Auslandseinsätze müssen auf den Prüfstand

Von: Webmaster amMi, 22 Juli 2009 13:32:52 +01:00

Anlässlich der ersten Bundestagsmandatierung eines Auslandseinsatzes der Bundeswehr vor genau 15 Jahren erklärt Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher:



Die Auslandseinsätze der Bundeswehr stecken seit geraumer Zeit in einer massiven Akzeptanz- und Wirksamkeitskrise. Das trifft besonders auf den riskantesten, umfangreichsten und auch teuersten Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu. Statt Durchhalteparolen brauchen wir jetzt als erstes Ehrlichkeit der Politik sich selbst gegenüber, gegenüber der Bevölkerung und gegenüber den Soldatinnen und Soldaten. Eine offene und unabhängige Bilanzierung der deutschen Beteiligungen an internationalen Krisenengagements und Auslandseinsätzen ist längst überfällig. Was sind die Erfolge, Versäumnisse und Lehren? Ohne eine solche Bilanzierung wird es kein wirksames Krisenmanagement geben. Ohne eine solche Bilanzierung kann das verlorene Vertrauen weder in der Bevölkerung noch bei den Soldatinnen und Soldaten zurück gewonnen werden.

Die große Koalition tut aber viel zu wenig, um den eklatanten Rückstand bei den zivilen Fähigkeiten zum Krisenmanagement abzubauen. Die Konsequenzen dieser Politik sehen wir derzeit am deutlichsten beim Polizeiaufbau in Afghanistan, der seit Jahren nicht so vorankommt wie es dringend nötig wäre, damit Afghanistan selbst für die eigene Sicherheit sorgen kann. Im Endeffekt läuft dies darauf hinaus, dass Soldaten und Soldatinnen zu Leidtragenden und Lückenbüßern werden, die jahrelang ohne nachhaltige Wirkung im Einsatz sind. Im schlimmsten Fall scheitert die internationale Staatengemeinschaft an den politischen Versäumnissen. Wir fordern daher schon seit langem, dass Bundestagsmandate künftig umfassend angelegt sein müssen. Sie sollen nicht nur die militärischen, sondern auch zentrale Beiträge zum zivilen und polizeilichen Aufbau festlegen. Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr haben in den Einsatzgebieten mit Mandat der Vereinten Nationen professionell und verantwortlich zur Gewalteindämmung beigetragen. Aber nur mit ausgewogenen diplomatischen, zivilen, polizeilichen und militärischen Fähigkeiten hat Krisenmanagement Aussicht auf Erfolg.

Angesichts der steigenden Opfer durch Auslandseinsätze der Bundeswehr steht die Politik in besonderer Verantwortung für angemessene soziale und rechtliche Rahmenbedingungen von Auslandseinsätzen zu sorgen. Statt Entscheidungen, wie das heute beim Bundesverwaltungsgericht anstehende Urteil über die soldatische Mitbestimmung in Auslandseinsätzen, den Gerichten zu überlassen, muss die Politik hier selber für Klarheit sorgen. Soldaten der Bundeswehr sind Staatsbürger in Uniform. Das muss auch im Einsatz gelten. Alles andere höhlt die Innere Führung aus.