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Erinnerung per Dekret – eine vertane Chance

Veröffentlicht von: Webmaster am 27. November 2008 23:37:54 +01:00 (60290 Aufrufe)

Zur heutigen Grundsteinlegung für das "Bundeswehr-Ehrenmal" erklärt Winfried Nachtwei, sicherheits- und abrüstungspolitischer Sprecher:

Minister Jung hat eine Chance zur Weiterentwicklung der demokratischen Erinnerungskultur in Deutschland vertan. Mit der Grundsteinlegung für ein "Bundeswehr-Ehrenmal" auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums in Berlin (Bendler-Block) hat er Erinnerung für zu Tode gekommene Soldaten dekretiert und separiert. Dieses Ehrenmal mag eine Funktion für ministerielle Veranstaltungen und Rituale haben. Zu einer Sensibilisierung der Gesellschaft für ein verdrängtes Kapitel trägt das Ehrenmal hinter dem Zaun des Ministeriums nicht bei.

Es ist angemessen, der Menschen öffentlich zu gedenken, die in den vergangenen Jahren bei deutschen Krisenengagements zu Tode gekommen sind. Es sind überwiegend Soldaten, aber auch Polizisten und Entwicklungshelfer. Entsandt von ihren politischen Aufraggebern starben sie im Rahmen des Friedensauftrages des Grundgesetzes. Tod im Einsatz ist grausam und macht die Hinterbliebenen fassungslos.
Deshalb verbietet sich auch jede Verklärung ihres Todes.
Wo Krisen- und Friedensmissionen heutzutage von Soldaten, aber auch Diplomaten,  Polizisten und Zivilexperten getragen werden, wo das Parlament der zentrale Auftraggeber ist, da wäre ein gemeinsamer Erinnerungsort im Umfeld des Bundestages angemessen.
Vor allem aber bedarf ein solcher neuer Ort der Erinnerung der öffentlichen Diskussion: Nur so kann mit falschen Kontinuitäten von Militär- und Kriegsverklärung und Todeskult gebrochen werden, nur so lässt sich Verdrängung überwinden, nur so entwickelt sich demokratische, dem Frieden und den Menschenrechten verpflichtete Erinnerungskultur.

Einen Vorschlag für eine solche Initiative haben wir mit unserem Antrag  "Das würdige Gedenken der Toten in Friedenseinsätzen braucht eine breite Debatte" (BT-Drs. 16/5894)  im Juli 2007 vorgelegt. Bei der Antragsberatung im Verteidigungsausschuss am 13.2.2008 stießen die Vorschläge des Antrages bei den meisten Fraktionen auf große Zustimmung.