Regelungslücke bei Rüstungsexporten schließen

Von: Webmaster amFr, 03 Dezember 2004 16:06:48 +02:00
Anlässlich des gestrigen MONITOR-Berichts über die Lieferung von militärisch relevanten Panzer- und U-Boot-Motoren an China, erklärt Winfried Nachtwei, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und sicherheitspolitischer Sprecher:

Die Lieferung von rüstungs- und kriegswaffenrelevanten Gütern an China widerspricht dem Geist der Rüstungsexportrichtlinien und des Verhaltenskodexes für Waffenausfuhren der EU und untergräbt das EU-Waffenembargo gegenüber China. Die Tatsache, dass zivile Güter, die für die Nutzung von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern von entscheidender Bedeutung sind, keiner Genehmigungspflicht unterliegen, ist eine eklatante nationale und internationale Regelungslücke. Diese Regelungslücke muss in Deutschland und der EU geschlossen werden. Nach den Rüstungsexportrichtlinen und dem EU-Verhaltenskodex soll der Export von Kriegswaffen, kriegswaffennahen und sonstigen Rüstungsgütern an Nicht-Bündnispartner restriktiv gehandhabt und streng kontrolliert werden. Dies gilt auch für den Export für Dual-Use-Gütern, das heißt zivilen Gütern, die militärisch genutzt werden können. Hierfür haben die 33 Mitgliedsstaaten des so genannten "Wassenaar Regimes" entsprechende Güterlisten erstellt, die von der EU und deren Mitgliedsstaaten übernommen wurden. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sind die in chinesischen U-Booten bzw. Schützenpanzern eingesetzten Motoren herkömmliche zivile Produkte, die von keiner der beiden Listen erfasst werden und daher grundsätzlich keiner Ausfuhrgenehmigung bedürfen. Sollte dies zutreffen, wäre dies eine besorgniserregende rechtliche Grauzone. Sowohl die Dual-Use-Verordnung der EU als auch die deutsche Außenwirtschaftsverordnung (AWV) beinhalten "Auffangnormen" für nicht gelistete Güter. Laut AWV gilt das für den Fall, dass diese "Güter ganz oder teilweise für eine militärische Endverwendung bestimmt sind oder bestimmt sein können". Allerdings schränkt die Verordnung den Anwendungsbereich auf wenige Länder (Liste K: Iran, Kuba, Libanon, Mosambik, Nordkorea und Syrien) ein. Nach der Dual-Use-Verordnung (Art. 4, Abs. 2) gilt die Regelung auch für Länder, gegen die ein Waffenembargo verhängt wurde. Unter den EU-Staaten ist man jedoch der Auffassung, dass diese Regelung nicht für das Waffenembargo gegenüber China gilt. Diese nationalen und internationalen Einschränkungen unterlaufen die Bemühungen um eine effektive Rüstungsexportkontrolle. Die Dual-Use-Verordnung stellt es einzelnen Mitgliedsstaaten frei, weitergehende nationale Genehmigungspflichten einzuführen (Art. 4, Abs. 5f.). Nach Art 5, Abs. 1 kann ein Mitgliedsstaat auch "aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechts­erwägungen" eine Genehmigungspflicht vorschreiben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass künftig auch der Export von zivilen Gütern, die für die Funktionsfähigkeit von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern von entscheidender Bedeutung sind, grundsätzlich genehmigungspflichtig wird.