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Alarmsignale, Hoffnungszeichen - Afghanistan-Nachrichten, die hierzulande nicht durchdringen

Veröffentlicht von: Nachtwei am 13. Dezember 2015 15:39:00 +01:00 (56190 Aufrufe)

Zurzeit wird viel von Fluchtursachenbekämpfung gesprochen, gesprochen ... Im afghanischen Norden hat deutsche Politik ganz konkret und dicht mit Fluchtursachen und ihrer Bekämpfung zu tun. Dazu beispielhaft zwei Nachrichten, die hierzulande nicht durchdrangen.   

Alarmsignale, Hoffnungszeichen –

Afghanistan-Nachrichten, die hierzulande nicht durchdringen

Winfried Nachtwei (13.12.2015)

(Fotos auf www.facebook.com/winfried.nachtwei )

Größte Massendemonstrationen gegen politische Gewalt seit Jahrzehnten

Am 11. und 12. November 2015, unmittelbar von den Terroranschlägen von Paris am 13.11., erlebte Afghanistan die laut TOLOnews größte Welle an Demonstrationen seit mehr als 40 Jahren. Zehntausende demonstrierten in Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat, Zabul City, insgesamt in 26 Provinzen. In Kabul sollen es allein etwa 20.000 Menschen gewesen sein, darunter Tausenden Frauen, aus allen ethnischen Gruppen, jung und alt.

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/22305-zabul-seven-tragedy-sparks-unity-across-country

Die Proteste richteten sich gegen die Ermordung von sieben Hazara – vier Männern, zwei Frauen und eines neunjährigen Mädchens –in der Provinz Zabul wenige Tage zuvor. Den im vorigen Monat (andere Quelle vor Monaten) in der Nachbarprovinz Ghazni Entführten wurde die Kehle durchgeschnitten. Afghanische Medien bezeichneten Taliban bzw. IS-Anhänger als Täter. Zu den Hintergründen und mutmaßlichen Tätern genauer Thomas Ruttig, https://thruttig.wordpress.com/2015/11/11/proteste-gegen-mord-an-zabul-sieben-in-kabul/

Die Demonstration in Kabul begann im West-Kabuler Hazara-Viertel und ging über acht Kilometer Richtung Präsidentenpalast zum Paschtunistan-Platz. Demonstranten trugen die Särge der Ermordeten, Frauen den Sarg des Mädchens. „Die Protestierenden in Kabul trugen Banner und riefen Slogans gegen die Taleban, Pakistan und auch die Regierung Ghanis. Einiger der Banner sagten: „Heute töten sie uns, morgen töten sie euch“, „Beendet die Politik des Schweigens gegenüber der Gewalt!“, „Wir haben unsere Stimmen vereinigt, um uns zu befreien“, „Daulat, Daulat – Amniat, Amniat“ (svw. „Regierung, (wir wollen) Sicherheit“).“ (T. Ruttig) Auf youtube ein Video von der Demo und den Frauen dabei: https://www.youtube.com/watch?v=UjdCV6p_gQ8 .

Fotos von den Massenprotesten in Kabul gegen die  auf dem Blog Gandhahar

http://gandhara.rferl.org/media/photogallery/afghanistan-hazara-beheadings-security/27357954.html

Stärkung der beruflichen Bildung

Im Februar 2015 besuchte ich den Technical Vocational Education & Training (TVET) Campus Takhta Pul bei Mazar-e Sharif. Der Campus umfasst ein Agricultural & Veterinary Institute/AVI, eine Berufsschullehrer-Akademie (Technical Teacher Training Academy/TTTA) und eine Technikerschule (Engineering College). Im Februar waren die Bauarbeiten bei den ersten beiden Einrichtungen abgeschlossen. Das AVI zieht im Dezember ein. Die Bauarbeiten für das Engineering College hatten im Februar gerade begonnen. Sie sind inzwischen abgeschlossen.

Fotos zum jetzigen Stand (November 2015) des TVET Campus Takhta Pul unter www.facebook.com/winfried.nachtwei : Studenten des AVI bereiten Felder für das nächste Frühjahr vor; Prüfung von Helfern für die bevorstehende Volkszählung nach vier Wochen Ausbildung.

In Kunduz hat die Agricultural High School/AHS nach der zeitweiligen Besetzung der Stadt durch die Taliban (September) inzwischen wieder den Schulbetrieb aufgenommen. Viele Scheiben waren durch Schüsse zerstört, der Wassertank war von einem größeren Geschoss getroffen worden. Die Studierenden (910 eingeschrieben, davon 170 Frauen) lernen wieder und sollen guter Dinge sein. Fotos unter www.facebook.com/winfried.nachtwei .

Die AHS Kunduz wurde im März 2014 eröffnet und bietet 480 Studienplätze pro Jahrgang.

(http://www.ez-afghanistan.de/de/publikationen/pressemitteilungen/aktuelles/article/new-agricultural-high-school-inaugurated-in-kunduz.html

Landesweit gibt es inzwischen ca. 100 Agricultural High Schools, 2011 waren es erst dreißig. Seit 2011 ist das niederländische Wageningen University & Research Centre for Development Innovation Projektpartner der afghanischen Regierung bei der inhaltlichen Reform der landwirtschaftlichen Berufsausbildung, angefangen beim neuen National Agricultural Education College in Kabul. Hier erhalten künftige AHS-LehrerInnen eine zweijährige Ausbildung. (https://www.wageningenur.nl/en/show/Improving-agricultural-education-in-Afghanistan.htm

Das Berufsbildungsprojekt wäre auf deutsche Verhältnisse bezogen Alltag und nur von lokaler Bedeutung. Für Aufbau und Friedensentwicklung im kriegszerrütteten, tief armen Afghanistan ist ein solches Projekt aber ein Leuchtturm sondergleichen:

Perspektiven, Lebenschancen für junge Leute eines sehr jungen Volkes – und damit auch Fluchtursachenbekämpfung ganz konkret.

Dass diese auf minimale Sicherheit angewiesen ist, ist am Beispiel Kunduz unübersehbar.