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Sicherheitspolitik und Bundeswehr + Artikel von Winfried Nachtwei für Zeitschriften u.ä.
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Nachtwei zur Inneren Führung

Veröffentlicht von: Webmaster am 26. März 2009 18:18:37 +01:00 (52638 Aufrufe)

Folgende Rede hielt Winfried Nachtwei zum Thema Innere Führung:

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei, Bünd­nis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Innere Führung und das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform sind eine zentrale Lehre aus der verheeren­den Aggressionsgeschichte der Wehrmacht. Diese Lehre ist eine wichtige Errungenschaft zur Einbindung von Streitkräften in die bundesdeutsche Demokratie und ein Gütesiegel der Bundeswehr.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie des Abg. Hans Raidel [CDU/CSU])

Die Wertschätzung der Inneren Führung ist bei allen Fraktionen dieses Hauses insgesamt hoch. Darüber - das sage ich nicht einfach nur daher - besteht Konsens. Auch wenn wir nachher über die Anträge unterschied­lich abstimmen, so muss man bei genauem Hinsehen doch sagen, dass es sehr viele Überschneidungen gibt. Auch wenn unser Antrag und der Antrag der FDP abge­lehnt werden, werden wir zu weiteren vernünftigen Be­ratungen kommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Nun zu Aspekten, bei denen kein Konsens besteht, weil sie Probleme im Alltag der Soldaten beleuchten.

Zu einem mündigen Soldaten und einer mündigen Soldatin gehört selbstverständlich die Soldatenbeteili­gung. Wie sieht es aber damit aus? Der Herr Wehrbeauf­tragte hat heute seinen Jahresbericht vorgelegt. Ich schaue mir immer zunächst das entsprechende Kapitel an. Es ist schon notorisch, dass immer wieder festgestellt werden muss: Es mangelt an dieser Stelle sehr. Diesmal muss der Wehrbeauftragte sogar die Schlussfolgerung ziehen, dass die Soldatenbeteiligung, dieses wesentliche Element, offensichtlich nicht ernst genommen wird. Dies ist nicht hinzunehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])

Wir hören immer wieder von Soldaten, dass sie bei Politikerbesuchen in den Einsatzgebieten des Öfteren dazu vergattert werden, nicht außer der Reihe an die Politiker heranzutreten und mit ihnen Gespräche zu füh­ren. Das ist eine Art Maulkorb. Der Wehrbeauftragte stellt des Weiteren fest, dass die Zahl der anonymen Ein­gaben aus Angst vor Benachteiligung eindeutig zuge­nommen hat. Dies ist mit den Vorgaben der Inneren Füh­rung nicht vereinbar.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Ein weiterer Aspekt, mit dem wir Verteidigungspoliti­ker uns immer mehr beschäftigen müssen und der auch vom Wehrbeauftragten heute sehr deutlich genannt wor­den ist, ist die Tatsache, dass in den Streitkräften das Vertrauen in die höhere militärische und politische Füh­rung offenkundig bröckelt. Wir wissen, dass dies ver­schiedene Facetten hat. Als Erstes muss man feststellen, dass die Spitzen der Politik und wahrscheinlich auch zu einem Teil wir es nicht schaffen, den Auftrag der Bun­deswehr in den Einsatzgebieten überzeugend darzustel­len. Wir müssen plausibel machen, dass die Einsätze aussichtsreich sind. Dass dies noch nicht der Fall ist, ist ein erhebliches Defizit, an dessen Beseitigung intensiv gearbeitet werden muss.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Die Innere Führung ist nicht nur eine Sache der Bun­deswehr, ihrer Soldatinnen und Soldaten und der politi­schen Führung, sondern auch eine Sache der Gesell­schaft. Das ist bisher fast gar nicht angesprochen worden.

(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Ich spreche es an!)

Von vom Balkan und aus Afghanistan zurückkehrenden Soldaten hört man fast durch die Bank, dass sie mit ihren Erfahrungen und Leistungen überwiegend auf Desinte­resse stoßen. Der Begriff des Bundespräsidenten „freundliches Desinteresse" trifft inzwischen nicht mehr zu; er ist inzwischen beschönigend. In Wirklichkeit gibt es mittlerweile eher die Reaktion, die kalte Schulter zu zeigen, ausgedrückt zum Beispiel in der Frage, an einen Soldaten gerichtet, der in Afghanistan Schlimmes erlebt und sich fantastisch eingesetzt hat: Warum machst du das denn für A 10? Du bist doch im Grunde selbst schuld.

Solche Haltungen breiten sich inzwischen aus. Solda­ten, die seelisch verwundet aus dem Einsatz zurückkom­men - es sind ja viel mehr, als wir wissen -, stoßen in der Regel auf wenig Verständnis. Die Erfahrungswelten von Soldaten im Einsatz, ihren Familien und der Zivilge­sellschaft driften immer mehr auseinander. Dies ist de facto ein Entfremdungs- und Desintegrationsprozess. Das ist menschlich belastend und politisch hochriskant. Dem muss entgegengewirkt werden. Dem kann aber nicht einfach durch symbolische Handlungen entgegen­gewirkt werden.

Folgendes ist dafür notwendig: Es muss zum einen ehrlich mit der Realität der Einsätze umgegangen wer­den.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN)

Es muss eine verlässliche Fürsorge für die Soldaten ge­ben, und zwar auch für diejenigen, die ausgeschieden sind und die sehr oft völlig vergessen werden: für die Ve­teranen. Das ist ein zunehmendes Problem. Ganz ent­scheidend ist zum anderen, dass ein wirklicher Dialog inklusive einer Streitkultur zwischen der Zivilgesell­schaft, der Bundeswehr und der Politik zustande kommt. Darum steht es zurzeit schlecht.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Nachtwei!

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Ich komme zum Ende.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nein, Sie müssen schon am Ende sein.

Winfried Nachtwei (BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN):

Die Chancen sind gut; aber sie müssen von allen ganz anders genutzt werden, weil eine kooperative Friedens­politik auf das Zusammenwirken von Zivilexperten, Diplomaten, Polizisten und Soldaten angewiesen ist.

Danke schön.

(Beifall beim BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

zif
Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

Tagebuch