Das Wort hat nun Winfried Nachtwei, Fraktion BündÂnis 90/Die Grünen.
Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im November letzten Jahres wurde der Abschlussbericht des Unterausschusses „Weiterentwicklung der Inneren Führung" im Verteidigungsausschuss vorgelegt. Dieser Bericht ist eine wahre Fundgrube an Informationen und Anregungen. Dem Vorsitzenden Karl Lamers ist für die gute Leitung dieses Unterausschusses ausdrücklich zu danken.
(Beifall bei Abgeordneten des BÃœNDNIS-SES 90/DIE GRÃœNEN, der CDU/CSU und der SPD)
Umso bedauerlicher ist allerdings, dass dieser Bericht bisher nicht das Licht der Öffentlichkeit erreicht hat. Das ist deshalb schade, weil sich die Öffentlichkeit im Grunde erst dann für Innere Führung interessiert, wenn ein Mängelbericht vorgelegt wird, das heißt, wenn gegen Grundregeln der Inneren Führung verstoßen wird. Man sollte den Bericht bitte schleunigst als Drucksache öfÂfentlich machen. Der Bericht liegt nicht einmal im InterÂnet vor. Das ist ein Hohn.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE])
Innere Führung ist nicht weniger als der Versuch, eleÂmentare Lehren aus der Terrorgeschichte der Wehrmacht zu ziehen, als deutsche Soldaten im Rahmen eines giÂgantischen Menschheitsverbrechens mit höchstem EinÂsatz funktionierten. Innere Führung ist schlichtweg der Versuch, dieses zweifache Nein in die Kultur der neuen deutschen Streitkräfte umzusetzen. Dies bedeutet eine klare Bindung an den Friedensauftrag des GrundgesetÂzes, an die Menschwürde und an die Menschenrechte.
Die große und einhellige Zustimmung, die wir heutÂzutage im Bundestag zur Inneren Führung haben, ist ausgesprochen erfreulich. Das war längst nicht immer so. Ausdrücklich bewährt hat sich die Innere Führung ja auch bei Stabilisierungseinsätzen, wo es - das haben wir in den letzten Jahren gelernt - entscheidend auf die LegiÂtimität, die Glaubwürdigkeit und die VertrauenswürdigÂkeit der eingesetzten Soldaten ankommt. Aber wo so viel Konsens besteht, ist das Risiko von gemeinsamen abgeÂhobenen Sonntagsreden sehr nah. Das müssen wir zuÂgleich feststellen.
Der Bericht des Wehrbeauftragten zeigt jedes Jahr: Innere Führung ist in keiner Weise ein Selbstläufer. Es geht um die gesellschaftliche Integration von StreitkräfÂten, heutzutage unter den Bedingungen, dass sich die ErÂfahrungswelten von vielen Soldaten, ihren Angehörigen und der normalen Zivilgesellschaft immer weiter auseinÂanderentwickeln. Es geht um ein extrem breites AnforÂderungsprofil an Soldaten im Einsatz, auch jüngere SolÂdaten, die verhandeln können müssen, die interkulturelle Kompetenz haben müssen, aber gegebenenfalls auch sehr schnell kämpfen können müssen. Es geht um eine Auftragstaktik und um eigenständiges Handeln, wo man bei Fehlverhalten schnell an den medialen Pranger geÂstellt wird. Bei so viel Gegenwind kann Innere Führung nur realisiert werden, wenn sie wirklich aktiv betrieben wird.
Innere Führung ist keine Privatangelegenheit der Bundeswehr und der Soldaten und der Soldatinnen. InÂnere Führung verlangt Handeln aus Einsicht. SoldatiÂsches Handeln soll sich im Rahmen des Völkerrechts und der Menschenrechte bewegen. Aber - das müssen wir ganz deutlich sagen - hier ist auch die Politik in der Bringschuld. Aufträge müssen völkerrechtlich einwandÂfrei und durch den Friedensauftrag des Grundgesetzes gedeckt sein. Sie müssen aussichtsreich, verantwortbar und überzeugend sein. Die Einsatzregeln müssen klar sein.
|
Dabei geht es um die Fragen - jetzt greife ich die HinÂweise meines Vorredners auf -: Wie ist es mit der ÃœberÂgabe von Gefangenen, wenn ihre rechtmäßige BehandÂlung nicht gewährleistet ist? Wie ist die Situation, wenn man im Rahmen bzw. im Umfeld des sogenannten „war against terrorism" agiert? Hier, so meine ich, hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben im Hinblick auf die Innere Führung noch keineswegs erledigt. Als Stichwort nenne ich nur die weitere Teilnahme an der Operation Enduring Freedom.
(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)
Im jüngsten Jahresbericht des Wehrbeauftragten wurde erneut thematisiert, dass es in der Bundeswehr erÂhebliche Führungsmängel gibt; das war übrigens auch schon im letzten Jahr der Fall. Bei der KommandeurÂtagung am kommenden Montag soll das Thema FühÂrungskultur im Mittelpunkt stehen. Wenn die BundesÂkanzlerin und der Bundesverteidigungsminister dort sprechen, dann sollten sie das Problem der FührungskulÂtur nicht nur als ein Problem der Uniformträger behanÂdeln.
Danke schön.
(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.
1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.
Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)
Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.
Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.: