Freiwilliger Kurzdienst statt Wehrpflicht

Von: Webmaster amMo, 08 November 2004 19:19:03 +02:00
Anlässlich der Vorstellung des Positionspapiers "Übergang zur Freiwilligenarmee zügig fortsetzen" im Vorfeld der SPD-Parteikonferenz zur Wehrpflicht erklärt Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender:

Wir plädieren dafür, die veränderten sicherheitspolitischen Realitäten anzuerkennen und den Übergang in eine Freiwilligenarmee zügig fortzusetzen. Forderungen nach einer allgemeinen Dienstpflicht, einer weiteren Verkürzung der Dienstzeit oder einer Wehrpflichtigenhilfstruppe im Anti-Terror-Einsatz, sind keine ernstzunehmenden Alternativen. Die Bundeswehr wurde im Zuge mehrerer Reformschritte grundlegend verändert und der Wehrpflichtigenanteil reduziert. Eine Armee, die zu 88 Prozent aus Freiwilligen oder Berufssoldaten besteht und nur noch 10 Prozent eines Geburtsjahrgangs den obligatorischen Grundwehrdienst ermöglicht ist eine Pseudo-Wehrpflichtarmee. Der Eingriff in die Grundrechte und Lebensplanung von jährlich mehr als 400.000 jungen Männern ist sicherheitspolitisch nicht mehr zu rechtfertigen. Die derzeitige Auswahl-Wehrpflicht ist ungerecht, verfassungsrechtlich zweifelhaft und nur für eine kurze Übergangsfrist tragbar. Für uns ist nicht denkbar, dass die Bundesregierung im kommenden Jahr ein Weißbuch zur Sicherheitspolitik vorlegt, das die Wehrpflicht bekräftigt oder fortschreibt. Die Umstellungen in Richtung einer Freiwilligenarmee müssen deshalb zügig weiter gehen. Eine wichtige Brücke ist die Einführung eines freiwilligen, flexiblen und attraktiven Kurzdienstes von 12 bis 24 Monaten mit einer Probephase von sechs Monaten. Dieser Kurzdienst soll den derzeitigen freiwillig länger dauernden Wehrdienst (FWDL) und den Grundwehrdienst ersetzen. Er muss Frauen und Männern offen stehen und nach solider Ausbildung einen Auslandseinsatz ermöglichen. Er muss in ein verbessertes Konzept der Nachwuchsgewinnung, Personalbetreuung und Berufsförderung integriert sein. Die Einstiegsbesoldung sollte angehoben werden. Die Weizsäcker-Kommission hatte bestätigt, dass eine Freiwilligenarmee im Umfang von 220.000 Soldatinnen und Soldaten alle Kriterien zukunftsfähiger Streitkräfte erfüllt. Politischer Konsens ist, dass die Bundeswehr in Rechtsstaat und Gesellschaft integriert sein muss und keine hemmungslos einsetzbare Söldnertruppe sein darf. Diese Verantwortung kann und darf nicht auf die wenigen verbliebenen Wehrdienstleistenden abgeschoben werden. Hier stehen die Bundeswehr mit einer gelebten „Inneren Führung“, die Politik und die Gesellschaft in der Verantwortung. Eine zurückhaltende militärgestützte Sicherheitspolitik ist nicht zuletzt Aufgabe des Parlaments, das auch künftig über jeden Einsatz bewaffneter Streitkräfte befinden muss.

Anmerkung : Siehe auch das Thesenpapier "Übergang zur Freiwilligenarmee zügig fortsetzen - Ein Beitrag zur Diskussion um die Rest-Wehrpflicht".