Grüne begrüßen Ostermarschierer und kritisieren die UNO-Ferne der Aufrufe

Von: Webmaster amDo, 13 April 2006 14:41:27 +01:00
Zu den diesjährigen Osteraktivitäten und -märschen der Friedensbewegung erklärt Winfried Nachtwei, sicherheits- und abrüstungspolitischer Sprecher und Teilnehmer am 14. Ostermarsch für die Freie Heide in Brandenburg:

Dass wieder tausende Menschen an den Ostertagen für Frieden und Abrüstung auf die Straße gehen, ist eine gute Tradition und keineswegs überholt. Mit vielen zentralen Forderungen der Ostermarschaufrufe stimmen wir überein, bei anderen widersprechen wir.

Wir sind uns einig: Der Streit um das iranische Atomprogramm darf nicht in einen Krieg münden. Mit Geduld und Geschlossenheit muss die Staatengemeinschaft eine Atomrüstung des Iran verhindern. Damit sie das glaubwürdig tun kann, dürfen sich die Atommächte nicht länger der nuklearen Abrüstungsverpflichtung verweigern. Der Abzug taktischer Atomwaffen aus Deutschland und anderen europäischen Staaten wäre da ein gutes Signal. Ein Krieg gegen den Iran, der von einigen "Polit-Irren" in Washington offenbar erwogen wird und vor dem hochrangigen Militärs warnen, würde das Irak-Desaster um ein Vielfaches übertreffen. Die Staatengemeinschaft darf das nicht zulassen. Hier muss die Absage gerade auch der Bundesregierung an eine militärische "Option" eindeutig sein:

Wir stimmen überein in der Kritik am krassen Missverhältnis zwischen Militärausgaben und Aufwendungen für menschliche Entwicklung und Sicherheit weltweit und in dem Bewusstsein, dass Krieg und Militär keine Konflikte lösen können.

Wir stimmen schließlich überein in dem Eintreten gegen einen Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg. Die breiteste Bürgerbewegung Deutschlands brachte eine Volksabstimmung von unten zustande, die nicht länger übergangen werden darf.

An anderen Punkten widersprechen wir dem Grundtenor vieler Ostermarschaufrufe. Darüber zu streiten ist viel besser, als sich in den zentralen Fragen von Frieden und Sicherheit nur immer zu bestätigen oder zu ignorieren.

Dass viele Friedensbewegte seit 1999 auch auf Distanz zu Grünen gegangen sind, ist nachvollziehbar. Mit der meist sehr pauschalen Wahrnehmung der rot-grünen Außen- und Sicherheitspolitik entstand aber ein regelrechtes Feindbild von Rot-Grün. Kein Wunder ist, dass daraufhin bei den Aktivitäten der Friedensbewegungen immer weniger Anhänger von SPD und Grünen zu sehen waren.

Wie im Vorjahr spielen auch jetzt in den Aufrufen zu den Ostermärschen die Vereinten Nationen keine Rolle. Das kann nicht daran liegen, dass die Friedensbewegung die UNO als einziges Organ für weltweite Friedenssicherung für überflüssig halten würde. Die UNO-Verdrängung liegt wohl vor allem daran, dass eine Politik nach den Zielen und Regeln der UNO das eigene Weltbild stört. Denn wer Ja zur UNO sagt, kann nicht prinzipiell Nein sagen zu ihren Friedensmissionen und einer Beteiligung daran. Das aber tun die Aufrufe, die generell einen Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen fordern und deren realen Beiträge zur Gewalteindämmung ignorieren.

Völlig unverständlich ist, wie dürftig die meisten Aufrufe die friedenspolitische Alternative der Zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung thematisieren. Was gerade von christlichen Friedensgruppen seit Jahren betrieben und von Rot-Grün als wichtige friedenspolitische Innovation gefördert wurde, ist eine große Chance, die konkrete Unterstützung und Kritik braucht und nicht bloß plakative Appelle.

Friedenspolitik braucht Friedensbewegung. Wir wünschen den Ostermärschen eine gute Resonanz!