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"Wirksamere dt. Beiträge zu internationalen Polizeimissionen brauchen politische Zielvorgaben!" Mein Kommentar im Behörden-Spiegel 3/2018

Veröffentlicht von: Nachtwei am 8. März 2018 12:29:19 +01:00 (22879 Aufrufe)

Deutsche Polizisten bei internationalen Friedenseinsätzen: Hervorragender Ruf, wachsende Nachfrage (v.a. bei UN und EU) - aber die Bundesregierung "liefert" nur spärlich, nimmt hier ihre gewachsene internationale Verantwortung NICHT wahr. Und die sicherheits- wie friedenspolitische Community kümmert das auch nicht sonderlich. Was überfällig ist:

Wirksamere Beiträge zu Internationalen Polizeimissionen

brauchen politische Zielvorgaben

Winfried Nachtwei

(veröffentlicht im „Behördenspiel“ März 2018, S. 41, https://issuu.com/behoerden_spiegel/docs/2018_m_rz )

Erstmalig begegnete ich deutschen Polizisten im Ausland 1996 in Mostar bei der von Hans Koschnik geleiteten Mission der Westeuropäischen Mission – und seitdem Dutzende Male bei Kriseneinsätzen auf dem Balkan und in Afghanistan. Durchgängig erfuhr ich diese Polizistinnen und Polizisten als sehr professionell, umsichtig und respektvoll im Umgang mit ihren örtlichen Kollegen.

Eine Grunderfahrung bei Stabilisierungseinsätzen seit den 90er Jahren ist, dass Militär in Krisenländern im besten Fall kriegerische Gewalt eindämmen und militärische Aufbauhilfe leisten kann. Internationale Polizisten sind aber – zusammen mit Rechtsstaats- und Verwaltungsexperten – regelmäßig unverzichtbar, um den Aufbau einer verlässlichen Polizei und nachhaltig Bürgersicherheit zu fördern. Ihr erfolgreiches Wirken ist eine notwenige Voraussetzung für den Abzug von Stabilisierungstruppen.

Die Bedeutungszunahme von internationaler Polizeiaufbauhilfe zeigt sich im enormen Wachstum der Polizeikomponente bei UN-Friedensmissionen: Von 35 Polizisten im Jahr 1988 wuchs sie über 7.400 Anfang 2006 auf 14.500 Anfang 2012.

Inzwischen nahmen weit über 9000 Polizistinnen und Polizisten von Bund und Ländern an ca. 30 Friedenseinsätzen von UN, EU, OSZE und bilateralen Missionen teil. Sie haben international einen hervorragenden Ruf. Stefan Feller aus NRW, bis Ende 2017 oberster Polizeiberater des UN-Generalsekretärs, ist das prominenteste Beispiel dafür.

Doch der gute Ruf deutscher Polizisten ist kein Grund zu politischer Selbstzufriedenheit!

Die deutsche Lead-Rolle beim Aufbau der afghanischen Polizei wurde sechs Jahre lang mit viel zu wenig Personal wahrgenommen. Während im Mai 2001 550 Deutsche an Internationalen Polizeimissionen teilnahmen (davon 318 bei UNMIK im Kosovo), waren es im Januar 2018 131, davon 50 in acht EU-Missionen, 51 beim bilateralen German Police Project Team in Afghanistan  und 30 in sechs UN-Missionen. Deutschland liegt damit auf Rang 41 der insgesamt 11.100 Polizisten bei UN-Missionen.

Damit liegt der Umfang der deutschen Beiträge zu Polizeimissionen weit unter dem dringenden internationalen Bedarf - und dem Potenzial Deutschlands. Im Jahr 2000 beschloss der Europäische Rat die Bereitstellung von 5.000 Polizisten für internationale Missionen. Für Deutschland lief das auf 910 Polizisten hinaus. Umgesetzt wurde diese Verpflichtung bis heute nicht.

Seit Anfang 2014 bekennt sich die Bundesregierung ausdrücklich zur gewachsenen internationalen Verantwortung Deutschlands. 2016 forderte der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition und der Grünen eine deutlich Aufstockung der deutschen Beiträge zu Polizeimissionen. An ihrem faktischen Rückgang änderte das nichts.

Das liegt nicht an einem Mangel an Freiwilligen. Erschwert wird die Personalgewinnung für Missionen in der Tat durch ihr zunehmend spezialisiertes Anforderungsprofil und die enorm anwachsenden Anforderungen der Inneren Sicherheit.

Ausschlaggebend für die mangelnde deutsche Entsendebereitschaft in Polizeimissionen ist aber, dass der politische Wille hierzu bisher unverbindlich war, dass es für dieses strategisch wichtige sicherheitspolitische Instrument in der Bundesregierung kein treibendes politisches Zentrum und in Politik und Öffentlichkeit kaum Aufmerksamkeit gibt.

Eine Außen- und Sicherheitspolitik, die es ernst meint mit der gewachsenen internationalen Verantwortung Deutschlands, muss jetzt verbindliche politische Vorgaben (Planziele) definieren, wie viele Polizistinnen und Polizisten mit welchen Spezialisierungen Deutschland in den nächsten Jahren aufwachsend in Polizeimissionen entsenden können will. Damit Auslandverwendungen nicht mit Zusatzbelastungen für die Kollegen in den Heimatdienststellen einhergehen, muss der Bund hierfür zusätzliche Ressourcen (virtueller Personalpool) bereitstellen. Angesichts der Krisenhäufung in der europäischen Nachbarschaft sollte Deutschland bei internationalen Polizeimissionen schneller besser werden.


Publikationsliste
Vortragsangebot zu Riga-Deportationen, Ghetto Riga + Dt. Riga-Komitee

Ende 1941/Anfang 1942 rollten Deportationszüge aus Deutschland und Österreich nach Riga.

1989 stieß ich auf die Spuren der verschleppten jüdischen Frauen, Männer und Kinder.

Mit meinem bebilderten Vortrag "Nachbarn von nebenan - verschollen in Riga" stehe ich gern für Erinnerungsveranstaltungen und Schulen zur Verfügung. (Anlage)

Vorstellung der "Toolbox Krisenmanagement"

Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Die 53-seitige Broschüre stellt kompakt und klar auf jeweils einer Themenseite Prinzipien, Akteure und Instrumente des Krisenmanagements vor. Bei einem Kolloquium im Bundestag in Berlin wurde die Schrift einem Fachpublikum vorgestellt. Erstellt von AutorInnen des Zentrums Internationale Friedenseinsätze ZIF und der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP ist die "Toolbox" ein wichtiger Beitrag zur friedens- und sicherheitspolitischen Grundbildung auf einem Politikfeld, wo die Analphabetenrate in der Gesellschaft, aber auch in Medien und Politik sehr hoch ist. ... www.zif-berlin.de

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Auf dem Foto überreicht W. Nachtwei den AutorInnen seine 2008 erschienene Broschüre zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung.

Mehr zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure bei der zivilen Konfliktbearbeitung u.a.:

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