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Antrag: Kontraproduktive US-Operationen in Pakistan sofort einstellen - Umfassende Strategie zur Stabilisierung Pakistans entwickeln

Veröffentlicht von: Webmaster am 24. September 2008 16:56:39 +01:00 (71627 Aufrufe)

Die US-Militäroperationen auf pakistanischem Gebiet ohne Zustimmung der Regierung in Islamabad sind besorgniserregend und konterkarieren die Stabilisierungsbemühungen in Pakistan. Die Bundesregierung aber schweigt azu. Die grüne Bundestagsfraktion hat deshalb am Mittwoch eine aktuelle Stunde m Bundestag beantragt und einen Antrag eingebracht, in dem wir eine esamtstrategie der Bundesregierung und der EU für die Stabilisierung Pakistans und der Region fordern. Der von Winfried Nachtwei mit initiierte Antrag findet sich hier:

Deutscher Bundestag Drucksache 16/

16. Wahlperiode 24.09.2008

Antrag

der Abgeordneten Jürgen Trittin, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Ute Koczy, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder Steenblock und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kontraproduktive US-Operationen in Pakistan sofort einstellen - Umfassende Strategie zur Stabilisierung Pakistans entwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der schreckliche Anschlag vom 20.09.2008 auf das Marriott-Hotel in Islamabad, dem mehr als 50 Menschen zum Opfer fielen, hat die unvermindert gefährliche und unkontrollierbare Lage in Pakistan deutlich gemacht. Insbesondere die staatlichem Zugriff entzogenen westlichen Stammesgebieten und die Nordwest-Grenzprovinz sind ein dauernder Unruheherd und Ausgangspunkt für terroristische und militante Aktivitäten in Afghanistan und Pakistan.

Nach dem Ende der Militärherrschaft Musharrafs befinden sich erstmals wieder eine demokratisch legitimierte Regierung unter Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani und der neu gewählte Präsident Asif Ali Zardari im Amt. Die neue Führung und die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit in Pakistan müssen umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden. Zugleich muss sie ihrerseits in die Pflicht genommen werden, sich an rechtstaatliche Standards zu halten und die unter Musharraf verhängten Einschränkungen der verfassungs- rechtlichen Ordnung rückgängig zu machen. Die von Musharraf entmachteten und unter Hausarrest stehenden Richter müssen wieder eingesetzt und die Unabhängigkeit der Justiz gewährleistet werden.

Dagegen sind die seit Jahresbeginn verstärkt und auf Anweisung des US-Präsidenten durch- geführten Angriffe auf die Grenzgebiete durch US-Militärkommandos oder mit Hilfe von Drohnen, die gegen den Willen der pakistanischen Regierung stattfinden, kontraproduktiv und verstoßen gegen das Völkerrecht. Trotz mehrfacher Beteuerung, die pakistanische Hoheit zu respektieren, beharren die USA weiterhin auf Präventivschlägen und Militäroperationen im souveränen Pakistan. Diese Einsätze hatten wiederholt Opfer unter der Zivilbevölkerung und in den Reihen pakistanischer Soldaten und Sicherheitskräfte zur Folge. Die Militäraktionen der USA schwächen die pakistanische Regierung und riskieren eine weitere Destabilisierung der Atommacht Pakistan sowie der gesamten Region. Sie gefährden außerdem die Zustimmung der Bevölkerung und der lokalen Regierungen zu den eigenen pakistanischen Sicherheitsoperationen. Der Befehl an das pakistanische Militär, eindringende US-Kräfte abzuwehren und erste Zwischenfälle zwischen pakistanischen und US-Militär zeigen die Gefährlichkeit der Lage.

Durch die Beteiligung an der ISAF-Mission und dem Wiederaufbau in Afghanistan muss Deutschland ein Interesse daran haben, dass die Lage im afghanisch-pakistanischen Grenzge- biet und in Pakistan nicht weiter eskaliert. Die Bundesregierung muss die deutsche Beteili- gung an der mittlerweile ohne völkerrechtliche Grundlage operierenden OEF-Mission been- den und gegenüber den USA und in der NATO darauf drängen, dass kontraproduktive Mili- täraktionen, die den Wiederaufbau in Afghanistan untergraben, unterbleiben. Sie muss un- missverständlich zu erkennen geben, dass sie militärische Aktionen ohne Zustimmung der pakistanischen Regierung ablehnt und diese weder direkt noch indirekt unterstützt. Sie muss gegenüber dem Bundestag und der Öffentlichkeit klarstellen, dass der militärische Beitrag der Bundesrepublik Deutschland nicht dazu dient, Militäraktionen in Pakistan oder anderen Nachbarstaaten vorzubereiten. Sie darf die Spannungen in der Region nicht durch Nuklearexporte an Indien oder Rüstungsexporte an Pakistan und Indien verschärfen. Damit gefährdet sie die Stabilität in der Region und den Wiederaufbau in Afghanistan.

Präsident Zardari hat in seiner Antrittsrede die Bekämpfung des Terrorismus zur ersten Priorität erklärt. Der Anschlag auf das Marriott-Hotel zeigt das Ausmaß der Bedrohung auch für Staat und Gesellschaft in Pakistan. Die pakistanische Regierung braucht Unterstützung, um die Hoheit über die betroffenen Gebiete zu gewinnen. Eine Abkehr vom Terrorismus in den z.T. seit Jahrzehnten vernachlässigten Gebieten lässt sich nicht durch militärische Kommandoaktionen, sondern durch eine gezielte Strategie erreichen, die gemeinsam mit der pakistanischen Regierung und den Nachbarländern entwickelt und umgesetzt werden muss.

Die Bundesregierung und die EU haben keine eigene Strategie im Umgang mit Pakistan und den damit zusammenhängenden regionalen Herausforderungen. Es ist undenkbar, dass die umfangreichen Stabilisierungsbemühungen in Afghanistan gelingen können, ohne gleichzeitig die inner-pakistanische Situation im Blick zu haben. Voraussetzungen für eine Stabilisierung sind auch hier gute Regierungsführung und eine rechtstaatlich agierende Polizei, deren Reform unter der Herrschaft Musharrafs verschleppt wurde. Eine massive internationale Unterstützung bei einer umfassenden Sicherheitssektorreform und die Ausbildung einer rechtsstaatlichen pakistanischen Polizei müssen in Pakistan ebenso hoch auf die Agenda rücken wie in Afghanistan. Notwendig sind zudem umfangreiche Investitionen in Bildung und Entwicklung. Der Justizsektor und die vorhandenen demokratischen Institutionen müssen mit internationaler Hilfe gestärkt werden, die in Pakistan durchaus vorhandene Zivilgesellschaft muss unter- stützt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. sich eindeutig gegen US Militär-Operationen auf pakistanischem Staatsgebiet ohne Zu- stimmung der pakistanischen Regierung auszusprechen und die US-Regierung zu einer Aufgabe dieser völkerrechtswidrigen Militärinterventionen zu drängen,

2. sich für eine sofortige Beendigung von Einsätzen in Pakistan und in Afghanistan einzusetzen, bei denen ein unverantwortliches Risiko für Zivilisten oder befreundete Sicherheitskräfte besteht,

3. die deutsche Beteiligung an OEF zu beenden,

4. zu gewährleisten, dass ISAF-Kräfte und ISAF-Fähigkeiten nicht zu völkerrechtswidrigen oder unverhältnismäßigen Militäraktionen genutzt werden,

5. dem Bundestag eine umfassende Pakistan-Strategie vorzulegen, in der sie Maßnahmen und Beiträge zur Stabilisierung und zur Förderung von Demokratie, Rechtstaatlichkeit, wirtschaftlicher Stabilität und Menschenrechten in Pakistan darlegt,

6. sich in der EU für ein abgestimmtes Vorgehen in Bezug auf Pakistan einzusetzen.

7. mit den internationalen Partnern und in Abstimmung mit der pakistanischen Regierung ein umfassendes Programm zur Durchführung einer Sicherheitssektorreform, einer Stärkung des Justizwesens und dem Aufbau einer effektiven rechtsstaatlichen Polizei als wichtige Säule innerer Stabilisierung zu beschließen,

8. gemeinsam mit der pakistanischen Regierung, den Nachbarstaaten und internationalen Akteuren eine effektive und multidimensionale Strategie zur Befriedung der Stammesgebiete im Westen Pakistans zu beraten, die nicht nur militärische Maßnahmen, sondern auch die politische und ökonomische Entwicklung in den Blick nimmt,

9. darüber hinaus die Schwerpunkte in der Entwicklungszusammenarbeit, v.a. Grundbildung, Basisgesundheit, ländliche Entwicklung und Erneuerbare Energien auszubauen und die Förderung der unabhängigen Justiz und Presse sowie der Rechte der Frauen in Pakistan zu verstärken,

10. den neuen pakistanischen Präsidenten und die Regierung in ihren Stabilisierungsbemühungen zu unterstützen und die Rücknahme der verfassungsrechtlichen Einschränkungen unter Musharraf, darunter die Wiedereinsetzung der Richter, einzufordern,

11. das Wettrüsten zwischen Pakistan, Indien, China und anderen Staaten der Region nicht weiter durch deutsche Rüstungslieferungen anzuheizen und diese zu beenden,

12. darauf hinzuwirken, dass Pakistan nicht weiterhin eine Quelle der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägerwaffen bleibt, sondern sich den internationalen Rüstungskontrollregimen anschließt.

Berlin, den 24. September 2008

Renate Künast

Fritz Kuhn und Fraktion


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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