Antikriegstag mahnt zu aktiver Friedenspolitik

Von: Webmaster amMo, 31 August 2009 15:48:07 +01:00

Zum 70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen erklären Jürgen Trittin, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher:



Der Antikriegstag mahnt uns zu einer aktiven Politik der Gewalt- und Krisenprävention, zur Abrüstung und kollektiven Friedenssicherung. "Nie wieder Krieg! Nie wieder Auschwitz!" gilt unbedingt weiter – nicht als Politik des "Ohne-Mich", sondern als aktives Eintreten für gemeinsame Sicherheit, Frieden und Menschenrechte, gegen Angriffskriege und Völkermord in Europa und weltweit. Die reale Politik der Bundesregierung bleibt in Schlüsselbereichen hinter den heutigen Ansprüchen an eine aktive Friedenspolitik zurück. Deutschland muss wieder zum Motor einer Politik für Abrüstung und kollektive Friedenssicherung werden.

Der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 war der Auftakt zu einer beispiellosen Überfallserie auf die europäischen Nachbarn, zu einem Vernichtungskrieg gegen Polen und später die Sowjetunion, zur Massenvernichtung der europäischen Juden, zum 2. Weltkrieg, in dem Konfliktherde in Europa und Ostasien zum ersten globalen Krieg verschmolzen. Mit dem Überfall auf Polen begann, was in der Zerstörung Europas und Deutschlands endete.

Die Lehren von damals sind elementar und unverändert aktuell: Eintreten für Demokratie und Menschenrechte, Ächtung des Krieges durch die VN-Charta, Verpflichtung auf gemeinsame Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen; das Friedensgebot des Grundgesetzes; deutsch-französische und deutsch-polnische Aussöhnung und die europäische Integration.

70 Jahre nach dem deutschen Angriffskrieg hat sich die Welt grundlegend verändert, wüten Kriege vor allem innerhalb von Staaten, verblassen die Erinnerung an das Menschenschlachten des 2. Weltkrieges. Mit dem Klimawandel, Ressourcenverknappung, zerfallender Staatlichkeit und Weiterverbreitung von Atomwaffen wachsen gigantische andere Konfliktursachen. Balkan, Tschetschenien, Ruanda, Kongo, Somalia, Sudan, Afghanistan und andere Krisenregionen sind Herausforderung und Prüfstein für eine multilaterale Friedenspolitik. Mit Militär und erst Recht mit Krieg lassen sich Konflikte nicht lösen. Gewalt kann mit militärischen Mitteln nur kurzfristig eingedämmt werden.

Die Bundesregierung betreibt hierzu eine Politik der Beschönigungen und Halbherzigkeit. Das zeigt sich besonders deutlich im Bereich der Abrüstung und in Krisenregionen wie Afghanistan, Sudan und Ost-Kongo. Kollektive Friedenspolitik, die wirksam sein soll, braucht jetzt einen neuen Schub, sie braucht zuerst Ehrlichkeit und Konsequenz. Seit 1998/1999 entstanden unter Rot-Grün in Deutschland und in der EU neue Fähigkeiten der zivilen Friedensförderung. Die müssen ausgebaut werden. Aktive Friedenspolitik braucht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mehr Fachleute, Fähigkeiten und Finanzen. Es gibt sie nicht zum Nulltarif.