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Nachtwei zum Einsatz des Kommandos Spezialkräfte in Afghanistan

Veröffentlicht von: Webmaster am 30. März 2007 19:16:28 +01:00 (56315 Aufrufe)
In der Debatte über den Einsatz des Kommandos Spezialkräfte in Afghanistan hielt Winfried Nachtwei namens der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen folgenden Redebeitrag:

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im November 2001 gab der Deutsche Bundestag den Auftrag an die Bundeswehr, sich an der Operation „Enduring Freedom" zu beteiligen und dabei bis zu 100 Soldaten vom Kommando Spezialkräfte einzusetzen. Das galt für folgende drei Teilaufgaben: Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefangenzunehmen und vor Gericht zu stellen sowie Dritte von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten dauerhaft abzuhalten.

Damals war uns genauso bewusst wie heute, dass eine militärische Bekämpfung des Terrorismus natürlich nicht die Hauptsache ist, dass es vielmehr auf viele andere Maßnahmen - auf polizeiliche, geheimdienstliche und strukturelle Maßnahmen - ankommt. Aber es wurde auch deutlich, dass ein Spektrum an militärischer Bekämpfung unverzichtbar war angesichts des Ausmaßes der terroristischen Infrastruktur in Afghanistan, der Unübersichtlichkeit des Operationsgebietes und der Operationsweisen dieser terroristischen Kämpfer.

Hätte man damals die Kräfte, die vor allem für die direkte Terrorbekämpfung zuständig sind, nämlich Geheimdienstangehörige und Polizisten, dorthin geschickt, dann wäre das absolut selbstmörderisch und verantwortungslos gewesen. Daher kann man sagen, dass eine militärische Bekämpfung unverzichtbar und notwendig war.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Der damals gewählte Kräfteansatz und -einsatz machte aber deutlich, dass es mit dem großen Wort des Bundeskanzlers Schröder von der uneingeschränkten Solidarität, das viele zu Recht sehr unruhig gemacht hat, in Wirklichkeit anders aussah. Das zeigt sich besonders deutlich beim militärischen Beitrag der Bundesrepublik zur Terrorismusbekämpfung: Der reale Beitrag ist sehr gezielt, sehr maßvoll und sehr bedacht. Es ist immerhin so - darauf hat schon vorhin ein Kollege hingewiesen -: Es gibt im Grunde keine Waffengattung, mit der so präzise und im Grunde so verhältnismäßig agiert werden kann wie mit den Soldaten des Kommandos Spezialkräfte.

Die regierungsamtliche Totalgeheimhaltung macht eine Bilanzierung praktisch unmöglich. Dafür leistet sie allerdings auf der einen Seite allen möglichen Mythen und auf der anderen Seite allen möglichen Generalverdächtigungen Vorschub. Jetzt müsste ich eigentlich im Weiteren schweigen. Nur, als Politiker - Sie kennen das - kann man nicht schweigen; man muss unbedingt weiterreden. Ich kann immerhin ohne Geheimnisverrat feststellen - -

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Nachtwei, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gehrcke?

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Nein!)

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Ja. Ich brauche Redezeit.

(Heiterkeit beim BÃœNDNIS 90/
DIE GRÃœNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das dachte ich mir fast.

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Kollege Nachtwei, ich wollte Ihnen vor Ostern noch eine Freude machen. Deswegen frage ich Sie - ich habe extra bis zu diesem Punkt gewartet -: Sie haben den Auftrag des KSK verlesen. Ich erinnere mich daran, dass damals, als er erteilt worden ist, selbst der Auftrag als geheim galt. Sind Sie, ohne dass Sie gegen die Geheimhaltung verstoßen, in der Lage, dem Parlament zu sagen, ob das KSK seinen Auftrag, den es vom Parlament erhalten hat, in Afghanistan eingelöst hat oder nicht?

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Dazu möchte ich ohne Bruch der Geheimhaltungsvorschriften antworten: Es ist offenkundig, dass Führungs- und Ausbildungseinrichtungen terroristischer Kräfte ausgeschaltet wurden. Wem das zuzuordnen ist, kann man nicht im Einzelnen sagen. Aber dieses erste Hauptziel wurde unstrittigerweise erfüllt.

In „Spiegel"-Ausgaben aus früheren Jahren ist zu lesen, dass KSK-Kräfte zur direkten Bekämpfung und Gefangennahme mutmaßlicher Terroristen kaum bis gar nicht beigetragen hätten.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das sagt der „Spiegel" und nicht das Parlament!)

In diesem zweiten Spektrum ist das KSK nach diesen Pressemitteilungen offensichtlich weniger aktiv. Was die dritte Frage angeht, komme ich jetzt unmittelbar dazu. - Ich danke Ihnen für diese zeitliche Beihilfe.

Bei aller grundsätzlichen Notwendigkeit der Operation „Enduring Freedom" stellte sich nach unseren Feststellungen die Art und Weise dieser Operation im Laufe der Zeit allerdings als immer kontraproduktiver heraus. Durch die Art des Auftretens und der Operationsführung wurden Dritte eben nicht dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abgehalten. Es wurde offenkundig immer mehr das Gegenteil bewirkt. Deshalb hat unsere Fraktion im letzten Herbst der weiteren deutschen Beteiligung an „Enduring Freedom" nicht zugestimmt. Dass der Verteidigungsminister - ich sage wieder ausdrücklich: in der Öffentlichkeit - mitgeteilt hat, dass seit Oktober 2005 keine KSK-Kräfte mehr im Rahmen von „Enduring Freedom" in Afghanistan sind, halten wir für einen Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auf einem anderen Blatt allerdings steht der Einsatz des Kommandos Spezialkräfte zum Schutz von ISAF-Kräften im deutschen Operations- und Verantwortungsbereich im Rahmen von ISAF. Dieser Einsatz war und ist ausgesprochen sinnvoll und, wenn man sich bei deutschen ISAF-Soldaten umhört, ausgesprochen gewünscht. Wie man von deutschen Soldaten in Einsatzgebieten hört, ist dieser Einsatz angesichts der ständigen Anschlags- und Angriffsdrohungen, denen sie ausgesetzt sind - die Obleute des Verteidigungsausschusses haben das im letzten Oktober in Kabul selbst sehr nachdrücklich erlebt -, auch ausgesprochen erfolgreich.

(Beifall bei Abgeordneten des BÃœNDNISSES 90/ DIE GRÃœNEN und der CDU/CSU)

In solchen Gefährdungssituationen die Spezialfähigkeiten des KSK zu verweigern, ist unverantwortlich.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb lehnen wir die Anträge der Linksfraktion ab.

Zugleich mahne ich die Bundesregierung dringend, die Totalgeheimhaltung in Sachen KSK auf das zum Schutz von Operationen und Personen notwendige Maß zu beschränken und sich mit dem Bundestag auf eine echte und direkte Kontrolle von Spezialeinsätzen zu einigen. Das gebietet der Anspruch der Parlamentsarmee, und es liegt nicht zuletzt im Interesse der Soldaten, von denen die politische und militärische Führung den allerhöchsten und riskantesten Einsatz verlangt und die nicht im Regen stehen gelassen werden dürfen.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ansonsten wünsche ich nicht nur Ihnen und uns gute Ostern, sondern in den drei vor uns liegenden sitzungsfreien Wochen vor allem auch eine einigermaßen ruhige Entwicklung in Afghanistan; denn die Situation ist dort zurzeit sehr kritisch. Darin sind wir uns, wie ich glaube, einig.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch