ISAF-Erhöhung ist kein Signal für einen ausgewogenen Strategiewechsel

Von: Webmaster amDi, 24 Juni 2008 15:35:14 +01:00
Zur Ankündigung neuer Obergrenzen für das deutsche ISAF-Kontingent in Afghanistan erklären Kerstin Müller, außenpolitische Sprecherin, und Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher:

Die Heraufsetzung der Obergrenze für das deutsche ISAF-Kontingent ist im Hinblick auf die Bundeswehraufgaben im Norden militärisch nachvollziehbar. Wenn die Bundeswehr mehr Ausbildung für die afghanischen Sicherheitskräfte leisten und im nächsten Jahr im Umfeld der Präsidentenwahlen für Sicherheit sorgen soll, dann ist mehr Spielraum bei der Kontingentstärke angebracht. Angesichts des schleppenden zivilen und polizeilichen Aufbaus sendet die Regierung aber ein politisch brisantes Signal. Die Schere zwischen militärischer Friedenssicherung und zivilem Wiederaufbau geht weiter auseinander. Auch die inzwischen kontraproduktive OEF-Mission wird zwar reduziert, aber leider immer noch nicht beendet. Ein Signal für einen ausgewogenen Strategiewechsel ist das nicht.

Die Erhöhung der Obergrenze geht nicht einher mit einer Verstärkung der Aufbauanstrengungen. Auch die Paris-Konferenz hat hier keine Fortschritte gebracht - weder im Hinblick auf eine kritische Bilanz noch im Hinblick auf mehr Kohärenz. Insbesondere der Polizeiaufbau dümpelt dahin. Außer Ankündigungen ist hier viel zu wenig passiert. Insofern gibt es statt der dringenden Ausgewogenheit im deutschen militärisch-zivilen Engagement mehr Unausgewogenheit.

Eine verantwortliche Afghanistanpolitik braucht dringend eine ehrliche Bestandsaufnahme und realistische, überprüfbare Ziele. Nur auf ihrer Grundlage kann eine Wende zum Besseren geschafft werden und kann die deutsche Afghanistanpolitik Glaubwürdigkeit und Akzeptanz zurückgewinnen.