%, Iran 4,7%, Bangladesh 2,4%).

Von Seiten der GTZ werden folgende Schwerpunkte und Erfolge der eigenen Bildungsprojekte in PAK aufgeführt:

-       Beratung bei der landesweiten Reform der Lehrpläne: Schülerzentrierung, Ausrichtung an modernen Qualitätsstandards, erstmalig Integration sensibler werteorientierter Themen wie Demokratie, Menschenrechte, Toleranz zwischen Schiiten, Sunniten, Christen, Gender, Konfliktbearbeitung.

-       Etablierung der Interprovinziellen Erziehungsministerkonferenz

-       Beratung bei der Erstellung des Sektorplans Bildung sowie des Lehrerausbildungs- und Fortbildungssystems in der NWFP

-       Steigerung der Lehrerinneneinstellungen zwischen 2004 und 2008 um 20%, infolgedessen Anstieg der Bruttoeinschulungsrate der Mädchen in den Primarschulen von 64% in 2005/6 auf 70% in 2007/8 in der NWFP.

-       Durch Einführung eines Mentorensystems in NWFP Ausbildung von 4.485 Mentoren für 71.000 Lehrer an 22.466 Primarschulen.

Schon 2006 hatte ich von dem damaligen GTZ-Landesdirektor Dr. Ingolf Vereno (heute Kabul) von der erfolgreichen Arbeit der GTZ am strategischen Angelpunkt Bildung in NWFP erfahren. Die mit GTZ-Hilfe erstellten neuen Schulbücher seien sogar von den muslimischen Parteien in NWFP akzeptiert worden. Bei einem Schulbuchstreit zwischen Sunniten und Schiiten seien sie eine Alternative gewesen. Die jüngste Untersuchung von Dr. Thania Paffenholz/Genf zur Wirksamkeit zivilgesellschaftlicher Akteure bei der Friedensförderung unterstreicht die zentrale Rolle des staatlichen Erziehungssystems bei der Überwindung negativer Stereotype und Hass zwischen bestimmten Gruppen und für gesellschaftliche Aussöhnung. (FriEnt Impulse 4/08, www.frieent.de)

Mit dem Talat Nursing House (Frauenklinik) in Rawalpindi kommen wir endlich mal in ein normal belebtes Viertel. Das TNH wurde 1987 von einem einheimischen Ärztepaar, von Dr. Talat But und Dr. Naila Talat gegründet. Hier arbeiten Fachleute für Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Geburtshilfe, auch Allgemeine Chirurgie, Orthopädie und Pädiatrie. Die durchschnittlich 200 PatientInnen pro Tag kommen aus armen und mittleren Bevölkerungsschichten, die Hälfte der Frauen wegen Familienplanung und anderer Aspekte reproduktiver Gesundheit. Unterstützt wird das TNH durch „Greenstar Social Marketing", eine 1991 von Population Services International (PSI) gegründete pakistanische NGO. Ziel der PAK Regierung ist, ab 2020 eine stabile Bevölkerungszahl zu erreichen. Wo der Privatsektor 70-80% der Gesundheitsversorgung in PAK bestreitet, stärkt Greenstar Angebot, Dienstleistungen und Nachfrage im Bereich der Familienplanung, Mütter- und Kindergesundheit über Training und Franchising-Ansatz für private Anbieter. Greenstar verfügt über mehr als 7.500 Fachfrauen und arbeitet in 107 der 135 Distrikte PAK`s, auch den FATA. Greenstar wird von etlichen Gebern, darunter UNFPA, USAID und KfW finanziert.

Beim Gespräch mit Müttern nimmt sich die Ministerin wohltuend Zeit. Ein schönes Bild ist, wie ein vielleicht einjähriger Junge, der auf dem Schoß seiner Mutter sitzt, eine Weile seine Hand auf der der Ministerin liegen lässt.

Unterzeichung von Dokumenten

Ä„Erklärung über die gemeinsame Förderung von Reformen im pakistanischen Berufsbildungswesen": Im Rahmen der Geberharmonisierung (Instrument der „Delegierten Partnerschaft") wirken hier DEU, Großbritannien (Department for International Development, DFID) und EU mit einander ergänzenden Beiträgen zusammen.

ÄAufstockung des Darlehnsvertrags zum Mittleren Wasserkraftwerk Keyal Khwar/NWFP um 20 Mio. Euro. (s.u.)

Feierliche Eröffnung des großzügig angelegten Deutschen Hauses für Entwicklungszusammenarbeit (GDC) in F-8/3 mit vielen Gästen. Zu Beginn spricht ein muslimischer Geistlicher ein Gebet. Das GDC beherbergt die GTZ, die seit 1972 in PAK arbeitet, und die KfW (seit 1966, seit einem Jahr mit eigenem Büro) mit insgesamt 20 MitarbeiterInnen. Über beide Organisationen gehen jährlich 40 Mio. Euro nach PAK (ohne Schuldenumwandlung) Von der großen Dachterrasse geht der Blick durch Sträucher mit pinkfarbigen Blüten auf ein grünes Islamabad und die große moderne Shah Faisal Moschee. Sie hat die äußere Form eines Wüstenzeltes und soll in der Gebetshalle und im Innenhof 100.000 Gläubige aufnehmen können. Der Großteil der ca. 120 Mio. US-$ Baukosten ist ein Geschenk von König Faisal von Saudi Arabien.

Beim Abschied überreiche ich GTZ-Landesdirektor Thomas Schaaf als Gruß aus Deutschland einige Tüten Weingummi der besonderen Art („Ostermischung") aus meinem Münsteraner Spezialladen. (Bei Reisen in Krisenregionen besteht inzwischen ein Drittel meines Gepäcks aus solchen süßen Grüssen. Es begann in 2002 mit 20 kg für Kabul.)

Bei den Regierungsverhandlungen im November 2008 sagte DEU für den  nächsten Zweijahreszeitraum insgesamt 80 Mio. Euro zu (64 Mio. Finanzielle Zusammenarbeit/FZ, 16 Mio. Technische Zusammenarbeit/TZ), gegenüber der letzten Zusage von 2005 eine Verdoppelung. (Die für 2007 vorgesehene Zweijahreszusage wurde wegen des Ausnahmezustandes bis nach der Bildung einer gewählten Regierung ausgesetzt.) Zusätzlich ist eine Schuldenumwandlung für die Gesamtsumme von 166 Mio. Euro zugesagt.

Sektorale Ãœbersicht (jeweils FZ durch KfW Entwicklungsbank + TZ durch GTZ)

-       Schwerpunkt Bildung: Lehr- und Lernmittel Punjab, Verbesserung der Schulinfrastruktur in der NWFP (auch FATA), Förderung der Grundbildung durch Beratung der nationalen und Provinzebene bei der Curriculum- und Schulbuchreform mit neuen Akzenten in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie, Frieden, Konfliktbewältigung; ab Mitte 2009 Berufsbildung;

-       Schwerpunkt Energie: (sogar in der Hauptstadt 5-6 Stunden Stromausfall/Tag, auf dem Land über weite Teile keine Stromversorgung) Wasserkraftwerk Ghazi Barotha am Oberlauf des Indus (Abflüsse des Tarbela Damms) mit 1.450 MW fertig gestellt, Gesamtkosten 1,9 Mrd. US-$ zusammen Weltbank, ADB, Islamische Entwicklungsbank u.a., dt. FZ 84,4 Mio. Euro; Umspannwerk Ghakkar für Ableitung des Stroms von Ghazi Barotha, von 76,6 Mio. Euro Gesamtkosten 51,1 aus DEU; Wasserkraftwerk Keyal Khwar an Nebenfluss des Indus, 122 MW, von 180 Mio. Euro Gesamtkosten 97 Mio. aus DEU, Fertigstellung 2014; Erneuerbare Energien + Energieeffizienz, Förderung entsprechender Kapazitäten in Privatsektor und staatlichen Institutionen durch technische Beratung (bisher ca. 100 Dörfer solar-elektrifiziert), ca. 3 Mio. Euro; Beratung des Energiezentrums der South Asian Association for Regional Cooperation (SAARC) zu Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz, 2 Mio. Euro für 3 Jahre (noch nicht begonnen);

-       Schwerpunkt Gesundheit: reproduktive Gesundheit (Produkte und Dienstleistungen) in NWFP für ärmere städtische und ländliche Bevölkerung in Zusammenarbeit mit „Greenstar/social Marketing PAK", 7,37 Mio. Euro über drei Jahre; Wiederaufbau von Gesundheitsinfrastruktur in der vom Erdbeben stark zerstörten Region Azad Jammu + Kashmir 20,3 Mio. Euro für 4 Jahre; Tuberkulose-Kontrollprogramm NWFP einschließlich FATA, gerade angelaufen, 12 Mio. Euro für 5 Jahre; Verbesserung des Basisgesundheitsdienstes in vier Distrikten der NWFP, 7,41 Mio. Euro für 3 Jahre, behindert durch Verschlechterung der Sicherheitslage; Gesundheitsprogramm Nördliches PAK, 8 Mio. Euro für 5 Jahre; Unterstützung der Health Service Academy Islamabad, 5,5 Mio. Euro für 7 Jahre; Förderung der Gesundheitsreform in NWFP und FATA, 12 Mio. Euro für 10 Jahre;

-       Schwerpunkt Good Governance: Reduzierung der Gewalt gegen Frauen (ca. 70-90% der Frauen betroffen), v.a. Frauenschutzhäuser, 2 Mio. für 5 Jahre; Strukturförderung des Frauenministeriums,3,8 Mio. Euro für 5 Jahre; Unterstützung des Föderalen Statistikbüros und einer Volkszählung; Vereinbarung eines Governance-Fonds bei den letzten Regierungsverhandlungen (Höhe in Verhandlung) und deutsch-pakistanischer Dialog über mögliche Interventionsebenen zur Förderung von transparentem, rechtsstaatlichem und verantwortlichen Regierungshandeln;

-       Außerdem: Wiederaufbau von vom Erdbeben zerstörter Häuser und Infrastruktur in der NWFP (14,5 Mio. Euro für 33 Monate plus 30 Mio. Umschuldungsvolumen bei 15 Mio. PAK Eigenbeteiligung); Soforthilfe (neu) zur Abfederung der Auswirkungen der Finanz-Energie-Krise und Stabilisierung einer unsicheren Region zu Gunsten der armen Bevölkerung in der NWFP (Distrikte Haripur, Swabi, Buner) über den „PAK Poverty Alleviation Fund" (PPAF) und NGO`s als Partnerorganisationen; möglichst schnelle Umsetzung 31,5 Mio. Euro für 36 Monate;

Katastrophenvorsorge in der NWFP, 3,1 Mio. Euro für 4 Jahre; Ausbildungsmaßnahmen
für verbessertes Monitoring von Schnee, Eis und Wasserressourcen im Indus Bassin (AA), 
480.000 Euro für 2 Jahre.

Im Rahmen des Programms „Integrierte Fachkräfte" des CIM (Centrum für internationale Migration und Entwicklung) arbeiten zzt. fünf Experten in PAK (Erneuerbare Energien, Statistiker). Das Programm soll mittelfristig auf 15 Fachkräfte ausgeweitet werden.

Über den Senior Expert Service (SES) sind 40-60 Experten pro Jahr in PAK (in 2004% nur 5-10% davon), v.a. zu Projekten auf den  Feldern Bildung, Gesundheit und bei kleinen und mittleren Unternehmen.

Der Deutsche Akademische Austauschdienst DAAD hat 2008 ca. 400 pakistanische und ca. 30 deutsche Staatsangehörige gefördert. Ab 2010 ist das von AA-Mitteln geförderte Programm „Public Policy/Good Governance" geplant.

An Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von InWEnt (Internationale Weiterbildung und Entwicklung) nahmen von April 2007 bis Dezember 2008 65 Personen aus PAK teil, 25 davon an dem Programm „Management und Führungstraining zur Bergregion Entwicklung (Himalaya-Hindukush-Pamir)", weitere an Journalistenprogrammen.

Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft DEG (KfW-Tochter) fördert die Privatwirtschaft durch Bereitstellung langfristigen Investitionskapitals. Hauptfelder sind Energieversorgung, Textilbereich und Telekommunikation. (Zzt. 9 Projekte mit insgesamt 122 Mio. Euro Zusagen)

Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) fördert in PAK insgesamt 10 Projekte. Schwerpunkte sind Kapazitätsentwicklung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Demokratisierung und Menschenrechte, Stärkung von Frauen, Konflikttransformation/Friedensförderung und Versöhnung, nachhaltige Landwirtschaft und gerechte Ressourcenverteilung. Misereor unterstützt zzt. 53 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 10 Mio. Euro. 28 dieser Projekte werden vom BMZ mit 6,3 Mio. Euro gefördert. Schwerpunkte sind Bildung, Gemeinwesenentwicklung/Aufbau von Zivilgesellschaft, Menschenrechte (darunter National Commission on Peace and Justice).

Die deutschen Stiftungen arbeiten in  PAK vor allem zu Demokratie und Rechtsstaat (FES, FNS), Institutionenförderung (FNS), Demokratisierung + Partizipation (HBS). Das BMZ unterstützte die dt. Stiftungen seit 2005 mit 7,17 Mio. Euro. Die KAS veranstaltete mehrere Dialogveranstaltungen zwischen den Vertretern der Zivilgesellschaft PAK`s und AFG`s. Die FES unterstützt eine Civil-Military Dialogue Group, die Vorschläge erarbeitet hat, wie ein schrittweiser Rückzug des Militärs aus der Politik eingeleitet und das Militär unter stärkere zivile Kontrolle gebracht werden kann. Die FNS unterstützte die Gründung der Menschenrechtskommission. Im Rahmen ihres Regionalprogramms PAK/AFG fördert die HBS gemeinsam mit lokalen Organisationen und traditionellen Repräsentanten demokratische Strukturen und die regionale Verständigung. Im Bereich der Friedens-, Außen- und Sicherheitspolitik unterstützt die HBS eine Friedensbewegung in PAK, die für den Ausgleich mit AFG eintritt. Erfolgreich aufgebaut wurde das unabhängige Politikberatungs- und Forschungsinstitut „Center for Research and Security Studies".

Die deutschen Stiftungen sollen so dicht an der pakistanischen Gesellschaft sein wie wenige andere internationale Akteure. Hier wäre zu prüfen, wie diese guten Ansätze ausgeweitet und intensiviert werden könnte. An der Frage einiger Mio. Euro darf das nicht scheitern.

Das Auswärtige Amt unterstützt im Rahmen der G8-AFG-PAK-Initiative von Potsdam (Mai 2007) 22 Projekte, z.B. Unterstützung von Flüchtlingen und Rückkehrern, Verstärkung parlamentarischer Kontakte, Beiträge zur Grenzsicherung, z.T. mit anderen Nationen zusammen. 2008 waren hierfür 9 Mio. Euro eingeplant. Das BMZ unterstützt die Initiative durch Finanzierung entsprechender Stiftungsprogramme und z.B. im Rahmen des laufenden Wasservorhabens AFG ein grenzüberschreitendes Wasserressourcenmanagement des Kabul-Flusses. Die G8-Initiative versteht sich als Flankierung für gemeinsame Anstrengungen der AFG und PAK Regierung bei der Bekämpfung von Terrorismus, Drogenhandel, Organisierter Kriminalität.

Andere bilaterale und multilaterale Geber

Asiatische Entwicklungsbank: Neue PAK-Strategie für 2009-2012 mit einem Volumen von 4,4 Mrd. US-$, Schwerpunkte Energie, Infrastruktur, Urbane Entwicklung und Strukturanpassungen in Industrie und Landwirtschaft. Die Ausschüttungen der ADB betrugen 2007 2 Mrd. und 2008 1,2 Mrd. US-$.

Europäische Kommission: 50 Mio. Euro/Jahr für Schwerpunkte ländliche Entwicklung, Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, Bildung und Entwicklung von Humanressourcen, außerdem Förderungen bei Handelsentwicklung, Demokratisierung und Menschenrechten.

VN: Insgesamt 19 VN Agenturen, Fonds und Programme in PAK, vor allem im Bereich soziale Dienstleistungen. PAK ist Pilotland der EZ-Reform der VN. Als Schwerpunkte festgelegt wurden Landwirtschaftliche Entwicklung, Gesundheit, Bildung, Umwelt, Katastrophenvorsorge. Nur für zwei liegen bisher Programme vor, ein gemeinsamer Budgetrahmen fehlt noch. 2006 erbrachten die VN für 37 Mio. US-$ Entwicklungsleistungen in PAK.

Weltbank: Anfang 2008 wurden die entwicklungspolitischen Kredite eingefroren, beschränkte sich die WB auf Investitionskredite von 350 Mio. US-$. Schwerpunkte sind Wasser und Bewässerungssektor, Grundbildung, Reform öffentlicher Verwaltung. Ab 2010 soll es wieder programmatische Kredite zur Armutsreduzierung geben.

Großbritannien verdoppelte seine 3-Jahreszusage für 2009-2012 auf 480 Mio. Pfund. Schwerpunkte, die über das Departement for International Development (DFID) umgesetzt werden, sind verbesserter Zugang zu sozialen Dienstleistungen, Wirtschaftsförderung (Mikrofinanzierung, Livelihood) und Regierungsführung.

USA: Ähnliche Schwerpunkte wie UK, 200 Mio. $ für den Bildungs- und Gesundheitssektor, dazu Erdbebenwiederaufbau mit 50 Mio./Jahr und Demokratisierungsprogramme. Die nicht-militärische Hilfe soll auf 1,5 Mrd. $ erhöht werden.

Pakistan-Konferenz in Tokio mit Vertretern von 25 Staaten und 16 internationalen Institutionen unter dem Vorsitz von Japan und Weltbank: Am 17. April sagten USA und Japan jeweils 1 Mrd. $ zu, die EU 640 Mio, Saudi-Arabien 700 Mio. für 2 Jahre, Vereinigte Arabische Emirate 300 Mio. $. Insgesamt wurden 5,3 Mrd. $ zur Stabilisierung des Landes zugesagt. PAK hatte eine „Wunschliste" von Projekten im Umfang von 30 Mrd. $ vorgelegt.

Anmerkungen zur EZ-Umsetzung in NWFP und vor allem FATA

In der FATA ist entwicklungspolitische Arbeit besonders dringlich, aber auch ganz besonders schwierig. Die FATA ist für ausländisches Personal praktisch nicht zugänglich. Umso besser ist, was gerade die GTZ International Service und die GTZ dort geleistet hat. Inzwischen wird auch die Ausgangsbasis Peshawar prekärer. Insofern ist auch eine Abwicklung von EZ-Maßnahmen nach den üblichen Vorgaben (z.B. Evaluierung vor Ort) nicht möglich. Einzige Ansatzpunkte sind lokale Initiativen mit Legitimität vor Ort. Sogar diese stehen unter der Drohung von Militanten, dass ausländische Gelder in der FATA nicht geduldet würden. Ein weiteres Hemmnis sind die verschiedenen Dimensionen von „Korruption" - von der „Mitversorgung" von Familien- und Stammesangehörigen bis zum direkten Diebstahl. Insofern ist bei EZ-Maßnahmen in den FATA die Vertrauenswürdigkeit lokaler MitarbeiterInnen essenziell. Dadurch lässt sich der Schwund an Entwicklungsgeldern begrenzen, aber sicher nicht vermeiden. Hier muss ein verantwortbarer Weg mit dem Bundesrechnungshof gefunden werden, um EZ-Maßnahmen in der FATA bestmöglich zu fördern und nicht zu blockieren.

An unserem Abflugtag berichtet Daily Times nicht nur von dem gestrigen Anschlag in Islamabad, sondern daneben von fünf Zivilisten, zwei Schulkindern und einem Soldaten, die am Vortag bei einem Selbstmordattentat in Miranshah getötet wurden, und 13 Toten durch eine US-Drohnen-Attacke in Nord-Waziristan. An diesem Tag sprengt sich ein jugendlicher Selbstmordattentäter im Eingangsbereich einer schiitischen Moschee in Chakwal, Provinz Punjab, in die Luft, tötet 24 Gläubige und verletzt über 100. Vier Tage später übernehmen Taliban praktisch kampflos den Distrikt Buner südlich Swat, 60 km von Islamabad entfernt. (vgl. Anhang)

Zum Weiterlesen:

o   Reisebericht Pakistan 2.-5.4.2009, www.bmz.de...

o   BMZ: Pakistan - ein Land im Wandel, Broschüre, www.bmz.de...

o   ADB: Pakistan Outline Strategic Priorities In Five-Year Plan, www. adb.org...

o   EU: Blue Book Pakistan 2008

o   DFID-Country Plan: The UK Government`s Programme of Work to Fight Poverty in Pakistan 2008-2013, www.dfid.gov.uk...

o   World Bank`s assistance to Pakistan, www.worldbank.org.pk...

o   Aga Khan Rural Support Programme in Pakistan, www.akdn.org/pakistan...

o   International Crisis Group: Pakistan - The Militant Jihadi Challenge, Asia Report 164, März 2009

o   Christian Wagner: Großbaustelle Pakistan - Die Schlüsselrolle des Miltärs für die regionale Stabilität, SWP-Aktuell April 2009  (www.swp-berlin.org...)

o   Christian Wagner und Oliver Thränert: Atommacht Pakistan - Nukleare Risiken, regionale Konflikte und die dominante Rolle des Militärs, SWP-Studie Januar 2009

o   Zur aktuellen Lage Anfang Mai Gregor Enste (Büroleiter Heinrich Böll Stiftung Lahore); Pakistanisches Labyrinth, 11.5.2009

o   Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Keine U-Bootlieferung an Pakistan", Drs. 16/5594 v. 13.06.2007;

o   Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Keine U-Bootlieferung an Pakistan", (Drs. 16/5594), Drs. 16/11420 v. 17.12.2008,

o   Große Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Rüstungsexporte an Pakistan", Drs. 16/6004 v. 04.07.2007,

o   Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Rüstungsexporte an Pakistan" (Drs. 16/6004), Drs. 16/7969 v. 04.02.2008,

o   Entschließungsantrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Rüstungsexporte an Pakistan", (Drs. 16/6004, 16/7969), Drs. 16/11406 v. 17.12.2008,

o   Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Für eine umfassende Strategie zur demokratieverträglichen und zivilgesellschaftlichen Stabilisierung Pakistans", Drs. 16/8752 v. 09.04.2008,

o   Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Kontraproduktive US-Operationen in Pakistan sofort einstellen - Umfassende Strategie zur Stabilisierung Pakistans entwickeln", Drs. 16/10333 v. 24.09.2008,

 

Hin weis: 

Teil 2 des Berichts findet sich hier.


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch