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Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung

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Mani Stenner, der "Friedensbeweger", ist tot. Trauerfeier in Bonn

Veröffentlicht von: Nachtwei am 27. Juli 2014 21:46:19 +01:00 (34235 Aufrufe)

Die sozialen Bewegungen in Deutschland haben einen ihrer wichtigsten Köpfe und aktivsten Mitstreiter verloren. Ich lernte ihn in der Friedensbewegung der 80er und 90er Jahre politisch + menschlich hoch schätzen. Das blieb so, auch wenn seit der rotgrünen Koalition unsere Dissense und Distanzen wuchsen. Er wird sehr, sehr fehlen.

Manfred „Mani“ Stenner *4.4.1954 – †17.7.2014

Ein Leben für Frieden, Abrüstung und Gerechtigkeit

Mehr als 300 Menschen kamen am 26. Juli 2014 in der Trinitatis-Gemeinde in Bonn zu einer Trauerfeier für Mani Stenner zusammen, die meisten langjährige MitstreiterInnen aus der Friedensbewegung und anderen sozialen Bewegungen. Seinen Sarg umhüllte eine Pace-Regenbogenfahne. Rechts und links Bilder mit ihm: am Megafon unter Demonstranten, mit Wollmütze in Irland, seitlich vor einem Anti-Eurofighter-Plakat „Vieles wäre sinnvoller“. Daneben kleine Lichterbäume mit Teelichtern, davor Blumen, Sonnenblumen.

Die RednerInnen berichteten plastisch von ihren Begegnungen und Erfahrungen mit einem ungewöhnlich dialogfähigen, prinzipienklaren, praktisch orientierten, lebensfrohen Menschen – einem Friedensbeweger und Verhandler ganz seltener Art. Über ihn und zu ihm sprachen u.a. der fast 86-jährige Prof. Andreas Buro, Werner Rätz von Attac, der Linken-Ratsherr Jürgen Repschläger, Christine Schweitzer als Redaktionskollegin des „Friedensforums“, der  ehemalige hoher Polizeibeamte Udo Behrendes über einen „Verfassungsschützer im ursprünglichen Wortsinn“. Dass und wie das zusammenpasste, sagte viel über Mani Stenner`s Wirkungskraft.

Zuletzt traf ich ihn im Oktober 2012 bei einer Podiumsdiskussion der Grünen Bonn zur „Responsibility to Protect“. Sein friedenspolitisches Misstrauen gegenüber der R2P und den Grünen war massiv. Unverändert offen, interessiert, herzlich begegnete er mir persönlich. Wir hätten mal in Ruhe intensiv und ehrlich über Friedenspolitik und Friedensbewegung sprechen und streiten können. Die Chance habe ich nicht mehr wahrgenommen. (Winni Nachtwei, 28.7.2014)

Hier Stellungnahmen von langjährigen MitstreiterInnen:

(1)   Pressemitteilung der Kooperation für den Frieden

(2)   KollegInnen und Mitglieder der Redaktion des Friedensforums

(3)   Link zum Nachruf von Roland Appel, „Der Friedensbeweger“

(4)   Andreas Buro im Flyer zur Trauerfeier

(5)   Udo Behrendes, Ltd. Polizeidirektor a.D., Mitbegründer „Bonner Forum BürgerInnen und Polizei e.V.“

(1) Pressemitteilung der Kooperation für den Frieden

„Die sozialen Bewegungen in Deutschland haben einen ihrer wichtigsten Köpfe und aktivsten Mitstreiter verloren. Die alte Bundeshauptstadt Bonn verlor zugleich einen ihrer engagiertesten Bürger.

Mani Stenner, seit 25 Jahren Geschäftsführer und guter Geist des Netzwerks Friedenskooperative, ist tot. Ein plötzlicher Herzinfarkt riss den 60-Jährigen am vergangenen Donnerstag (17.7.2014) überraschend aus der Arbeit und dem Leben.

Mani Stenner engagierte sich seit den frühen 1980er Jahren in der Friedensbewegung und wurde in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zu einem ihrer führenden organisatorischen und politischen Köpfe. Mit der Geschäftsführung des Netzwerks Friedenskooperative übernahm er die Leitung eines der wichtigsten Dachverbände der Friedensbewegung. Von der Verantwortung bundesweiter Großdemonstrationen und Kampagnen bis zur deutschlandweiten Vernetzung der lokalen Initiativen und der Zusammenarbeit mit anderen sozialen Bewegungen reichte sein Aufgabenbereich.

In seiner Heimatstadt Bonn engagierte sich Stenner darüber hinaus auf lokaler Ebene. Mit dem „Bonner Forum für BürgerInnen und Polizei“ initiierte er einen bundesweit einmaligen Dialog mit Polizeibeamten der alten Bundesdeshauptstadt, arbeitete in örtlichen Nord-Süd-Projekten mit und engagierte sich gegen das Wiedererstarken rechtsextremen Gedankenguts.

Stenner besaß die seltene Fähigkeit, unterschiedliche politische Strömungen zusammenzuführen, mit politischen Gegnern Dialoge zu führen und seine Vorstellungen von einer friedlicheren und gerechteren Welt auch gegenüber den Mächtigen in der Gesellschaft zu vertreten.

Getragen wurde seine Arbeit von dem Ziel, den Menschenrechten mehr Geltung zu verschaffen, die Anwendung manifester und struktureller Gewalt zu minimieren und eine gerechtere menschliche Gesellschaft zu ermöglichen. Militärische Mittel waren für ihn nie alternativlos.“ (Kooperative für den Frieden, Römerstr. 88, 53111 Bonn, www.koop-frieden.de )

(2) Seine KollegInnen und Mitglieder der Redaktion des Friedensforums

„(…) Ein großes Herz, aufgeschlossen für tiefe Freundschaft, mutig und
selbstlos risikobereit. Sein Kopf, angefüllt mit Ideen und stets offen
für Neues. Seine Füße, fest und standhaft auf dem Boden der Realität,
seine große politische Erfahrung im Hintergrund. Seine Bereitschaft zu
arbeiten, um das Unmögliche doch möglich zu machen und sein
großartiger Humor. Das ist jener Mani, an den wir uns noch lange gerne
erinnern werden.

Es wird dauern, bis wir begreifen werden, welch große Lücke
Mani Stenner hinterlässt. In Bonn, in der ganzen Bundesrepublik. Sein
Engagement in lokalen Initiativen und bei der Vernetzung bundesweiter
Kampagnen für eine bessere Welt ist sein Vermächtnis. Uns ist es
Ansporn, seine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir trauern um den Freund, den Kollegen, den unermüdlich aktiven
Mani Stenner. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau und aktiven
Mitstreiterin Luise, die ihn mit unendlich viel Kraft und Leidenschaft
unterstützt und begleitet hat.“

(Eine Sonderausgabe des Friedensforums zu Mani Stenner ist geplant.)

 
(3) „Der Friedensbeweger – Ein Nachruf auf Manfred Stenner“ von Roland Appel, 
www.tutt-news.de/2014/07/24/der-friedensbeweger-ein-nachruf-auf-manfred-stenner/ 
(4) Andreas Buro, 18. Juli 2014

„Mani,

wie kannst Du nur einfach so abhauen!

Setz’ Dich wenigsten

zu einer Tasse Kaffee

Spätsommer Morgen,

es wird ein heißer Tag

 

Mit Dir konnten wir reden

über unsere Hoffnungen,

was wir alles tun könnten.

Waren wir nicht oft

wie der Berliner Junge?

Fragt mit einem Sechser in der Tasche,

he, wat kost Berlin?

Wenn die Phantasien zu hoch schlugen,

hast Du uns

mit leiser Stimme

in die Wirklichkeit

zurück geholt.

 

Dein verschmitztes Lächeln

so aus den Augenwinkeln

brauchten wir

in erhitztem Gespräch,

um uns zu besinnen.....

und dann und wann

eine Karte aus Irland

 

Mani, Du hast gerne

gekocht, geraucht

und trockenen Wein getrunken.

Hat das gegen die Wut im Bauch geholfen?

War das kleine Haus in Irland

Dein Rückzugsort

vom Chaos der offiziellen Politik?

Du und Luise vor der Hütte;

Abendsonne und der Duft von gebratenem Fisch.

Ein schönes Bild!

Ließ sich so

die Wut vergessen?

 

Hast Du manchmal Angst gehabt

vor den hohe Tieren?

Präsidenten, Generälen und Ministern?

Hast Du es Luise gesagt

und mit ihr

Dich mutig gelacht?

Nein, Du hast Dich nicht bange machen lassen.

Hast Du Dir manchmal die Mächtigen

in Unterhosen vorgestellt?

Nur bei den Raketen

ging das nicht.

 

Du fehlst uns

als großartiger politischer Organisator.

Doch mach Dir keine Sorgen.

Wir schaffen es schon.

Wenn wir nicht mehr weiter wissen,

fragen wir einfach,

was würde Mani sagen?

 

Du hast uns verlassen

Fast wie in dem Song

„Eine letzte Zigarette und ein letztes Glas im stehen“.

Warum sollten wir fragen,

wohin Du gehst?

Irgendwie bleibst Du doch in unserer Runde.

 

Freilich wäre es schön,

Du würdest ab und zu

uns über die Schulter sehen.

Wir würden innehalten,

Zuwendung spüren,

an Dich denken.

Welch ein Glück

so viele Jahre

gemeinsamer Arbeit

und mit Dir befreundet zu sein.

Danke, Mani!“

A. B. 18.7.2014

(5) Udo Behrendes, Ltd. Polizeidirektor a.D., auf der Trauerfeier

„ (…) Es war Anfang 1989 auf der Rigal´schen Wiese in Bad Godesberg. Die rechtsgerichtete DVU hatte eine Kundgebung angemeldet – Mani Stenner koordinierte gemeinsam mit Kristian Golla die an der Absperrung eingetroffenen Gegendemonstranten. Ich war der polizeiliche Einsatzleiter. Zur Begrüßung reichte ich ihm die Hand – doch seine Hand blieb unten und widmete sich lieber dem sorgfältigen Drehen einer Zigarette. Er legte dabei seinen Kopf etwas schief, sah mich ernst, klar, offen und durchdringend an und erläuterte mir seine Erwartungen an die Polizei. Anschließend hörte er aber auch aufmerksam und kritisch nachfragend zu, als ich ihm die rechtlichen Optionen der Polizei beim Umgang mit einer angemeldeten und seiner nicht-angemeldeten Gegendemo erläuterte.

Nach dieser ersten Begegnung trafen wir uns in den nächsten Monaten und Jahren immer wieder – auf der Hofgartenwiese, dem Markt, Münster- oder Friedensplatz, vor Ministerien und Botschaften sowie an – manchmal aber auch in - der damaligen Bannmeile.

Wir machten wechselseitig gute Erfahrungen miteinander – alle häufig in anstrengenden Diskussionen ausgehandelten Vereinbarungen wurden von beiden Seiten immer verlässlich umgesetzt – keiner versprach dem Anderen etwas, was er nicht halten konnte. Auf der Basis von Empathie, Respekt und Diskussion auf Augenhöhe, entstand dabei Schritt für Schritt das Wichtigste: gegenseitiges Vertrauen. Unser einfacher gemeinsamer Nenner, der dann 25 Jahre Gültigkeit hatte, war: Wir wollen, dass bei Demonstrationen keine Menschen zu Schaden kommen – weder Menschen mit Transparenten, noch Menschen in Uniformen.

Mani Stenners guter Kontakt zur Polizei bestand nicht nur zu mir und anderen Handelnden vor Ort, sondern namentlich auch zum damaligen Polizeipräsidenten Michael Kniesel, der mit seinem liberalen Demonstrationsverständnis ein wesentlicher Garant für ein weitgehend entspanntes Verhältnis in der damaligen Bundeshauptstadt war.

Zunächst war für Mani Stenner diese Kontaktpflege rein funktional kalkuliert. Sie war für ihn ein professionelles Mittel zum Zweck, nämlich möglichst gute Rahmenbedingungen für die vielen großen und die noch viel häufigeren kleinen, kreativen Demonstrationen in der damaligen Bundeshauptstadt zu erreichen.

Allmählich vertiefte sich dann aber bei ihm auch ein darüber hinausgehendes Interesse an der Polizei, die ja wie keine andere Institution das Gewaltmonopol des Staates auf der Straße und im Alltag sichtbar und erfahrbar macht. Er nahm gemeinsam mit anderen Repräsentanten der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung unser Angebot an, im Polizeidienst zu hospitieren und begleitete eine Streife bei nächtlichen Einsätzen in der Bonner Innenstadt.

Nach den Bürger-Hospitationen und einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung darüber folgten im kleinen Kreis Sondierungsrunden mit der Fragestellung, wie man den Dialog zwischen Menschen aus den „Bewegungen“ und daran interessierten Polizistinnen und Polizisten verstetigen und in eine festere Struktur überführen könne.

Für diesen Annäherungsprozess gab es weder Auftrag noch Rückendeckung der Polizeiorganisation (Michael Kniesel war inzwischen als Staatsrat nach Bremen abgewandert und sein Nachfolger konnte wenig mit diesem Dialogansatz anfangen). Aber auch Mani Stenner stand in seinem Umfeld unter erheblichen Erklärungsdruck.

Dennoch kam es dann vor nunmehr fast 20 Jahren zur Gründung des Bonner Forums BürgerInnen und Polizei e. V. – eines „eingetragenen Vereins zum Streiten“ wie Mani Stenner das Dialogexperiment immer bezeichnete. Er wurde Sprecher der „Bürgerseite“, ich sein Pendant auf der „Polizeiseite“.

In einer akribisch ausgehandelten Satzung wurden Regeln zum fairen Umgang miteinander und für die Prozesse zur Abgabe gemeinsamer öffentlicher Stellungnahmen aufgestellt.

Das Verhältnis von Polizei und Kurden nach dem PKK-Verbot, die Rolle der Polizei bei den ersten Castor-Transporten, der Umgang mit rechtsextremen Veranstaltungen und Überlegungen zur Einrichtung von Polizeibeauftragten waren einige Themen der damaligen öffentlichen Veranstaltungen und der gemeinsamen Thesenpapiere des Bonner Forums.

Nachdem in den ersten sehr aktiven Jahren des Bonner Forums die wesentlichen lokalen und generellen „Polizeithemen“ intensiv bearbeitet worden waren, Bonn den Status als Bundeshauptstadt und damit auch als exponierten Demonstrationsort verlor und die meisten Polizisten des Bonner Forums nach Köln und anderswo abgewandert waren, fanden zwar keine regelmäßigen Treffen mehr statt – dennoch verfolgte Mani Stenner die Grundidee der Vereinssatzung, konstruktive Dialogprozesse zwischen Menschen der „Bewegungen“ und der Polizei zu initiieren und weiterzuentwickeln konsequent weiter. Er fungierte als Referent und Diskussionspartner bei polizeilichen Fortbildungsveranstaltungen und initiierte Einladungen für mich zu Veranstaltungen von Bürgerrechtsgruppen. Wir saßen oft gemeinsam auf Podien und verfassten gemeinsame Buchbeiträge.

Für Demos in Bonn fand Mani Stenner immer konstruktive Ansprechpartner im Polizeipräsidium. Im Vorfeld bundesweiter Demonstrationen, bei denen er zum Veranstalter- oder Beraterkreis gehörte, knüpfte er regelmäßig über mich Gesprächskontakte zu den verantwortlichen Einsatzleitern vor Ort. Ob aus Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz oder Rostock – von allen Einsatzleitern, zu denen ich Kontakte hergestellt hatte, erhielt ich nur positive, teils erstaunte Rückmeldungen zu der von ihm praktizierten Dialog- und Demonstrationskultur. Exemplarisch für die nachhaltigen Eindrücke, die Mani Stenner auch außerhalb Bonns hinterlassen hat, zwei auszugsweise Zitate von seinen polizeilichen Ansprechpartnern, als sie von seinem Tod erfahren hatten:

„Ich kenne nur wenige, die so geradlinig, konsequent und überzeugend für ihre freiheitsliebende, die Menschen achtende und immer auch die Würde der anderen Seite ernst nehmende Haltung eingetreten sind. War oft nicht leicht mit ihm zu debattieren (weil er echt schlau war … und manchmal auch dickköpfig).“ – so der stellvertretende Düsseldorfer Polizeipräsident Georg Schulz.

Und der heutige Rostocker Polizeipräsident Thomas Laum, der 2007 zur Einsatzleitung anlässlich des G-8-Gipfels in Heiligendamm gehörte, schreibt: „Ich habe Herrn Stenner als grundehrlichen und prinzipientreuen Menschen kennen gelernt, der als Pazifist für sein Anliegen, Frieden und Gerechtigkeit, in höchstem Maße motiviert und engagiert war. Seine kommunikativen Fähigkeiten, gerade auch in Bezug auf Menschen, die anders tickten als er selber (wozu ich mich wohl zählen muss), habe ich bewundert. Es tut mir sehr leid, dass er schon so früh gehen musste. Es gäbe noch so viel für ihn zu tun.“

Mein Verhältnis zu Mani Stenner ist über die 25 Jahre, in denen wir uns kannten, persönlich immer enger geworden. (…) Trotz aller wechselseitigen Sympathie achtete er jedoch immer darauf, dass zwischen uns eine fein austarierte Balance von Nähe und Distanz erhalten blieb. Ein äußeres Merkmal war das Festhalten am „Sie“ zwischen uns – obwohl er manch anderen meiner Kollegen und seit vielen Jahren auch meine Frau duzte –und ich die seine. Ich nehme es als Zeichen einer eben ganz besonderen Beziehung zu diesem ganz besonderen Menschen. Bei aller Sympathie hat er mir, allen anderen aber auch sich selbst wohl immer wieder vor Augen führen wollen: Der Repräsentant des Staates und der Repräsentant der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung sitzen nicht im selben Boot, auch wenn sie manche Strecke mit gleichem Ruderschlag nebeneinander fahren und an manchem Platz gemeinsam anlegen.

Zu dem was Mani Stenner für mich aber auch für meine Familie bedeutete, hier noch auszugsweise ein paar Gedanken, die meine Tochter Lena, die inzwischen im Allgäu lebt, nach der Nachricht von Mani Stenners Tod aufgeschrieben hat:

„Ich habe ihn von klein auf bewundert für das, was er gemacht hat. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch in seinem Büro, an die vielen Regale und Bücher und Stapel. Alles atmete so eine Überzeugung, dass es gut ist, die Dinge zu tun. So eine stille, ruhige Überzeugung. Kein Gebrüll, kein Präsentieren nach außen … Der Mani war kein Selbstdarsteller aber hat so viel dargestellt (..)

Der Mani ist für mich einer, der mit den Händen in den Taschen da steht und beobachtet, der einem über die Menge hinweg zu grinst, übers ganze Gesicht, der einen so fest und lang drückt, dass es für ein Leben reicht, der einem dicke Küsse auf die Wange drückt, so dass man seinen Dreitagebart spürt. … Und der Mani ist einer, der einen so durchdringend anschaut, als würd er bis zur Seele schauen können (..)

Wenn Papa früher von Auseinandersetzungen mit Mani erzählt hat, war ich immer auf Manis Seite. Ich hab die beiden (zusammen mit Mama) immer ausgelacht, dass sie sich gesiezt haben und war stolz, dass ich das nicht tun musste (..)

Als Papa im letzten Oktober seinen beruflichen Abschied feierte, da war für mich Mani der wichtigste Gast. Mir wurde da klar, wieviel Mani dazu beigetragen hat, wie Udo seinen beruflichen Weg gegangen ist. Und mir wurde da klar, wie sehr Udo den Mani mag (..)“

Mani Stenner war unabhängig und solidarisch, frei und voller Verantwortung, kreativ und akribisch, nüchtern und emphatisch, kritisch und liebevoll, bescheiden und anspruchsvoll, er war ein Pflichterfüller und ein Genießer.

Mani Stenner hat die Lehren aus der deutschen Geschichte gezogen und sein Lebenswerk darin gefunden gegen Krieg, Gewalt, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch unbestechlich Position zu beziehen. Er hat auf persönliche Karriere und auf materielle Absicherung – zum Beispiel als Bundes- oder Landtagsabgeordneter - verzichtet und hat weiter (meist unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes) im Hinterhofbüro der Römerstr. 88 gearbeitet.

Mani Stenner ist beharrlich, idealistisch und realistisch zugleich, für Frieden, Menschen- und Bürgerrechte eingetreten. Er hat Freiheit und Verantwortung gelebt und eingefordert – er hat damit unser Grundgesetz verteidigt und ist Änderungen von Grundrechten vehement entgegen getreten – Mani Stenner war somit im ursprünglichen Wortsinne ein Verfassungsschützer.

Er hatte das große Glück, in den letzten 23 Jahren eine Partnerin an seiner Seite zu haben, die ihn aktiv auf seinem Weg unterstützte, die ihn solidarisch aber auch konstruktiv-kritisch begleitete, ihm den Rücken freihielt und ihn auffing. Die mit ihm lachte und weinte, mit der er gemeinsam seine Gäste aufwendig bekochte, mit der er ein kaum schlagbares Doppel beim Boule bildete und mit der er so gern nach Irland fuhr. Luise ist die Frau, mit der Mani Stenner alt werden wollte.

Luise, Du wirst nun ohne ihn weiterleben (müssen). Ich wünsche Dir, dass Du Eure guten 23 Jahre und das Bewusstsein, dass Du großen Anteil an seiner Lebensleistung hast, als einen Schatz, als Trost aber auch als Quelle für Dein weiteres Leben mitnehmen wirst.