Einsatz von NVA-Panzer gegen Kurden wäre massiver Verstoß gegen deutsch-türkischen Vertrag

Von: Webmaster amMi, 20 Oktober 2004 15:29:51 +01:00
Zu den im ZDF-Magazin Frontal 21 erhobenen Vorwürfen zum Einsatz ehemaliger NVA-Schützenpanzer in der Türkei erklärt Winfried Nachtwei, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und sicherheitspolitischer Sprecher:

Ausdrücklich falsch ist der Vorwurf des Frontal-21-Berichts, die Grünen hätten „vorsichtige Zustimmung“ zu Rüstungslieferungen in die Türkei geäußert und hätten sich weit von ihren früheren Positionen entfernt. Dieser Vorwurf ist eine reine Unterstellung.

Fakt ist: Die Position und die Maßstäbe der Grünen sind seit 1999 unverändert. Unser Handlungsrahmen sind die Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung, die auf grünen Druck hin verschärft wurden. Fakt ist, dass der türkische Außenminister Gül klargemacht hat, dass die türkische Regierung nicht an einem Ankauf deutscher Leopard-Panzer interessiert ist. Fakt ist, dass es insgesamt erfreuliche rechtsstaatliche Fortschritte in der Türkei gibt. Fakt ist, dass dies selbstverständlich keinen Genehmigungsautomatismus für Rüstungsexporte zur Folge hat, sondern dass jeweils einzeln bei Anfragen zu überprüfen wäre, ob Fortschritte in der Menschenrechts- und der Kurdenfrage ausreichend und unumkehrbar sind. Die Bilder von Frontal 21 verstärken allerdings Zweifel daran, ob diese Fortschritte ausreichend sind. Die Anerkennung der kurdischen Realität setzt Dialog und das Ende jeder Gewalt voraus.

Das ZDF-Magazin Frontal 21 hat Filmaufnahmen vom Einsatz ehemaliger NVA-Schützenpanzer in der Provinz Sirnak und von umfassenden Menschenrechtsverletzungen dort ausgestrahlt. Sollten sich die in dem Beitrag erhobenen Vorwürfe durch die Prüfung der Bundesregierung bestätigen, würde es sich in der Tat um einen massiven Verstoß gegen den deutsch-türkischen Vertrag von 1994 handeln, da dieser den Einsatz der Schützenpanzer ausdrücklich auf die Verwendung im Rahmen der Landesverteidigung begrenzt. Die Bundesregierung müsste in diesem Falle bei der türkischen Regierung Protest gegen den Vertragsbruch einlegen. Ein vertragswidriger Einsatz der Schützenpanzer würde bedeuten, dass deutsche Rüstungslieferungen in die Türkei für die Zukunft ausgeschlossen wären, denn deutsche Rüstungslieferungen – so die Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung – dürfen nicht zu systematischen Menschenrechtsverletzungen, inneren Repressionen und Spannungsförderung eingesetzt werden.