Fortschritte und Spannungen im Kurdengebiet der Türkei

Von: Webmaster amSo, 07 November 2004 16:44:54 +02:00
Zusammen mit der Grünen-Parteivorsitzenden Claudia Roth besuchte Winni Nachtwei, Münsteraner MdB und sicherheitspolitischer Sprecher, die Grenzprovinz Sirnak im kurdischen Südosten der Türkei, die von 1987 bis 2002 unter Ausnahmezustand war.

An dem einzigen türkisch-irakischen Grenzübergang sprachen sie in der 15 km langen Lkw-Schlange mit Fahrern, die hier bis zu zehn Tage warten müssen. Während der kurdische Nordirak als relativ sicher gilt, ist jede Fahrt darüber hinaus lebensgefährlich. Bisher kamen ca. hundert Lkw-Fahrer im Irak ums Leben. In der Provinzhauptstadt Sirnak sprachen die Grünen-Politiker mit kurdischen Bürgermeistern und Anwälten sowie dem Gouverneur. Alle Gesprächspartner betonten die enormen Fortschritte in Sachen Rechtsstaatlichkeit, Menschen – und Minderheitenrechten. Zugleich machten sie deutlich, dass die Umsetzung der neuen Gesetze zu wünschen übrig lässt, weil es dabei auch um Macht und alte Mentalitäten geht. Ungelöst ist noch die Frage der Rückkehr vieler aus ihren Dörfern vertriebener oder evakuierter Kurden. Eindringlich kritisierte Claudia Roth die Aufkündigung des Waffenstillstandes durch die PKK als „kapitalen Fehler“. Roth und Nachtwei konfrontierten die Bürgermeister, Anwälte und örtlichen Journalisten mit der Behauptung einer ZDF-Reportage, aus der Bundesrepublik Anfang der 90er Jahre gelieferte ehemalige NVA-Schützenpanzer seien jüngst gegen Kurden eingesetzt worden. Niemand von den Ortskundigen konnte das bestätigen. Allerdings gibt es seit Juni wieder vereinzelte Bombenanschläge und in Folge dessen eine stärkere Präsenz von Gendarmerie und Militär auf den Straßen. Zu der Diskussion um eine mögliche Lieferung gebrauchter Leopard-Panzer an die Türkei meinte der Bürgermeister von Sirnak, solches würde neues Misstrauen säen und Spannungen eher wieder fördern. Statt dessen brauche man vertrauensbildende Maßnahmen und Hilfen für die Infrastruktur sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. „Der Weg der Türkei Richtung EU führt über Diyarbakir und Sirnak“ war die gemeinsame Auffassung der kurdischen, türkischen und deutschen Gesprächspartner.

Anmerkung : Hier im Bild: Claudia Roth und Winfried Nachtwei.