Wie der Afghanistaneinsatz anfing - Teil II: Doppel-Ernstfall

Von: Nachtwei amDo, 01 September 2011 08:44:53 +01:00

"11. September bis 22. Dezember 2001 - Von New York nach Afghanistan aus Berliner Sicht" nach den persönlichen Aufzeichnungen von W. Nachtwei. Teil II: Der Doppel-Ernstfall - Krieg gegen den Terror, rot-grüne Koalition und Grüne Partei auf der Kippe



Von New York nach Afghanistan aus Berliner Sicht -

Teil II Der Doppel-Ernstfall: Krieg gegen den Terror,

rot-grüne Koalition und Grüne Partei auf der Kippe

2.11.

o        Brief von W. Nachtwei an Fraktionsvorstand, AK IV, Parteivorstand, Minister  zu „Afghanistan-Krieg/Innere Lage - INTERN  EILT", am 6.11. darüber von Nico Fried in der SZ  „Das Frühwarnsystem gibt Alarm - Unmut in der Grünen-Fraktion: Der Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei kritisiert die US-Angriffe - und die eigene Partei"

5.11.

o        SPIEGEL-Titel (45/2001) „Afghanistan-Krieg - Eine Region im Brand - Debakel am Hindukusch: Die Supermacht Amerika droht sich in Afghanistan zu verstricken wie einst die Sowjetunion. Washington forciert die Bombenkampagne, doch die Gotteskrieger halten stand. Sie bekommen Zulauf aus dem von inneren Unruhen aufgewühlten Pakistan"

6.11.

AK IV , teilweise  mit SPD

Joschka: Auf Anfrage der USA sollen von Deutschland bereitgestellt werden ABC-Abwehrkräfte (max. 800), medizinische Evakuierung (max. 250), Spezialkräfte (max. 100), Lufttransport, See- und Luftstreitkräfte zur Seeüberwachung - nicht für Luftangriffe, keine Kampftruppen am Boden. Max. 3.900 Soldaten, davon bis zu 1.800 Marinesoldaten am Horn von Afrika)

Die Kabinettsvorlage solle am Do in erster Lesung im Bundestag debattiert werden. Einsatzdauer zunächst 12 Monate, Einsatzraum Naher und Mittlerer Osten, außer in AFG nur mit Zustimmung der jeweiligen Regierung. Irak wäre völlig andere Lage.

Die 100 KSK-Soldaten seien das riskanteste. (zuerst am Mi die Rede von 500, am Fr 1.000, am Mo 3.000, jetzt 100; Anm.: Hier sind die Aufzeichnungen nicht eindeutig. Ich vermute, dass damit Kräfte insgesamt  für AFG gemeint waren, also auch Fallschirmjäger u.a.) Insgesamt sei das eine begrenzte Beteiligung, die auch den Länderratsbeschluss gedeckt sei.

Bei Kosovo wenig Einfluss DEU`s auf den Kriegsverlauf, bei Kriegsende aber maximal. Würden wir uns verabschieden, wäre nichts mit nachfolgender Einflussnahme.

Es bestehe große Sorge, dass der 11.9. nicht der letzte Schlag gewesen sei. Das Ziel sei, die USA in die volle Überreaktion zu treiben. Russland und China positionieren sich eindeutig auf Seiten der USA.

Gegen Unterbrechung der Luftangriffe aus humanitären Gründen. Entscheidend sei die Sicherheit im Land.

Rainer A. (SPD) fragt nach einem Vorratsbeschluss, der den Parlamentsvorbehalt unterlaufen könnte.

Fraktionssitzung

(Seit drei Wochen keine öffentliche Stellungnahme der Fraktion mehr. Politisches Führungsloch!)

Joschka: Jetzt wohl schwierigste Entscheidung. Die sei voll aufgezwungen. Die Kräfte des 11.9. ruhen und warten nicht.

Der Bundeskanzler habe klargestellt, dass Bereitstellung nicht unmittelbar zum Einsatz führe. Es gebe keine Kampftruppen am Boden und keine Luftwaffe. Die ABC- Füchse würden rein defensiv eingesetzt. Die Spezialkräfte für den Antiterrorzugriff stünden unter nationaler Befehlshoheit.

Die politische Lage sei seit dem 11.9. durch ein Dilemma gekennzeichnet: (a) Der für dt. Sicherheit wichtigste Bündnispartner wurde angegriffen. Nichtteilnahme hätte weitestgehende Konsequenzen. Überall dieselbe Diskussion, alle kommen zu demselben Ergebnis: Die USA nicht allein lassen. Keiner verabschiede sich aus der Solidarität. (b) Die emotionale Grundstimmung gehe in die andere Richtung. (...)

Wir werden uns als Land nicht verweigern können!

Hans-Christian S.: Füchse heißen, dass sich DEU auf den Bodenkrieg vorbereitet. Wo sind die Grenzen der dt. Beteiligung? Ist Euch das Risiko überhaupt klar?

W. N.: Man müsse sich die Bedrohung klar machen. Der Sturz des Talibanregimes sei notwendig. Der dt. militärische Beitrag müsse im Kontext anderer Beiträge bewertet werden. Aber insgesamt sei er ein Quantensprung.

Zwischenbilanz I: Was alles bisher auf diplomatischer, geheimdienstlicher, finanzpolitischer Ebene getan und geschafft worden  sei.

Zwischenbilanz II: Die militärische Lage und Wirkung sei kaum beurteilbar. Die Realität der zivilen Opfer werde durch Bilder definiert. Unklar sei die politische Wirkung: Rückhalt für Taliban gestärkt? Gelten die USA mehr als „äußerer Feind" oder als „Befreier"?

Wohin gehe es? Gewichtung zwischen interner und externer Veränderung?

Militärische Terrorbekämpfung überall sonst, nur verdeckt, mit Luftunterstützung?

Terrorismusbekämpfung müsse notwendig, aussichtsreich und verantwortbar sein. Jetzt stehe eine Entsendung in den Nebel bevor. Wofür, wohin? Darüber müsse informiert werden.

Werner S.: Vietnam-Vergleich hinkt. Damals hinter UdSSR und China als Hinterland.

Joschka: Jede Emotion gegen den Krieg sei völlig gerechtfertigt.  DEU dürfe nicht mehr allein sein. Das wäre schlimmer als alles andere!!

Zur Strategie: Bei NATO wie USA gebe es objektiv Informationslücken. Über das Wohin werde es strategische Kontroverse geben. Von der Wolfowitz-Strategie halte er gar nichts.

Der Eindruck von „Mehrfachnebel" sei verständlich, aber nicht ganz nachvollziehbar.

Zu Hans-Christian S.: Wo stünden wir auf dem Balkan, wenn wir Deinen Vorschlägen gefolgt wären. Milosevic wäre noch da. (...) Letzte Woche habe es ernsthafte Warnungen vor Nuklearanschlägen mit Truck gegeben. Ihr müsst Euch die Gefahren vor Augen halten. Die Amerikaner werden diesen Krieg führen müssen. Er werde versuchen, unsere Position zu nutzen. Abwegig sei, dass die Füchse ein Einstieg in den Bodenkrieg seien.

Fritz K.: Wir müssen dem Einsatz zustimmen.

- Was wären die Folgen einer Unterbrechung? Abbruch? Dann stände Bin Laden als Sieger da.

- Politik in Deutschland, in Europa und zu den USA sei so besser mit zu gestalten als in Opposition. - - Sollen Grüne in schärfster Verantwortung weg gehen?

Hauptzweifel habe er an der Strategie.

Annelie B.: Die letzten Wochen zeigten mir wieder, dass Krieg gegen den Terrorismus nicht taugt. Die grüne Vorstellung von gezielten Zugriffen erwies sich als Illusion.

Mit Militär laufen wir in die Eskalationsfalle des „Kampfes der Kulturen". Das Talibanregime müsse in der Tat abgelöst werden. Aber was in AFG geschehe, sei völlig falsch.

7.11., Mittwoch

87. Verteidigungsausschuss

TOP Lage in den Einsatzgebieten: W.N. erinnert an den Abschuss eines UNOMIG-Hubschraubers am 8.10. in Georgien, wobei Oberstabsarzt Dieter Eißing mit acht Kameraden aus sieben Ländern ums Leben kam. Damit sei erstmalig seit dem 2. Weltkrieg ein Bundeswehrsoldat durch gegnerisches Feuer gefallen. In der Öffentlichkeit habe man das tragische Ereignis praktisch nicht zur Kenntnis genommen. Er habe gehört, dass es nicht möglich gewesen sei, den Leichnam von Offizieren abholen zu lassen. Die Überführung des Leichnams mit einer Verkehrsmaschine sei bei den Missionsangehörigen auf größtes Unverständnis gestoßen. Noch schwerwiegender sei die Tatsache zu bewerten, dass bei der militärischen Bestattungszeremonie in Rheine die politische Leitung des Ministeriums nicht vertreten gewesen sei. Eine Teilnahme sei auf Nachfrage sogar ohne Begründung ausdrücklich abgelehnt worden. Das sei bei Kameradinnen und Kameraden des ums Leben gekommenen Soldaten auf Fassungslosigkeit gestoßen.

TOP sicherheits- und verteidigungspolitische Lage nach dem Terroranschlag auf die USA: (Der u.g. Antrag der Bundesregierung wird zeitgleich im Kabinett beraten und liegt dem Ausschuss noch nicht vor.) Im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus erhalten die Streitkräfte 1,5 Mrd. DM zusätzlich.

R. (Union) kritisiert die Informationspolitik der Bundesregierung als sehr widersprüchlich.

W.N. bemängelt, dass nach der bisherigen Zeitplanung die Antragsberatung im Ausschuss erst nach den Beratungen der Fraktionen stattfände. (Der Versuch, die Obleute-Unterrichtung am Morgen des 8.11. für andere Ausschussmitglieder zu öffnen, scheitert.)

o        Antrag der Bundesregierung „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der VN und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der VN (Drs. 14/7296). „(...) Der Deutsche Bundestag stimmt daher der Beteiligung deutscher bewaffneter Streitkräfte an der Operation ENDURING FREEDOM zu. (...)" (Auftrag, Ermächtigung zum Einsatz, Beginn und Dauer, Einzusetzende Kräfte, Einsatzgebiet) (Drs. 14/7296)

o        SZ-Leitartikel von Christoph Schwennicke: „Abenteuer AFG": „(...) In Deutschland sind nun Politiker in der Verantwortung, deren Bezug zum Militärischen und dessen Notwendigkeit in der internationalen Politik nicht über Jahre gewachsen, sondern in Monaten gewuchert ist. Problematischer noch: So sehr man sich dagegen sträubt, so drängt sich doch das Gefühl auf, dass Gerhard Schröder, in Nuancen auch Joschka Fischer, diese neue Rolle im internationalen Gefüge als reines Machtinstrument begreifen. In manchmal fahrlässig anmutender, manchmal fast kindlich wirkender Manier scheinen da Heranwachsende darum zu eifern, in den Club der Großen aufgenommen zu werden, einen Club, der entscheidend militärisch definiert ist. (...)"

Fraktionssitzung

Winne H.: Lt. Joschka gebe es nur eine Handlungsmöglichkeit, seien die Zwänge unausweichlich. Darein haben uns Teile der Fraktion gebracht. Die Welt würde nicht untergehen, wenn DEU einen anderen Weg der Terrorbekämpfung gehen würde. Wegducken? Was ist verantwortungslos, wenn wir anderen Weg haben, konsequente Entwicklungspolitik? Der Frust an der Basis sei gewaltig.

Joschka: W.`s Position sei nicht geeignet, in der dt. Regierung mitzubestimmen. Dann wäre Rot-Grün ein Irrtum gewesen.

Es sei seine feste Überzeugung: Die Aussage „Gewalt  nutzt nichts" sei so generell falsch: Wer habe uns befreit?

Himmelschreiendes Unrecht würde Intervention nicht rechtfertigen. Aber seit dem 11.9. bestehe Gefahr für den Weltfrieden.

Werde die Welt sicherer bei Nichtteilnahme und bei Ende von Rot-Grün?

Vorwürfe müssten wir uns eher machen wegen zu langer Zurückhaltung (AFG, Somalia, Große Seen).

Zum Antrag: (...) Damit wirksame Teilnahme ohne Abenteuer.

Reinhard L.: Zum Antrag der Bundesregierung - sei die Frist nicht zu lang, der Raum nicht zu weit, der Auftrag zu allgemein?

Gerald H.: Solidarität mit den Opfern, alles gegen den Terror - ohne Frage. Aber unklar sei, was in AFG zu tun sei, wohin es gehe und wo es ende.

Christian Si.: Notwendig seien Abwägen und Offenheit. Er sei sich nicht sicher, ob der Einsatz den Terrorismus schwäche oder stärke.

Er sage nein, weil Ortsvereine austreten. Für ihn sei die erste Frage, ob Grün noch eine Chance habe, nicht Rot-Grün. Es sei eine Gewissensfrage, 3.900 Soldaten in den Krieg zu schicken. Für die tragen wir auch Verantwortung.

Diese Entscheidung verändere das Gesicht der Grünen endgültig.

Volker B.: Völlig offen sei, was wir im Bündnis erreichen wollen. Er sähe keinen militärischen Plan. Er habe den Verdacht, dass aus Ratlosigkeit weiter gebombt werde. Ein Blankoscheck sei nicht beurteilbar und nicht vermittelbar.

Ludger V.: Zzt. sei keine Strategie plausibel. Besser jetzt mehr Diskussion statt Beweis von Führungskraft seitens der Regierung. Nur so sei Integration möglich.

Antje V.: Vorsicht vor geistiger Engführung! Sie sei sehr überrascht, wie man mit so was durchkommen wolle. Gegen Terroristen helfen nicht Phalanxen, sondern Intelligenz, Überraschung. Der Raum sei zu groß, die Zeit zu weit, der Auftrag zu unbestimmt. Ermächtigung gehe nur mit Vertrauen - zu Joschka ja, zu Schröder nur sehr begrenzt.

Wenn es nicht einen deutlicheren Anteil grüner Gegenstimmen gebe, dann werde die Partei das nicht überleben.

Joschka: Ihr müsst sagen, ob Ihr die Koalition noch wollt. Es nutzt nichts, drum herum zu reden. Dann wäre es auch mit dem Außenminister aus. Er gehe dann nicht zu einer anderen Partei. So, wie die Diskussion laufe, sei das das Ende der Koalition. Ihr unterschätzt, was auf uns zukommt.

Kerstin M.: Wir können nicht einfach so in die Abstimmung rein laufen. Aber: Die Koalitionsfrage hat die Partei zu entscheiden.

Presseberichte zu dieser Fraktionssitzung

8.11.

o        „Deutschland im Nebel", taz-Interview mit W. Nachtwei

o        SZ-Leitartikel von Heribert Prantl: Der Ernstfall: (...) Der Kanzler redet von konkreten Truppenanforderungen der USA, die es aber nicht gibt. Er macht also aus einem deutschen Truppenangebot an die USA eine amerikanische Anforderung - um so den Zustimmungsdruck in Deutschland zu erhöhen. (...) Es ist ein schlechter Einstieg in einen immer schlechteren Krieg. (...) Dieser Krieg begann als Notwehr. Es ist ein Notwehrexzess daraus geworden. (...) Aus dem Schlamassel in AFG wird in spätestens einem Jahr eine andere Koalition die deutschen Soldaten befreien müssen."

Briefing OEF - Beiträge der Bundeswehr

Bundestag: 1. Lesung des OEF-Mandats

Reden des Bundeskanzlers, Unionsfraktionschef Merz, Gernot Erler, Joschka u.a.

Basisreaktionen: nur eine Mail für ein Ja. Über zehn durchweg positiv zu meinem Warnbrief vom 2. November. Ex-Lehrerkollege Benno A. aus Dülmen: „Endlich noch einer, der die Zeichen der Zeit erkannt hat."

Mein Kommentar: Komme ich da noch raus? Die Basis will nicht die uneingeschränkte Solidarität mit den USA. W.N. hat so oder so einen schweren Stand. Eindeutige Haltung wäre wichtig, und solide und klare Begründung. Festlegung jetzt eher kontraproduktiv. Koalitionsargument runterhängen.

Ein Nein gäbe bei der Friedensbewegung keinen Gewinn. Der 11.9. wird zunehmend vergessen, Bedrohung geleugnet, zugleich Antiamerikanismus.

o        „Es geht um nicht weniger als Krieg und Frieden", Dokumentationsseite der FR, 9.11. mit sieben Beiträgen aus der rot-grünen Koalition, neben Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer auch als „ungehaltene Reden" die abweichenden Haltungen von Antje Vollmer, Winfried Nachtwei, Hans-Christian Ströbele, Hermann Scheer und Konrad Gilges.

9.11.

o        Peter Struck/Gernot Erler: „Deutsche Beteiligung am Kampf gegen den internationalen Terrorismus", Brief an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion

88. Verteidigungsausschuss: Beratung des Antrags der Bundesregierung zur OEF-Unterstützung (Anm.: Erster ausführlicher Bericht zur Lage in AFG, Golf-Region, Nordafrika, Somalia/Äthiopien im Ausschuss!)

Oberst B.: Lage in AFG weitgehend statisch, Geländegewinne überwiegend durch Kauf. Durch Schwerpunktbildung teilweise 3:1-Überlegenheit der Taliban. Verluste werden durch Verstärkungen aus PAK ausgeglichen. An Frontabschnitten je 6-10.000 Talibankämpfer. Hauptlast bei Al Qaida, „Arabern", verstärkt durch Freiwillige aus Kaschmir.

Die Nordallianz habe keine Kraft zu raumgreifenden Offensiven. Ohne auswärtige Unterstützung könne sie keine Überlegenheit herstellen.

Schnelle Erfolge seien nicht zu erwarten.

Die Interessen der Anrainerstaaten und muslimische Staaten darüber hinaus (...)

In der islamischen Welt bisher noch keine schwerwiegenden Verwerfungen.

V-Minister: Am 5. November Eingang eines geheimen US-Schreibens bei der Bundesregierung: Konkrete Anforderungen (z.B. Schiffe/Typen und Fähigkeiten). Die Bundesregierung gab nur die Personalzahlen dazu. Falsch sei, dass es keine Anforderung gegeben habe.

Eine genauere Einsatzplanung sei bisher noch nicht möglich, da die USA noch keine Klarheit über die zur Verfügung stehenden Kräfte hätten.

Großer Teil der dt. Fähigkeiten habe überwiegend vorbeugenden und unterstützenden Charakter.

Z. (SPD): Gut wäre, wenn Geheiminformationen öffentlich gemacht werden könnten - gegen ins Kraut schießende Spekulationen. Dt. Beiträge an der unteren Grenze dessen, was angeboten werden kann.

N. (FDP): Bundesregierung eigentlich an der strategischen Planung beteiligt? Was bei Scheitern des Einsatzes? Wie raus? Exitstrategie?

W.N.: Militärische Wirkungen der US-Luftangriffe in AFG, wo es doch sehr wenige militärische Ziele gebe? Die Bekämpfung von Ursachen und Urhebern von Terrorismus erfordere langen Atem, vor allem einen Kampf um Köpfe und Herzen. Welche Strategieelemente gebe es dazu? Andernfalls werde der Nährboden von Terrorismus gefördert und eine strategische Niederlage vorbereitet.

Fraktionssitzung

Claudia R.: Lt. Telefonkonferenz mit Landesvorständen große Unruhe und Aufregung in der Partei.

Kerstin M.: Koalitionskonsequenzen und Konsequenzen für die Partei - auch das gehöre zu einer Gewissensentscheidung.

Beim Wahlkampf werde gefragt, was sind Eure Antworten auf neue Herausforderungen. Die sind nicht mit den Antworten der 80er Jahre zu klären.

Helmut L.: Zu Nahost und Joschka. Der sei instinktiv zu der Rolle aufgewachsen. Von israelischen Freunden höre er: „Schickt mal Joschka!"

Ihr zieht den Teppich unter den Füßen eines Außenministers weg, der der beste der Bundesrepublik ist! (Kommentar: den Tränen nahe)

Spezialkräfte haben in Bosnien 40 Kriegsverbrecher festgenommen. Dafür jetzt KSK.

Jürgen T.: Vorsicht mit dem Holzhammer-Argument des dt. Sonderweges. Lieber inhaltlich auseinandersetzen.

Das Vorgehen der USA sei unbestritten legal. Aber die Art des Vorgehens könne die Legitimität infrage stellen.

Die Menschen erwarten von den Grünen Zweifel, Hinterfragen.

Schizophrene Erwartungshaltung: 90% unserer Wähler lehnen den US-Krieg in AFG ab. Zugleich finden sie Grüne in der Regierung besser als andere.

Die Bundesregierung habe gewissen weltpolitischen Einfluss, aber keinen operativen.

Marieluise B.: In Bremen fast vollständige Ablehnung des Einsatzes.

Fritz K.: Grüne und dt. Politik müssen dazu beitragen, dass es nicht zu einem US-Sonderweg kommt.

Die zu erarbeitende Resolution wird klar kritische Solidarität formulieren. Notwendig sind einige Klarstellungen der Regierung über die Kabinettsvorlage hinaus.

Eine Gewissensentscheidung hat alles zu bedenken. Hier ist eine Entscheidung zu fällen, die auch auf der BDK und bei den Wählern Bestand hat.

Christine S.: Zwei hinderliche Bilder: „Schröder hat sich aufgedrängt." Die bloße Zahl von 3.900. Wo das Gesamtziel unklar ist, ist das schwer überzubringen.

Europa und Bündnis sind bei der Basis nicht präsent.

Hans-Christian S.: Schröder wird es nicht an fehlender Koalitionsmehrheit scheitern lassen. Westerwelle ist zum Ersatz in der Lage.

Wir haben inzwischen mehr als vier Wochen Erfahrung mit dem US-Krieg in AFG. Auch nach Abzug der Taliban-Propaganda: Alle Kriterien des Länderratsbeschlusses sind nicht eingehalten.

Völlig unklar, wie Ihr Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollt - angesichts der fortlaufenden Bilder vom Abnutzungskrieg, von unendlich vielen Toten. Könnt Ihr verantworten, dass Ihr den Krieg mit unterstützt?

Steffi L.: Was inzwischen passiert, überschreitet alle Grenzen für mich. Deshalb entscheidend, was die Partei und Fraktion dazu tun.

10.11.

o        „Krieg in Afghanistan", Positionspapier der Abgeordneten Annelie Buntenbach,  Steffi Lemke, Christian Simmert, Winfried Hermann, Monika Knoche, Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian Ströbele, Sylvia Voß: „(...) Der Krieg gegen AFG ist politisch falsch, dient nicht der zielgerichteten Bekämpfung des Terrorismus, ist humanitär verantwortungslos und schafft neue politische Probleme. Es handelt sich um ein Abenteuer, an dem sich niemand, auch nicht die Bundesrepublik, beteiligen sollte. Eine Unterstützung dieses Krieges durch deutsche Soldaten ist deshalb nicht zu verantworten und muss unterbleiben.  (...)" (www.ag-friedensforschung.de/regionen/Afghanistan/gruene.html)

o        Interner Vermerk von W.N. über (a) Beratungstelefonate mit General a.D. Eisele, OSZE-Generalsekretär a.D. Höynck, Oberst a.D. Achmann (Kathol. Soldaten) , Brigadegeneral Wittmann, Matze, Winrich Kühne/SWP, Arnd Henze/WDR, Jörg Calließ/Locum, Prof. Harald Müller/HSFK zum Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr , (b) zum Lagebericht im Verteidigungsausschuss

Beratungszitate:

- Militärische Beiträge der Bundesregierung eher Vorsorgemaßnahmen, Fuchs sinnvoll, Einsatz extrem unwahrscheinlich. Durch Medien hochgefahrene Emotionen („wir müssen in den Krieg") völlig überzogen. KSK wohl nur in Ausnahmefällen zu gebrauchen. USA ziehen Truppen von Muttersprachlern vor.

- Kritikpunkte habe ich auch. Aber mir fällt es schwer, Alternativen zu formulieren. Herausforderun-

gen dieser Art haben wir nicht erkannt. Amerikaner seien in völlig anderer mentaler Situation als wir.

- Unsere Regionalisten sind nicht immer die besten bei der Beurteilung von Konfliktdynamiken.

- Vorlaufzeit von halbem Jahr - sonst das Kosovo-Problem. Man verliert/gewinnt die Bevölkerung in

den ersten Monaten. Bevölkerung will was sehen.

- Ein bisschen reingehen. Das endet wie Somalia.

- Hauptproblem, dass die USA keine Ahnung von der Region haben, auch nicht die think tanks. Jeder

Europäer mit zwei Jahren EZ-Erfahrung von dort bringe mehr.

- Unklar, wo er Krieg gegen Terrorismus enden soll. Vorher will ich den ersten Schritt nicht gehen.

- Politisches Gesamtkonzept nicht erkennbar.

- Fischer ganz zentral. Er hat positiven und mäßigenden Einfluss.

- Erfolg mache bestimmte Befürchtungen in Richtung Zukunft obsolet. Äußerst schlampiger Antrag.

12.11.

13.11.

AK IV: Verhandlungen mit SPD zu Entschließungsantrag und Protokollnotiz

Außen- und Sicherheitspolitiker von SPD + Grüne mit StM AA und StS BMVg:

Kabul sei von Taliban geräumt! Die Möglichkeiten zur humanitären Hilfe außerordentlich verbessert. Morgen Aufnahme des Fährbetriebs von Usbekistan nach AFG.

Außenminister zzt. bei VN in New York. Dort Resolution für den 16.11. in Vorbereitung. Rolle der VN noch offen. Blauhelmmission nicht vorstellbar.

Zu OEF: Beim Einsatz dt. Kräfte operational control beim BMVg, operational command bei der militärischen Führung vor Ort.

Konzept von einer Nation festgelegt. Bundesregierung hat nur Campaign-Plan, aber keine politisch verwertbaren Unterlagen. (Mein Kommentar: Blindbeteiligung?)

Fraktionssitzung

Rezzo S.: Bis Sonntagabend Kanzler noch der Meinung, dass keine eigene Mehrheit notwendig sei. Änderung habe sich ergeben mit der härteren Presselage.

Joschka zurück aus New York: Dramatische Veränderung in AFG. Humanitär jetzt sehr viel mehr möglich. Übergangsregierung jetzt dringend, bloß kein Vakuum.

Schröder habe mit Eppler, Schmidt und Vogel gesprochen und wolle weiter Rot-Grün. Wenn Vertrauensfrage scheitere, Neuwahlen im Januar. Dann keine rot-grüne Koalition mehr.

Jürgen T.: Mitte Dezember komme das Atomausstiegsgesetz. Habe man aus der Opposition die Chance, den Ausstieg schneller hinzukriegen? Nein! Nicht vor der BDK Fakten schaffen! Nicht mit antiautoritären Reflexen reagieren!

Winne H.: Er halte an Rot-Grün fest. Wir sind mitten in der Existenzkrise. Zig Mails: Bleibe standhaft!

Bundeskanzler Schröder in Fraktionssitzung: 1998 habe er sehr bewusst auf Rot-Grün gesetzt. In drei Jahren hätten sie gute Arbeit geleistet. (Kurzbilanz) Ich will, dass die Konstellation bleibt. Ich will die auch weiter nach 2002.

Angesichts der wirtschaftlich sehr schwierigen Lage in der Bevölkerung große Unsicherheit. Es brauche Stabilität, hohe Führungserwartung. Deshalb dürfe es in zentralen Fragen kein zweites Mal Unsicherheit geben.

W.N.: Bezüglich Bedrohungslage, dt. Rolle in der Allianz, Notwendigkeit von Solidarität und auch Militär, internationalen Folgen eines Rückziehers Übereinstimmung. Nur: zum Teil werde aneinander vorbei geredet. Verbreitet sei Angst vor einem Kriegsabenteuer, vor breiter Solidarisierung mit Terroristen statt ihrer Isolierung, einem Scheitern des Kampfes um Köpfe und Herzen. Sicherheitspolitik und gerade Bundeswehreinsätze brauchen breiten gesellschaftlichen Konsens.

Schröder: Mitte Oktober erste allgemeine US-Anfrage.

Gegen Kriegsabenteuer seien Sicherungen eingebaut: dt. Kommando, Letztentscheidung bei der Bundesregierung. Uns liegt nichts vor und wir haben nicht die Absicht, dass weiteres kommt. Rote Linie bei Bodentruppen. Weitergehende Planungen seien gestoppt worden. Der dt. Beitrag sei außerordentlich zurückhaltend. Von uns werde keiner ein Abenteuer verantworten. Der niederländische Beteiligung sei deutlich schärfer, z.B. Kampfflugzeuge.

Die SPD-Fraktion werde geschlossen abstimmen. Gewissensfreiheit könne auch heißen, das Mandat abzugeben.

Getrennte Abstimmung (OEF, Vertrauensfrage) würde als Affentheater kommentiert. Jeder demokratische Regierungschef würde in solcher Situation zurücktreten.

14.11.

89. Verteidigungsausschuss: Abschließende Beratung und Beschlussfassung zum Antrag der Bundesregierung (OEF-Beteiligung)

V-Minister: Die Lageentwicklung erleichterte humanitäre Hilfe. Aber keine Illusionen! Kontrolle über Städte in AFG sei nicht Kontrolle des Landes!

Zur Protokollnotiz der Bundesregierung, wodurch der Bundeswehrauftrag eingegrenzt wird und ein bilanzierender Gesamtbericht nach sechs Monaten zugesagt wird.

VN solle in AFG so schnell und stark wie möglich sein. Für die Glaubwürdigkeit einer langfristigen Perspektive sei die Einbeziehung der Anrainer von entscheidender Bedeutung.

StS AA: Die militärische Entwicklung überhole die politische nach der Einnahme von Kabul, Mazar-i Sharif und Herat und Kandahar im Kürze.

Auf Ebene der VN-Generalversammlung Serie von Ministertreffen. Lakhdar Brahimi VN-Sonderbeauftragter für AFG. Dieser habe einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt. Die road map:

-          VN-Konferenz mit wichtigsten afghanischen Akteuren

-          Executive Group (15 Personen) als Vorläufer einer Übergangsregierung

-          Große Ratsversammlung

-          Sicherheit im Land ausschließlich durch die Afghanen. Angesichts der Größe des Landes, der Vielzahl an Kämpfern und der Clanstrukturen sei eine Blauhelmoperation äußerst schwierig und gefährlich, eine Befriedung mit Peacekeeping wie auf dem Balkan fast unmöglich.

-          Rückkehr des Sondergesandten Vendrell

Die verschiedenen bisherigen Gruppen zu AFG seien jeweils unzureichend. Absicht: Brahimi-Gruppe der 21 (B. + DEU, GB, FR, IT, NL, SWE, KIRG, KAS, SAUDI-A., IND, TÃœR u.a.)

Erhebliche politische Einwirkungen von außen notwendig, gerade ggb. der Nordallianz. Menschenrechte müssen eingehalten werden.

Fact-Finding-Mission zur humanitären Hilfe unter dt. Leitung. Wiederaufnahme der Minenräumung, Vorausteam entsandt. Anschubfinanzierung für dt. NGO`s gesichert.

Zwei Flughäfen jetzt für humanitäre Hilfe geöffnet. NATO will sich subsidiär an humanitärer Hilfe beteiligen.

W.N.: Aus dem Kosovo-Einsatz habe er die Konsequenz gezogen, dass man einen Einsatz noch sorgfältiger und genauer durchdenken müsse. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sei von der Form und Dimension her Neuland. Es gehe darum, Urheber und Ursachen zu bekämpfen, um direkte Verfolgung und Gefahrenabwehr, aber auch um de Kampf um Köpfe und Herzen. Wichtig sei, den Terrorismus zu isolieren. Solidarisierungseffekte müssten vermieden werden. Einigkeit bestehe im Hinblick auf die unmittelbaren Ziele von Enduring Freedom in AFG. Weitestgehend unklar sei, was die weitergehende Ziele von E.F. über AFG hinaus seien. Vielen sei auch im Hinterkopf, dass AFG ein Friedhof der Invasoren sei. Wer von außen versuche, in diesem Land militärisch etwas zu verändern, begebe sich in ein ganz gefährliches Terrain. Die Protokollnotiz grenze das Bundeswehrmandat ein und sei ein Riegel gegenüber Weiterungen. Er betone, dass man sich nicht auf ein unberechenbares Kriegsabenteuer einlasse, sondern einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung einer neuen Art von Terrorismus leiste.

Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung: Bis auf ein Nein der PDS alles Zustimmungen.

Im Verteidigungsausschuss auch Gespräch mit den Militärbischöfen Mixa und Löwe:

Mixa: Der Einsatz militärischer Mittel drohe zu einer Spirale der Gewalt zu führen, die gerechten Frieden unmöglich mache. Militärische Mittel nur als Ultima Ratio bei klaren politischen Zielen und Schutz der Bevölkerung. Er könne nicht erkennen, dass das eingehalten werde. Aufgeworfene Fragen müssten ausreichend beantwortet werden, damit Soldaten guten Gewissens in den Einsatz gehen können. (...) (begrenzter Beifall)

Z. (SPD): Irritation über Mixa`s Worte von der „fast blinden Nibelungentreue" der Politik. Kirchliche Äußerungen, die der Politik eine lockere Hand unterstellen, seien falsch. Bischof Mixa habe einen schwärmerischen Ansatz.

(mein Kommentar: Beispiellos deutliche Aussprache mit Mixa. Viele MdB`s fühlen sich von ihm tief getroffen!)

15.11.

Fraktionssitzung

Joschka: Die Geiseln von Shelter Now durch US-Helicopter rausgeholt.

Zur Abstimmung über den Militäreinsatz (für Gegner „Kriegseinsatz"): Jetzt stehen Zugriffsaktionen im Vordergrund, Bombardierungen im Hintergrund. Wo die Nordallianz kontrolliere, bestehe freier Zugang für humanitäre Hilfe. Schwerpunkte seien Sicherheit, Wiederaufbau, humanitäre Hilfe. Militär vor allem für humanitäre Aktionen, Absicherung, direkte Terrorbekämpfung. Demnächst sei keine Rede mehr von Krieg.

16.11.

Meine Stimmungslage: Kein Schlaf ab 4.30 Uhr. Tiefste Ohnmacht und Verzweiflung gegenüber unseren Überzeugungstätern und ihrer Rücksichtslosigkeit.

Fraktionssitzung

Joschka: Laut Berichten der „Schlapphüte" zum Wochenende Änderung der US-Militärstrategie, Angriffe gingen stark zurück.

Erfolgsmeldung: Das mazedonische Parlament habe die Verfassungsänderung beschlossen.

Bundestagssitzung, 2./3. Lesung OEF-Mandat, verbunden mit der Vertrauensfrage

Der Bundeskanzler spricht sehr nüchtern. Kein Bekenntnis zu Rot-Grün, nur zum Außenminister.

Joschka zeigt mir seine VS-NfD-Nachricht zur Einstellung der Luftangriffe wohl zum Wochenende.

Vor der Abstimmung große Nervosität, als Irmingard fehlt. Am Ende sind`s 336 Stimmen, 334 mussten es sein. Ca. 70 Persönliche Erklärungen zur Abstimmung, eine von mir.

Kommentar „Beispiellose Tage":

„Zunächst viel nachdenklichere und weniger polarisierte Stimmung als beim Kosovo-Krieg. Bald beginnen aber die Bilder von den Zivilopfern zu wirken. Der Eindruck verbreitet sich von einem „Krieg gegen Städte, Dörfer, ein ganzes Land".

In den sitzungsfreien Wochen 13 Veranstaltungen irgendwie zum Thema: Merke in Heidelberg, dass ich Claudias Bombenstopp-Forderung nicht wirksam widersprechen kann. Nach einigen Tagen übernehme ich sie - wg. Unverhältnismäßigkeit, wg. Solidarisierungen.

Mein Brief vom 2.11. an FraVo/Buvo steht am 6.11. bestens kommentiert in der SZ. Gutes Echo. Zeitgleich am Dienstag verkündet Schröder den vorgesehenen deutschen Beitrag.

In der Frasi sehr offene Fragen von mir.

Am Mittwoch/Donnerstag massive Bedenken bei mir wie auch bei vielen anderen Zweiflern. Gespräche mit Rezzo und Kerstin. Hier werden auch Ausstiegsszenarien besprochen. Angelika`s Bericht von der Obleutebesprechung - keine US-Strategie - verstärkt meine Nein-Tendenz.

In vielen Interviews beschreibe ich die drei existienziellen politischen Ebenen, auf denen wir zu entscheiden haben.

Freitag, erstmalige Unterrichtung im Verteidigungsausschuss: teils ernüchternd (statische Lage ...langer Atem), teils sehr klärend.

Erste Beratungsgespräche (Eisele, Achmann, Höynck, Wittmann) stärken Ja-Gewichte: „Sie können mit guten Gewissen zustimmen, vor sich und ihren Wählern."

Telefon mit Matze stärkt die Gegentendenz: breiteste Ablehnung in der Partei, völliges Unverständnis, auch bei solchen, die den Kosovo-Krieg mitgetragen haben. Man will sich nicht mehr für Berlin verprügeln lassen.

Am Sonntag im Zug  (Münster-Berlin) verstärkt sich die Nein-Tendenz mit dem SPIEGEL-Titel „Eine Region in Brand" und nach Gespräch mit Christian Sterzing, bei dem sich das Nein verfestigt.

Liefere über`s Wochenende Textbausteine für den Parteirat, der einiges übernimmt, und den Entschließungsantrag mit der SPD.

Am Mo in Berlin spüre ich wieder stärker den Berliner Druck. Absprache mit Christian St., am Dienstag in der Fraktion Farbe zu bekennen.

Nachdem Kanzler und Struck am Freitag und Samstag die Notwendigkeit einer eigenen Koalitionsmehrheit relativiert hatten, kommt die Wende am Montag. Jetzt erklärt Schröder die eigene Mehrheit für  notwendig.  (Am So war die Erklärung unserer Acht erschienen.)

Ich empfinde unerträglichen Druck, denke erstmalig an Mandatsniederlegung.  Grundstimmung ganz im Unterschied zu Kosovo: Das hier könnte ich nicht durchfechten! Im Widerspruch zu allen meinen Konsequenzen aus Kosovo!

Am Dienstag entwickeln sich plötzlich Klarheit und Entspannung aus verschiedenen Richtungen:

-         rapider Zerfall des Taliban-Regimes; Militärstrategie offenkundig doch erfolgreich; Eskalationsgefahr sinkt.

-         Verhandlungserfolge bez. Protokollnotiz und Entschließungsantrag.

-         Schröder stellt Vertrauensfrage.

Schon unsere Acht sind zu viel. Mein Nein würde Dämme brechen, Koalition wäre aus.

Diese Verantwortung kann ich als einzelner Abgeordneter nicht tragen. à BDK

In der Frasi ist Schröder wieder erfrischend nüchtern-souverän. Ich spreche ihn intensiv auf Argumentationslücken der Regierung an (ggb. Kriegsabenteuerangst) und Konsensschaffen.

Ggb. Phoenix deute ich erstmalig „Ja" an. (Vorher immer ernsthaften Beratungsprozess betont)

Mittwoch im Verteidigungsausschuss: SPD`ler mit guten Wünschen für Rot-Grün. Lege dar, welche Bedenken bei mir reduziert sind.

Ein Treffen mit den Acht macht hoffnungslos. Die neue Lag in Afghanistan spielt noch keine Rolle. Weiter geht`s um „Kriegseinsatz", „Krieg gegen Afghanistan".

Donnerstag: Offener Brief an die FraktionskollegInnen. Von Landesvorstand und Basis beginnt sich der Wind zu drehen. Erste Aufrufe zuzustimmen - wg. Veränderter Lage und der Koalition. Sehr guter Brief des KV Bielefeld. Telefonate mit Carsten, Wilhelm und Robert im Wahlkreis - alle sehr verständig.

19.11.

21.11.  Bei der Kreismitgliederversammlung der Grünen Minden-Lübbecke Referat und Diskussion „Haltung der Bündnisgrünen zu den Konsequenzen aus den Terroranschlägen in den USA"

22./23.11.   Vortrag „AFG und kein Ende? Bomben gegen den Terror?" in der Stiftung Kloster Frenswegen und beim OV Menden/Sauerland.

24./25.11. BDK Rostock: Der Leitantrag des Bundesvorstandes „Internationalen Terrorismus bekämpfen, in kritischer Solidarität handeln, die rot-grüne Koalition fortsetzen" bekräftigt die Begrenzungen des Anti-Terror-Einsatzes und wird von mehr als 80% beschlossen.

(http://archiv.gruene-partei.de/gremien/bdk/01Rostock/beschluss/B-P-01.htm)

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